“Bitcoin ist kein Geld, sondern ein Spekulationsobjekt“

Bun­des­bank­prä­sident Jens Weidmann hält die Kryp­to­währung Bitcoin für inef­fi­zient. Mein ehe­ma­liger Kollege und heu­tiger Vor­stand der Bun­desbank, Carl-Ludwig Thiele, ver­steift sich sogar in der Aussage: “Bitcoin ist kein Geld, sondern ein Spekulationsobjekt“.
(Von Frank Schäffler)
Schnell stellt sich die Frage: Was ist über­haupt Geld und ist es immer effi­zient? Geld ist das all­gemein akzep­tierte Zah­lungs­mittel. Und da fängt es schon an. Denn nicht jede staat­liche Währung kann das von sich behaupten. In den meisten Ent­wick­lungs- und Schwel­len­ländern ist nicht die eigene staat­liche Währung das all­gemein akzep­tierte Zah­lungs­mittel, sondern der US-Dollar oder auch der Euro. Dort exis­tiert meist ein blü­hender Handel mit diesen beiden Leit­wäh­rungen. Die dor­tigen Noten­banken und auch die Regie­rungen können gegen diesen Handel nicht wirklich etwas unter­nehmen. Er findet im Ver­bor­genen statt. Weltweit ist unsere Situation im Euro-Raum oder die der Ame­ri­kaner in den USA, dass die eigene Währung das all­gemein akzep­tierte Zah­lungs­mittel und damit Geld ist, daher eher die Ausnahme.
Zwar ver­suchen viele Regie­rungen und Noten­banken ihre Bürger zur Ver­wendung ihrer Währung zu zwingen, um damit ihre Währung buch­stäblich zu Geld zu machen, doch das ist nicht so einfach. Dies funk­tio­niert meist nur durch Zwangs­maß­nahmen. Die weiche Form dieser Repression ist der Annah­me­zwang. Per Gesetz wird defi­niert, was das gesetz­liche Zah­lungs­mittel im jewei­ligen Land ist. So auch bei uns. Der Euro ist seit 1. Januar 2002 allei­niges gesetz­liches Zah­lungs­mittel. Jeder Gläu­biger muss die Zahlung von Euro zur Beglei­chung von Geld­schulden akzep­tieren. Ob dies immer gelingt, ist nicht sicher. In Hoch­in­fla­ti­ons­ländern ist das schon schwie­riger. In diesen Staaten exis­tieren daher viel stärkere Repres­sionen. Sie werden als Kapi­tal­ver­kehrs­kon­trollen bezeichnet und fallen sehr unter­schiedlich aus. Doch allen diesen Kon­trollen ist eines gemein, sie sollen die Wäh­rungs­halter zwingen, ihre Zah­lungs­ströme aus­schließlich in der hei­mi­schen Währung abzu­wi­ckeln und Devisen (Dollar oder Euro) nicht ins Ausland zu bringen.
Daher sind die Aus­sagen von Weidmann und Thiele kein wirk­licher Erkennt­nis­gewinn. Denn jede Währung ist auch ein Spe­ku­la­ti­ons­objekt. Wer in Vene­zuela lebt und die dortige Währung „Bolivar“ benutzen muss, spe­ku­liert selbst­ver­ständlich auf den wei­teren Wert­verfall der Währung unter der sozia­lis­ti­schen Regierung Maduro. Seit 2015 hat die Währung 75 Prozent gegenüber dem Euro ein­gebüßt. Wahr­scheinlich ist der „Bolivar“ auch nicht besonders „effi­zient“, denn die Regierung muss immer mehr davon drucken, um den Schein zu wahren. Und dass Chinas Kapi­tal­ver­kehrs­kon­trollen effi­zient sind, lässt sich sicherlich auch bestreiten. Schließlich unterhält China dafür einen teuren Über­wa­chungs­staat, der sämt­liche Trans­ak­tionen ins Ausland „kon­trol­liert“.
Wenn Bit­coins und Co. keine attrak­tiven Alter­na­tiven zu den staat­lichen Wäh­rungen wären, dann würden sich die Noten­banker und Regie­rungen auf dieser Welt auch nicht so intensiv damit beschäf­tigen. Tat­sächlich ist das Auf­kommen der Kryp­to­wäh­rungen der erste wirk­liche Groß­an­griff auf das staat­liche Geld­system. Und sie werden das Wirt­schafts­leben ins­gesamt ver­ändern, viel­leicht sogar revo­lu­tio­nieren. Wer in China, Vene­zuela oder sonst wo Kapi­tal­ver­kehrs­kon­trollen ent­fliehen will, hat mit Bitcoin und Co. viel bessere Mög­lich­keiten als früher. Daher helfen in solchen Ländern Kryp­to­wäh­rungen dabei, die Lebens­dauer von Dik­ta­turen und frei­heits­feind­lichen Regimen zu verkürzen.
Doch nicht nur dort wird es zu Ver­än­de­rungen kommen. Bitcoin und Co. werden Euro und Dollar nicht ersetzen. Sie wollen und werden nur Teil­funk­tionen von Geld erfüllen. Die eine Währung dient viel­leicht dazu, die Zah­lungen im grenz­über­schrei­tenden Handel zu ver­ein­fachen. Andere dienen dazu, den Wert­pa­pier­handel zu ver­ein­fachen und wieder andere sind ein ideales Wertaufbewahrungsmittel.
Das war zumindest bei Bitcoin auch die Idee der Initia­toren. Sie wollten eine globale Währung schaffen, deren Umlauf­menge nicht beliebig durch Noten­banken mani­pu­liert und ver­mehrt werden kann. Die theo­re­tische Basis dafür liefert der Wirt­schafts­no­bel­preis­träger Friedrich August von Hayek. 1976 schrieb er ein Buch darüber: „Die Ent­na­tio­na­li­sierung des Geldes“. Darin schlägt er vor, Geld wie jedes andere Gut zu betrachten und es dem Wett­bewerb aus­zu­setzen. In diesem Wett­bewerb würde dann das gute – das knappe und wert­haltige – Geld das schlechte – das infla­tionäre – Geld ver­drängen. Die Vor­aus­setzung sei die Aufgabe des staat­lichen Geld­mo­nopols und des gesetz­lichen Annah­me­zwangs. Wenn jeder das schlechte Geld jeder Zeit in bes­seres Geld tau­schen könnte, würde niemand lange schlechtes Geld frei­willig halten wollen. Dies würde dann auch die Her­aus­geber des schlechten Geldes, wohl das staat­liche Geld, dazu zwingen, ihr Geld besser, also solider, zu machen. Genau so ist die Situation in Vene­zuela. Keiner will die schlechte Währung, den Bolivar, lange halten, sondern jeder ver­sucht ihn schnell los­zu­werden. Macht die Regierung Maduro so weiter, dann wird die Währung mit ihrem Staats­prä­si­denten irgendwann ver­schwinden. Zwi­schen­zeitlich ist die gesamte Bevöl­kerung verarmt. Das ist der ent­schei­dende Unter­schied zu Bitcoin und Co. Hier geschieht alles frei­willig und auf eigenes Risiko.
 


Quelle: Pro­me­theus – Das Freih­heits­in­stitut & TheEuropean.de