Fak­ten­check: Rekord-Steu­er­ein­nahmen und marode Infrastruktur

von Rainer Zitelmann | Diese Woche wurde in HART ABER FAIR über ein wich­tiges Thema dis­ku­tiert: Wie passen Rekord-Steu­er­ein­nahmen und eine marode Infra­struktur zusammen? In 75 Minuten ging es gerade einmal 3 Minuten (!) über die Steu­er­aus­gaben. Statt­dessen wurde beklagt, dass „Bes­ser­ver­die­nende“ bei den Bewir­tungs­kosten schummeln und die Blumen für die Frau als Betriebs­aus­gaben absetzen.
Die Sendung war so schlecht, dass es sich gar nicht lohnt, im Ein­zelnen darauf ein­zu­gehen: Ver­treter von SPD und Links­partei beklagten erwar­tungs­gemäß, dass „die Reichen“ angeblich zu wenig Steuern zahlen (dabei zahlen die 1% der am besten Ver­die­nenden mehr als 20% der Ein­kom­men­steuer). Carsten Lin­nemann von der CDU ging es vor allem um die Abschaffung des Soli. Die Redaktion von HART ABER FAIR brachte Bei­spiele, die belegen sollen, wie einfach es der Staat den Reichen mache, Steuern zu hin­ter­ziehen – indem Selbst­ständige die Kosten für den Blu­men­strauß für die Ehefrau fälsch­li­cher­weise als Betriebs­ausgabe für das Büro absetzen.
Bemer­kenswert war jedoch nicht, worüber dis­ku­tiert wurde, sondern worüber nicht dis­ku­tiert wurde. Die Steu­er­ein­nahmen des deut­schen Staates sind so hoch wie nie zuvor in der Geschichte. Die Aus­gaben des Staates für Zins­zah­lungen sind auf­grund der Null­zins­po­litik der EZB so niedrig wie nie – bei vielen Anlei­he­emis­sionen ver­dient der Staat sogar Geld. Ist es da sinnvoll, darüber zu dis­ku­tieren, dass dem Staat GELD FEHLT, weil manche Selbst­ständige die Kosten für den Blu­men­strauß steu­erlich geltend machen oder bei den Bewir­tungs­kosten schummeln? Wäre es nicht sinn­voller, zuerst einmal zu fragen, wofür die Rekord-Steu­er­ein­nahmen denn aus­ge­geben werden, wenn das Geld bei der Infra­struktur, der Bildung oder bei der Bun­deswehr fehlt?
Beim ARD-“Fak­ten­check“ wird man nur Dinge finden, über die dis­ku­tiert wurde. Ich möchte hier ergänzend einige Fakten benennen, über die nicht dis­ku­tiert wurde:
1. Der über­bor­dende Sozi­al­staat kostet den Steu­er­zahler allein von 2018 bis 2020 ca. 545.000.000.000 Euro. Der Anteil der Sozi­al­aus­gaben am Bun­des­haushalt in Deutschland liegt inzwi­schen bei 57 Prozent.
2. Hohe Kosten ent­stehen vor allem für ideo­lo­gische Ziele wie die „Kli­ma­wende“. Schon vor Jahren hatte der damalige Umwelt­mi­nister Peter Alt­maier die Kosten auf ca. 1 Billion (!) Euro ver­an­schlagt. Das war deutlich zu wenig, wie wir heute wissen. Die ideo­lo­gisch moti­vierte „Ener­gie­wende“ wird uns bis 2050 nach Schät­zungen 2.300.000.000.000 Euro kosten.
3. Die Kosten der Zuwan­derung betragen nach offi­zi­ellen – zurück­hal­tenden – Schät­zungen bis zum Jahr 2022 min­destens 78.000.000.000 Euro.
Auf etwa 900.000.000.000 Euro schätzt der Finanz­wis­sen­schaftler Bernd Raf­fel­hü­schen die lang­fris­tigen Kosten von Merkels Flüchtlingspolitik.
4. Die Euro-Rettung kostete riesige Beträge und birgt noch viel größere Kos­ten­ri­siken in der Zukunft. Größter Ein­zel­zahler von den 273.000.000.000 für die Grie­chen­land­rettung war Deutschland
Das Geld für die Grie­chen­land­rettung ist weg – im Bun­des­haushalt tauchen jedoch nur die Ein­nahmen aus Zins­zah­lungen der Griechen auf, sodass es so aus­sieht, als ob wir an der Grie­chen­land­rettung ver­dienen (!) würden. Das wäre so, wie wenn ich einem hoff­nungslos über­schul­deten Men­schen, bei dem die Aus­sichten auf Rück­zahlung des „Kre­dites“ Null sind, 1000 Euro „leihe“ (die er erst in einigen Jahr­zehnten – angeblich – zurück­zahlen muss) und mich dann reich­rechne, indem ich nur die 20 Euro Zins­zah­lungen bilan­ziere, die ich jährlich von ihm bekomme.
Hinzu kommt: Der deutsche Target-Saldo beträgt inzwi­schen mehr als 814.000.000.000 Euro. Das sind poten­zielle Kosten, die heute im Bun­des­haushalt gar nicht auf­tauchen, die aber lang­fristig ein erheb­liches Risiko dar­stellen.
Zur Beant­wortung der Leit­frage der Sendung, nämlich warum trotz his­to­risch hoher Steu­er­ein­nahmen die Infra­struktur zer­fällt, wäre es wichtig gewesen, darüber zu dis­ku­tieren, wofür das Geld denn heute aus­ge­geben wird. Traurig ist die Bespre­chung der Sendung in der WELT: Der WELT-Redakteur hätte es gerne gehabt, dass noch mehr darüber dis­ku­tiert worden wäre, wie man die Steu­er­ein­nahmen steigern könnte. Dem WELT-Jour­na­listen fällt kri­tisch zu der Sendung nur ein, dass zu wenig über die Steu­er­moral inter­na­tio­naler Groß­kon­zerne gesprochen wurde.


Quelle: the­eu­ropean