Intoleranz hat nicht Universitäten erfasst, Intoleranz kommt aus Universitäten
Für die, die sich postmodern geben, sind Erzählungen besonders wichtig. Erzählungen, so verbreiten z.B. die Vertreter von Gender, Queer oder anderen „Studies“, gesellschaftliche Erzählungen, seien immer Ausdruck von Machtgefügen in einer Gesellschaft, sie gäben Aufschluss darüber, welche Ausbeutungsverhältnisse in einer Gesellschaft herrschen würden. Sie wissen schon, worauf das hinausläuft, auf die alten weißen Männer, die die Geschichte geprägt und die anderen Gruppen, die Minderheiten, die Frauen, die Migranten unterdrückt haben. Sabine Hark, die wenn es um Fragen der Epistemologie, Methode, des Nutzens der Gender Studies geht, in Schweigen verfällt, hat diesen Blödsinn gerade erst wieder in der Frankfurter Rundschau unwidersprochen zum Besten geben können.
Interessanterweise sind die Entrechteten, die im antagonistischen Kampf der weißen Männer gegen den Rest der Welt, instrumentalisiert werden nicht mehr die Arbeiter. Der Klassenkampf ist out. Er muss es auch sein, denn, wie Douglas Murray es formuliert: the workers refused to turn up for the revolution.
Seit es den Marxismus und seine Spielarten gibt, haben sich die angeblichen Vordenker, ein Begriff, den man im Zusammenhang mit Sozialisten und Kommunisten nur mit Überwindung tippen kann, darüber echauffiert, dass „die Arbeiter“ vom falschen Bewusstsein befallen sind. In Deutsch: “Die Arbeiter” wollen einfach nicht einsehen, dass das Heil, das Kommunisten und Sozialisten verkünden, ihr Heil sei. Die Not hat Lenin die „Vorhut der Arbeiterklasse“ erfinden lassen, in der Hoffnung, dass indoktrinierte Kader, deren Denken so beengt wurde, dass sie tatsächlich nur noch in Antagonismen denken können, durch ihre Sprachmonotonie den Ton für die Arbeiterklasse vorgeben können: Führer befiel, wir folgen als Massenprojekt.
Auch Lenin ist gescheitert. Es hat sich schnell gezeigt, dass man Sozialismus und Kommunismus nur und ausschließlich mit Zwang und Druck, Drohungen und Gewalt durchsetzen kann.
Der Gulag, der Zwang, die Millionen Tote, die der Kommunismus hinterlassen hat, war Antireklame. Kommunisten haben, von Frankreich einmal abgesehen, im Westen keinen Fuß auf den Boden bekommen. Haben. Denn mittlerweile haben Kommunisten eine Finte entwickelt, die es ihnen erlaubt, Fuß zu fassen.
Sie haben die Minderheiten, die immer bestens instrumentalisierbaren Frauen und die Migranten als Gruppen entdeckt, die die störrischen Arbeitnehmer, die auch nach mehr als 100 Jahren das falsche Bewusstsein zeigen und partout dem Kommunismus nichts abgewinnen können, ersetzen sollen.
Man kann diesen Wechsel vom Klassenkampf zum Identitätskampf bei den Parteien, die sich als links bezeichnen, gut nachvollziehen. Keine davon, nicht einmal die SPD, erweckt noch den Anschein, man kümmere sich um die Interessen von Arbeitern oder Erwerbstätigen. Alle kümmern sich mit großer Vorliebe um Minderheiten, LSBTIQ, Migranten, Mittelschichtsfrauen.
Die Linke führt nun den Kampf um Identität.
Dass man bei Linken auf der Suche nach gesellschaftlichen Gruppen war, die man für den eigenen Kampf missbrauchen kann, ist ein offenes Geheimnis, das Ernesto Laclau und Chantal Mouffe schon 1985 im Buch „Hegemony and Socialist Strategy“ ausgeplaudert haben. Darin suchen Laclau und Mouffe systematisch nach gesellschaftlichen Gruppen, die sich als ausgebeutete Gruppe darstellen und für die marxistische, kommunistische Sache ausbeuten lassen. Gefunden haben sie alles, was oben beschrieben wurde: „This society is indeed capitalist, but it is not its only characteristic; it is sexist and patriarchal as well, not to mention racist” Das schreiben Laclau und Mouffe in dem Essay: “Socialist strategy; Where next?” Und damit haben sie die Einkaufsliste für Linke bestimmt, die Gruppen identifiziert, die fortan von Marxisten und Kommunisten für ihre Zwecke ausgebeutet werden sollen. Oder, wie Laclau und Mouffe selbst schreiben:
„The rise of the new feminism, the protest movements of ethnic, national and sexual minorities, the anti-institutional ecology struggles waged by marginalized layers of the population, the anti-nuclear movement, the atypical forms of social struggle in countries on the capitalist periphery – all these imply an extension of social conflictuality to a wide range of areas, which creates the potential, for and advance towards more free, democratic and egalitarian societies” (Laclau & Mouffe 1985: 1).
Die “conflictuality”, die von Marxisten in Zukunft ausgenutzt werden soll, um ihr gescheitertes Projekt des Kommunismus, das hinter „free, democratic and egalitarian society“ versteckt wird, durchzusetzen, es ist genau das, womit wir heute in demokratischen Gesellschaften belästigt werden.
Der Ausgangspunkt dieser Neuauflage des marxistischen Klassenkampfes, dieses Mal ohne Arbeiter, findet sich in Universitäten, z.B. in dem Krampf, den Judith Butler zusammengeschrieben hat, und den die Genderista immer noch zu lesen und zu verstehen vorgibt, in dem Unsinn, der als Grundlage der Queer oder Postcolonial oder sonstigen Studies geschrieben worden ist, weitgehend unlesbarer Unfug, der mit Wissenschaft nur gemein hat, dass er von Universitäten aus verbreitet wird. Douglas Murray beschreibt dies sehr schön in seinem neuen Buch „The Madness of Crowds: Gender, Race and Identity“. Wer es en détail nachlesen will, kann es dort vor allem im ersten Kapitel tun.
Wie alle marxistischen Projekte, die sich alle und ohne Ausnahme dadurch auszeichnen, dass sie von Beginn an, im Widerspruch zur Realität stehen, was darin seinen Beleg findet, dass Marxisten oder Kommunisten nichts so wichtig ist, wie die Erziehung der Gesellschaft, das Durchsetzen von Sprachregelungen, das Verbreiten des kommunistischen Katechismus, den jeder auswendig zu lernen hat, kurz: Die Veränderung der Realität, so ist auch das neuerliche Projekt ein durch und durch intolerantes Projekt, das allen, die anderer Ansicht sind, feindlich gegenübersteht.
Ein Beispiel für diese Feindschaft, die an Universitäten systematisch herangezüchtet wurde, berichtet Heike Schmoll in einem Beitrag, der heue in der FAZ erschienen ist:
„Mitglieder einer Universität protestieren dagegen, dass ein Hochschullehrer wissenschaftliche Positionen vertritt, die ihnen nicht passen. In Frankfurt hat eine Umfrage unter Politologie- und Soziologie-Studenten offenbart, dass die Befragten noch viel weitergehen würden: Ein Drittel bis über die Hälfte der Befragten wandten sich entschieden dagegen, dass Menschen mit kontroversen Standpunkten überhaupt an der Universität reden dürfen. Viele plädierten sogar dafür, die Bücher unbequemer Andersdenkender aus der Universitätsbibliothek zu verbannen und sie an ihrer Lehrtätigkeit zu hindern. Die Bedrohung der Wissenschaftsfreiheit kommt also dieses Mal ausgerechnet aus der Wissenschaft selbst, und das macht sie auch so selbstzerstörerisch.“
Das Beschriebene ist nichts Neues.
Wer Augen hat zu sehen und zu lesen, wer Ohren, hat zu hören, wer diese Organe benutzt und beobachtet wie versucht wird, Kritiker der Gender Studies zu diffamieren, wie neuerdings sogar Strafgerichte angestrengt werden, um das, was man nicht hören will, verbieten zu lassen (bei z.B.: Ulrich Kutschera), der weiß schon seit etlichen Jahren, dass deutsche Universitäten keine Orte der Wissenschaft, der Suche nach Erkenntnis, der Prüfung von Hypothesen sind, sondern das Gegenteil, Orte der geistigen Beschränktheit, Orte des wahren Glaubens, den man nicht mehr prüfen muss, Orte einer neuen Religion, einer Identitäts-Religion, deren Grundlagen nichtzuletzt in den Beiträgen von Laclau und Mouffe und dem Geschreibsel der anderen, die Identitätspolitik propagiert haben, zu finden sind.
Schmoll fragt in ihrem Beitrag, wie es dazu kommen konnte und meint:
„Auch die Universitäten sind nicht verschont geblieben von jenem populistischen Antiintellektualismus, der von Wissenschaftsfeindlichkeit bis zur Verachtung reicht. Nach Differenzierung wird nicht mehr gefragt. Nach Schwarzweißschema entscheiden selbsternannte Meinungszensoren, was als richtig und falsch zu gelten hat.“
Das ist die Replikation eines alten und tiefsitzenden Vorurteils, das den Glauben zum Kern hat, Intellektuelle und Personen, die an Universitäten zu finden sind, seien intelligent und in keinem Fall Ausgangspunkt von falschen Lehren, von „populistischem Antiintellektualismus“, wie Schmoll schreibt. Anti-Intellektualismus ist nun ein Begriff, den Hans Albert und Karl Raimund Popper gerne gebraucht haben, sie beschreiben damit u.a. die Frankfurter Schule nach dem Zweiten Weltkrieg, sie benutzen den Begriff, um eine Tradition nachzuzeichnen, die bei Plato beginnt und über Hegel, Marx bis zu den vermeintlichen intellektuellen Größen des Dritten Reiches reicht, darunter nicht zuletzt auch Martin Heidegger, kurz: Sie benutzen den Begriff des Anti-Intellektualismus, um die wissenschaftlichen Schulen zu beschreiben, die komplett ohne Rückbindung auf die Realität ohne Prüfung an der Realität auskommen. Die Schulen, die wie der Marxismus die Realität im Sinne der eigenen erfundenen Wahrheit gestalten, umgestalten wollen. Die Schulen, die wie der Hegelianismus angetreten sind, ihre Jünger mit dem Virus geistiger Verwirrtheit zu befallen, und sie konsequent in den Wahnsinn zu führen.
Diese Schulen sind und waren feste Bestandteile der Universitäten. Ihre Anhänger waren in der Vergangenheit zumeist in der Minderzahl. Die Menge der Universitätsangehörigen, auch der unter Angestellten sozialwissenschaftlicher Institute und Fakultäten, die Theorien aufstellen, prüfen, Erkenntnis gewinnen wollten, war einfach größer als die Menge der Ideologen, die sich mitteilen wollen und jede Form der Anstrengung, wie sie die Prüfung der eigenen Behauptungen darstellt, meiden.
Das hat sich geändert.
An deutschen Hochschulen, und nicht nur an deutschen Hochschulen sind Wissenschaftler in der Minderheit. Die Ideologen haben, im Windschatten der Identitätspolitik, übernommen und vergiften das wissenschaftliche Klima systematisch mit ihren partikularen Interessen, die alle durch eine Fixierung auf entweder Geschlecht oder Ethnie ausgezeichnet und als psychologische Störung ausgewiesen sind.
Insofern widersprechen wir Schmoll auf das Heftigste.
Die Wissenschaftsfeindschaft ist nicht aus der Gesellschaft über die Universitäten gekommen, sie ist aus Universitäten über die Gesellschaft gekommen, und zwar nachdem sie von staatlichen Stellen an Hochschulen regelrecht herangezüchtet wurde.
Wir haben des Öfteren auf ScienceFiles darüber spekuliert, ob das Ziel, das hinter der Einführung von anti-intellektualistischen Fächern wie Gender oder Queer Studies steht, die an einer Hochschule nun einmal nichts zu suchen haben, die Zerstörung der Wissenschaft, die Instrumentalisierung von Wissenschaft als Legitimationsbeschaffer für den kommunistischen Umbau der Gesellschaft ist.
Der Verdacht drängt sich auf. Er ist leicht begründbar, denn seltsamer Weise teilen alle Ideologen, die sich an Hochschulen breit gemacht haben, eine marxistische, kommunistische Agenda, und ausnahmslos alle Ideologen, die wissenschaftliche Positionen an Hochschulen besetzen, zögern keine Sekunde, wenn es darum geht, politische Programme der Linken mit vermeintlich wissenschaftlicher Legitimität zu versorgen, ganz so, wie man das aus der DDR kennt, wo Universitäten Transmissionsriemen für die Parteilehre waren.
Wer eine andere Erklärung hat als die Erklärung der systematischen Instrumentalisierung und Zerstörung von Universitäten als Strategie dessen, was man die „Neue Linke“ bezeichnen könnte, eine Neuauflage des alten Kommunismus, im Gewandt des Antagonismus zwischen angeblich unterdrückten Minderheiten und dem “weißen alten Mann”, der Kommentarbereich ist offen.
Quelle: sciencefiles.org
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