Bild: https://pixabay.com/de/photos/viren-virus-angriff-infektion-5024537/

Borna-Virus Lab-Leak? Selt­sam­keiten aus Pfaf­fen­hofen an der Ilm

Eine Erkrankung an Enze­pha­litis, die vom Borna-Virus aus­gelöst wird, ist ein sehr sehr sel­tenes Ereignis.

Wir haben gerade davon berichtet, dass in Pfaf­fen­hofen gleich ZWEI Männer an Enze­pha­litis, die vom Borna-Virus aus­gelöst worden sein soll, erkrankt sind.

Die Inzidenz von Borna-Virus in Bayern, einem Gebiet, in dem das Virus ende­misch ist, beträgt 0,0001 bis 0,0002 pro Jahr. Die Wahr­schein­lichkeit für eine Person, sich mit Borna-Virus zu infi­zieren, beträgt somit 0,0001%. Geht man davon aus, dass sich zwei Per­sonen AM SELBEN ORT an den SELBEN Hin­ter­las­sen­schaften von Feld­spitz­mäusen infi­zieren, dann liegt die Wahr­schein­lichkeit für eine gemeinsame Infektion unterhalb von 0.01%, schon weil kei­nerlei Über­tragung von Mensch zu Mensch möglich ist, was bedeutet, dass die Wahr­schein­lichkeit für zwei relativ zeit­gleich erfol­gende Infek­tionen bei etwa 0,000001% liegt: 1 in 1.000.000, fast wie Lotto spielen.

Insofern haben wir es in Pfaf­fen­hofen mit einem mehr als bemer­kens­werten Ereignis zu tun, dessen Erklärung es erfordert die Beziehung zwi­schen den beiden Infi­zierten und die mög­lichen Infek­ti­onswege nach­zu­voll­ziehen, es sei denn, man ist, wie wir, jemand, der jeden Glauben an die Zufälle der Geschichte ver­loren hat, und beim Auf­treten von meh­reren Fällen eines doch sehr sel­tenen Virus‘ sofort an BSL-Labore, an Bio Safety Labore denkt.

 

FIG. 1
Quelle: Carbone, Kathryn M. (2001). Borna disease virus and human disease. Cli­nical Micro­biology Reviews 14(3): 513–527.

Um mit Borna-Viren zu arbeiten, ist min­destens ein BSL‑3, ein Bio-Safety-Labor der Stufe 3 notwendig.

Das nächste ent­spre­chende Labor dürfte sich am Uni­ver­si­täts­kli­nikum Regensburg befinden, in nicht ganz 90 Kilo­meter Ent­fernung. Und die erste Spur, die uns an die Uni­ver­sität Regensburg führt, ist ZooBoFo, ein Projekt des Baye­ri­schen Lan­desamts für Gesundheit und Lebens­mit­tel­si­cherheit, an dem das Uni­ver­si­täts­kli­nikum Regensburg (UKR) beteiligt war. Ziel des Pro­jekts ist es:

„… weitere Erkennt­nisse zu BoDV‑1 (Borna-Virus 1) zu erlangen und zukünftig gezieltere Emp­feh­lungen zur Prä­vention von Infek­tionen aus­sprechen zu können. [Deshalb] wird seit 2023 im Rahmen des One Health-Pro­jekts „Zoo­notic Bor­na­virus Focal­point Bavaria“ (ZooBoFo) zu BoDV‑1 geforscht. ZooBoFo ist ein inter­dis­zi­pli­näres For­schungs­projekt, das vom LGL in Koope­ration mit dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) sowie dem Uni­ver­si­täts­kli­nikum Regensburg (UKR) durch­ge­führt wird. Dem Projekt liegt der holis­tische One Health-Ansatz zugrunde: Aspekte der Gesundheit von Mensch, Tier- und Umwelt werden also glei­cher­maßen in die For­schung ein­be­zogen. Gefördert wird das Projekt vom Baye­ri­schen Staats­mi­nis­terium für Gesundheit, Pflege und Prä­vention (StMGP).“

Quelle.

Für die Uni­ver­sität Regensburg ist die For­scher­gruppe von Markus Bauswein, Institut für Kli­nische Mikro­bio­logie und Hygiene am Uni­ver­si­täts­kli­nikum Regensburg an dem Projekt beteiligt gewesen. Die Erfor­schung des Borna-Virus ist ein Schwer­punkt­thema für diese For­scher, die z.B.

die Ent­wicklung eines dia­gnos­ti­schen Tests zur Erken­nunng von BODV‑1, dem Borna-Virus, im Pro­gramm haben:

„Ent­wicklung eines BoDV-1-ELISA
Juni 30, 2021
Die indi­rekte Immun­fluo­reszenz stellt bisher die sero­lo­gische Stan­dard­dia­gnostik bei BoDV-1-Infektion dar. Dieses Ver­fahren ist auf­wendig und unter­su­cher­ab­hängig. Ziel unserer Arbeits­gruppe ist es, mittels ver­schie­dener rekom­bi­nanter BoDV-1-Pro­teine ELISA-Test­systeme zu ent­wi­ckeln, die eine zuver­lässige sero­lo­gische Dia­gnostik ermög­lichen und sich auch als Hoch­durchsatz-Screening-Ver­fahren für Sero­prä­valenz-Unter­su­chungen eignen.

Quelle

Darüber hinaus arbeiten die For­scher noch an einem wei­teren Test:

Ent­wicklung eines BoDV-1-EliSpots
Juni 30, 2021
Neben der Sero­logie arbeiten wir an der Ent­wicklung einer T‑Zell-basierten BoDV-1-Dia­gnostik mittels EliSpot. Für eine früh­zeitige Dia­gno­se­stellung ist die Sero­logie nach aktu­ellem For­schungs­stand nicht geeignet. Die Detektion von BoDV-1-spez­fi­scher RNA im Liquor für die Dia­gno­se­stellung gelingt nicht immer zuver­lässig, da die RNA-Kopienzahl im Liquor meist nur im Bereich der unteren Nach­weis­grenze liegt. Da für BoDV-1-Infek­tionen eine T‑Zell-ver­mit­telte Immun­pa­tho­genese ange­nommen wird, erhoffen wir uns, dass die T‑Zell-Dia­gnostik ein zusätz­liches Dia­gnose-Tool für eine zuver­lässige Früh­dia­gnostik sein könnte.

Quelle

Die For­schung ist unter anderem in die fol­genden Ver­öf­fent­li­chungen gemündet:

Bauswein, Markus, Ehab Eid, Lisa Eiden­schink, Barbara Schmidt, André Gessner, Dennis Tappe, Dániel Cadar et al. (2024). Detection of virus-spe­cific T cells via ELISpot cor­rob­orates early dia­gnosis in human Borna disease virus 1 (BoDV‑1) ence­pha­litis.“ Infection 52(5): 1663–1670.

Bauswein, Markus, Saida Zoubaa, Martina Toelge, Lisa Eiden­schink, Markus J. Rie­men­schneider, Bernhard Neumann, De-Hyung Lee et al. (2024). Long-term Ele­vation of Com­plement Factors in Cere­bro­s­pinal Fluid of Patients With Borna Disease Virus 1 Ence­pha­litis.The Journal of Infec­tious Diseases 230(4): e943-e953.

Eiden­schink, Lisa, Gertrud Knoll, Dennis Tappe, Robert Offner, Thomas Drasch, Yvonne Ehrl, Bernhard Banas et al. (2023).IFN-γ-Based ELISpot as a new tool to detect human infec­tions with borna disease virus 1 (BoDV‑1): a pilot study.Viruses 15(1): 194.

Keine der For­schungen, die diesen Arbeiten zugrun­de­liegen, kann außerhalb eines BSL‑3 Labors betrieben werden. Ergo muss man davon aus­gehen, dass sich am Uni­ver­si­täts­kli­nikum in Regensburg ein BSL‑3 Labor befindet, obschon man keinen Hinweis darauf in der Web­präsenz der Uni­ver­sität Regensburg findet.

Damit ist nicht gesagt, dass das unwahr­schein­liche Ereignis zweier Erkran­kungen an Borna-Virus zweier Männer am gleichen Ort zur fast gleichen Zeit das Ergebnis eines Lab-Leaks sein muss. Damit ist nur gesagt, dass nicht nur Feld­spitz­mäuse, von denen ohnehin nicht bekannt ist, wie sie es schaffen, Borna-Viren zu ver­breiten, als Tat­ver­dächtige vor­handen sind. Es gibt noch andere Mög­lich­keiten der Übertragung.

Ent­spre­chend wichtig wäre es für die Ver­ant­wort­lichen volle Trans­parenz über die Iden­tität der Infi­zierten aus Pfaf­fen­hofen herzustellen…


Der Artikel erschien zuerst hier: ScienceFiles.org

  • Top Artikel

  • Service-Hotline:
    0179-6695802

  • Servicezeiten:
    Mo. und Do.: 10:00 - 12:00 Uhr
    Mi.: 15:00 - 18:00 Uhr