„Bis zu meinem letzten Atemzug werde ich Bäume pflanzen“

Dies ist die Geschichte eines Mannes, den man belä­chelt hat, und der sich ganz allein eine Aufgabe gestellt hat, von der niemand glaubte, dass es wirklich zu irgend­etwas führen könnte. Die meisten von uns kennen das Gefühl. Man wird nicht ernst genommen oder sogar für nicht ganz gescheit erklärt. Aber diese Geschichte gibt Mut und macht Freude.

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Sie beginnt in der Stadt Jorhat im Nord­osten Indiens. Jorhat unter­scheidet sich kaum von anderen indi­schen Städten. Es ist eng, laut, über­füllt von Men­schen, Gerüchen, Hunden und hupenden Autos. Weiter fluss­auf­wärts am großen indi­schen Brah­ma­putra wird es ländlich und still. Hier liegt die Insel Majuli, eine der größten Fluss­inseln der Welt. Rund 150.000 Men­schen leben auf dieser Insel. Die einst wun­der­schön grüne Insel verlor seit 1970 große Flächen ihrer Land­masse durch Boden­erosion. Wis­sen­schaft­lichen Hoch­rech­nungen zufolge, würde in 20 Jahren die Insel Majuli voll­kommen weg­ge­wa­schen und ver­schwunden sein. Doch wahr­scheinlich kann ein ein­facher, unge­bil­deter Mann das Schicksal der Insel ändern.
Denn heute wächst dort, am Brah­ma­putra, mitten in kahlen Schlamm- und Sand­bänken ein Wald.

Der Erzähler dieses mehrfach preis­ge­krönten und doch so ein­fachen Films ist Hob­by­fo­to­graph Jitu und er stieß ganz zufällig auf den Schöpfer dieses Waldes, Jadav Payeng. Jadav war erst sehr miss­t­rausch und dachte, der Fremde sei Reporter und wolle in seinem Wald her­um­stöbern, wilde Tiere auf­scheuchen und filmen oder foto­gra­fieren. Doch mit der Zeit wurden die beiden Männer Freunde. Jitu schrieb einen Artikel über Jadav Payeng und seinen Wald, den er seit 1979 täglich gepflanzt hat. Der Artikel machte Jadav berühmt und brachte ihm den Titel „Wald-Mann“ ein. Sogar hoch­ge­stellte Poli­tiker besuchten ihn.

Seit 1979 pflanzt Jadav Payeng nämlich jeden Tag Bäume. Mitt­ler­weile ist die Fläche größer, als die des Central Parks in New York. Der gelernte Baum­pfleger hat es tat­sächlich geschafft, die toten Fluss­bänke in ein grü­nendes, leben­diges Paradies zu ver­wandeln. Sogar die Tiere sind wieder zurück­ge­kommen und haben eine neue Heimat im Jadavs Wald gefunden: 115 Tier­arten, dar­unter Ele­fanten, Nas­hörner, Rehe und Tiger sind jetzt in dem 550 Hektar großen Wald daheim.

Heute noch geht er jeden Tag zu seinem Wald und pflanzt neue Büsche und Bäume. Er weiß genau, welche Pflanzen er auf die noch ver­ödeten Flächen setzen muss, damit diese als erste „Pflan­zen­pio­niere“ über­leben können und anschließend wei­teren Pflanzen beim Besiedeln helfen. Jadav muss seinen Wald leider auch beschützen, denn der schlimmste Feind sind die anderen Men­schen. Sie fällen die pracht­vollen Bäume, um damit Geld zu machen. Würde Jadav nicht ein­schreiten, wäre der wun­derbare, große Wald bald wieder totes Land. „Men­schen nehmen sich und ver­brauchen alles, bis nichts mehr übrig ist“ sagt er. „Nicht einmal die Tiger und Ele­fanten sind vor den Men­schen sicher.“

Jadav Payengs Traum ist es, seine Heimat, die Insel Majuli und das benach­barte Jorhat wieder mit den Wäldern zu bestücken, die sie früher einmal hatten. Und er hat Ideen, wie man zum Bei­spiel auch mit Kokos­palmen an den Ufern das Land befes­tigen könnte, so dass die Land­masse von Majuli nicht weiter abge­tragen wird, wie es bei seinem Wald schon erreicht wird – aber gleich­zeitig die Kokos­nüsse für das Ein­kommen der Insel­be­wohner sorgen könnten und Nahrung bieten würden. Schon in fünf bis sieben Jahren würde man die Ergeb­nisse dieser Mühe sehen und ernten können. Fach­leute beschei­nigen Jadav Payeng, dass seine Geschäfts- und Natur­schutz-Idee rea­lis­tisch ist, und dass diese Methode wahr­scheinlich den ganzen Fluss Brah­ma­putra entlang zu einer Wie­der­auf­forstung, gesunder Natur und zur Ernährung und Ein­kommen der Anrainer bei­tragen würde. Das Kokos­palmen-Projekt soll tat­sächlich unter der Führung und Beratung von Jadav Payeng umge­setzt werden.

Land­wirt­schaft und mensch­licher Ein­fluss zer­störten die einstige natür­liche Schönheit seines Zuhauses. Jadav Payeng wollte einfach nur seinen Beitrag leisten und das Öko­system wieder her­stellen. Er hat eine Mission und beweist jeden Tag, dass kleine Taten über die Zeit hinweg zu etwas Großem werden können. Sein Erfolg und seine Zähigkeit beein­drucken die Men­schen heute, und aus dem “Spinner” ist ein Held geworden, der gar keiner sein will. Dieser ein­fache Mann sitzt vor seiner Hütte und sagt: „Schneidet nicht die Bäume ab. Es bringt Euch nicht viel, aber es stiftet großen Schaden. Ich tue, was ich kann, um Majuli zu retten.“

Er wird einfach wei­ter­machen. „Bis zu meinem letzten Atemzug werde ich Bäume pflanzen.“