Bild: Dresden.- Leichenberge nach den Luftangriffen vom 13. und 14. Februar 1945, dahinter Ruinen zerstörter Gebäude (Bildquelle: Bundesarchiv, Bild 183-08778-0001 / Hahn / CC-BY-SA 3.0)

Ver­gessen: »Alli­ierter Bom­ben­terror gegen deutsche Zivilisten!«

Im Januar 1943 einigten sich der bri­tische Premier Winston Chur­chill und US-Prä­sident Franklin D. Roo­sevelt auf dem Treffen in Casa­blanca über den Luft­krieg. So sollten die Ame­ri­kaner die Zer­störung der mili­tä­ri­schen und indus­tri­ellen Ziele in Deutschland betreiben und die Eng­länder wei­terhin die Bom­ben­an­griffe auf Wohn­viertel fort­führen. Damit sollte die Wider­stands­kraft der Deut­schen geschwächt werden. Vor allem bei Nachtangriffen.

Doch schon am 8. Juli 1940 ließ Chur­chill ver­lauten: »(…) aber es gibt etwas, das den Gegner zurück­treiben und nie­der­zu­werfen vermag: Das ist ein alles ver­nich­tender und alles aus­rot­tender Luft­krieg mit ganz schweren Bombern von England aus gegen das Nazi-Hei­matland. Wir müssen den Feind mit diesem Mittel nie­der­schlagen. Ein anderes Mittel sehe ich nicht.«

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Der alli­ierte Terror aus der Luft traf seit Juni 1942 beinahe nur die deutsche Zivil­be­völ­kerung. Die deutsche Abwehr war fast nur noch auf die Flak (Flug­ab­wehr­ka­nonen) beschränkt, weil die Abfang­jäger große Ver­luste erlitten. Außerdem war die Luft­waffe in Mili­tär­ein­sätzen von Russland bis nach Nord­afrika zersplittert.

Während sich jedoch die Ame­ri­kaner noch strikt wei­gerten, Nacht­an­griffe und solche gegen nicht­mi­li­tä­rische Ziele zu fliegen, sahen das die Briten anders. Ganz offen wurde in London über die sys­te­ma­tische Zer­störung deut­scher Wohn­ge­biete (und damit Angriffe gegen die Zivil­be­völ­kerung) als »wich­tigste mili­tä­rische Taktik« dis­ku­tiert. So rechnete bei­spiels­weise am 30. März 1942 Chur­chills Berater, Fre­derick Alex­ander Lin­demann (1886–1957), 1. Vis­count Cherwell, vor, dass, wenn alle vor­han­denen eng­li­schen Flug­zeuge ihre Bomben aus­schließlich auf Wohn­viertel des Feindes abwerfen würden, bis Mitte 1943 ein Drittel aller Deut­schen obdachlos wäre …

Der bri­tische Royal-Air-Force-Luft­mar­schall Arthur T. Harris (1892–1984), der später als »Bomber Harris« in die Geschichte einging, seit Februar 1942 Chef des neu gegrün­deten Stra­tegic Bomber Command, ver­sprach Chur­chill einen »schnellen und voll­stän­digen Sieg«. Vor­aus­ge­setzt, die ganze Kampf­kraft seiner Bomber würde kon­zen­triert gegen deutsche Städte ein­ge­setzt und nicht gegen ein­zelne Fabriken oder mili­tä­rische Ziele. Er schlug vor, jede Nacht eine Stadt mit min­destens 1.000 Maschinen anzugreifen.

Damit begann der unein­ge­schränkte Luft­krieg gegen die deutsche Zivil­be­völ­kerung. Siehe dazu aus­führlich mein Buch Tabu­fakten Zweiter Welt­krieg, Band 1 (gugra-Media-Verlag, 2020).

Nur ein Bei­spiel: Köln, 30. Mai 1942: Erstmals im Zweiten Welt­krieg griffen 1.000 eng­lische Bomber, dar­unter 48 vier­mo­torige Lan­caster, eine einzige Stadt an. Dabei wurden 1.500 Tonnen Spreng­bomben vor allem auf die dicht­be­sie­delte Innen­stadt abge­worfen. Nur weil ein Teil der Kinder bereits eva­kuiert war und es eine groß­zügig ange­legte unter­ir­dische Bun­ker­anlage unterhalb des Kölner Ringes gab, kam es zu keinem Mas­sen­sterben. »Nur« 460 Men­schen fanden den Tod, 45.000 wurden obdachlos.

Deutsch­lands Städte erfuhren zwei­fellos die umfas­sendste Zer­störung. So wurden rund 3,6 Mil­lionen deutsche Woh­nungen von bri­ti­schen und ame­ri­ka­ni­schen Bombern in Schutt und Asche gelegt. Das ent­sprach etwa einem Fünftel des gesamten Wohnraums.

Selbst alli­ierte Kriegs­be­richt­erstatter waren über das Ausmaß der Zer­stö­rungen scho­ckiert. So glich bei­spiels­weise die einst blü­hende Elb­me­tropole Dresden einer »Mond­land­schaft«, deren Aufbau min­destens siebzig Jahre benö­tigen würde, so die damalige Einschätzung.

»München war derart ver­wüstet, dass ‚man sich kaum des Gedankens erwehren konnte, das letzte Gericht stehe unmit­telbar bevor.‘ Berlin war ‚voll­kommen zer­schlagen – nichts als Schutt­haufen und Haus­ske­lette‘. Köln ‚lag in Trümmern, ohne Schönheit und Gestalt, einsam in völ­liger phy­si­scher Vernichtung.‘«


Guido Grandt — Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors www.guidograndt.de