Umgang mit der AfD beim Merz’schen Migra­tions-Antrag ver­fas­sungs­widrig! – schal­lende Klatsche von Rechtsprofessor

Es ist eine sehr gut geschriebene, staats­recht­liche Expertise, die sich im All­ge­meinen mit den „ver­fas­sungs­recht­lichen Anfor­de­rungen an die Kom­mu­ni­kation aus dem Par­lament“ und im Ein­zelnen mit dem Ent­schlie­ßungs­antrag befasst, der in der Zeit vor der Wahl im Bun­destag zur Ent­scheidung stand: Die Migra­ti­ons­frage, an der sich die Gemüter erhitzten. Was bei der ganzen mora­li­schen Auf­regung dabei völlig unbe­merkt blieb: Sie ver­letzte Artikel 21 Absatz 1 des Grund­ge­setzes. Und das mora­lisch hohe Ross gegen die ver­meint­lichen Nazis ist da ernsthaft gegen die Schranken des Grund­ge­setzes geprasselt. Aber der Reihe nach …

Höf­liche Phil­ippika einer aus­ge­wie­senen Expertin

Prof. Dr. Sophie Schön­berger ist Pro­fes­sorin für Öffent­liches Recht an der Heinrich-Heine-Uni­ver­sität Düs­seldorf und Direk­to­ri­ums­mit­glied des Instituts für Deut­sches und Inter­na­tio­nales Par­tei­en­recht und Par­tei­en­for­schung (PruF), steht in ihrem Profil auf der Seite „Verfassungsblog.de“. Auf der­selben Seite steht eine kurze Erklärung, was der Ver­fas­sungsblog eigentlich will:

„Helfen Sie, die Ver­fassung zu schützen! Die Ver­fassung gerät immer mehr unter Druck. Um sie schützen zu können, brauchen wir Wissen. Dieses Wissen machen wir für alle frei zugänglich. Open Access.“

Auf Wiki­pedia ist mehr über diese kom­pe­tente Dame Schön­berger zu lesen:
„Nach einem Semester als Lehr­stuhl­ver­tre­terin wurde sie im Win­ter­se­mester 2012 auf die Pro­fessur für Staats- und Ver­wal­tungs­recht, Medi­en­recht, Kunst- und Kul­tur­recht an der Uni­ver­sität Kon­stanz berufen. Zum Win­ter­se­mester 2018 wurde Schön­berger als Nach­fol­gerin von Martin Morlok an die Heinrich-Heine-Uni­ver­sität Düs­seldorf berufen. Dort übernahm sie einen Lehr­stuhl für Öffent­liches Recht, Kunst- und Kul­tur­recht sowie – gemeinsam mit dem Poli­tik­wis­sen­schaftler Thomas Pog­untke – die Leitung des inter­dis­zi­pli­nären Instituts für Deut­sches und Inter­na­tio­nales Par­tei­en­recht und Par­tei­en­for­schung.

Also nicht jemand, der im luft­leeren Raum sich irgend­etwas zusam­men­reimt. Sie schreibt:

„Für die Kom­mu­ni­kation im Par­lament kennt das Grund­gesetz spe­zi­fische Regeln, die ein größt­mög­liches Maß an freiem, ein­schüch­te­rungs­freiem Diskurs ermög­lichen sollen. Zen­trale Vor­schrift ist dabei die in Art. 46 Abs. 1 GG ver­an­kerte Indem­nität. Sie ver­hindert, dass Abge­ordnete wegen ihrer Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die sie im Bun­destage oder in einem seiner Aus­schüsse getan haben, gerichtlich oder dienstlich ver­folgt oder sonst außerhalb des Bun­des­tages zur Ver­ant­wortung gezogen werden. Eine Aus­nahme gilt lediglich für ver­leum­de­rische Belei­di­gungen. (…) Was aber, wenn es gar nicht um die Kom­mu­ni­kation im Bun­destag, sondern um die Kom­mu­ni­kation des Bun­des­tages geht? Wenn es also gar nicht um die Man­dats­tä­tigkeit der Abge­ord­neten, sondern um die Infor­ma­ti­ons­tä­tigkeit des Ver­fas­sungs­organs geht? Dann ist das Par­lament als Ver­fas­sungs­organ selbst­ver­ständlich gem. Art. 20 Abs. 3 GG an die Ver­fassung und ins­be­sondere gem. Art. 1 Abs. 3 GG an die Grund­rechte gebunden.“

In diesem Grund­gesetz-Artikel lesen wir:

Grund­gesetz für die Bun­des­re­publik Deutschland
Art 1

(1) Die Würde des Men­schen ist unan­tastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Ver­pflichtung aller staat­lichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unver­letz­lichen und unver­äu­ßer­lichen Men­schen­rechten als Grundlage jeder mensch­lichen Gemein­schaft, des Friedens und der Gerech­tigkeit in der Welt.

(3) Die nach­fol­genden Grund­rechte binden Gesetz­gebung, voll­zie­hende Gewalt und Recht­spre­chung als unmit­telbar gel­tendes Recht.

Bedeutet: Alles, was das Grund­gesetz der Bun­des­re­publik Deutschland an Grund­rechten pos­tu­liert, gilt unein­ge­schränkt auch für alle staat­lichen Organe. Also auch für den Bundestag.

 

Eine „Par­tei­po­li­tische Kriegs­er­klärung durch ein Verfassungsorgan?“ …

… schreibt Frau Prof. Dr. Sophie Schön­berger provokant-plakativ.

Und nun seziert Prof. Schön­berger mit dem Skalpell Ver­stöße von Par­la­men­ta­riern im Bun­destag anhand ver­schie­dener Bei­spiele. Das kann man auf der Web­seite des Ver­fas­sungs­blogs nach­lesen. Dann kommt sie zu dem im Par­lament hoch­um­strit­tenen Ent­schlie­ßungs­antrag zur Migration im Januar dieses Jahres. Wir alle erinnern uns gut an diese ziemlich ent­lar­vende Strei­terei. CDU-Kanz­ler­kan­didat Merz hatte im Vorfeld – vor Ent­schlos­senheit und mora­li­schem Abscheu platzend – völlig aus­ge­schlossen, gemeinsam mit der AfD zu stimmen.

Sein Kalkül: Die AfD werde schon aus Gründen des Belei­digt­seins gegen seinen Antrag zur Ein­dämmung der Migration stimmen und ihm eine Abfuhr erteilen. Damit ihm das auch sicher gelingt, baute er auch noch eine Passage in seinen Antrag, der eine heftige Ohr­feige für die AfD war. Mög­li­cher­weise auch noch mit dem Hin­ter­ge­danken, dass die erwartete Ablehnung durch die AfD ihr Kli­entel ver­ärgern würde. Würde sie dennoch dafür stimmen, hätte er diesen, unten fol­genden Absatz als mora­li­sches Alibi. Würden sie dagegen stimmen, könnte er gefahrlos vor seinen kon­ser­va­tiven Wählern behaupten, es ja ver­sucht zu haben. Dieser infame Absatz lautete:

„Wer die illegale Migration bekämpft, ent­zieht auch Popu­listen ihre poli­tische Arbeits­grundlage. Die AfD nutzt Pro­bleme, Sorgen und Ängste, die durch die mas­sen­hafte illegale Migration ent­standen sind, um Frem­den­feind­lichkeit zu schüren und Ver­schwö­rungs­theorien in Umlauf zu bringen. Sie will, dass Deutschland aus EU und Euro aus­tritt und sich statt­dessen Putins Eura­si­scher Wirt­schafts­union zuwendet. All das gefährdet Deutsch­lands Sta­bi­lität, Sicherheit und Wohl­stand. Deshalb ist diese Partei kein Partner, sondern unser poli­ti­scher Gegner.“
(Quelle:  Deut­scher Bun­destag, 20. Wahl­pe­riode, Druck­sache 20/14698 vom 28.01.2025. Ent­schlie­ßungs­antrag der Fraktion der CDU/CSU zu der Abgabe einer Regie­rungs­er­klärung durch den Bun­des­kanzler zu aktu­ellen innen­po­li­ti­schen Themen)

Der Antrag wurde bekann­ter­maßen am 28.1.25 von CDU/CSU, AfD und FDP ange­nommen. Die AfD ist trotz dieser Unver­schämtheit und Unfairness des CDU-Kanz­ler­kan­di­daten Merz ihrer Linie und dem Wunsch ihrer Wähler treu geblieben. Dem­entspre­chend war der Auf­schrei in den Par­teien ab links der Mitte groß und laut. Das Kalkül des Herrn Merz war nicht auf­ge­gangen, er büßte massiv Glaub­wür­digkeit ein. Er wurde Herrn Merz laut und mit Krakeel als Kol­la­bo­ration mit Ras­sisten und Nazis vor­ge­worfen. Am Ende ein Eigentor für den CDU-Kanzlerkandidaten.

Die Unter­stellung, dass die AfD den Aus­tritt Deutsch­lands aus der EU und eine Mit­glied­schaft in „Putins Eura­si­scher Wirt­schafts­union anstrebe (er meinte damit das Jahr­tau­sen­projekt „Neue Sei­den­straße“ oder auch „One Belt one Road“), war eben­falls eine Unver­schämtheit. Aber das ist noch nicht einmal der größte Fehler. Der AfD darf man ja sowieso unge­straft alle Untaten unter­stellen. Daher war man sich offenbar im Bun­destag sicher, dass die kor­rekte, gute Gesinnung auch kei­nerlei Rück­sicht auf die Geset­zeslage laut Grund­gesetz nehmen muss. Hier dia­gnos­ti­ziert Frau Prof. Schön­berger aber knapp und treffend:

„Der Bun­destag hat also tat­sächlich beschlossen, dass die AfD „unser“ poli­ti­scher Gegner, d.h. der poli­tische Gegner des Bun­des­tages als Ver­fas­sungs­organ, ist. Es ist offen­sichtlich, dass eine solche par­tei­po­li­tische Kriegs­er­klärung eines Ver­fas­sungs­organs die Chan­cen­gleichheit der Partei aus Art. 21 Abs. 1 GG ver­letzt (und zwar unab­hängig davon, dass die Abge­ord­neten der AfD diesem Antrag zuge­stimmt haben).“

Sind AfD-Leute Freiwild?

Schön, dass es anhand von diesem Vorgang einmal von einem Experten auf­ge­dröselt und anschaulich erklärt wird. Dass hier der Bun­destag das Grund­gesetz ver­letzt – und das aus­ge­rechnet gegen eine Partei, die dauernd beweislos der Ver­fas­sungs­feind­lichkeit beschuldigt wird, ist schon  irgendwie … bemerkenswert.

Die Chan­cen­gleichheit für die AfD, das dürfte jedem auf­ge­fallen sein, der nicht vor­ein­ge­nommen ist, war für die AfD von Anfang an nie gegeben. Die Unfairness und wütende Emo­tio­na­lität, mit der die AfD gegen den erklärten Willen des Volkes (über zwanzig Prozent Wahl­zu­stimmung belegen, dass es keine all­gemein abge­lehnte Split­ter­partei, sondern eine Volks­partei ist) ange­griffen und dif­fa­miert, ja auch von Links­extre­misten oder SPD-Mit­gliedern in Kneipen phy­sisch atta­ckiert wird, gilt den Angreifern im Par­lament und außerhalb auch noch als Beweis ihrer Tugendhaftigkeit.

Über­trieben? Nein. Der Kölner Express berichtete am 23.12.2024:

„In einer Hürther Kneipe soll der SPD-Rats­vor­sit­zende Lukas Gott­schalk (31) den AfD-Poli­tiker Norbert Raatz atta­ckiert haben. Nach anfäng­lichen Beschimp­fungen eska­lierte die Situation. Jetzt ermittelt der Staats­schutz der Polizei Köln.

Auf X kur­siert ein Video, das eine Prü­gel­at­tacke in einer Gast­stätte in Hürth (Rhein-Erft-Kreis) zeigt. Demnach soll der SPD-Rats­vor­sit­zende Lukas Gott­schalk (31) den AfD-Poli­tiker Norbert Raatz zu Boden geschlagen haben.

„Wir haben Kenntnis von dem Vorfall. Der Staats­schutz hat die Ermitt­lungen wegen des Ver­dachts der gefähr­lichen Kör­per­ver­letzung auf­ge­nommen“, sagte Christoph Gilles, Sprecher der Kölner Polizei, am Montag (23. Dezember 2024) auf EXPRESS.de-Nachfrage.“

Norbert Raatz hält sich zunächst mit einem anderen an der Theke auf, als plötzlich eine Gruppe um SPD-Mann Gott­schalk dazu­kommt und Belei­di­gungen wie „Schma­rotzer“ und „Nazi-Schwein“ fallen. Auch Getränke fliegen, dann die Fäuste.

Es ist zu sehen, wie Gott­schalk Raatz von hinten schubst, später ihm mit Anlauf gegen den Ober­körper tritt. Auch der Mann neben dem AfDler geht zu Boden. Ein Begleiter des SPD-Rats­vor­sit­zenden prügelt eben­falls mit. Die Situation ist aller­dings unüber­sichtlich. Nach rund zwei Minuten endet die Videoaufnahmen.“

Hier ist das Video:

 

Soviel zur demo­kra­ti­schen Mitte, die der bösen AfD in Anstand und Moral weit über­legen ist.