„Fak­ten­check“ auf WhatsApp – vor der Bun­des­tagswahl gibt die Zensur nochmal Gas

Am 26. Sep­tember ist Bun­des­tagswahl. Im Internet werden Umfragen unter den Lesern gemacht. Die Poli­tiker sind hoch­nervös. Man sieht, fühlt und riecht, dass das Ver­trauen in die Politik schwindet. Was man jetzt über­haupt nicht brauchen kann, sind Infor­ma­tionen in den Sozialen Medien, die das Ver­trauen in die Par­teien und Poli­tiker noch weiter unter­graben. Noch mehr offene Zensur wäre aber schlecht und bewirkt das Gegenteil. Ganz einfach: Die Zensur wird also wieder in die Sozialen Medien ver­lagert. Und die Medien spielen wieder mit. 

Natürlich ist es Sorge wegen Des­in­for­mation, der man mit ver­einten Kräften begegnet muss, denn man sitzt gegen das Volk in einem Boot. Die Nach­rich­ten­agentur, die afp (Agence France Press), sozu­sagen die fran­zö­sische dpa, koope­riert nun mit Facebook und stellt einen deutsch­spra­chigen Chat-Bot für den beliebten Mes­sen­ger­dienst WhatsApp zur Ver­fügung, der überall in den aus­ge­tauschten Infos in den Chats mit­liest und Fal­sch­nach­richten auf­finden soll.

Laut AFP-Pres­se­mit­teilung arbeitet man schon seit Sep­tember 2020 zusammen an einem solchen „Fak­ten­check“ im deutsch­spra­chigen Raum. Also Deutschland, Schweiz, Österreich.

Da der Bot (ein Pro­gramm, das nach bestimmten Schlüs­sel­wörtern sucht und Kom­bi­na­tionen der­selben) nicht nach­denken und bewerten kann und auch weder Spaß noch Ironie ver­steht, wird von einem Redakteur, der die Arbeit des Bot in den Konten beauf­sichtigt. In erster Linie soll der Bot+Redakteur die Mel­dungen von Usern über­prüfen, die echte oder ver­meint­liche Falsch­mel­dungen an eine Han­dy­nummer (0172–2524054) wei­ter­leiten. Eine direkte Auf­for­derung zur Denun­ziation, die wahr­scheinlich von Leuten aller Lager benutzt werden wird, um einfach nur uner­wünschte Infor­ma­tionen per Petzen unter­drücken zu lassen. Der Bot soll dann diese Anfragen auf Falsch­aus­sagen über­prüfen und eine ent­spre­chende Antwort zurück­schicken an den Mel­denden. Dabei kommt künst­liche Intel­ligenz zum Einsatz, und der Bot lernt mit jeder Anfrage besser, wie er mit dem Thema und der Aussage umzu­gehen hat.

Die Seite Bachhausen.de hat schon die Arbeit des Bots getestet. Die Reaktion des Bots ent­sprach nicht den Erwartungen:

„Wir haben den Bot getestet. Ent­gegen unseren Vor­stel­lungen konnten wir nicht einfach eine Frage oder Nach­richt posten. Statt­dessen leitete der Chat-Bot anhand von Aus­wahl­op­tionen durch den Anfragen-Prozess. (…) Tippt man die Zah 1, erscheint eine neue Nach­richt des Bots, die dazu auf­fordert, eine Frage zu stellen oder unglaub­würdige Nach­richten, Fotos oder Videos zu teilen.“

Netzpolitik.org und t‑online fackelten nicht lange, setzten gleich zum Blatt­schuss an und fragten, ob die Bun­des­re­gierung die Antifa bezahle. Es gab keine inhalt­liche Antwort darauf, sondern einen Hinweis des Bots, dass er die Anfrage erhalten habe und die so schnell wie möglich bear­beiten werde.

Der Bot, anstelle sich mit einer Antwort zu melden, drehte immer wieder die­selbe Schleife und for­derte zu einer Eingabe einer Frage oder unglaub­wür­diger Nach­richt, Fotos oder Videos auf und ver­si­cherte ständig, die Anfrage zu bear­beiten. Das tat er stundenlang.

Sollte es wirklich die Aufgabe des Bots und des ihn betreu­enden Redak­teurs sein, den Anfra­genden darüber auf­zu­klären, ob die gemeldete Infor­mation valide ist oder nicht, kann man hier sagen, Setzen! Sechs. Denn der Fra­gende erhält offen­sichtlich keine brauchbare Antwort. Viel­leicht geht es aber auch darum, die Anfragen weniger zur Beant­wortung zu bear­beiten, als aus den ein­ge­gan­genen Mel­dungen ein Muster zu erkennen und die Urheber uner­wünschter Infor­ma­tionen oder Pro­vo­ka­tionen auf diese Weise dingfest zu machen und abzuschalten.

Das ist gar nicht abwegig, denn die Abneigung von Politik und Medien gegenüber den für sie unbe­ein­flussbar kur­sie­renden Nach­richten, ins­be­sondere auf Mes­sengern, wie Signal, Threema oder ganz besonders Telegram, ist unüber­sehbar. Der unge­heuer leb­hafte Chat­verlauf, der vibrie­rende News­verkehr, die vielen, oft unter­ein­ander ver­netzen Gruppen, in denen Infos in kür­zester Zeit viral gehen und Hun­dert­tau­sende erreichen, sind dem polit-medialen Komplex ein Greuel, und es gibt schon einen Kampf­be­griff dafür: „Dark Social“

Das ist nicht zufällig eine Anspielung auf das Darknet, in dem sich auch Pädo­phile und andere Ver­brecher her­um­treiben und schwer aus­zu­machen sind. Da kann man schon mit Händen greifen, dass es dem System über­haupt nicht passt, wenn sich Bürger unter­ein­ander unbe­lauscht und ohne Repres­salien aus­tau­schen können. Gleich­zeitig aber zeigt es auch, dass man in der Politik und den Medien und den bekannten Orga­ni­sa­tionen und Stif­tungen, kurz, unter all denen, die die sich gerade ent­fal­tende Agenda vor­an­treiben, genau weiß, dass ein nicht geringer Teil der Bevöl­ke­rungen in Europa schon sehr gut wissen, was gespielt wird und sich vernetzen.

Die meisten Nutzer wollen aber nichts weiter als eine von Dritten nicht ein­sehbare Kom­mu­ni­kation, in der sie nicht bei jedem Wort auf­passen müssen, dass Big Brother mitliest.

Es handelt sich also weniger um einen neuen Service von Facebook und AFP für die WhatsApp Nutzer, sondern darum, dass man einen der letzten Rück­zugsorte unbe­spit­zelter Kom­mu­ni­kation „aus­heben“ und aus­spähen will. Umfragen sollen ergeben haben, dass 80 Prozent der Bevöl­kerung befürchten, dass Des­in­for­mation die Bun­des­tagswahl beein­flussen könnten. Das sind wahr­scheinlich die­selben 70–80 Prozent der Bevöl­kerung, die genau diese „Dark Socials“ bevölkern? Das ist doch ein bisschen zuuu durch­sichtig, die Bespit­zelung der Bürger als im Auftrag der Bürger via „Umfragen“ zu legitimieren.

Wenn der AFP-Res­sort­leiter für diesen deutsch­spra­chigen Fak­ten­check, Max Bie­derbeck sagt:

„Bei der ver­gan­genen Bun­des­tagswahl fürch­teten Exper­tinnen und Experten noch den Ein­fluss von unkon­trol­lier­baren ‚Dark Social‘-Kanälen auf den Wahl­kampf. Wir geben Usern ein Ideales Instrument gegen Falsch­in­for­ma­tionen an die Hand, die sich bisher unge­hindert auf WhatsApp aus­breiten konnten.“

Wie hübsch for­mu­liert. Das heißt: Die herr­schende Nomen­klatura fürchtete bei der letzten Wahl noch den freien Mei­nungs­aus­tausch der Bürger, ohne wirksam zen­sieren und abwürgen zu können. Jetzt haben wir die ideale Methode, Tau­sende Denun­zi­anten und „IMs“ auf die Bürger los­zu­lassen, die uns all das petzen und uns alle ans Messer liefern, die wir haben wollen – und derer wir sonst nicht habhaft werden könnten.

Nun ja, also: Nichts wie raus aus WhatsApp. Es gibt noch geschützte Räume, wie Signal, Threema und Telegram. NOCH. WhatsApp ist immer noch gut für Opa und Oma, um ihnen süße Enkel­bildchen zu schicken oder um Rezepte aus­zu­tau­schen. Oder sich in der Kin­der­garten-Eltern­gruppe zur Zoom-Kon­ferenz zu ver­ab­reden. Doch schon ein Witz über’s „Gendern“ könnte gefährlich werden…