Wie „Tiefer Staat“ vom „defekten Geld-System“ pro­fi­tiert: Gleiche Fehler bei Reichsbank, EZB und FED (+Audio)

Die geld­po­li­ti­schen Fehler der Ver­gan­genheit werfen ihre Schatten auf die Gegenwart. So sieht es Ökonom Thorsten Polleit, Chef-Volkswirt beim Gold­händler „Degussa“. Der Wirt­schafts-Experte kri­ti­siert die Euro­päische Zen­tralbank, die US-Notenbank – und sogar die Deutsche Reichsbank ab 1871. Und gibt Sparern im Sputnik-Interview Tipps.

Ende Juli hielt Thorsten Polleit, Chef-Volkswirt beim Gold­händler „Degussa“, in Köln beim „Hayek-Club“ einen bemer­kens­werten Vortrag. In diesem setzte er sich „kri­tisch mit der Geld­po­litik der Euro­päi­schen Zen­tralbank (EZB) aus­ein­ander“ und ging der Frage nach, ob durch „die ultra­lo­ckere Geld­po­litik der EZB“ womöglich eine Hyper-Inflation wie zu Zeiten der Wei­marer Republik drohe. Und: Ob durch diesen Wert­verlust der Wäh­rungen den Men­schen auch heute eine Hyper-Inflation, also ein mas­siver Verlust ihrer Geld­scheine, drohen könnte.

In seinem Vortrag zitierte Ökonom Polleit eine bis heute aus­sa­ge­kräftige Weisheit des öster­rei­chi­schen Wirt­schafts­wis­sen­schaftlers und Theo­re­tikers des klas­si­schen Libe­ra­lismus und Liber­ta­rismus, Ludwig von Mises (1881–1973):

„So wird die Inflation zu dem wich­tigsten psy­cho­lo­gi­schen Hilfs­mittel einer Wirt­schafts­po­litik, die ihre Folgen zu ver­schleiern sucht. Man kann sie in diesem Sinne als ein Werkzeug anti-demo­kra­ti­scher Politik bezeichnen, da sie durch Irre­führung der öffent­lichen Meinung einem Regie­rungs­system (…) den Fort­be­stand ermöglicht.“

„Das ist ein zeit­loses Zitat von Ludwig von Mises, es stimmt uns auf diese The­matik ein“, erläu­terte der „Degussa“-Chef-Ökonom auf Nach­frage im Sputnik-Interview.

Vom Deut­schen Reich bis heute: „Leid­volle Geschichte der Währungen“

Mit zwei wei­teren Sätzen brachte der Ökonom in seiner Kölner Rede die damalige Situation auf den Punkt: „Der Erste Welt­krieg hat nicht die Inflation gebracht, das kam erst viele Jahre später.“ Sowie: „Die Reichsbank hat die Hyper­in­flation 1923 ausgelöst.“

Im Sputnik-Gespräch kon­kre­ti­sierte er das:

„Als im Deut­schen Reich die Reichsbank eta­bliert wurde, war weltweit Gold das frei­willig gewählte Geld. In den Ver­ei­nigten Staaten von Amerika ging gold­ge­decktes Geld herum. Auch in Groß­bri­tannien, der dama­ligen Welt­wirt­schafts­macht. Das Deutsche Reich hatte sich da gewis­ser­maßen ange­passt und ab 1871 die Reichs­gold­münze geprägt.“

Damit bestä­tigte Polleit das, was auch Gold­markt-Experte Martin Siegel in einem frü­heren Sputnik-Interview vor wenigen Tagen erklärt hatte. Bis 1914  gab es ihm zufolge ein sehr sta­biles, gold­ge­decktes Wäh­rungs­system bei allen wich­tigen Staaten Europas.

„Die Wäh­rungs­ge­schichte ist eine sehr leid­volle Geschichte“, betonte Chef­volkswirt Polleit. „Das gilt auch für die Zeit, in der es gold­ge­deckte Wäh­rungen gab. Weil die Staaten und die Banken dazu über­gingen, Geld­scheine aus­zu­geben, die nicht mehr durch Gold gedeckt waren. Das war ein betrü­ge­ri­sches Vor­gehen, das immer wieder für Wirt­schafts­stö­rungen gesorgt, aber auch eben krie­ge­rische Akti­vi­täten unter­stützt hat. Denn Kriege führen ist teuer. Und der Staat kann nur das aus­geben, was er vorher seinen Bürgern ‚abge­presst‘ hat: In Form von Steuern. Oder indem der Staat infla­tio­näres Geld ausgibt.“

Genau dies sei ebenso im Deut­schen Reich im Ersten Welt­krieg geschehen. „Man hatte damals noch das Kalkül, Frank­reich im Felde besiegen zu können und Paris die Kriegs­rechnung zahlen zu lassen. Doch das ging nicht auf: Das Reich war am Kriegsende hoch­ver­schuldet. Die Währung wurde zwar auch ver­mehrt, aber sicherlich noch nicht in einem Ausmaß, dass man 1918 von einer Hyper-Inflation sprechen konnte. Das kam erst später, nach dem Ende des Kai­ser­reichs in der Wei­marer Republik.“

Hyper-Inflation 1923: „Keine Geburt des Ersten Weltkrieges“

Er betonte:

Die Hyper-Inflation von 1923 „war keine Geburt des Ersten Welt­krieges. Der Grund lag darin, dass die neue Demo­kratie der ‚Wei­marer Republik‘ von Anfang an über ihre Ver­hält­nisse lebte. Die Par­teien haben die üppigen Staats­aus­gaben vor allem durch neue Schulden finan­ziert. Diese neuen Schulden wurden von der Reichsbank auf­ge­kauft gegen Ausgabe von neuen Geld­scheinen. Die Geld­menge wurde ver­mehrt, die Preise nach oben getrieben. Es gab eine Dra­ma­ti­sierung der Lage mit der Ruhr­be­setzung (ab 1922/23, Anm. d. Red.), als bel­gische und fran­zö­sische Truppen Teile des Ruhr­ge­biets besetzten. Dar­aufhin rief die Reichs­re­gierung unter Kanzler Wilhelm Cuno zum Wider­stand auf. Man wollte diesem Ein­marsch begegnen, indem man die Arbeiter aufrief, zu streiken und nicht mehr zur Arbeit zu gehen. Die aus­fal­lenden Löhne hat man dann über das Anwerfen der Noten­presse finan­ziert. Daraus ergab sich dann ein Prozess immer stei­gender Preise.“ Volks­wirt­schaftlich wird das auch Inflation genannt, die dann zur bekannten Hyper-Inflation anwuchs.

„Am Ende war der Wäh­rungswert der ‚Papier-Mark‘ voll­kommen zer­stört. Das war im Hoch­punkt der Inflation im November 1923.“

Momentane Situation: Die geld­po­li­ti­schen Fehler von EZB und FED

Vor diesem his­to­ri­schen Hin­ter­grund und mit Blick auf die euro­päische Zen­tralbank EZB und die US-Notenbank FED in der heu­tigen Zeit meinte der „Degussa“-Chefökonom, es sei leider so, „dass Staaten ihre staat­lichen Papiergeld-Monopole immer wieder miss­brauchen für eigene Zwecke. Inflation ist ein Täu­schungs­mittel, eine Art demo­kra­tisch nicht-legi­ti­mierte Besteuerung durch die Hin­tertür. Damals wie heute kann man erkennen, dass das Scha­dens­muster immer das  gleiche ist.“

Spe­ziell die eigenen wirt­schafts- und wäh­rungs­po­li­ti­schen Fehler würden Staaten so ver­suchen zu tarnen: „Wenn sie große Pro­bleme ver­ur­sacht haben – hohe Arbeits­lo­sigkeit, Rückgang der Wirt­schafts­leistung –, dann ist der Anreiz, die elek­tro­nische Noten­presse anzu­werfen, um offene Rech­nungen zu bezahlen, sehr hoch. Ich erkenne dieses Muster aktuell wieder in den USA wie auch hier im Euro-Raum. Die Zen­tral­banken kaufen neue Staats­schulden und geben dafür neues Geld heraus. Das ist natürlich infla­tionär, auch wenn es noch nicht die Inten­sität wie in den 20er Jahren hat. Aber: Das Prinzip ist damals wie heute das gleiche.“

Der all­mächtige Staat, auch „Tiefer Staat“ genannt, sei der absolute Nutz­nießer und Pro­fiteur vom der­zei­tigen Geld­system. „Ohne unge­decktes Papiergeld könnte dieser seine Kriege bei­spiels­weise gar nicht führen. Der Staat gibt einfach unge­deckt über seine Zen­tralbank neues Geld heraus – und kauft sich davon die Güter, die er haben möchte. Das bläht den Staat auf. Im Extremfall wird er sich dann in ein tota­li­täres System verwandeln.“

Seine Kritik gelte „der EZB genauso wie der FED: Ich halte das staat­liche Geld-Monopol für grund­sätzlich pro­ble­ma­tisch. Weil dies zu einem Geld­system führt, das unter ethi­schen und öko­no­mi­schen Defekten leidet. Geld wird ver­mehrt, die Kauf­kraft sinkt. Es kommt zu nicht-markt­kon­formen Umver­tei­lungen von Ein­kommen und Ver­mögen. Volks­wirt­schaften geraten immer wieder in Krisen, denn dieses unge­deckte Papiergeld sorgt für künst­liche Auf- und Abschwünge. Spe­ku­la­ti­ons­blasen werden auf­ge­bläht und platzen dann. Dann gibt es eine Rezession. Vor allem aber sorgt es dafür, dass die Ver­schuldung (sowohl privat als auch staatlich, Anm. d. Red.) immer weiter ansteigt. Dieses Geld­system ist aus meiner Sicht ethisch und öko­no­misch defekt.“ Es beruhe nur noch auf „Geld aus dem Nichts“.

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Seit Ein­führung des Euro im Jahre 1999, damals zunächst als soge­nanntes Buchgeld, sei die Geld­menge immer weiter gestiegen. „Es ist tat­sächlich so, dass die Geld­menge fort­während und unab­lässig steigt. Das allein hat schon Umver­tei­lungs­ef­fekte zur Folge. Nicht alle bekommen die gleiche Menge an neuem Geld auf ihr Konto gut­ge­schrieben. Einige gewinnen, andere ver­lieren. Das ist ein Indi­kator für die soziale Unge­rech­tigkeit, die mit einer unab­läs­sigen Aus­weitung der Geld­menge ver­bunden ist. Eine Wirkung davon sind stei­gende Güter­preise. Das können heute viele Men­schen beob­achten: Mieten steigen, Preise im Café ebenso, Kleidung wird teurer. Eine wach­sende Geld­menge über­setzt sich früher oder später in stei­gende Güter­preise.“ Wie stark die Preise nach oben gehen werden, könne er aktuell noch nicht sagen. Aber diese Ent­wicklung werde kommen: „Das Geld wird ent­wertet: Nicht nur der Euro und der US-Dollar, auch andere Wäh­rungen werden an Kauf­kraft einbüßen.“

Mit dem „poli­tisch dik­tierten Lockdown und Wirt­schafts­zu­sam­men­bruch ist eine durchaus dra­ma­tische Situation ent­standen“, warnte Ökonom Polleit. „Die heute offenen Rech­nungen werden nämlich eben­falls wie in den 1920er Jahren durch das Anwerfen der elek­tro­ni­schen Geld­presse finan­ziert.“ Das drücke wie­derum die Akti­en­kurse in die Höhe, weil die neue Geld­menge auch ihren Weg an die Börsen finde. Das sei jedoch ein trü­ge­ri­sches und nicht nach­hal­tiges „Hoch“.

Es gebe eine Alter­native dazu. Polleit nannte diese „einen freien Markt für Geld. Das Zen­tralbank-System abzu­schaffen, wäre die Kon­se­quenz aus meiner Kritik.“Tipps für Sparerinnern und Sparer

„Ich befürchte, dass die Infla­tio­nierung zunächst einmal das drän­gendste Problem ist, mit dem jeder Sparer, jeder Anleger umzu­gehen hat“, gab er eine abschlie­ßende Warnung. Darauf muss man Ant­worten finden. Für die kom­menden Quartale und das nächste Jahr ist die Inflation das drän­gendste Problem, das auf Sparer zukommt.“

Polleit gab Anlage-Hin­weise für Spare­rinnen und Sparer in der momen­tanen Zeit:

„Man sollte Kredit- und Spar­ein­lagen mög­lichst ver­meiden, weil es darauf so gut wie keine Zinsen mehr gibt. Eine gut hand­habbare Mög­lichkeit ist der Erwerb von phy­si­schem Gold und Silber. Gold-Münzen oder Barren erwerben und diese dann für die lang­fristige Sicht im Port­folio halten.“

„Wenn man in die Wäh­rungs­ge­schichte blickt, kann man erkennen, dass die Men­schen – wenn sie die Freiheit dazu hatten, zu wählen – immer die Edel­me­talle bevorzugt haben. Ins­be­sondere Gold und Silber.“ Gold und Silber seien „echtes, natür­liches Geld“, betonte Polleit in seinem Vortrag in Köln.

Im Interview führte er weiter aus:

Diese Edel­me­talle „haben die Eigen­schaft, die ‚gutes Geld‘ haben muss. Bei­spiels­weise sind Edel­me­talle relativ knapp, homogen, von gleicher Art und Güte. Sie sind teilbar. Man kann sie prägen. Sie sind trans­por­tabel.“ Im Wett­bewerb der Wäh­rungen „haben Gold und Silber immer die Nase vorn gehabt“.

Deshalb sei es auch wenig ver­wun­derlich, dass sich die Deut­schen „ton­nen­weise mit Gold“ ein­decken, wie der Nach­rich­ten­sender „n‑tv“ vor wenigen Tagen berichtete. Medien berichten demnach, dass die Deut­schen im ersten Halbjahr 2020 – also mitten in der Corona-Krise – über 83 Tonnen Gold gekauft haben.

Das kom­plette Radio-Interview mit DEGUSSA-Chef­ökonom Thorsten Polleit zum Nachhören:

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Quelle: sputniknews.com