Während Alters- und Kin­der­armut steigen: Diäten der Bun­des­tags­ab­ge­ord­neten durch­brechen die 10.000 € Schallgrenze

Fast jeder zweite Rentner in Deutschland bezieht eine Alters­rente von weniger als 800 Euro. Genau sind es 48% der Rentner, wie eine Aus­kunft der Regierung auf eine par­la­men­ta­rische Anfrage der Partei „Die Linke“ offen­barte. Nimmt man die offi­zielle Armuts­grenze, die bei 1.033,00 € liegt, sind es weit mehr Senioren, die als Arm gelten müssen. Das ist erschre­ckend und traurig. Denn es ist nicht überall in der EU so. Während in Deutschland nur maximal 50,5% des letzten Net­to­lohns aus­ge­zahlt werden, sind es in den Nie­der­landen 100,6%, in Kroatien sogar 129%. Deutschland liegt hier unter den EU-Ländern an fünft­letzter Stelle.
Deutschland, ein reiches Land? Offenbar aber doch, denn wir leisten uns Spit­zen­ver­diener als Par­la­men­tarier. Wir können 709 Abge­ord­neten des Bun­des­tages, die all die schönen Dinge beschließen, die wir Bürger dann auch noch erdulden und bezahlen müssen, und sie erhalten ab Juni dafür „Diäten“ von brutto 10.073,69 € im Monat, während Mil­lionen Rentner in öffent­lichen Müll­eimern nach Fla­schen suchen, um sich irgendwie vor dem Hun­gertod zu retten. Die Abge­ord­neten der Linken, die sich so für­sorglich nach der Ren­ten­si­tuation der Mit­bürger erkun­digten, bekommen das auch.
Die 10.000er-Marke wird nun mit der im Sommer wirksam wer­denden „Diä­ten­er­höhung“ um ca. 3% geknackt. Unter „Diät“ ver­steht der Bun­des­bürger gemeinhin eine redu­zierte Kost zur Gewichts­ab­nahme. Insofern sind die Armuts­renten der Bürger tat­sächlich eine unfrei­willige Diät. Aber schlanke Men­schen haben weniger Pro­bleme mit Blut­hoch­druck, Rücken­schmerzen und Gelenk­er­kran­kungen. Viel­leicht ist das ja ein Trost für die alten, hung­rigen Mülleimer-Durchsucher.
Die Pen­sionen der Abge­ord­neten lassen diese gesund­heit­lichen Vor­teile des Dau­er­fastens nicht erwarten. Mit der Diä­ten­er­höhung geht auch eine schöne Ren­ten­er­höhung einher: 251,84 Euro für die Pen­sionen der „Volks­ver­treter“ statt, wie vorher 244,51 Euro — und das pro Man­datsjahr. Wer also über­haupt nur eine einzige Legis­la­tur­pe­riode (vier Jahre) im Bun­destag war, erhält schon 1.007,36 mehr an Pension. Viele Abge­ordnete sind aber schon über zehn Jahre im Bun­destag auf­op­fe­rungsvoll tätig. Zwar erhält man die Pension „erst“ ab dem 67sten Lebensjahr, aber so lange müssen wir Nor­mal­bürger sowieso arbeiten. Sehr viele von uns müssen sogar arbeiten, bis sie tot sind, weil sie von der Hun­ger­rente nicht leben können. Und das sind die Glück­lichen, die über­haupt eine Mög­lichkeit haben, etwas dazuzuverdienen.
Immerhin gibt es eine Höchst­grenze. Die mög­liche Höchst­pension für Bun­des­tags­ab­ge­ordnete liegt bei 6.800 Euro und das nach 27 Jahren. Es mutet schon rührend bescheiden an.
Dabei können die Abge­ord­neten ja gar nichts dafür. Ihre Diä­ten­er­hö­hungen sind an die Erhöhung der Nomi­nal­löhne gekoppelt und das sta­tis­tische Bun­desamt rechnet das einfach aus und ver­passt den Mit­gliedern des Bun­des­tages diese Diä­ten­er­höhung, ob sie wollen oder nicht. Da wird auch nicht dis­ku­tiert. Es gibt keine Aus­sprache oder Abstimmung. Warum? Weil das Par­lament diese auto­ma­tische Anpassung an die Ent­wicklung der Nomi­nal­löhne für die gesamte Dauer der Wahl­pe­riode beschlossen hatte. Deshalb wird die Anhebung der Diäten lediglich per Druck­sache des Bun­des­tags­prä­si­denten Wolfgang Schäuble im März kund­getan werden. Und im Juni bekommen die Abge­ord­neten die neue, noch üppigere Diät.
Der Chef der Linken, Bernd Riex­inger, fordert, die gesetz­liche Rente müsse „vor Armut schützen und den Lebens­standard sichern“. Es sei skan­dalös, wenn Men­schen im Alter bei Ham­bur­ger­ketten arbeiten oder Zei­tungen aus­tragen müssen, weil die Rente hinten und vorne nicht reiche.
Seien wir also gespannt auf den Auf­schrei der Abge­ord­neten, die sicherlich auf einen Teil ihrer groß­zü­gigen Diäten ver­zichten werden — zugunsten der hun­gernden Alten. Die SPD wird – ihrer neuen Linie folgend — sofort vehement eine Reform der Renten fordern oder eine Auf­sto­ckung der Zuwen­dungen durch das Sozi­alamt auf min­destens die Armuts­grenze von 1.033,00 Euro. Ganz bestimmt.