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Ist „Las Meninas“ von Velázquez eine optische Täu­schung, die eine Zeit­reise dar­stellt? (Video)

Welche Geheim­nisse bergen die oft als optische Täu­schung einer Zeit­reise betrach­teten Gemälde von Diego Velázquez‘ „Las Meninas“, die noch heute Mil­lionen Men­schen auf der ganzen Welt faszinieren?

Las Meninas, spa­nisch für „Die Hof­damen“, ist ein Gemälde von Diego Velázquez aus dem Jahr 1656, dem füh­renden Künstler des spa­ni­schen Gol­denen Zeit­alters. Es hängt derzeit im Museo del Prado in Madrid und gilt als eines der bedeu­tendsten Gemälde der west­lichen Kunstgeschichte .

Dieses lebens­große Gemälde ist mehrere Mil­lionen Dollar wert, misst 318 x 276 cm und zeigt das Leben am Hof ​​des spa­ni­schen Königs Philipp IV. Es ist über 350 Jahre her, dass dieses Meis­terwerk gemalt wurde, und doch fas­zi­niert es Kunst­lieb­haber und Kri­tiker noch immer. Einer Umfrage des Illus­trated London News unter Künstlern und Kri­tikern aus dem Jahr 1985 zufolge wurde Las Meninas zum „größten“ Gemälde der Welt gewählt .

Anders als andere Gemälde ist dieses Gemälde jedoch nicht für das berühmt, was man über es weiß; es ist vielmehr das Unbe­kannte, das es so groß­artig macht. Dieses Gemälde wird oft als optische Täu­schung ange­sehen, die an eine Zeit­reise erinnert.

Doch was sind die Geheim­nisse dieses Gemäldes, das noch heute Mil­lionen Men­schen auf der ganzen Welt fasziniert?

Laut einer 1985 vom Illus­trated London News durch­ge­führten Umfrage unter Künstlern und Kri­tikern wurde „Las Meninas“ von Diego Velázquez zum groß­ar­tigsten Gemälde der Welt gewählt.

Werfen wir einen genaueren Blick auf das Gemälde, seine Geschichte und die Emo­tionen, die es her­vorruft, um den Grund dafür herauszufinden.

Wer ist auf dem Gemälde?

Ins Eng­lische über­setzt bedeutet „Las Meninas“ „Die Trau­zeu­ginnen“. Wenn Sie sich Velázquez‘ Gemälde von 1656 oben ansehen, können Sie erkennen, dass die „Trau­zeu­ginnen“ oder genauer gesagt die „Zofen­damen“ eigentlich die beiden älteren Mädchen sind, die die jüngere im Vor­der­grund ankleiden – die zufällig die Infantin Mar­garita ist. Die Infantin (die später Kai­serin des Hei­ligen Römi­schen Reiches, deutsche Königin, Erz­her­zogin von Öster­reich und Königin von Ungarn und Böhmen wurde) ist die Tochter von König Philipp IV. von Spanien im 17. Jahr­hundert und seiner zweiten Frau, Königin Mariana.

Neben der Prin­zessin stehen ihre beiden Zwerge und ihr Mastiff. Der nächste Zwerg ist eigentlich ein Mann, der zur Unter­haltung der Infantin Mar­garita ein Frau­en­kleid trägt. Die beiden älteren Frauen im Hin­ter­grund sind Mit­glieder der Höf­lings­ge­sell­schaft des Königs und behalten die Prin­zessin im Auge. In der Tür steht José Nieto de Velázquez, ein wei­terer Höfling des Königs.

In einem Spiegel an der Wand (der aber auch ein Gemälde sein könnte, worüber wir später sprechen werden) sind König Philipp IV. und Königin Mariana leuchtend abge­bildet. Las Meninas spielt in Velázquez‘ eigenem Atelier, was durch die anderen an den Wänden hän­genden Gemälde ange­deutet wird – Werke von Peter Paul Rubens, dem Meis­ter­maler, den Velázquez 1628 ken­nen­lernte und den er bekann­ter­maßen bewun­derte. Der Mann an der Staf­felei ist Velázquez selbst (manche würden sogar behaupten, dies sei der erste Foto­bomber der Geschichte gewesen).

Warum wurde es bemalt?

Was Velázquez ermög­lichte, dieses Meis­terwerk zu malen, das viele als Höhe­punkt seiner Kar­riere betrachten, ist schlicht und einfach seine Schirm­herr­schaft. Bevor er König Philipp IV. traf, reiste Velázquez im Jahr 1622 von seinem Zuhause Sevilla nach Madrid und malte ein Porträt des Dichters Luis de Góngora. Später im selben Jahr beor­derte Graf-Herzog Oli­vares Velázquez zurück, um ein Porträt von König Philipp IV. zu malen. Anschließend wurde er zu einem der Hof­maler des Königs ernannt. Laut dem Oxford Dic­tionary of Art ging Philipp sogar so weit zu erklären, dass „nur Velázquez sein Porträt malen dürfe“. Und so wurde der spa­nische König Velázquez‘ Mäzen.

Technik und Stil

Mit Velázquez‘ Ernennung zum Hof­maler kam es zu einer Ver­än­derung in seinem künst­le­ri­schen Schaffen. Sein frü­herer Stil war reli­giöser geprägt, er malte Por­träts mit natu­ra­lis­ti­schen Tech­niken, ver­wendete aber auch Licht, um eine geheim­nis­volle spi­ri­tuelle Qua­lität anzu­deuten. Nachdem er seine Arbeit für König Philipp IV. begonnen hatte, ver­zichtete er auf Religion und Alle­gorie und war in erster Linie ein Por­trät­maler, der sich mit der Rea­lität des Scheins beschäf­tigte. Er ver­mensch­lichte den König und seine Höf­linge in seinen Gemälden durch natür­liche Posen, ließ sie aber dennoch majes­tä­tisch und anständig wirken – so sehr, dass seine Tech­niken deutlich anders waren und mehr Aner­kennung fanden als die jedes anderen spa­ni­schen Hof­malers. Mit zuneh­mendem Alter lockerte sich Velázquez‘ Pin­sel­führung und wurde sehr frei (viel­leicht beein­flusst durch seine beiden Reisen nach Italien). Par­allel zu diesem Übergang begann er, König Philipps IV. neue und junge Königin Mariana von Öster­reich und die könig­lichen Kinder zu malen. Dies alles führte zu Las Meninas.

Aller­dings ist „Las Meninas“ nicht nur deshalb Velázquez’ berühm­testes Gemälde, weil es König Philipp IV., Königin Mariana, die Infantin Mar­garita und andere Höf­linge so natürlich wie möglich zeigt.

Ist Las Meninas eine optische Täu­schung, die eine Zeit­reise ermöglicht?

Das Auf­fäl­ligste an Las Meninas ist zwei­fellos die ein­zig­artige Per­spektive. Wir werden sofort von den Blicken des könig­lichen Kindes, ihres Zwergs und Velázquez selbst an seiner Staf­felei mit dem Pinsel in der Hand ange­zogen. Auf den ersten Blick scheint es, als seien wir ein Teil des Gemäldes und Velázquez malt uns, die Betrachter. Doch wenn wir unseren Blick auf den Hin­ter­grund richten, sehen wir, dass König Philipp IV. und Königin Mariana an der Wand abge­bildet sind, und wir wissen nicht, ob ihr gerahmtes Abbild nur ein wei­teres Gemälde ist oder ob es ein Spiegel sein soll, der wider­spiegelt, dass sie – und nicht wir – die Motive des Gemäldes sind. Es gibt auch eine Theorie, dass die „vierte Wand“ des Gemäldes eigentlich über­haupt nicht durch­brochen wird – dass Velázquez nur das malte, was er auf einem großen, vom Boden bis zur Decke rei­chenden Spiegel sah, was erklären könnte, warum der Decke in dem Werk so viel Platz ein­ge­räumt wird.

Optisch über­rascht es uns: Sind wir am Werk oder nicht?

Rational gesehen wissen wir, dass wir uns nicht in einem Gemälde aus dem Jahr 1656 befinden können. Doch durch Velázquez‘ bei­spiel­losen selbst­re­fle­xiven (ich wage zu sagen, post­mo­dernen) Ansatz wird Las Meninas zu einer opti­schen Täu­schung, da die Betrachter nicht bestimmen können, wo sie sich in Bezug darauf posi­tio­nieren sollen. Dies, kom­bi­niert mit seinem rea­lis­ti­schen Stil, zieht uns – fast buch­stäblich – in das Atelier eines Hof­malers aus dem 17. Jahrhundert.

Las Meninas ist kein sym­bo­li­sches Artefakt und hat auch keine tiefe alle­go­rische Bedeutung in Bezug auf Religion oder gesell­schaft­liche Themen. Das „größte Gemälde der Welt“ ist in Wirk­lichkeit nur eine Dar­stellung des wahren Lebens während seiner Zeit. Doch da es darauf abzielt, den Betrachter unsicher zu machen, wo er sich befindet, wird es umso kraft­voller und unver­gess­licher. Velázquez hat viel­leicht sehr wohl gewusst, dass man ein Publikum am besten fesselt, indem man mit unserem Selbstbild spielt, da wir alle den Dingen, die uns direkt betreffen, mehr Auf­merk­samkeit schenken. In Las Meninas sehen wir uns durch die Kom­bi­nation aus opti­scher Täu­schung und rea­lis­ti­scher Dar­stellung der Geschichte als Teil eines his­to­ri­schen Meis­ter­werks, das sich so in unser Gedächtnis einprägt.

Video:

Der Artikel erschien zuerst hier: anti-matrix.com