Im Januar 1943 einigten sich der britische Premier Winston Churchill und US-Präsident Franklin D. Roosevelt auf dem Treffen in Casablanca über den Luftkrieg. So sollten die Amerikaner die Zerstörung der militärischen und industriellen Ziele in Deutschland betreiben und die Engländer weiterhin die Bombenangriffe auf Wohnviertel fortführen. Damit sollte die Widerstandskraft der Deutschen geschwächt werden. Vor allem bei Nachtangriffen.
Doch schon am 8. Juli 1940 ließ Churchill verlauten: »(…) aber es gibt etwas, das den Gegner zurücktreiben und niederzuwerfen vermag: Das ist ein alles vernichtender und alles ausrottender Luftkrieg mit ganz schweren Bombern von England aus gegen das Nazi-Heimatland. Wir müssen den Feind mit diesem Mittel niederschlagen. Ein anderes Mittel sehe ich nicht.«
Der alliierte Terror aus der Luft traf seit Juni 1942 beinahe nur die deutsche Zivilbevölkerung. Die deutsche Abwehr war fast nur noch auf die Flak (Flugabwehrkanonen) beschränkt, weil die Abfangjäger große Verluste erlitten. Außerdem war die Luftwaffe in Militäreinsätzen von Russland bis nach Nordafrika zersplittert.
Während sich jedoch die Amerikaner noch strikt weigerten, Nachtangriffe und solche gegen nichtmilitärische Ziele zu fliegen, sahen das die Briten anders. Ganz offen wurde in London über die systematische Zerstörung deutscher Wohngebiete (und damit Angriffe gegen die Zivilbevölkerung) als »wichtigste militärische Taktik« diskutiert. So rechnete beispielsweise am 30. März 1942 Churchills Berater, Frederick Alexander Lindemann (1886–1957), 1. Viscount Cherwell, vor, dass, wenn alle vorhandenen englischen Flugzeuge ihre Bomben ausschließlich auf Wohnviertel des Feindes abwerfen würden, bis Mitte 1943 ein Drittel aller Deutschen obdachlos wäre …
Der britische Royal-Air-Force-Luftmarschall Arthur T. Harris (1892–1984), der später als »Bomber Harris« in die Geschichte einging, seit Februar 1942 Chef des neu gegründeten Strategic Bomber Command, versprach Churchill einen »schnellen und vollständigen Sieg«. Vorausgesetzt, die ganze Kampfkraft seiner Bomber würde konzentriert gegen deutsche Städte eingesetzt und nicht gegen einzelne Fabriken oder militärische Ziele. Er schlug vor, jede Nacht eine Stadt mit mindestens 1.000 Maschinen anzugreifen.
Damit begann der uneingeschränkte Luftkrieg gegen die deutsche Zivilbevölkerung. Siehe dazu ausführlich mein Buch Tabufakten Zweiter Weltkrieg, Band 1 (gugra-Media-Verlag, 2020).
Nur ein Beispiel: Köln, 30. Mai 1942: Erstmals im Zweiten Weltkrieg griffen 1.000 englische Bomber, darunter 48 viermotorige Lancaster, eine einzige Stadt an. Dabei wurden 1.500 Tonnen Sprengbomben vor allem auf die dichtbesiedelte Innenstadt abgeworfen. Nur weil ein Teil der Kinder bereits evakuiert war und es eine großzügig angelegte unterirdische Bunkeranlage unterhalb des Kölner Ringes gab, kam es zu keinem Massensterben. »Nur« 460 Menschen fanden den Tod, 45.000 wurden obdachlos.
Deutschlands Städte erfuhren zweifellos die umfassendste Zerstörung. So wurden rund 3,6 Millionen deutsche Wohnungen von britischen und amerikanischen Bombern in Schutt und Asche gelegt. Das entsprach etwa einem Fünftel des gesamten Wohnraums.
Selbst alliierte Kriegsberichterstatter waren über das Ausmaß der Zerstörungen schockiert. So glich beispielsweise die einst blühende Elbmetropole Dresden einer »Mondlandschaft«, deren Aufbau mindestens siebzig Jahre benötigen würde, so die damalige Einschätzung.
»München war derart verwüstet, dass ‚man sich kaum des Gedankens erwehren konnte, das letzte Gericht stehe unmittelbar bevor.‘ Berlin war ‚vollkommen zerschlagen – nichts als Schutthaufen und Hausskelette‘. Köln ‚lag in Trümmern, ohne Schönheit und Gestalt, einsam in völliger physischer Vernichtung.‘«
Guido Grandt — Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors www.guidograndt.de
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