Pein­liches Tunnel-Debakel bei Rastatt – Deutsche Inge­nieure auf „Dritt­welt­niveau“?

Weltweit haben die Deut­schen Inge­nieure immer noch einen her­vor­ra­genden Ruf. Doch, wie bei so vielem im einst bewun­derten Deutschland, scheint auch hier der Lack gewaltig zu blättern.

Die Rhein­talbahn zwi­schen Karlsruhe und Rastatt ist eine der Haupt­ver­kehrs­schlag­adern Europas. Mehr als 250 Züge brausen hier täglich auf der Schie­nen­strecke von Süden in die Mitte Deutsch­lands bis hoch in den Norden. Und nicht nur Per­so­nenzüge. Ganz besonders der Güter­verkehr Europas braucht diese wichtige Strecke.

Für Güterzüge ist seit 13. August nun kein Durch­kommen mehr und Rei­sende müssen zwi­schen Rastatt und Baden-Baden 20 Kilo­meter per Bus wei­ter­fahren, bis sie wieder in einen Zug ein­steigen können und die „Lücke“ umgangen haben. Min­destens zwei Wochen bis zum 26 August wird die mühsame, Zeit fres­sende Umleitung bestehen. Ob es wirklich ab 26. 8. wieder wei­tergeht, ist noch unklar. Der Fahrplan der Bahn ist aus allen Fugen geraten.

Was war geschehen? Bei Arbeiten an einem Tunnel sind nach Aus­kunft der Bahn „schwer­wie­gende, tech­nische Stö­rungen“ auf­ge­treten, wodurch „Erd­be­we­gungen aus­gelöst“ wurden, in deren Folge die Gleise abge­sunken sind. Auch vier Wohn­häuser mussten wegen der Absenkung eva­kuiert werden.

Welcher Natur diese schwer­wie­genden, tech­nische Stö­rungen sind, darüber schweigt die Bahn sich bis heute beharrlich aus. Auch auf Nach­fragen war von der Bahn nichts zu erfahren, was denn zu den Erd­be­we­gungen geführt habe. Der Fahr­gast­verband „Pro Bahn“ kri­ti­sierte das Kri­sen­ma­nagement und die Kom­mu­ni­kation der Bahn.

Es gab aller­dings groß ange­kün­digte Vor­schuss­lor­beeren der Bahn für die neu­artige Methode der Ver­eisung. Dabei werden Gefrier­rohre in die Erde gebracht, die mit einer Kühl­flüs­sigkeit von minus 33 °C befüllt werden. Diese Rohre ent­ziehen dem Boden Wärme und um die Rohre bildet sich ein Eisring. Dieser Eisring sta­bi­li­siere den Unter­grund und ver­hindere ein Absacken des Bodens, hieß es. Damit sollte die Bahn­strecke stabil gehalten werden, solange unter der Bahn­strecke an dem Tunnel gebaut wird. Was ganz offen­sichtlich nicht gelungen ist. Einen Zusam­menhang des Unglücks mit der neuen Methode wollte die Bahn nicht bestätigen.

Gemäß dem alten Sprichwort „Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen“, büßt die Bahn jetzt für die all­ge­meine Groß­kot­zigkeit, mit der sich die gegen­wärtige, deutsche Politik sich in Europa rundum beliebt macht.

Die Basler Zeitung Online spart in ihrem Beitrag “Dritt­weltland Deutschland” denn auch nicht mit Häme: „Die groß­spre­che­rische Politik Deutsch­lands, die gerne mal Vor­gaben für Dritt­welt­länder und andere beinhaltet, sie ver­dient in Anbe­tracht des Chaos im Güter­verkehr nur Hohn und Spott. Es ist diese groß­spurige Politik, die anderen gerne vorgibt, wie erfolg­reiche Klima- , Wirt­schafts- oder Sicher­heits­po­litik aus­zu­sehen hat.“

Man ver­kneift sich auch nicht den Hinweis, dass es nicht gerade auf eine durch­dachte Planung schließen lässt, wenn bereits zwei von drei euro­päi­schen Nord-Süd-Ver­kehrs­adern wegen Sanierung geschlossen sind, und die letzte, ver­blei­bende Strecke, die nun alles tragen muss, in „offen­sichtlich dilet­tan­ti­scher Weise“ unter­tunnelt wird. Die bissige Anmerkung, „dass sich in Deutschland derzeit für keinen Poli­tiker so etwas wie eine Ver­ant­wort­lich­keits­frage stellt“, ver­steht jeder auf Anhieb richtig.

Bit­terkeit dürfte auch bei den Unter­nehmen auf­kommen, die sich durch diese – im wahrsten Sinne – unter­ir­dische Inge­nieurs­leistung ver­ur­sachten Nach­teile und Ver­luste, Lie­fer­ver­zö­ge­rungen, Ver­trags­strafen, Pro­duk­ti­ons­aus­fälle und Ärger beim Kunden aus­ge­setzt sehen. Von Deutschland war man bisher so etwas nicht gewohnt. Fri­ckelei im „Schaun­mermal-Modus“ und Schul­ter­zucken bei Nicht­er­füllung ver­trag­licher Pflichten ist in Europa nicht Usus.

Fol­ge­richtig regt die Basler Zeitung an, doch ein paar Juristen nach Deutschland zu schicken, die Berlin die Bedeutung von Unter­schriften unter Ver­träge erklären. Die Schweiz solle „Deutschland künftig als Dritt­welt­staat ein­stufen, ins­be­sondere, wenn es dort um Infra­struktur- und Ver­kehrs­po­litik geht“.