Coro­na­virus: Chinas globale Einschüchterungskampagne

Die Selbst­zensur der Euro­päi­schen Union, um China zu beschwichtigen

(von Soeren Kern)

Die Euro­päische Union hat dem Druck Chinas nach­ge­geben und einen Bericht über die Bemü­hungen Chinas, die Schuld an der Coro­na­virus-Pan­demie abzu­wehren, abge­schwächt. Offi­zielle Stellen in Peking haben Berichten zufolge damit gedroht, den Export von medi­zi­ni­schen Hilfs­gütern nach Europa zu blo­ckieren, falls der Bericht in seiner ursprüng­lichen Form ver­öf­fent­licht würde.

Die Ent­hül­lungen kommen, während chi­ne­sische Diplo­maten auf der ganzen Welt eine aggressive Des­in­for­ma­ti­ons­kam­pagne führen — beschrieben als Diplo­matie im Stil eines “Wolfs­kriegers”, benannt nach einer chi­ne­si­schen natio­na­lis­ti­schen Action­film­reihe — die darauf abzielt, das Nar­rativ über den Ursprung des Coro­na­virus unter Kon­trolle zu halten.

Chi­ne­sische Gesandte waren besonders aggressiv auf Twitter, das sie dazu benutzen, west­liche Jour­na­listen, Par­la­men­tarier und Think-Tank-Gelehrte anzu­greifen, ein­zu­schüchtern und zum Schweigen zu bringen — im Wesent­lichen jeden, der Chinas offi­zi­eller Version der Ereig­nisse widerspricht.

Im ver­gan­genen Jahr rich­teten laut der Nach­rich­ten­agentur Reuters mehr als 60 chi­ne­sische Diplo­maten und diplo­ma­tische Ver­tre­tungen Twitter- oder Facebook-Konten ein, obwohl beide Platt­formen in China ver­boten sind, und nutzten sie, um Pekings Kri­tiker auf der ganzen Welt anzugreifen.

Am 21. April berichtete die in Brüssel ansässige Nach­rich­ten­agentur Politico Europe, dass sie eine Vor­ab­kopie eines EU-Berichtes über chi­ne­sische und rus­sische Des­in­for­ma­ti­ons­ak­ti­vi­täten im Zusam­menhang mit der Coro­na­virus-Krankheit (Covid-19) erhalten habe. Der Bericht, den die EU am selben Tag ver­öf­fent­lichen wollte, ent­hielt den fol­genden Absatz:

“China hat wei­terhin eine welt­weite Des­in­for­ma­ti­ons­kam­pagne geführt, um die Schuld für den Aus­bruch der Pan­demie abzu­wehren und sein inter­na­tio­nales Image zu ver­bessern. Es wurden sowohl offene als auch ver­deckte Tak­tiken beobachtet”.

Chi­ne­sische Funk­tionäre setzten sich rasch mit den Ver­tretern der Euro­päi­schen Union in Peking in Ver­bindung, um zu ver­suchen, den Bericht zu ver­hindern, wie die New York Times berichtet, die eben­falls eine Ori­gi­nal­version des Berichts erhalten hatte.

Der Aus­wärtige Dienst der EU ver­öf­fent­lichte den Bericht — Covid-19 Des­in­for­mation — schließlich am 24. April, doch die Sprache über China wurde stark abge­schwächt. Die New York Times erklärte:

“Der ursprüng­liche Bericht zitierte Pekings Bemü­hungen, die Erwähnung des Ursprungs des Virus in China ein­zu­schränken, indem man teil­weise die Ver­ei­nigten Staaten für die inter­na­tionale Ver­breitung der Krankheit ver­ant­wortlich machte. Er stellte fest, dass Peking Frank­reich kri­ti­siert hatte, dass es nur langsam auf die Pan­demie reagiere, und falsche Anschul­di­gungen erhoben habe, dass fran­zö­sische Poli­tiker ras­sis­tische Belei­di­gungen gegen den Chef der Weltgesundheitsorganisation…

“Doch China agierte rasch, um die Ver­öf­fent­li­chung des Doku­ments zu blo­ckieren, und die Euro­päische Union zog sich zurück. Der Bericht stand kurz vor der Ver­öf­fent­li­chung, bis hohe Beamte Revi­sionen anord­neten, um die Sprache abzumildern…

“Der Satz über Chinas ‘globale Des­in­for­ma­ti­ons­kam­pagne’ wurde gestrichen, ebenso jede Erwähnung des Streits zwi­schen China und Frank­reich. Andere Sätze wurde abgeschwächt.…”

Unter dem Druck chi­ne­si­scher Funk­tionäre griff Esther Osorio, Kom­mu­ni­ka­ti­ons­be­ra­terin von Josep Borrell, dem Leiter des diplo­ma­ti­schen Dienstes der EU, per­sönlich ein, um die Ver­öf­fent­li­chung des ersten Berichts zu ver­zögern. Die New York Times schrieb:

“Frau Osorio, die Assis­tentin von Herrn Borrell, bat Ana­lysten, das Dokument zu über­ar­beiten, damit es sich weniger explizit auf China und Russland kon­zen­triert, um den Vorwurf der Vor­ein­ge­nom­menheit zu ver­meiden, wie aus einer E‑Mail und Inter­views her­vorgeht. Sie bat die Ana­lysten, zwi­schen dem Pushen von Des­in­for­mation und dem aggres­siven Pushen eines Nar­rativs zu unter­scheiden und beides zu doku­men­tieren, ‘da wir bereits einen starken Pushback von CN sehen’ — eine Abkürzung für China.

Die EU erhoffte sich angeblich eine bessere Behandlung euro­päi­scher Unter­nehmen in China. Am 25. April ent­hüllte jedoch die South China Morning Post, die eben­falls eine Kopie des Ori­gi­nal­be­richts erhalten hatte, dass Peking gedroht hatte, medi­zi­nische Lie­fe­rungen nach Europa zurück­zu­halten, falls der Abschnitt über China nicht ent­fernt werde.

Der indische geo­po­li­tische Analyst Brahma Chel­laney fasste die weit­rei­chen­deren Aus­wir­kungen des Han­delns der EU zusammen:

“Die EU zen­siert ihren Bericht auf Druck Chinas selbst. Um ihren Bericht abzu­schwächen, ent­fernte die EU Hin­weise auf Chinas pan­de­mie­be­dingte “Des­in­for­ma­ti­ons­kam­pagne”. Die EU bleibt ein schwaches Glied beim Aufbau eines Kon­zerts der Demo­kratien gegen Chinas mus­kel­be­packten Autoritarismus”.

In der Zwi­schenzeit haben chi­ne­sische Diplo­maten in der ganzen Welt, ange­führt von Außen­mi­nister Wang Yi, auf Regie­rungen und Ein­zel­per­sonen, die ihrer Meinung nach China beleidigt haben, ein­ge­prügelt. Einige Ana­lysten sagen, dass dies den wach­senden Ein­fluss Chinas in inter­na­tio­nalen Ange­le­gen­heiten wider­spiegelt. “China will, dass andere Länder wissen, wer der Boss ist”, schrieb die China-Beob­ach­terin Bethany Allen-Ebrahimian.

Andere Ana­lysten argu­men­tieren, dass Chinas Unnach­gie­bigkeit die Zer­brech­lichkeit der Kom­mu­nis­ti­schen Partei Chinas wider­spiegelt und dass der chi­ne­sische Prä­sident Xi Jinping den Natio­na­lismus schürt, um seine Kon­trolle inmitten wach­sender innen­po­li­ti­scher Wut über seinen fal­schen Umgang mit der Coro­na­virus-Krise zu fes­tigen. “Alle Regie­rungen machen sich Sorgen, wie sie diese Seuche über­leben werden, aber für eine auto­ritäre Ein-Par­teien-Regierung sind die Ängste exis­ten­tiell”, bemerkte Kevin Libin, Kolumnist und geschäfts­füh­render Her­aus­geber der kana­di­schen National Post.

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Auf jeden Fall hat die chi­ne­sische Druck­taktik in einigen Fällen funk­tio­niert — auch bei der Euro­päi­schen Union und den Phil­ip­pinen. Bei anderen ist Chinas Mobbing spek­ta­kulär nach hinten losgegangen.

Am 15. April ver­öf­fent­lichte Deutsch­lands popu­lärste Zeitung Bild einen Artikel mit dem Titel “Was China uns bisher schuldig ist”, in dem vor­ge­schlagen wurde, dass China Deutschland 150 Mil­li­arden Euro (162 Mil­li­arden Dollar) als Repa­ration für die Coro­na­virus-Pan­demie zahlen sollte. Der Artikel ent­hielt eine detail­lierte Auf­listung der wirt­schaft­lichen Schäden, dar­unter 50 Mil­li­arden Euro für Ver­luste von Klein­un­ter­nehmen und 24 Mil­li­arden Euro für ent­gan­genen Tourismus.

Die chi­ne­sische Bot­schaft in Berlin reagierte darauf mit dem Vorwurf, Bild sei ras­sis­tisch. In einem Brief schrieb der Bot­schafts­sprecher Tao Lili:

“Ihr Bericht ent­behrt nicht nur ganz wesent­licher Fakten und genauer Zeit­ab­läufe sondern auch einem Min­destmaß an jour­na­lis­ti­scher Sorg­falts­pflicht und Fairness. Wer so auf­rechnet, wie Sie das mit der BILD-Zeitung von heute tun, schürt Natio­na­lismus, Vor­ur­teile sowie Fremden- und China­feind­lichkeit. Es wird weder der tra­di­tio­nellen Freund­schaft zwi­schen beiden Völkern noch einem seriösen Ver­ständnis von Jour­na­lismus gerecht. Ich frage mich gerade vor diesem Hin­ter­grund, woher in Ihrer Redaktion die Abneigung gegen unser Volk und unseren Staat kommt?”

Statt sich ein­schüchtern zu lassen und sich zu unter­werfen, kon­terte Bild-Chef­re­dakteur Julian Rei­chelt mit einem eigenen Brief: “Sie gefährden die ganze Welt”. Er erschien in deut­scher und eng­li­scher Sprache und richtete sich direkt an Prä­sident Xi Jinping. Rei­chelt schrieb:

“Sie regieren durch Über­wa­chung. Ohne Über­wa­chung wären Sie nicht Prä­sident. Sie können alles über­wachen, jeden Ihrer Bürger, aber Sie weigern sich, die hoch seu­chen­ris­kanten Tier­märkte in Ihrem Land zu überwachen.

“Jede kri­tische Zeitung oder Inter­net­seite machen Sie dicht, aber nicht die Buden, an denen Fle­der­maus­suppe ver­kauft wird. Sie über­wachen Ihr Volk nicht nur, Sie gefährden es auch – und damit die ganze Welt.

“Über­wa­chung führt zu Unfreiheit. Wer nicht frei ist, ist nicht kreativ. Wer nicht inno­vativ ist, erfindet nichts. Des­wegen haben Sie Ihr Land zum Welt­meister im Dieb­stahl von geis­tigem Eigentum gemacht.

“China berei­chert sich an den Erfin­dungen anderer, statt selber zu erfinden. Der Grund dafür ist, dass Sie die jungen Men­schen in Ihrem Land nicht frei denken lassen. Der größte chi­ne­sische Export­schlager, den keiner haben wollte, aber der trotzdem um die Welt gegangen ist, ist Corona…

“Sie haben ein undurch­schau­bares, intrans­pa­rentes China geschaffen, das erst für einen unmensch­lichen Über­wa­chungs­staat stand und nun für die Ver­breitung einer töd­lichen Seuche steht. Das ist Ihr poli­ti­sches Erbe.

“Ihre Bot­schaft schreibt mir, ich würde der “tra­di­tio­nellen Freund­schaft unserer Völker” nicht gerecht werden. Ich nehme an, Sie betrachten es als große “Freund­schaft”, wenn Sie jetzt groß­zügig Masken um die Welt schicken. Ich nenne das nicht Freund­schaft, sondern lächelnden Imperialismus.

“Sie wollen China stärken durch eine Seuche, die von China ausging. Ich glaube nicht, dass Sie per­sönlich Ihre Macht dadurch noch retten können. Ich glaube, dass Corona über kurz oder lang Ihr poli­ti­sches Ende bedeutet.”

Weitere Bei­spiele aus jüngster Zeit sind die Bemü­hungen chi­ne­si­scher Diplo­maten, die­je­nigen im Ausland ein­zu­schüchtern und zum Schweigen zu bringen, die die chi­ne­sische Regierung herausfordern:

Aus­tralien

Am 23. April rief der aus­tra­lische Pre­mier­mi­nister Scott Mor­rison alle Länder, die Mit­glieder der Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sation (WHO) sind, dazu auf, eine unab­hängige Unter­su­chung der Coro­na­virus-Pan­demie zu unter­stützen. Er sagte, dass alle Mit­glieder der WHO ver­pflichtet sein sollten, sich an einer Über­prüfung zu betei­ligen, und fügte hinzu, dass Aus­tralien während der WHO-Ver­sammlung am 17. Mai auf diese Unter­su­chung drängen werde.

Der Sprecher des chi­ne­si­schen Außen­mi­nis­te­riums, Geng Shuang, ant­wortete: “Die von Aus­tralien vor­ge­schlagene so genannte unab­hängige Unter­su­chung ist in Wirk­lichkeit eine poli­tische Mani­pu­lation. Wir raten Aus­tralien, seine ideo­lo­gi­schen Vor­ur­teile aufzugeben.”

Bra­silien

Chinas Bot­schafter in Bra­silien, Yang Wanming, teilte einen Tweet, der später gelöscht wurde und die Familie von Prä­sident Jair Bol­sonaro als “großes Gift” bezeichnete, nachdem sein Sohn Eduardo die “chi­ne­sische Dik­tatur” für die Coro­na­virus-Pan­demie ver­ant­wortlich gemacht hatte. Der Tweet zog eine Rüge des bra­si­lia­ni­schen Außen­mi­nisters Ernesto Araújo nach sich, der den Tweet als unan­ge­mes­senes Ver­halten für einen Bot­schafter bezeichnete.

Kanada

Am 19. April pran­gerte die chi­ne­sische Bot­schaft in Ottawa das Mac­donald-Laurier-Institut (MLI), eine füh­rende kana­dische Denk­fabrik, an, nachdem dieses einen offenen Brief ver­öf­fent­licht hatte, in dem es die chi­ne­si­schen Behörden beschul­digte, die Pan­demie zu ver­tu­schen. Die chi­ne­sische Bot­schaft schrieb:

“Kürzlich ver­öf­fent­lichte das Mac­donald-Laurier-Institut den so genannten offenen Brief, behauptete fälsch­li­cher­weise, die Wurzeln der Pan­demie lägen in einer Ver­tu­schung durch China, führte bös­willige Ver­leum­dungen und Angriffe auf die Kom­mu­nis­tische Partei Chinas und die chi­ne­sische Regierung durch und mischte sich grob in die inneren Ange­le­gen­heiten Chinas ein. Die chi­ne­sische Seite bringt ihre ent­schiedene Ablehnung solcher Aktionen des MLI zum Aus­druck.… Wir fordern das MLI auf, sich an die Berufs­ethik zu halten, sich auf die Arbeit zu kon­zen­trieren, die ein Think Tank leisten soll, die For­schungs­arbeit nicht zu poli­ti­sieren und den anti­chi­ne­si­schen Unsinn aufzugeben”.

Ein Gelehrter am MLI, Kaveh Shahrooz, twit­terte:

“Die chi­ne­sische Bot­schaft in Kanada hat eine Erklärung her­aus­ge­geben, in der sie das @MLInstitute, in dem ich als Senior Fellow tätig bin, angreift. Wir sind den Regie­rungen wie denen Chinas, Irans und Russ­lands ein Dorn im Auge. Ich bin unge­heuer stolz auf diese Tatsache.”

Ein wei­terer MLI-Sti­pendiat, Shu­valoy Majumdar, twit­terte:

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“Ich möchte die Bot­schaft der Volks­re­publik China in Ottawa dazu beglück­wün­schen, dass sie dazu bei­getragen hat, mehr Licht auf die Ein­schüch­terung der Kom­mu­nis­ti­schen Partei gegenüber ihrem eigenen Volk und deren fort­ge­setzten Miss­brauch im Ausland zu werfen.”

Die kana­dische Regierung hat zu diesem Thema geschwiegen. Charles Burton, ein hoch­ran­giger Kollege und China-Experte am MLI, sagte, das Schweigen Ottawas werde Peking nur ermu­tigen, weitere Ver­suche zu unter­nehmen, die Rede­freiheit in Kanada zu ersticken:

“Man würde erwarten, dass die kana­dische Regierung mit der chi­ne­si­schen Bot­schaft über eine solche Erklärung sprechen würde. Es handelt sich ein­deutig um den Versuch, in die Mei­nungs­freiheit eines kana­di­schen Think-Tanks ein­zu­greifen und Anschul­di­gungen gegen den Think-Tank zu erheben, die offen­sichtlich jeg­licher Grundlage entbehren.”

Am 19. April twit­terte der Pre­mier­mi­nister von Alberta, Jason Kenney:

“Ich bin scho­ckiert darüber, zu erfahren, dass mein lang­jäh­riger Freund Martin Lee, der Gründer der Demo­kra­ti­schen Partei Hong­kongs, heute zusammen mit vielen der pro­mi­nen­testen Bürger Hong­kongs ver­haftet wurde. Martin ist der älteste Staatsmann der Demo­kratie in Hongkong. Ich hoffe auf seine sofortige Freilassung.”

Das chi­ne­sische Gene­ral­kon­sulat in Calgary ant­wortete:

“Der Pre­mier­mi­nister von Alberta kom­men­tierte auf Twitter die recht­mäßige Fest­nahme eines Anti-China-Auf­rührers durch die Hong­konger Polizei. Niemand bleibt vor dem Gesetz ver­schont. Die Fakten zu igno­rieren und offen für die Ran­da­lierer ein­zu­treten, kann die Rechts­staat­lichkeit nur unter­graben, was nicht im eigenen Interesse Kanadas ist. Wir fordern die Poli­tiker vor Ort dringend auf, sich an die grund­le­genden Normen der inter­na­tio­nalen Bezie­hungen zu halten, die Straf­ver­folgung in der Son­der­ver­wal­tungs­region Hongkong zu respek­tieren und unver­züglich damit auf­zu­hören, sich in die inneren Ange­le­gen­heiten Chinas einzumischen.”

Kenney ant­wortete:

“Ich gebe zu, dass Alberta keine Außen­po­litik hat und ich bin nicht frei­be­ruflich in der Außen­po­litik tätig, aber ich sage nur dies — wenn ein per­sön­licher Freund von mir als poli­ti­scher Gefan­gener ver­haftet wird, kann ich nicht guten Gewissens schweigen.”

Als China 1997 die Sou­ve­rä­nität über Hongkong von den Briten zurück­er­langte, stimmte Peking zu, Hongkong bis 2047 seine Frei­heiten genießen zu lassen, und zwar in einer Ver­ein­barung, die als “ein Land, zwei Systeme” bekannt ist.

Am 14. April ver­öf­fent­lichte The Globe and Mail, die meist­ge­lesene Zeitung Kanadas, einen Mei­nungs­ar­tikel mit dem Titel “Die Kultur der Kor­ruption und Repression der Kom­mu­nis­ti­schen Partei Chinas hat auf der ganzen Welt Leben gekostet”. In dem Artikel wurde die KPCh beschuldigt, Infor­ma­tionen über die Epi­demie zu ver­bergen, zu zer­stören, zu fäl­schen, zu fabri­zieren, zu unter­drücken, falsch dar­zu­stellen, abwei­chende Mei­nungen zum Schweigen zu bringen und zu kri­mi­na­li­sieren sowie Infor­manten ver­schwinden zu lassen. “Das alles wider­spiegelt das Ausmaß der Kri­mi­na­lität und Kor­ruption in der Partei.” Der Artikel for­derte die inter­na­tionale Gemein­schaft auf, die chi­ne­si­schen Behörden für ihre Rolle bei der Schaffung “einer der größten huma­ni­tären Krisen der Geschichte” zur Rechen­schaft zu ziehen.

Die chi­ne­sische Bot­schaft in Ottawa ant­wortete, der Artikel sei “voller Hass und Vor­ur­teile” gegen die Kom­mu­nis­tische Partei Chinas (KPCh):

“Wie kann man von so etwas wie Rechen­schafts­pflicht sprechen? Der “poli­tische Virus” der Stig­ma­ti­sierung ist gefähr­licher als die Krankheit selbst. Die­je­nigen, die ver­suchen, der KPCh diese so genannte ‘Kri­mi­na­lität’ zuzu­schreiben, betrachten China mit ideo­lo­gi­schen Vor­ur­teilen, und das dahinter ste­hende ‘poli­tische Motiv’ ist zweifelhaft.

“Wir raten diesen Per­sonen, sich auf ihre hei­mi­schen Bemü­hungen zur Prä­vention und Kon­trolle von Epi­demien zu kon­zen­trieren. Schuld­zu­wei­sungen werden weder zur Ein­dämmung der Epi­demie im eigenen Land noch zur inter­na­tio­nalen Zusam­men­arbeit bei der Prä­vention und Kon­trolle der Pan­demie beitragen.”

Am 1. April ver­öf­fent­lichte The Globe and Mail einen Mei­nungs­ar­tikel mit dem Titel “Warum sollten wir Chinas offi­zi­ellen COVID-19-Nummern ver­trauen? Er fragte:

“Der erste Instinkt der chi­ne­si­schen Regierung war immer, die Tat­sachen zu ver­bergen, vor allem, wenn sie ihre eigenen Ver­säum­nisse auf­deckt. Warum sollte also jemand den Daten glauben, die jetzt aus China zu COVID-19 kommen? Die kom­mu­nis­tische Regierung ver­dankt ihre eigent­liche Legi­ti­mität der Über­zeugung der chi­ne­si­schen Bürger, dass sie beim Schutz ihrer Inter­essen bessere Arbeit leistet als demo­kra­tisch gewählte Ver­wal­tungen. Zu diesem Zweck hat sie lange Zeit die Sta­tis­tiken des Wirt­schafts­wachstums des Landes auf­ge­bläht und die Treib­haus­gas­emis­sionen zu niedrig ange­geben. Warum sollte jemand erwarten, dass es in Bezug auf seine eigene COVID-19-Epi­demie ehrlich ist?”

Die chi­ne­sische Bot­schaft in Ottawa replied:

“Der Artikel ver­tritt die Ansicht, dass die Ver­ei­nigten Staaten ein demo­kra­ti­scher Staat und China ein Land ist, das von der kom­mu­nis­ti­schen Regierung geführt wird, was zu der lächer­lichen Schluss­fol­gerung führt, dass die Daten der USA trans­pa­renter sind als die von China… Dies ist eine nackte Dop­pel­moral. Wir fordern The Globe and Mail auf, Vor­ur­teile auf­zu­geben, Fakten zu respek­tieren und auf­zu­hören, unver­ant­wort­liche Kom­mentare gegen Chinas Bemü­hungen im Kampf gegen COVID-19 zu machen.”

Frank­reich

Am 14. April bestellte der fran­zö­sische Außen­mi­nister Jean-Yves Le Drian den chi­ne­si­schen Bot­schafter in Frank­reich, Lu Shaye, ein, um zu erklären, dass er mit einigen Äuße­rungen chi­ne­si­scher Ver­treter in Frank­reich im Zusam­menhang mit der Coro­na­virus-Pan­demie nicht ein­ver­standen sei. “Einige der jüngsten öffent­lichen Äuße­rungen von Ver­tretern der chi­ne­si­schen Bot­schaft in Frank­reich stimmen nicht mit der Qua­lität der bila­te­ralen Bezie­hungen zwi­schen unseren beiden Ländern überein”, sagte er.

In einer Reihe jüngster Medi­en­er­klä­rungen beschul­digte Lu “eine gewisse fran­zö­sische Presse”, das Bild Chinas durch “Lügen” über seine Rolle bei der aktu­ellen Coro­na­virus-Pan­demie zu beschmutzen. Diese Medien — die er nie nannte, die aber seiner Ansicht nach die gesamte fran­zö­sische Presse zu reprä­sen­tieren scheinen — haben China unter Ver­letzung “aller Medi­en­ethik und des ele­men­tarsten guten Glaubens” mit einem Ansatz “ver­spottet”, der, in Lus Worten, “an Paranoia grenzt”.

In einer Rede auf dem Kabel­fern­seh­sender Man­darin TV am 15. März warf Lu den Medien vor, “Propaganda”-Methoden anzu­wenden, um die Öffent­lichkeit einer “Gehirn­wäsche” zu unter­ziehen. In Erklä­rungen, die am 14. und 29. Februar auf der Website der Bot­schaft ver­öf­fent­licht wurden, ver­ur­teilte er die “unver­ant­wort­lichen” Kom­mentare und “Absur­di­täten”, die in den fran­zö­si­schen Medien über China geäußert wurden.

Der Gene­ral­se­kretär von “Reporter ohne Grenzen” (RSF), Chris­tophe Deloire, sagte:

“Diese ‘Lektion in Jour­na­lismus’ für die fran­zö­sische Presse ist unan­ge­bracht, wenn sie von einem Ver­treter der Volks­re­publik China kommt, einem Land, das auf dem Welt­index für Pres­se­freiheit der RSF auf Platz 177 von 180 Ländern ran­giert und einer der weltweit größten Ker­ker­meister von Jour­na­listen ist. Die Zensur Pekings gegenüber den chi­ne­si­schen Medien hatte sehr negative Aus­wir­kungen, da sie die Reaktion des Regimes zu Beginn der Coro­na­virus-Epi­demie verzögerte.”

RSF fügte in einer Pres­se­mit­teiung hinzu:

“Die Erklä­rungen des Bot­schafters spiegeln eine auf höchster Ebene der chi­ne­si­schen Regierung abge­stimmte Politik wider, die darauf abzielt, die inter­na­tionale Medi­en­be­richt­erstattung unter Kon­trolle zu halten, wie die RSF in einem Bericht mit dem Titel ‘Chinas Streben nach einer neuen Welt­me­di­en­ordnung’ im Jahr 2019 zeigte.”

Deutschland

Am 12. April berichtete die Welt am Sonntag, dass sie durch­ge­si­ckerte Doku­mente aus dem deut­schen Aus­wär­tigen Amt erhalten habe, aus denen her­vorging, dass chi­ne­sische Funk­tionäre direkt mit Beamten und Ange­stellten meh­rerer Bun­des­mi­nis­terien Kontakt auf­ge­nommen und sie gebeten hatten, sich “positiv” über Chinas Umgang mit der Coro­na­virus-Krise zu äußern. Chi­ne­sische Funk­tionäre “enga­gierten auch Ent­schei­dungs­träger aus dem poli­ti­schen Umfeld ein­schließlich Lob­by­isten”, um sie “für chi­ne­sische Inter­essen in Deutschland zu nutzen, um die poli­tische Agenda der Kom­mu­nis­ti­schen Partei zu fördern”. Die chi­ne­sische Bot­schaft in Berlin reagierte darauf mit dem Vorwurf, “Diese Unter­stellung [der Welt am Sonntag] ist unwahr und auch verantwortungslos.”

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Indien

Der chi­ne­sische Bot­schafter in Indien, Ji Rong, hat wie­derholt gegen indische Beamte und Medi­en­ver­treter aus­ge­teilt. Am 8. April twit­terte er:

“Die so genannte Beschwerde bestimmter indi­scher Orga­ni­sa­tionen beim UNHRC, in der China auf­ge­fordert wird, die durch #COVID19 ver­ur­sachten Ver­luste zu begleichen, ist lächer­licher & augen­fäl­liger Unsinn. In dieser schwie­rigen Zeit müssen wir zusam­men­ar­beiten, anstatt andere zu stig­ma­ti­sieren und die Schuld abzuwälzen.”

Am 10. April twit­terte Ji:

“Es ist bedau­erlich, dass einige indische Medien Artikel ver­öf­fent­licht haben, in denen #COVID19 erneut als ‘Wuhan­Virus’, ‘Chi­nes­e­Virus’ bezeichnet wurde. Es ist ein klarer Konsens der inter­na­tio­nalen Gemein­schaft, dass ein Virus nicht mit einem bestimmten Land, einer bestimmten Region oder eth­ni­schen Gruppe in Ver­bindung gebracht werden sollte. Eine solche Stig­ma­ti­sierung ist inakzeptabel”.

Phil­ip­pinen

Am 29. März ent­schul­digte sich das Gesund­heits­mi­nis­terium für Bemer­kungen, die es einen Tag zuvor gemacht hatte, dass zwei Chargen von Coro­na­virus-Testkits, die von China zur Ver­fügung gestellt worden waren, min­derer Qua­lität seien. Die Unter­staats­se­kre­tärin für Gesundheit, Maria Rosario Ver­geire, hatte gesagt, dass die von den chi­ne­si­schen Her­stellern BGI Group und Sansure Biotech her­ge­stellten Testkits bei der Dia­gnose von Covid-19 nur eine Genau­igkeit von 40% hätten und dass einige von ihnen weg­ge­worfen werden müssten. Die chi­ne­sische Bot­schaft in Manila twit­terte:

“Die chi­ne­sische Bot­schaft weist jede unver­ant­wort­liche Bemerkung und jeden Versuch, unsere dies­be­züg­liche Zusam­men­arbeit zu unter­graben, ent­schieden zurück.”

Schweden

Am 18. Januar bestellte die schwe­dische Außen­mi­nis­terin Ann Linde den chi­ne­si­schen Bot­schafter in Schweden, Gui Congyou, ein, nachdem er die schwe­dische Medi­en­be­richt­erstattung über China mit einem Leicht­ge­wichts­boxer ver­glichen hatte, der mit einem Schwer­ge­wicht “eine Fehde pro­vo­ziert”. Congyou, der für seine frei­mü­tigen Angriffe bekannt geworden ist, sagte dem staat­lichen Fern­seh­sender SVT, dass die “häu­figen bös­ar­tigen Angriffe einiger schwe­di­scher Medien auf die Kom­mu­nis­tische Partei Chinas und die chi­ne­sische Regierung” ver­gleichbar seien mit einem 48 kg leichten Feder­ge­wichts­boxer, der es mit einem fast doppelt so großen Kämpfer aufnimmt:

“Der 86 kg schwere Boxer rät aus gutem Willen, um den Leicht­ge­wichts­boxer zu schützen, weg­zu­gehen und sich um seine eigenen Ange­le­gen­heiten zu kümmern, doch dieser weigert sich, auf ihn zu hören, und bricht sogar in das Haus des Schwer­ge­wichts­boxers ein. Was erwarten Sie vom Schwer­ge­wichts­boxer, wie er sich verhält?”

Utgi­varna, eine Gruppe, die Schwedens Medien des pri­vaten und öffent­lichen Sektors ver­tritt, sagte in einer Erklärung:

“Chinas Bot­schafter Gui Congyou hat immer wieder ver­sucht, die Pres­se­freiheit und die Mei­nungs­freiheit unter der schwe­di­schen Ver­fassung mit fal­schen Aus­sagen und Dro­hungen zu unter­graben. Es ist nicht hin­nehmbar, dass die größte Dik­tatur der Welt ver­sucht, freien und unab­hän­gigen Jour­na­lismus in einer Demo­kratie wie Schweden zu ver­hindern. Diese wie­der­holten Angriffe müssen sofort ein­ge­stellt werden”.

Vene­zuela

Am 18. März ver­öf­fent­lichte die chi­ne­sische Bot­schaft in Vene­zuela eine wütende “Erklärung”, bestehend aus 17 Tweets, nachdem nicht näher iden­ti­fi­zierte vene­zo­la­nische Par­la­men­tarier das Coro­na­virus als “Chi­ne­si­sches Coro­na­virus” oder “Wuhan-Coro­na­virus” bezeichnet hatten. Die chi­ne­sische Bot­schaft sagte, die Par­la­men­tarier seien von einem “poli­ti­schen Virus” befallen und empfahl ihnen, “sich behandeln zu lassen”. Ein erster Schritt, so twit­terte sie, wäre, dass sie “eine Maske auf­setzen und den Mund halten” sollten.

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Soeren Kern ist ein Senior Fellow am New Yorker Gatestone Institute.


Quelle: gatestoneinstitute.org