Von rät­sel­haften Mono­lithen, Aliens, Heim­werkern und der Macht aus dem Nichts (+Videos)

Zuerst einmal sind die Obe­lisken-ähn­lichen Metall­säulen, die seit drei Wochen plötzlich überall auf der Welt auf­tauchen, keine Mono­lithen. Das Wort bedeutet nämlich, dass es ein frei­ste­hender, großer Stein ist (mono=allein, einzeln und Lithos =Stein). Aber sind wir mal nicht so pin­gelig. Also: Was hat es mit diesen Metall­stelen auf sich? Sie sind alle sehr ähnlich, eine blanke, silbrige Metall­säule von etwa drei Metern Höhe mit drei­eckigem Grundriss. Aber ihre Bau­weise und das Material sind unter­schiedlich. Von futu­ris­tisch mit Spie­gel­glanz bis zu einer Alu­plat­ten­kon­struktion auf einem Holz­ge­stell als Kern. Von perfekt bis Heim­wer­ker­qua­lität. Doch haben sie etwas zu bedeuten?

Ange­fangen hat es damit, dass das Natur­re­ferat des Bun­des­staates Utah nach­zählen wollte, wie viele Dick­horn­schafe dort in der Wüste leben. Mitte November flogen die Bio­logen mit einem Hub­schrauber über die Land­schaft dahin und zählten die Herden, die sie über­flogen, als sie die drei­einhalb Meter hohe, silbrige Stele vor einem Fels­massiv ent­deckten. Einsam irgendwo im Nir­gendwo erschien sie so deplat­ziert, dass sofort Ver­mu­tungen von „Aliens“ die Runde machten. Sie war sorg­fältig gemacht und sieht wirklich so fremd aus, wie sie da in der Sonne glänzt, dass sie tat­sächlich wirkt, wie aus einer anderen Welt. Nur die Bau­markt-Standard-Ver­schrau­bungen machen klar, dass hier keine Aliens am Werk waren.

https://youtu.be/fj0HesNZs08

 

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Auf­nahmen von Google Earth zeigen, dass die Stele schon 2016 dort instal­liert war. Die Behörde in Utah ver­öf­fent­lichte Videos von der Stele und wit­zelte dazu „Es ist illegal, ein solches Bauwerk auf öffent­lichem Grund zu errichten, egal, von welchem Pla­neten man stammt“. Man hielt den Ort geheim, um zu ver­hindern, dass sich Leute dorthin auf­machen, sich viel­leicht in der Wüste ver­irren und in Gefahr geraten. Dennoch waren die Koor­di­naten schnell all­gemein bekannt und ganze Pulks machten sich auf den Weg zu dem „Dingsda“ in der Wüste. Viele kamen zu spät, denn plötzlich über Nacht war es wieder weg.

Dafür tauchten nun in kurzer Folge immer neue „Dingsdas“ auf. Zum Bei­spiel einige Tage später in den Kar­paten, auf einem Hügel in Nord­ru­mänien. Wollte Dracula aus­pro­bieren, ob er, der als Vampir ja kein Spie­gelbild hat, in einer solchen, mys­te­riösen Säule doch sein Spie­gelbild erblicken kann? Wie auch immer, auch dort ver­schwand die Stele auf ebenso rät­sel­hafte Weise, wie sie auf­ge­taucht war. Im Unter­schied zu der Stele in der Wüste hatte dieses Dingsda „ein­gra­vierte Spi­ralen“ an den Seiten. Jeder Heim­werker sieht aller­dings, dass dieses Muster mit einem Tel­ler­schleif­gerät auf­ge­bracht worden war. Viele machten sich über die Stele lustig „nur irgendein alter Metall­schrott, den jemand hier abgelegt hat“ sagte in einem Fern­seh­be­richt ein Mann, der neben der Stele stand. Ein Face­book­nutzer Alex­andru schrieb: „Wir sind nicht einmal in der Lage, etwas richtig nachzumachen.“

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Als nächstes stand plötzlich ein solches Dingsda in Kali­fornien, im Ata­scadero-Park zwi­schen San Fran­cisco und Los Angeles. Wenige Tage später haben es angeblich junge Männer zerstört:

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Nicht lange darauf tauchte eine vierte Metall­säule im Joshua Tree National Park in Kali­fornien auf.

Ein wei­teres Objekt dieser Art wurde am 4. Dezember in Fay­et­te­ville, West-Vir­ginia, am Wolf Creek, mitten in der gott­ver­las­senen Wildnis ent­deckt. Es ist relativ klein, kaum über mannshoch, aber gut gearbeitet:

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Dann schien der „Dingsda“-Zirkus in Europa um sich zu greifen. Die nächste, drei­eckige Stele erschien am 6. Dezember auf der „Isle of Wight“, Groß­bri­tannien. Diese Säule ist aller­dings richtig ver­spiegelt und hat eine wesentlich steilere Spitze. Eine Deluxe-Aus­führung (am Anfang des Videos):

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Das nächste Objekt tauchte, eben­falls am 6. Dezember, im nie­der­län­di­schen Kie­kenberg-Natur­schutz­gebiet auf:

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https://youtu.be/v7Khr9IlDzM

Am 07. Dezember findet man in einem Feld bei Sulzbach im Frank­furter Raum, nicht weit von einem Ein­kaufs­zentrum wieder so eine Stele:

https://youtu.be/fxp1iMR6iZU

Holger Klink, Pres­se­sprecher der Gemeinde Sulzbach, äußert gegenüber der „Hes­sen­schau“ zumindest einen ein­deu­tigen Ver­dacht: „Er ist nicht von Outer Space. Die Holz­kon­struktion aus dem Inneren ist sehr irdisch.“ Es könne also neben diversen Weltraum-Theorien auch eine irdische Erklärung für das mys­te­riöse Auf­tauchen des „Mono­lithen“ von Sulzbach geben. Mitt­ler­weile wurde er dort demon­tiert und liegt am Wegesrand. Auch hier ist nicht klar, wer ihn auf­ge­stellt hat.

Mitt­ler­weile „trauen“ sich die Metall­säulen immer näher an die Men­schen heran. Am 8. Dezember steht quasi aus dem Nichts eine solche, spie­gelnde Metall­säule vor einem Beleuch­tungs­ge­schäft in Kris­ti­ansand in Nor­wegen, um kurz darauf auch wieder zu verschwinden.

https://youtu.be/ckPF6ZIAA8Y

Und am selben Tag ploppte auch in Spanien, im Örtchen Ayllón, Provinz Segovia, eine solche Stele in den Ruinen einer alten Kirche von Santiago auf. Nun ist es mitten in einem Gebäude am Ortsrand.  Es ist ein relativ kleines Exemplar und auch nicht besonders gut gemacht.

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Die Frage stellt sich, was das Ganze soll. Zwi­schen Aliens und Künstler oder einen Zusam­menhang mit Corona und das „Nach­denken über das eigene Welt­ver­hältnis“ schillern die Erklä­rungen. Auch an den Science Fiction Film „2001: Odysse im Weltraum“ fühlt sich mancher erinnert. Dort spielt ein ähnlich aus­se­hendes Objekt, eine schwarze Stein­säule eine Rolle, die der Zuschauer auch auf ver­schiedene Weise inter­pre­tieren kann.

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Die Metall­säule in Utah soll von dem Künst­ler­kol­lektiv „The most famous Artist“ stammen, das sich auch im Anschluss dazu bekannte. Ob es zutrifft, oder das Kol­lektiv einfach auf den Zug auf­ge­sprungen ist, ist nicht klar.

Wahr­schein­licher scheint es nämlich, dass die Metall­säule von dem Bild­hauer John McCracken stammt, der nach Angaben des Gug­genheim-Museums sehr ähn­liche, frei ste­hende Objekte in Form von Pyra­miden, Würfeln oder Poly­edern anfer­tigte. McCracken starb 2011 — doch sein Sohn Patrick erzählte der „New York Times“, sein Vater habe ihm bereits im Jahr 2002 gesagt, „er würde gerne Kunst­werke an abge­le­genen Orten auf­stellen, damit sie später ent­deckt werden“.

Die meisten der „Mono­lithe“ aus Metall sind aber auf­grund der so unter­schied­lichen Machart, Größe und Qua­lität sehr wahr­scheinlich von völlig unter­schied­lichen Akteuren her­ge­stellt und plat­ziert worden. Wenn es etwas Eli­täres, Gelenktes wäre, wären die Objekte sehr hoch­wertig, sähen alle gleich aus oder hätten ein System innerhalb der Varia­tionen. Den Ein­druck macht es aber nicht. Eine zen­trale Steuerung scheint daher nicht dahinter zu stehen. Es ist eine Art Bewegung, die mög­li­cher­weise noch nicht einmal einer Absprache unter den Akteuren bedarf. Es ist etwas, das bestimmte Men­schen anspricht. Mit einer simplen Kon­struktion anonym aus dem Nichts, die Andere in Erstaunen, Ver­wun­derung und Rät­sel­raten ver­setzt, übt einen nicht geringen Reiz aus. Es hat etwas von Gue­rilla-Taktik ohne aggressiv zu sein.

Es könnte, das ist eine rein gefühls­mäßige Wahr­nehmung, viel­leicht eine Art (unbe­wusste?) Macht­de­mons­tration von unten sein: „Es gibt uns Men­schen, die Dinge tun und über Nacht in die Welt setzen, mit denen Ihr da oben nicht rechnet. Wir brauchen keine digitale Kom­mu­ni­kation. Wir ver­stehen die Zeichen ohne Worte und ziehen es durch. Ihr könnt nicht alles über­wachen. Wir handeln autonom, überall, und es ist nicht zu ver­hindern. Und wir sind schneller weg, als ihr uns kriegen könnt. Heute sind es die „Mono­lithen“. Was es morgen sein wird, wisst Ihr nicht. Wir sind Legion. Rechnet mit uns.“