“Kamm tu Törki and find your oun häppiness”
Haben Sie in letzter Zeit mal die Werbung unserer kommerziellen Nachrichtsender aufmerksam verfolgt? Nicht, dass sich bei der Autowerbung etwas geändert hätte oder beim Anpreisen von Waschmitteln. Nein, die Zuschauer werden jetzt mit politischer Werbung, die als solche nicht zu erkennen ist, belästigt. Was ich meine, ist die Werbung durch Balltreter wie Lukas Podolski für den Staat Türkei. Dabei stottert Podolski in sehr schlechtem Englisch etwas in die Kamera von großen Chancen und davon, dass er „häppi tu bi hier“ sei oder so ähnlich. Das heißt, er macht Reklame, wahrscheinlich gegen sehr viel Bares, für den undemokratisch geführten Staat Türkei, der in die Zeit des Absolutismus zurückgefallen ist und von Deutschland aus sogar der Spionage gegen einzelne Bundestagsabgeordnete bezichtigt wird. Und die Balltreter machen ungeniert Werbung für diesen Despoten Erdogan.
„Moment!“, mögen die Verfechter dieser Reklame jetzt meinen, „die Spieler machen doch nur Werbung für das Land am Bosporus, und nicht für Erdoğan“. Stimmt, aber nicht ganz. Stimmen würde es, wenn sie sich inhaltlich von der Politik der Türkei distanzieren würden, beispielsweise durch einen Untertitel zur Werbung. Das hinterließe einen guten Eindruck, übersteigt aber wohl die Möglichkeiten des intellektuellen Rüstzeugs der Protagonisten.
So bleiben sie bei der Lobhudelei der Türkei, die Folter duldet und die Todesstrafe fordert – und kassieren satt für ihre Sprüche, deren Inhalt sie wohl selber nicht verstehen (das will ich den Balltretern zu Gute halten).
Aber diese Art Werbung hat in Deutschland eine lange Tradition, die aus der Nazizeit stammt.
Damals sprangen auch Promis dem Regime zur Seite und jubelten mit. So z.B. Boxlegende Max Schmeling, Schauspielass Heinz Rühmann oder Zara Leander, die dem Führer, Volk und Vaterland im Brustton der Überzeugung zujubelten.
Hinterher waren sie natürlich alle dazu „gezwungen worden“, richteten ihre herrschaftlichen Villen wieder her und kümmerten sich einen Dreck um Deutschland.
Wie es offenbar auch Balltreter Podolski macht, denn der millionenschwere Sportler hat sich in Deutschland noch nie in die Verhältnisse eingemischt, hat noch nie die Ungleichheit zwischen Arm und Reich angeprangert (er lebt schließlich u.a. von den Eintrittsgeldern der einfachen Stadionbesucher), hat noch nie eine politische Forderung aufgestellt, wobei ich bezweifle, dass er dieses kann.
„Sport hat mit Politik nichts zu tun!“, höre ich dann wieder. Wirklich nicht?
Wie war es denn in 1980 vor den Olympischen Spielen in Russland? Ich erinnere mich noch sehr genau an die TV-Übertragungen, als es darum ging, dass Russland angeblich völkerrechtswidrig die armen Bergbauern in Afghanistan reihenweise abknallen würde. Dabei bedrohten die Moslems schon damals den Weltfrieden und lebten prächtig vom Drogenhandel in Europa. Damals wurde die Sowjetunion (wie heute wieder Russland) für das Versagen der Weltgemeinschaft verantwortlich gemacht. In TV-Übertragungen regten sich alte Männer mit zitternden Bärten über das Für und Wider der Teilnahme der deutschen Mannschaft an den Olympischen Spielen in Moskau auf. Mir klingt es noch in den Ohren, wie sie schrien: „Sie sollen fahren!“; „Nein, sie sollen nicht fahren!“ Wobei die Gegner der Teilnahme immer wütender wurden, Schaum vor dem Mund hatten.
Jetzt spielen unsere Balltreter den schleimigen Diplomaten und huldigen einem Diktator (übrigens ein Emporkömmling vom Dorf), dass es nur mit Schaudern zu ertragen ist – einem Despoten, der die Todesstrafe fordert (und wenn Forderungen nach Schüssen auf Grenzverletzer in Deutschland aufgestellt werden, schreit ihr laut auf und empört euch) und jeden, der gegen ihn ist, sofort in Folterkeller werfen lässt, Deutschland mit einer Flut von Asylanten droht, wenn seine irren Forderungen nicht erfüllt werden. Und zudem Spione aussendet, um Bundestagsabgeordnete beschnüffeln zu lassen (wobei das nichts außer heißer Luft bringt, Herr Erdoğan).
Diesem Mann ordnet sich „unser“ Spitzenfußballer Podolski unter, macht Männchen, und kommt sich dabei noch gut vor, glaubt, er würde sich für die Völkerverständigung stark machen. Dabei wirft er sich vor einem Diktator in den Dreck!
Diese Pharisäer können mir gestohlen bleiben. Wascht nur weiter eure Hände in Unschuld. Und hinterher will es – wie immer – keiner gewesen sein.