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»DIE TOTEN HÄUFTEN SICH AN DEN WEG­RÄNDERN« – Men­schenjagd auf deutsche Flüchtlinge!

Die am 12./13. Januar 1945 begin­nende sowje­tische Win­ter­of­fensive (auch bekannt als „Weichsel-Oder-Ope­ration“) auf das Deutsche Reich fegte in einem rausch­haften Sturm aus Gewalt, Blut, Material und Men­schen die letzten Wehr­machts­wälle hinweg. 

Die Grenzen Ost­preußens wurden gera­dewegs überrannt.

Die Deut­schen flohen Hals über Kopf vor dem zigfach über­le­genen Feind …

Fri­sches Haff, Ostpreußen

Das Frische Haff war eine flache, nur etwa zwei bis sechs Meter tiefe Mee­res­bucht der Ostsee. Es begann in West­preußen rund 40 Kilo­meter östlich von Danzig bei Elbing und erstreckte sich bis zu 80 Kilo­meter in nord­öst­licher Richtung ins ost­preu­ßische Fisch­hausen. Durch einen vor­ge­la­gerten 70 Kilo­meter langen und zwei Kilo­meter breiten Festland-Streifen, die soge­nannte „Nehrung“, die mehr einer Fest­land­zunge glich, war sie vom offenen Meer fast gänzlich abgeschnitten.

Die Bewohner des südlich gele­genen Küs­ten­streifens bezeugten tiefen Respekt vor ihrem „kleinen Meer“, wie sie es bezeich­neten. Im Frühling, Sommer und Herbst ver­wan­delten Nord­ost­stürme und kalter Regen das Haff mit­unter in einen bro­delnden, gefähr­lichen Kessel. Selbst aus­ge­zeichnete Schwimmer konnten dabei ertrinken, und erfahrene Fischer flüch­teten sich mit ihren Booten in den nächst­ge­le­genen Hafen. Erst recht im Winter aber waren die unbe­re­chen­baren Wit­te­rungs­be­din­gungen extrem.

Die Ein­hei­mi­schen wussten sehr genau, dass das Eis „lebte“, was hieß, dass je stärker der Frost war, desto größer auch die Span­nungen dar­unter. Denn dann drückten sich die Eis­platten ächzend gegen die Ufer, um sich in Blöcken über­ein­ander zu schieben, die wie­derum Risse erzeugten. Hinzu kam, dass Dunst, Schneefall, Regen und Nebel die Sicht und damit auch die Ori­en­tierung unmöglich machen konnten.

Auch an diesen Tagen war es den eisigen Tem­pe­ra­turen geschuldet, dass der einzige Durchlass zwi­schen dem Haff und der Ostsee – dem rund 400 Meter breiten, bis zu fünf Metern tiefen und 1,3 Kilo­meter langen Kanal – zuge­froren war. Ansonsten hätte es für die Flücht­linge nur per Boot die Mög­lichkeit gegeben, das soge­nannte „Pil­lauer Tief“ zu über­queren. So schlug ihnen der Frost wörtlich genommen eine „Brücke“ in Form einer meter­dicken Eis­schicht, die das Wasser zwi­schen der Küste und der Nehrung bedeckte und Mensch, Pferd und Wagen weit­gehend tragen konnte.

Hun­dert­tau­sende vor allem Alte, Frauen und Kinder wollten sich dem sich immer weiter zuschnü­renden Kessel der Russen ent­ziehen. Deshalb blieb ihnen nichts anderes übrig, als diesen ris­kanten Weg über das Frische Haff zur Nehrung zu nehmen. Ins­gesamt rund 500.000 ver­zwei­felte Men­schen würden es letztlich sein. In der Ferne lag das west­preu­ßische Festland, das es zu erreichen galt. Und danach weiter nach Danzig, dem ver­meint­lichen Tor zur Freiheit, um dort von der Kriegs­marine Richtung Westen heim ins Reich gerettet zu werden.

Hinter den Ver­trie­benen zeich­neten sich die Umrisse der bren­nenden Häuser der von den Russen ein­ge­nom­menen oder zer­störten Dörfer und Städte am röt­lichen Horizont ab. Dabei muteten die feind­lichen Artil­le­rie­ein­schläge wie blit­zendes Wet­ter­leuchten an. Es machte gera­dewegs den Ein­druck, als würde die gesamte Haff-Küste bereits in Flammen stehen.

Wahrlich – das Haff, auf dem sich Stunde für Stunde und Tag für Tag immer mehr Trecks zube­wegten, war die einzige Mög­lichkeit, der schnell vor­rü­ckenden Zange der Sowjet-Truppen zu ent­gehen. Und somit, wie bereits erwähnt, die letzte Chance, dem Ein­schlie­ßungsring um Ost­preußen zu ent­kommen. So dachten die Ver­zwei­felten jeden­falls, deren Flucht bereits zu einem Wettlauf mit der Zeit und mit dem Tod geworden war.

An den Ufern, wo sich die Trecks zum Elendszug über das ver­narbte Eis auf­machten, türmte sich das weg­ge­worfene Flücht­lingsgut. Es bestand aus Feder­betten, Fässern mit gepö­keltem Fleisch, Kisten mit Geschirr und Tafel­silber, Näh­ma­schinen und Säcken mit anderem Hausrat. All das war viel zu schwer für die Eis­decke. Um die Last tragen zu können, wurden die grö­ßeren Plan‑, die klei­neren Acker- und Panje‑, die gewich­tigen Tross- und die hoch­ge­la­denen Kas­ten­wagen, Hand­karren und ein- oder zwei­spän­nigen Holz­schlitten, Pferde und Vieh im Abstand von meh­reren Metern nach­ein­ander auf die vor­ge­sehene Strecke ein­ge­wiesen. Dabei kam es mit­unter zu langen War­te­zeiten, in denen die Schick­sals­ge­nossen befürch­teten, der Feind könnte weiter vor­rücken. In ihren Rücken ver­spürten sie die zurück­ge­lassene Hölle, deren Aus­läufer sie jederzeit ein­holen konnte.

Außer leisem Gemurmel, Kin­der­weinen, dem Knir­schen der Wagen­räder im Schnee, dem Muhen der mit­ge­führten Kühe und dem Schnauben der Zug­pferde, die schwer zu schleppen hatten, war nichts zu hören. Eine beinahe gespens­tische Atmo­sphäre und Szenerie.


ZEIT­ZEUGE Bruno Polkehn (8 Jahre): „Was dann kam, war die Hölle … Es war eine wahre Völ­ker­wan­derung über das Haff. Von allen Seiten fuhren die Treck­fahr­zeuge auf das Eis, unter ihnen viele, viele Wagen und dahinter immer wieder Flücht­linge zu Fuß, Schlitten oder Gepäck auf Rädern hinter sich über das Eis her­ziehend, einige schoben auch Fahr­räder. Auf den Treck­wagen waren meist Mütter mit Säug­lingen und Kleinst­kindern sowie alte Leute, die nicht mehr laufen konnten.“[i]


Der kilo­me­ter­lange Flücht­lingszug, ein großer Mahl­strom der Ver­dammten, sah aus wie eine Kette schwarzer Punkte bezie­hungs­weise wie ein dichter Wald­streifen am Horizont.

Fischer, die sich in diesen Breiten aus­kannten, schlugen mit Hacken Löcher in das Eis und steckten kleine Tan­nen­bäume oder Holz­pfähle hinein, um einen ver­meintlich sicheren Weg zu mar­kieren. Mit­unter gingen ein paar Greise und Jungen als Vorhut mit Stöcken voraus, um das Eis auf brü­chige oder bereits über­schwemmte Stellen abzu­suchen. An anderen Abschnitten glit­zerten gefähr­liche Spalten. Ganz abge­sehen von der lediglich halbwegs zuge­fro­renen Fahr­rinne in der Mitte, in der das Wasser schwarz und unheimlich schimmerte.

Alle halfen mit, um gemeinsam diesen Wid­rig­keiten zu trotzen. So karrten Bau­ers­leute aus den Wäldern Bäume heran, die zusam­men­ge­bunden und zusätzlich noch mit Eisen geklammert wurden, um die Eis­kanten mit­ein­ander zu ver­binden. Darauf nagelten sie Bohlen, so dass letztlich bedrohlich schwan­kende und knar­rende Brücken ent­standen. Aber immerhin eini­ger­maßen taug­liche Übergänge.

Die eisigen Tem­pe­ra­turen machten den Flücht­lingen schwer zu schaffen. Vor allem die Alten spürten die außer­ge­wöhn­lichen kör­per­lichen Stra­pazen durch Kälte und Sturm. Viele von ihnen sahen sich den Müh­salen schon bald nicht mehr gewachsen, legten ihr Leben sprich­wörtlich in Gottes Hand. Ihre Beine wurden immer schwächer, die Ruhe­pausen immer länger und doch wurden einige der Erschöpften stets wieder vom Strom der Elenden und Ver­zwei­felten mit­ge­rissen. Dennoch häuften sich die Toten an den Straßen- und Wegrändern.

Schon vor Stunden hatten die Ver­trie­benen das zuge­frorene „Pil­lauer Tief“ über­quert. Aber der Weg über die Nehrung zum west­preu­ßi­schen Festland war noch weit. Sie wussten und ahnten, dass auf­grund der kör­per­lichen und auch geis­tigen Kon­sti­tution nicht jeder von ihnen mehr in der Lage sein würde, diese Strecke zu bewältigen.


ZEIT­ZEUGIN Hanna Kiehne: „(Die Men­schen) … gingen einfach neben den Wagen­ko­lonnen, ganze Familien mit Kind und Kegel. Ihre Kin­der­wagen schiebend, hatten sie die kleinen Kinder neben sich, die tapfer Schritt für Schritt mit ihrem unzu­rei­chenden Schuhzeug kilo­me­terlang durch das Wasser wateten. So manchem Steppke reichte das Wasser glatt bis zum Knie. Hier umzu­fallen war nicht ange­bracht, denn wer hier schlapp­machte, der konnte weit und breit nur noch ersaufen.“[ii]


Viele der Leid­ge­plagten würden frei­willig auf­geben müssen, um irgendwo am Rande der Fahrspur, die sich auf dem Eis gebildet hatte, zu sterben. Andere wie­derum würden von Kälte, Erschöpfung oder Hunger einfach dahin­ge­rafft werden. Schon bald holte sich der Sen­senmann vor allem die Schwächsten. Und das waren Kinder und Greise.

Unzählige Mädchen und Jungen saßen oder lagen steif­ge­froren in den Fuhr­werken. Mit eis­kalter Haut, blick­losen Augen, ohne Atem und ohne Herz- und Puls­schlag. Erfroren wie lausige Hunde.

Zudem starben Säug­linge und Kleinst­kinder, weil es keine Milch gab …


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QUELLEN:
[i] Zitiert nach: Heinz Schön: Flucht aus Ost­preußen 1945 – Die Men­schenjagd der Roten Armee, Kiel 2001, S. 265, 266;
[ii] Zitiert nach: Rudolf Mühl­fenzl: Geflohen und Ver­trieben – Augen­zeugen berichten, Königstein/Ts. 1981, S. 92

Zuerst erschienen bei guidograndt.de.

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