Zen­tral­rats­prä­sident ver­langt schärfere Abgrenzung von AfD — Söder sieht bei AfD Schuld für wach­senden Anti­se­mi­tismus — Friedman meint Anti­se­mi­tismus bei AfD “kon­zen­triert”

Der Prä­sident des Zen­tralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, fordert ange­sichts neuer anti­se­mi­ti­scher Ten­denzen in Deutschland eine strikte Abgrenzung von der AfD. “Die demo­kra­ti­schen Par­teien müssen sich sehr klar von der AfD distan­zieren”, sagte Schuster dem “Tages­spiegel”. Es sei der falsche Weg, sich der AfD “anzu­biedern oder sie gar nach­zu­ahmen, weil das angeblich Stimmen bringt”. Die anderen Par­teien sollten ver­suchen, die AfD zu “ent­larven”, fordert der Zentralratspräsident.Der einzig richtige Weg sei eine klare Abgrenzung. Mit Spannung wird der Auf­tritt des israe­li­schen Staats­prä­si­denten Reuven Rivlin am kom­menden Mittwoch im Deut­schen Bun­destag und sein Umgang mit der AfD erwartet — er redet dort aus Anlass der Befreiung des Kon­zen­tra­ti­ons­lagers Auschwitz vor 75 Jahren als erster israe­li­scher Prä­sident seit Schimon Peres vor zehn Jahren.
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Söder sieht bei AfD Schuld für wach­senden Antisemitismus

Bayerns CSU-Chef und Minis­ter­prä­sident Markus Söder hat der AfD eine “ganz zen­trale Rolle” beim Anwachsen von Juden­feind­lichkeit in Deutschland vor­ge­worfen. Einen Tag vor dem Inter­na­tio­nalen Holo­caust­ge­denktag erklärte Söder im ARD-“Bericht aus Berlin”: “Wenn vor wenigen Wochen in einem Beitrag im Fern­sehen AfD-Abge­ordnete gefragt wurden, ob sie Unter­schiede erkennen können zwi­schen ‘Mein Kampf‘ und den Schriften von Herrn Höcke – und die Abge­ord­neten es nicht wussten, dann kann es mög­li­cher­weise daran liegen, dass es da keinen großen Unter­schied gibt.” Söder sprach außerdem davon, dass der rechte “Flügel” der AfD ver­suche, “etwas hof­fähig zu machen.”

Zitat: “Das ist ein­deutig eine Vor­stufe von Anti­se­mi­tismus.” Söder weiter: “Da braucht es eben eine ganz klare und eine massive Abgrenzung. Nur wenn wir alle als Demo­kraten uns gegen so etwas wehren, dann bleibt unsere Demo­kratie stark.” In der­selben ARD-Sendung sagte Josef Schuster, Prä­sident des Zen­tralrats der Juden in Deutschland, zur klaren Absage der Unions-Bun­des­spitze an Koali­tionen mit der AfD: “Es ist zumindest der Hinweis, dass man viel­leicht auch dort ver­standen hat, welcher Umgang mit der AfD der richtige Umgang ist. Beru­higen kann mich so etwas ja eigentlich nie – insoweit, dass man wirklich immer wieder mahnen muss und ich nur hoffe, dass diese Bot­schaft auch ver­standen ist.” Sowohl Schuster als auch Söder for­derten eine härtere juris­tische Gangart gegen Anti­se­miten. Schuster kri­ti­sierte Urteile im Zusam­menhang mit anti­se­mi­ti­schen Straf­taten, “die im Ergebnis derart milde sind, dass sie kei­nerlei abschre­ckende Wirkung haben können”. Er habe kei­nerlei Ver­ständnis dafür, wenn Gerichte immer wieder straf­mil­dernde Gründe im Lebenslauf von Tätern suchten, ohne zu betrachten, was solche Straf­taten bei den Betrof­fenen anrich­teten. CSU-Chef Söder for­derte: “Wir müssen vor allem den Straf­rahmen deutlich ver­schärfen. Wir haben das von baye­ri­scher Seite auch schon bean­tragt.” Söder zeigte sich opti­mis­tisch, dass der Bund geplante Ver­än­de­rungen am Straf­ge­setzbuch auch zeitnah umsetzen wird. Dazu gehört, dass Gerichte Anti­se­mi­tismus als Motiv bei Straf­taten künftig als straf­ver­schärfend werten können. Bei den Staats­an­walt­schaften brauche man Anti­se­mi­tis­mus­be­auf­tragte, die juden­feind­liche Motive sofort iden­ti­fi­zieren könnten. Dann könne man auch noch effek­tiver gegen “Hass und Hetze im Netz” vor­gehen, so Söder. Dass künftig Inter­net­pro­vider IP-Nummern zur Iden­ti­fi­zierung der Urheber von Hass-Pos­tings her­aus­geben müssten, werde viele poten­zielle Täter abschrecken. Söder sagte weiter, Gerichts­ent­schei­dungen, die schlimme Belei­di­gungen wie die der Grünen-Poli­ti­kerin Renate Künast nicht unter Strafe stellten, könnten dau­erhaft nicht akzep­tiert werden. Außerdem brauche man deutlich mehr Schutz von jüdi­schen Ein­rich­tungen. Der CSU-Poli­tiker erklärte, in Bayern mache man das seit Jahren so und ver­hindere oder erschwere min­destens Anschlags­ver­suche wie den in Halle. Offen zeigte sich Söder dafür, über Ver­schär­fungen des Ver­samm­lungs­rechts nach­zu­denken. Anlass war die für Freitag vor der Mün­chener Zentral-Syn­agoge geplante Pegida-Demons­tration gegen rituelle Beschnei­dungen. Nur wegen gesell­schaft­lichen Gegen­drucks hatten die Ver­an­stalter davon Abstand genommen. Das Kreis­ver­wal­tungsamt hatte es abge­lehnt, die Ver­an­staltung in der Nähe des jüdi­schen Got­tes­hauses generell zu ver­bieten und nur eine Ver­schiebung um 100 Meter ange­ordnet. “Bemer­kenswert” nannte Josef Schuster, “wie viele auf­mun­ternde, unter­stüt­zende Zuschriften” der Zen­tralrat und er per­sönlich nach dem Attentat von Halle erhalten haben. Schuster wörtlich: “Ich glaube: Insoweit hat Halle auch in gewissem Maße auf­ge­rüttelt. Und ich halte diese Gedenktage wie den 27. Januar für aus­ge­sprochen wichtig. Weil an diesem Tag das Thema Shoah, das Thema der Ver­nichtung der Juden noch einmal deutlich vor Augen geführt wird.”

Friedman: Anti­se­mi­tismus bei AfD “kon­zen­triert”

Der jüdische Publizist Michel Friedman hat zum 75. Jah­restag der Befreiung des Kon­zen­tra­ti­ons­lagers Auschwitz die AfD scharf kri­ti­siert. “Es gibt auch Anti­se­miten unter den Wähler anderer Par­teien, aber bei der AfD ist das kon­zen­triert”, sagte Friedman am Montag in der “Bild”-Sendung “Die rich­tigen Fragen”. Friedman bezeichnete es als beun­ru­higend, dass mit der AfD erstmals eine Partei im Bun­destag ver­treten sei, “die den Hass reprä­sen­tiert” und deren Vor­sit­zender Alex­ander Gauland die Schoah als “Vogel­schiss” bezeichnet habe.

Eben­falls in der “Bild”-Sendung sagte der nie­der­säch­sische Minis­ter­prä­sident Stephan Weil (SPD), es sei deutlich zu sehen, dass viele Äuße­rungen von Spit­zen­po­li­tikern der AfD dem Anti­se­mi­tismus das Feld berei­teten. Er merkte an, dass der thü­rin­gische AfD-Poli­tiker Björn Höcke das Denkmal für die ermor­deten euro­päi­schen Juden in Berlin als “Mahnmal der Schande” bezeichnet habe. “Das öffnet intel­lek­tuell den Boden für andere, die darauf wei­ter­machen”, so Weil.

 


Foto: Josef Schuster, über dts Nachrichtenagentur