Dritte sollten und mĂĽssen einen Frieden herbei verÂhandeln — Der Krieg kennt keine Gewinner auĂźer der RĂĽstungsindustrie
(von Albrecht KĂĽnstle)
JahÂrelang war es SelenÂskyjs Ukraine, die Russen im Land zusetzte. Nun ist es Putins Russland, das es der ukraiÂniÂschen BevölÂkerung mit einem völÂkerÂrechtsÂwidÂrigen Krieg heimÂzahlt. „VölÂkerÂrecht“ fuĂźt eigentlich auf dem Recht von Völkern. Aber schlieĂźlich sind RechtsÂfragen auch MachtÂfragen. Und zurzeit kommt die Macht der KriegsÂbeÂteiÂligten von Panzern, PanÂzerÂfäusten, Raketen und deren LieÂfeÂranten. Diese MachtÂdeÂmonsÂtration kann noch schlimmer enden als sie anfing.
Und wir Akteure der schreiÂbenden Zunft sind mitÂtendrin und leiden darÂunter. JedenÂfalls sind auch wir Angriffen der schlimmsten Art ausÂgeÂsetzt. Es scheint nur noch Schwarz und WeiĂź zu geben, bzw. nur noch blau-gelbe BekenntÂnisse. WeiĂź-blau-rote Flaggen werden zum Teil verÂbrannt wie einst BĂĽcher. Einige BeobÂachter des Geschehens sind gesellÂschaftlich geächtet, „verÂbrannt“. Eine bis vor kurzem befreundete Bekannte mit ukraiÂniÂschen Wurzeln lehnt es ab, statt hin und her zu schreiben, ein StreitÂgeÂspräch zu fĂĽhren, weil mitÂeinÂander sprechen nichts bringe. Ganz so wie in der groĂźen Politik: Nur noch alleine im Recht sein wollen.
Putin will das Rad der Geschichte zurĂĽckÂdrehen mit der BegrĂĽndung, die Ukraine habe ihre Existenz nur dem Zerfall der SowjetÂunion 1991 und der interÂnaÂtioÂnalen AnerÂkennung zu verÂdanken. Stimmt, aber so ist es nun einmal, nicht nur Kriege schaffen Fakten. Deshalb kann man es Putin „dem GroĂźen“ nicht durchÂgehen lassen, den rusÂsiÂschen MachtÂbeÂreich wieder auf Gebiete westlich des Dniepr ausÂzuÂdehnen. Putin hat dort so wenig verÂloren wie wir Deutsche in den eheÂmaÂligen OstÂgeÂbieten. Die Geschichte ist da knallhart! Nix heim ins Reich!
Doch auch die im BudaÂpester-MemoÂrandum genannten Grenzen von 1994 halten nicht ewig. Wie wir EinÂheiÂmische in Deutschland derÂeinst das „HausÂrecht“ in unserem Land an die NachÂkommen der ZuwanÂderer abtreten werden mĂĽssen, so ist das auch heute schon in Teilen der OstÂukraine, wo die rusÂsische BevölÂkerung zur Mehrheit wurde. Und wenn eine Mehrheit darĂĽber abstimmt, selbstÂständig und unabÂhängig sein zu wollen, dann ist das sowohl von dem Staat zu akzepÂtieren, von dem man sich lossagt. Das gilt meines Erachtens auch fĂĽr andere KonÂfliktÂherde. ErstÂrecht von der VölÂkerÂgeÂmeinÂschaft, auch von den selbstÂerÂnannten ameÂriÂkaÂniÂschen WeltÂpoÂliÂzisten. Und so war es wohl in den Oblasten Krim, Donezk und Luhansk mit ihren VolksÂabÂstimÂmungen. Diese unabÂhänÂgigen Gebiete wurden leider nur von Russland anerÂkannt. Von der Ukraine wurden die VolksÂreÂpuÂbliken acht Jahre lang bekriegt. VielÂleicht wäre es ohne diesen „KleinÂkrieg“ in der Ukraine nicht zum groĂźen Krieg gegen diese gekommen.
Russland lag es auĂźer an Mariupol auch am Landweg zur Krim. Dieser wäre aber mit einem TranÂsitÂrecht auf zwei AutoÂbahnen durch die Oblaste SapoÂrischschja und Cherson möglich gewesen – wie WestÂdeutsche 40 Jahre lang durch die DDR nach Berlin kamen. Aber die SchiÂkanen der Ukraine waren wohl zu groĂź und jetzt trat ein, was befĂĽrchtet wurde: Die Russen nehmen sich nicht nur die Autobahn, sondern auch deren Besitzer. Das kann und darf natĂĽrlich nicht sein, und in Charkiw im NordÂosten der Ukraine hat Russland erstÂrecht nichts verÂloren. Russland muss diploÂmaÂtisch gezwungen werden, sich aus diesen Gebieten wieder zurĂĽckzuziehen.
Erfolg können aber nur VerÂhandÂlungen haben. Im anhalÂtenden Krieg werden beide Seiten verÂlieren, die Ukraine mehr als Russland, nachdem NATO-StolÂtenberg von Bidens Gnaden Selenskyj langsam fallen lässt und ihn zu GebietsÂabÂtreÂtungen anhält. Und in VerÂhandÂlungen ist Russland klarÂzuÂmachen, dass es nicht geht in den neu eroberten Gebieten VolksÂabÂstimÂmungen ĂĽber den Status durchÂzuÂfĂĽhren, solange nicht alle EinÂwohner darĂĽber entÂscheiden können. Die BevölÂkeÂrungsÂzuÂsamÂmenÂsetzung vor dem Krieg muss abstimÂmungsÂbeÂrechtigt sein. VielÂleicht wäre das auch möglich, indem die OSZE den wahlÂbeÂrechÂtigten FlĂĽchtÂlingen bei uns, in Polen und anderswo die Abstimmung von hier aus ermögÂlicht, z.B. mit einem Votum per Brief.
Putins Russland und SelenÂskyjs Ukraine sind nicht frieÂdensÂfähig und scheiden als Schmiede eines mögÂlichen KriegsÂendes aus. Ebenso die deutsche Regierung, allen voran AuĂźenÂmiÂnisÂterin Baerbock, die sich zu sehr auf die ukraiÂnische Seite geschlagen hat, und erst recht nicht die USA. Infrage kommen DiploÂmaten und SachÂkenner weniger MitÂgliedsÂstaaten der OSZE, darÂunter FrankÂreich und Italien und: DiploÂmaten der Schweiz! Kleine Länder haben oft den gröÂĂźeren Blick. StellÂverÂtretend sei hier Michael Derrer von der HochÂschule Luzern genannt und auf seinen bemerÂkensÂwerten KomÂmentar verÂwiesen. SelbstÂverÂständlich auch solche aus Ă–sterÂreich als NichtÂmitÂglied der NATO. Und warum nicht auch aus dem NachÂbarland Ungarn? Polen wäre proÂbleÂmaÂtisch, weil es dort RevanÂcheÂgeÂlĂĽste gegen die Ukraine gibt. Auch Finnland und Schweden scheiden nun als VerÂmittler aus.
Diese fĂĽnf von 57 OSZE-Ländern wären vielÂleicht in der Lage, eine Lösung zu finden, die weder Selenskyj noch Putin ausÂschlagen könnte, ohne ihre Gesichter noch mehr zu verÂlieren als sie es jetzt schon haben. Nur eine VerÂhandÂlungsÂlösung kann weitere hunÂderte Tote täglich auf beiden Seiten verÂhindern. Und die ZerÂstörung eines Landes, das auch ohne Krieg seit seiner Existenz 10 Mio. EinÂwohner verÂloren hat. IrgendÂetwas scheint in diesem Land schiefÂzuÂlaufen. Aber die ĂĽberÂzähÂligen WohÂnungen bräuchten nicht auf diese Weise zerÂstört werden, während bei uns hunÂdertÂtauÂsende neue Häuser fĂĽr die ĂśberÂsiedler gebaut werden mĂĽssen.
„Pläne fĂĽr ein RefeÂrendum in der ParÂtiÂsaÂnenÂhauptÂstadt“ war der Titel eines inforÂmaÂtiven Artikels in der BadiÂschen Zeitung vom 9. Juni. Er war so gut, dass er auf VerÂanÂlassung von wem auch immer wieder von der Homepage genommen wurde. „Kiew macht keiÂnerlei Anstalten zu FrieÂdensÂverÂhandÂlungen …“, bedauert der Autor Dmytro Durnjew in seinem Artikel. „Es sieht so aus, als entÂscheide sich das Schicksal der rusÂsisch besetzten Gebiete auf dem Schlachtfeld“, befĂĽrchtet er abschlieĂźend. Ein Schlachtfeld, das man dem ukraiÂniÂschen Volk lieber ersparen wĂĽrde. Aber die interÂnaÂtioÂnalen EinÂpeitÂscher erproben dort ihre Waffen, und je weiter entÂfernt diese EinÂpeitÂscher sitzen, wie etwa die USA, umso rĂĽckÂsichtsÂloser spannen sie die Ukraine vor ihren AufÂrĂĽsÂtungsÂkarren gegen Russland. Dabei könnte Europa und mit ihm Deutschland auf der Strecke bleiben.
Schon vor dem Krieg lebten ohne die bereits einÂgeÂdeutschten Ukrainer 155 310 in unserem Land, jetzt dĂĽrften es 750 000 sein. Diese benöÂtigen rund 250 000 WohÂnungen, was die Ukrainer nicht zu bedrĂĽcken scheint. Uns wird vorÂgeÂworfen, nicht genĂĽgend Waffen zu liefern und: „HauptÂsache Schnitzel auf dem Teller und das Bier, Brot und Spiele, und es ist warm unter dem AllerÂwerÂtesten“ (Satz aus einer Zuschrift). Der UkraiÂnische BotÂschafter in Deutschland Andrij Melnyk hat nur zwei Kinder, aber unzählige geistige „Kinder“, die nur nach „Waffen, Waffen“ lechzen.
Melnyk ist das Gegenteil eines DiploÂmaten, so jemanden kann man nicht an einer FrieÂdensÂlösung beteiÂligen. Den Ukrainern muss der Frieden ohne sie verÂmittelt werden. Deren alleinige „SelbstÂbeÂstimmung“ und ihre ForÂderung, dass wir ihre WĂĽnsche gefälÂligst zu erfĂĽllen hätten, ist jenÂseits jeder (tödÂlichen) VerÂnunft. Ihnen steht zwar das Recht zu, bis zur letzten PanÂzerÂhauÂbitze zu sterben, aber bitte nicht mit uns, die wir das schon zweimal erleiden mussten.
Noch etwas sei der Ukraine und unserer Politik mit auf den Weg gegeben: Die DDR hielt sich 40 Jahre bis sie zerfiel. Die Ukraine hält sich immerhin schon 30 Jahre. Aber es liegt an ihrer BereitÂschaft zur FleÂxiÂbiÂlität, damit sie nicht das Schicksal der DDR teilen wird. Denn die Ukraine sackte nach ihrer GrĂĽndung rasant ab, dĂĽmÂpelte 20 Jahre wirtÂschaftlich vor sich hin, war schon vor dem rusÂsiÂschen Angriff ziemlich am Ende und könnte auch uns UnterÂstĂĽtzer wirtÂschaftlich und finanÂziell kolÂlaÂbieren lassen. Der Anfang ist leider gemacht.
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