Deutschland am Limit unter der Last der Zuwan­derung – alle Struk­turen sind überfordert

In Deutschland gibt es ca. 960 soge­nannte Tafeln. Das sind Ver­teil­stellen für Lebens­mittel, zu denen die Bedürf­tigen gehen können und sich kos­tenlos Lebens­mittel holen. Die Men­schen, die dort arbeiten für das Gemeinwohl, tun das fast alle ohne Bezahlung. Eine wun­derbare Ein­richtung – die es eigentlich in einem erfolg­reichen Indus­trieland, dem wirt­schaft­lichen Motor Europas nicht geben dürfte. Und doch ist es so, dass die Tafeln kaum noch mit der Nach­frage mit­halten können. Mitt­ler­weile ver­sorgen diese Ein­rich­tungen, die von gespen­deten Lebens­mitteln die­je­nigen ver­sorgen, die es selbst nicht können, 50 Prozent mehr Bedürftige, als noch zu Beginn dieses Jahres: Der Nie­dergang eines großen Landes in der Petrischale.

Es ist ein Bündel von Gründen. Sicher, einer­seits ist es die stark gestiegene Inflation, die die­je­nigen in die Schlangen vor den Tafeln zwingt, die zu Jah­res­beginn noch mit ihrem Ein­kommen aus­kamen. — jetzt aber keinen anderen Weg mehr sehen. Dazu kommt das Sterben der mit­tel­stän­di­schen und kleinen Unter­nehmen, die viel­leicht nicht insolvent sind, aber eben zumachen müssen und jedes Mal mehrere Familien in Armut bringen. Es sind die Flücht­linge aus der Ukraine, die hier in Sicherheit und ver­sorgt sein wollen. Und es sind die Migranten, die gerade wieder – und zahl­reicher als 2015 – hierhin kommen und ein bes­seres Leben erwarten. Die Aus­sicht, sehr viel schneller an einen deut­schen Pass zu kommen als bisher beflügelt die Begehr­lich­keiten auf garan­tierte Voll­ver­sorgung noch.

19.000 Men­schen ver­sorgen zum Bei­spiel allein die Leip­ziger Tafeln, können aber derzeit keine neuen Kunden mehr auf­nehmen. Die Tafeln in Sachsen sind schon an ihre Leis­tungs­grenze gestoßen: Sie fordern staat­liche Unter­stützung, denn die durch die Inflation gestie­genen Kosten und die wach­sende Zahl Bedürf­tiger und Migranten hat die Schere zu weit auf­ge­macht. Gleich­zeitig sprudeln die Spenden nicht mehr, weil kaum noch jemand Geld ent­behren kann. Selbst viele der­je­nigen, denen es bisher gut ging, können nicht mehr. Auch Haus­be­sitzer spitzen den Blei­stift und sehen nach den Zah­len­ko­lonnen, dass die stei­genden Ener­gie­preise plus in den Himmel schie­ßende Grund­steuern, stei­gende Kran­ken­kassen- oder Kran­ken­ver­si­che­rungs­bei­träge keinen Spielraum mehr für Spenden. Und auch Spenden von Unter­nehmen tropfen nur noch, statt zu fließen.

Die Sozi­al­ämter ächzen unter der Last des Migran­ten­an­stiegs. Es gibt kaum noch Unter­brin­gungs­mög­lich­keiten. Für Not­un­ter­künfte haben die Neu­bürger aber kein Ver­ständnis. In Ams­terdam Nieuw-West legte nach Pres­se­be­richten ein 27jähriger Araber einen Groß­brand in einem Wohn­projekt für junge Flücht­linge, die gerade eine Auf­ent­halts­ge­neh­migung erhalten haben. Der Grund: Die nie­der­län­di­schen Behörden beschieden die For­derung der Bewohner nach einer bes­seren Unter­bringung abschlägig. Es seien keine bes­seren Unter­künfte mehr zu finden, alle Mög­lich­keiten seien ausgeschöpft.

Die Sozi­al­ämter in Berlin sind restlos über­laufen. In die Bun­des­haupt­stadt sind seit März 85.000 Ukraine-Flücht­linge gekommen. Laut der regie­renden Bür­ger­meis­terin Fran­ziska Giffey leben schon 100.000 davon in Berlin. Sogar sie sagte der BILD am Sonntag: „Gerade wir Stadt­staaten und besonders Berlin als Haupt­an­zie­hungs­punkt haben unsere Kapa­zi­täten (…) mitt­ler­weile nahezu aus­ge­schöpft“. 340.000 Ukrainer seien in Berlin erst­ver­sorgt worden, 100.000 haben mitt­ler­weile dort auch ihren Wohnsitz. Damit nicht genug. Frau Giffey fordert: „Wir brauchen dringend weitere Immo­bilien des Bundes, um Men­schen gut unter­zu­bringen, finan­zielle Unter­stützung für die immensen Kosten und eine gerechte Ver­teilung im Bundesgebiet.“

Das Neu­köllner Sozi­alamt ist zurzeit geschlossen, die Mit­ar­beiter können nicht mehr. Die eh schon knappe Per­so­nal­be­setzung wird von Anträgen der Flücht­linge aus der Ukraine und den vielen neuen Migranten geradezu über­wältigt. Das Stamm­kli­entel der bedürf­tigen Deut­schen hat kaum noch eine Chance, mit seinen Pro­blemen wahr­ge­nommen zu werden. Ähnlich sieht es in anderen Bezirken Berlins aus, in denen die wohnen, die vom Schicksal nicht begünstigt sind, wie Rei­ni­ckendorf. Die Sozi­alamt-Mit­ar­beiter sind aus­ge­brannt und „nicht am, sondern über dem Limit“. Die Misere wird von oben mit immer neuen Geset­zes­vor­gaben ver­sucht, zu bewäl­tigen, was natürlich nicht funk­tio­niert. Die Flücht­lings­zahlen und Asyl­an­träge steigen – der Kran­ken­stand im Per­sonal auch.

Im gesamten Bun­des­gebiet ver­kündet ein Bun­desland nach dem anderen einen Auf­nah­me­stopp: 12 Bun­des­länder haben auch beim besten Willen keinen Platz mehr für Geflüchtete aus der Ukraine.  980.000 Men­schen, also fast eine Million Ukrainer, sind nach Deutschland gekommen. Trotz großer Hilfs­be­reit­schaft sind die Kapa­zi­täten erschöpft.

Hoffte man zuerst, dass der Großteil der Ukrainer in den Nach­bar­ländern Zuflucht suchen würde und dort auch bleiben, setzte die Mas­sen­be­wegung nach Deutschland dennoch bald und zahl­reich ein. Am 14. März ließ das Minis­terium wissen, man werde nun all jene Ukraine-Geflüch­teten nach dem König­steiner Schlüssel an die Länder wei­ter­leiten, die in Erst­auf­nah­me­ein­rich­tungen Zuflucht suchten, also nicht privat unterkämen.

Aber die Reserven sind auf­ge­braucht. Sogar grüne Lan­des­chefs hissen jetzt die weiße Flagge:

Baden-Würt­tem­bergs Minis­ter­prä­sident Win­fried Kret­schmann (Grüne) erklärte vor zehn Tagen: ‚Wir haben bereits jetzt mehr Geflüchtete als in der Flücht­lings­krise 2015. Die Bevöl­kerung muss sich darauf gefasst machen, dass wir da wieder in schwierige Situa­tionen kommen.‘ Er schloss nicht aus, dass Sport­hallen ein wei­teres Mal als Not­un­ter­künfte genutzt werden müssten. Sachsens Innen­mi­nister Armin Schuster (CDU) warnte vor Pro­blemen in den Kom­munen. Es gebe Schwie­rig­keiten bei der Ver­teilung und Inte­gration der Flüch­tenden, schrieb er in einem Brief an Faeser. In Sachsen gab es auch Angriffe auf Unter­künfte und einen Kin­der­garten, den unter anderem ukrai­nische Kinder besuchen.“

Der baye­rische Innen­mi­nister und Vor­sit­zende der Innen­mi­nis­ter­kon­ferenz, Joachim Herrmann (CSU) hat genug. Es könne doch nicht sein, „dass der Bund immer mehr Auf­nah­me­zu­sagen macht, die Länder aber dann bei der Auf­ga­ben­be­wäl­tigung allein lässt.“

Denn neben dem Zustrom der ukrai­ni­schen Flücht­linge erreichen auch wieder Zig­tau­sende Asyl­su­chende aus Afgha­nistan, Nord­afrika und Syrien Deutschland. Das, so Herrmann, „über­fordert alle und nützt nie­mandem – im Ergebnis nicht einmal den Flücht­lingen selbst“.

Die „Leicht­bau­hallen und Zelte“ auf dem alten Flug­ha­fen­ge­lände Tem­pelhof, die die Ber­liner Sozi­al­se­na­torin für die Zehn­tau­senden, die man nir­gends mehr unter­bringen kann, zur Ver­fügung stellt, sind Augen­wi­scherei. „Stock­betten auf engem Raum“, moniert die Ber­liner Mor­genpost, würden zu dem­selben Ergebnis führen, wie die dicht­ge­drängten Auf­nah­me­lager in Groß­bri­tannien, wo sehr bald Diph­terie und Krätze aus­brach. Man wolle nun dort alle dagegen durch­impfen. So gebiert jede Not­lösung auch gleich die nächste: Kaum hat man sich irgend­einen schlechten Behelf aus­ge­dacht, erzeugt dieser die nächsten Pro­bleme oben­drauf, derer man immer weniger Herr wird und die sich immer höher auf­türmen. Es ist die apo­ka­lyp­tische Version von Loriots Sketch „Ihr Bild hängt schief“.

Bremens Sozi­al­se­na­torin Anja Stahmann (Grüne) will nun Hotels anmieten. Und zwar min­destens vier Stück für je eine Million Euro. Und das per Ermäch­ti­gungs­gesetz, damit diese Summen auch nicht mehr vom Finanz­aus­schuss Bremens gestoppt oder auch nur in Frage gestellt werden kann. Das ist aber erst der Auftakt. Im Oktober beschloss die Lan­des­re­gierung den Bau von neuen Not-Unter­künften in der Über­see­stadt. Hier sollen – wie in Berlin —  drei Leicht­bau­hallen für 1.200 Flücht­linge gebaut werden. Zelte für 1.000 Men­schen stehen schon dort. Die Miete für die Hallen und die Zelte für 18 Monate beträgt schlappe 11 Mil­lionen Euro.

Das sei, so Frau Sozi­al­se­na­torin Anja Stahmann von den Grünen, ein Gebot der Mensch­lichkeit und alternativlos.

Alles auf Kosten des Steu­er­zahlers, der nicht mehr weiß, wovon er seinen Strom, seine Heizung, sein Essen und seine Miete bezahlen soll. Mensch­lichkeit gibt es eben nicht für jeden.