Verstoß gegen den 2+4 Vertrag? NATO-Stütz­punkt in Rostock

Stolz beichtet die Tages­schau … und legt der Bun­des­re­gierung ein Ei ins Nest: Unter der Über­schrift „Kom­mando in Rostock – Neues Haupt­quartier als Signal an Russland“ lesen wir direkt dar­unter den ersten Satz, der da lautet: „Die Deutsche Marine über­nimmt in der Ostsee eine Füh­rungs­rolle im Auftrag der NATO. Dazu eröffnete Ver­tei­di­gungs­mi­nister Pis­torius in Rostock ein neues Haupt­quartier. Es ist auch ein Signal Richtung Russland.“ und was ist mit dem 2+4 Vertrag?

Bun­des­ver­tei­di­gungs­mi­nister Boris Pis­torius weiht den Stütz­punkt ein und in jedem dritten Satz heißt es „NATO“

Es sei das tak­tische Haupt­quartier der Bun­deswehr für die Über­wa­chung des Ost­see­raums  und die neue Zen­trale, mit der die NATO die Ver­tei­di­gungs­be­reit­schaft in der Ost­see­region stärkt. Deutschland stelle in der NATO die größte Marine in der Ostsee und habe bereits die regionale Füh­rungs­rolle übernommen.

Das neue Haupt­quartier heißt ganz urdeutsch CTF Baltic (“Com­mander Task Force Baltic”) und von dort aus, so meldet die Tages­schau, sollen die See­streit­kräfte der NATO-Staaten im Frieden als auch im Krieg (sehr über­le­sens­freundlich-ver­harm­losend „Krisen- und Kon­fliktfall“ genannt) geführt werden. Neben Deutschland seien noch elf weitere Nationen mit Mili­tär­per­sonal an dem CTF beteiligt: Dänemark, Estland, Finnland, Frank­reich, Groß­bri­tannien, Italien, Lettland, Litauen, Nie­der­lande, Polen und Schweden.

In Frie­dens­zeiten sind in dem Quartier 60 Dienst­posten zu besetzen, bei einer mög­lichen Krise kann der Stab auf bis zu 240 Dienst­posten auf­ge­stockt werden. Das Haupt­quartier wird durch einen deut­schen Admiral geführt, dem ein pol­ni­scher Admiral als Stell­ver­treter zur Seite steht.“

Also ist es sehr wohl und ganz klar ein NATO-Haupt­quartier, denn es geht um die NATO-Ver­tei­di­gungs­be­reit­schaft und es sind elf Nationen der NATO in diesem Haupt­quartier auch durch Mann­schaften aus diesen Ländern ver­treten. Wieviel NATO darf es denn sein, bis es kein genuin deut­sches tak­ti­sches Haupt­quartier mehr ist?

Und als ob es nicht schon genug NATO ist, sagte Herr Ver­tei­di­gungs­mi­nister Boris Pistorius …

… dass das neue tak­tische Haupt­quartier keine „direkte Reaktion auf den rus­si­schen Angriffs­krieg gegen die Ukraine sei. Aber er vergaß nicht zu bemerken, dass es eine Bedrohung durch Russland gibt. Und setzte noch hinzu, dass dieses frisch ein­ge­weihte CTF Baltic eine ent­schei­dende Rolle beim Schutz der Inter­essen der NATO gegen Aggres­sionen spielen wird … (natürlich ist Russland gemeint und nicht die USA, die unsere Pipeline gesprengt hat) … „ins­be­sondere ange­sichts der Nähe zu Russland“.

Weiter fuhr er fort, dass sich der Krieg Prä­si­dents Putins nicht nur gegen die Ukraine richte, sondern dass sein wirk­licher Feind „unsere freie, unab­hängige und demo­kra­tische Lebens­weise” sei. Ein wenig seltsam, das so zu betonen, ange­sichts der aus­ufernden Über­wa­chung und Zensur und der Unter­drü­ckung einer echten Oppo­sition in Europa.

Moskau bestellt den Deut­schen Bot­schafter ein

Natürlich weckt das Ganze den Zorn Russ­lands. Und so wurde der Deutsche Bot­schafter in Moskau, Alex­ander Graf Lamb­s­dorff, in das rus­sische Außen­mi­nis­terium ein­be­stellt. Dort wurde ihm der ent­schiedene Protest auf Berlins Ostsee-Initiative, ein NATO-Haupt­quartier auf dem Gebiet der ehe­ma­ligen DDR zu eröffnen – was laut der 2+4‑Verträge aus 1990 als absolut aus­ge­schlossen fest­gelegt ist.

„Washington, Brüssel und Berlin müssen sich darüber im Klaren sein, dass die Aus­weitung der mili­tä­ri­schen Infra­struktur der Nato auf das Gebiet der ehe­ma­ligen DDR die nega­tivsten Kon­se­quenzen haben wird“, heißt es in der Note des rus­si­schen Außen­mi­nis­te­riums. Und: „Die Eröffnung des Nato-Stütz­punktes in Ost­deutschland sei ein wei­terer Schritt bei der “schlei­chenden Revision der Ergeb­nisse des Zweiten Welt­kriegs und der Mili­ta­ri­sierung des Landes”“ ließ das Minis­terium des rus­si­schen Außen­mi­nisters, Herrn Sergeij Lawrow wissen.

Mit dem Vertrag, der die deutsche Ver­ei­nigung inter­na­tional besie­gelte, wurde die Sta­tio­nierung von „Streit­kräften anderer Staaten“ auf dem Gebiet der ehe­ma­ligen DDR ver­boten. „Wir haben von Berlin sofortige und umfas­sende Erklä­rungen ver­langt“, machte das rus­sische Außen­mi­nis­terium deutlich.

„Deut­scher Bot­schafter nutzt Eklat und zerlegt Putin-Regime“ ?!?!

Diese Über­schrift der Web­seite „der Westen“ ist nicht nur unver­schämt, sondern lächerlich. Das Putin Regime drohe dem Westen, „doch der deutsche Bot­schafter Alex­ander Graf Lamb­s­dorff und auch Ver­tei­di­gungs­mi­nister Boris Pis­torius kontern deutlich. Pis­torius erklärte, dass es sich bei der „Com­mander Task Force Baltic“ nicht um ein neues Nato-Haupt­quartier handelt. Es sei ein natio­nales Haupt­quartier der deut­schen Marine und diene der Über­wa­chung der Lage im Ost­seeraum.“ Und: „Auch Graf Lamb­s­dorff stellte in Moskau klar, dass es sich um eine zulässige Basis handele: ‚Die Umwandlung des deut­schen mari­timen Füh­rungs­stabs in Rostock in die ‚Com­mander Task Force Baltic‘ steht im Ein­klang mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag’, Der Füh­rungsstab in dem Stütz­punkt werde ‚sowohl aus deut­schen Sol­da­tinnen und Sol­daten als auch aus aus­län­di­schen Aus­tausch- und Ver­bin­dungs­of­fi­zieren‘ bestehen.“

Es steht im 2+4‑Vertrag!

Man kann viel­leicht dran her­um­deuteln, dass diese aus­län­di­schen Streit­kräfte ja „nur“ zeit­weise oder zu Besuch da sind. Wie hätte denn damals der Westen reagiert, wenn rus­sische Streit­kräfte eben nicht abge­zogen worden wären und unter einer mauen Ausrede in Zivil dort geblieben wären, aber ihre Uni­formen und Waffen behalten und Übungen abge­halten hätten? Russland hat seine Ver­träge immer ehrlich bedient, der Westen meistens nicht. Da muss man nur einmal die ame­ri­ka­nische Urein­wohner fragen.

Die Presse macht ja auch gar keinen Hehl daraus, dass in Rostock ein „NATO-Haupt­quartier“ ent­standen ist und dass das ein­deutig gegen Russland gerichtet ist:

„Vom den am Dienstag ein­ge­weihten neuen Nato-Haupt­quartier in Rostock aus sollen laut Bun­des­ver­tei­di­gungs­mi­nister Boris Pis­torius (SPD) die Lage im Ost­seeraum über­wacht und die Mari­ne­ak­ti­vi­täten der Ver­bün­deten orga­ni­siert werden. Das west­liche Ver­tei­di­gungs­bündnis will sich damit laut eigenen Angaben gegen “aggressive rus­sische Aktionen” ins­be­sondere in den nahe zu Russland gele­genen Gebieten wappnen.“

Der 2+4‑Vertrag besagt glasklar in Artikel 5 (3):

„(3) Nach dem Abschluß des Abzugs der sowje­ti­schen Streit­kräfte vom Gebiet der heu­tigen Deut­schen Demo­kra­ti­schen Republik und Berlins können in diesem Teil Deutsch­lands auch deutsche Streit­kräf­te­ver­bände sta­tio­niert werden, die in gleicher Weise mili­tä­ri­schen Bünd­nis­struk­turen zuge­ordnet sind wie die­je­nigen auf dem übrigen deut­schen Hoheits­gebiet, aller­dings ohne Kern­waf­fen­träger. Dar­unter fallen nicht kon­ven­tio­nelle Waf­fen­systeme, die neben kon­ven­tio­neller andere Ein­satz­fä­hig­keiten haben können, die jedoch in diesem Teil Deutsch­lands für eine kon­ven­tio­nelle Rolle aus­ge­rüstet und nur dafür vor­ge­sehen sind. Aus­län­dische Streit­kräfte und Atom­waffen oder deren Träger werden in diesem Teil Deutsch­lands weder sta­tio­niert noch dorthin verlegt.

Wundert es jemanden, dass die Russen da sauer werden?

Ein Blick nur zwei Jahre zurück ist hier sehr erhellend. Es ist der mdr, also ein ARD-GEZ-Sender, auf dessen Seite das hier am 11. Sep­tember zu lesen war:

„Während der Gespräche über den Zwei-plus-Vier-Vertrag wurde die Nato als Über­gangs­lösung gesehen, auf dem Weg zu einer gemein­samen Sicher­heits­ordnung für ganz Europa. Heute ist die Nato größer und in Europa näher an Russland gerückt als je zuvor. Zugleich aber könnte die poli­tische Distanz zu Moskau größer kaum sein. Das sieht Hans-Jürgen Mis­selwitz, damals Leiter der Ver­hand­lungs­de­le­gation der DDR, heute mit Sorge. Denn 1990 sei der “Geist der Zeit” ein ganz anderer gewesen.

Für die damalige Sowjet­union ging es darum, dass die NATO nicht näher an sie heranrückt 

– was sie aber ständig und in Sala­mi­taktik unentwegt und zäh weiter gemacht hat.

„Ja, James Baker etwa hat im Mai 1990 in einem Brief an Gor­bat­schow diese Rück­ver­si­cherung gegeben, in Vor­be­reitung des Besuchs von Gor­bat­schow in Washington Ende des Monats, wo der Durch­bruch in dieser Frage dann auch öffentlich erreicht worden ist. Das lief unter dem Siegel, dass Deutschland die freie Bünd­niswahl habe, unter Verweis auf die KSZE-Grundakte. Und dazu hatte Baker erklärt, dass euro­päische Sicherheit inklusiv sein würde und die Nato zunehmend weniger Bedeutung haben würde. Er hat nicht geleugnet, dass sie weiter exis­tiert, auch nicht gesagt, wie sie sich künftig auf­stellen wird. Aber Baker hat ver­si­chert, dass es koope­rative Sicher­heits­struk­turen geben würde. Davon hat sich Gor­bat­schow über­zeugen lassen

In den Gesprächen mit Gor­bat­schow, die erstmal nicht öffentlich gemacht wurden, war die Nato-Mit­glied­schaft des ver­einten Deutsch­lands der zen­trale Punkt, in der Tat. Und Gor­bat­schow hat ein­ge­lenkt, als ihm zugesagt wurde, dass eine Nato-Mit­glied­schaft keine Aus­dehnung des Nato-Gebiets, also kein Vor­rücken der mili­tä­ri­schen Ver­bände bedeuten soll. Das war damals der Hin­ter­grund, vor dem in Ost und West erklärt wurde, dass man an koope­rative Struk­turen denkt, dass Europa eine umfas­sende Friedens- und Sicher­heits­ordnung bekomme, die auch Russland, damals die Sowjet­union, ein­schließt, dass man nicht fort­setzt, was Europa bis 1990 cha­rak­te­ri­siert hatte. Das war implizit eine Grundlage der Zwei-plus-Vier-Ver­hand­lungen, dass man Vor­keh­rungen trifft, dass das künftige Deutschland zwar der Nato bei­tritt, aber ohne Aspekte ihrer Aus­dehnung nach Osten.“

Frie­dens­be­wegung Rostock schreibt einen Pro­test­brief an Minis­ter­prä­si­dentin Manulea Schwesig

Der Brief ist wahr und gut und die Absichten berechtigt und edel, aber Frau Minis­ter­prä­si­dentin wird den Teufel tun, und sich mit den Ame­ri­kanern und Briten zu ver­krachen. Denn diese sind es, die auch den Bun­des­po­li­tikern die Pistole an die Schläfe setzen. Aber wenn wir, das Volk, auf­stehen, weil wir es ernst meinen mit „nie wieder Krieg!“, dann könnte es klappen.

Hier der offene Brief der Ros­tocker Frie­dens­be­wegung an Minis­ter­prä­si­dentin Schwesig:

Sehr geehrte Frau Minis­ter­prä­si­dentin Manuela Schwesig!

Hiermit wider­spricht die Frie­dens­be­wegung Rostock vehement der Ein­richtung der neuen NATO-Kom­man­do­zen­trale „Command Task Force Baltic“ (CTF Baltic) in Rostock-Reu­ters­hagen. Diese Ein­richtung ver­stößt unmiss­ver­ständlich gegen den 2+4‑Vertrag und den Eini­gungs­vertrag. Sie ver­stößt darüber hinaus auch gegen die Inten­tionen der Lan­des­ver­fassung und des Grund­ge­setzes. Die Sta­tio­nierung aus­län­di­scher Streit­kräfte ist laut Artikel 5 Absatz 3 des 2+4‑Vertrags auf dem Gebiet der ehe­ma­ligen DDR strikt untersagt.

Laut Ostsee-Zeitung (OZ) vom 14. Oktober 2024 sollen „vom Mari­ne­kom­mando im Ros­tocker Han­sa­viertel künftig alle Nato-Manöver und ‑ein­sätze auf der Ostsee gesteuert werden – Kriegs­schiffe, Hub­schrauber, Kampf­flug­zeuge. Dafür werden Sol­daten aus allen Nato-Anrainer Staaten an die Warnow ver­setzt. Auch die aktuelle Sicher­heitslage soll von der Han­se­stadt aus ständig über­wacht werden. (…) Das Ostsee-Haupt­quartier der Nato wird an das Einsatz- und Füh­rungs­zentrum der Deut­schen Marine ange­gliedert. 100 Sol­daten ver­sehen dort ihren Dienst – rund ein Viertel davon bereits von ver­bün­deten Streit­kräften. Das Sagen im Nato-Haupt­quartier wird ein deut­scher Kon­ter­ad­miral haben, sein Stell­ver­treter wird ein schwe­di­scher Flottillenadmiral“.

Obwohl es sich hierbei um einen osten­ta­tiven Völ­ker­rechts­bruch handelt, sind Sie, Frau Minis­ter­prä­si­dentin, der Ein­ladung des Bun­des­amtes für Ver­tei­digung – ver­treten durch Ver­tei­di­gungs­mi­nister Boris Pis­torius (SPD) – gefolgt und haben gemäß Tages­ordnung vom 21. Oktober 2024 neben dem fran­zö­si­schen Atom­waf­fen­ex­perten MARCOM Deputy Com­mander, Vice Admiral Didier Male­terre, eine Rede gehalten. Bahnt sich hier bereits der nächste Verstoß gegen den 2+4‑Vertrag an? (Sta­tio­nie­rungs­verbot von Atomwaffen!)

Die Men­schen der Frie­dens­be­wegung Rostock fordern die Ein­haltung von Recht und Gesetz, so wie Sie es in Ihrem Amtseid geschworen haben: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des Volkes widmen, VER­FASSUNG UND GESETZE wahren, meine Pflichten gewis­senhaft erfüllen und Gerech­tigkeit gegen jedermann üben werde.“

Mit freund­lichen Grüßen

Frie­dens­be­wegung Rostock