Steuern sind schlimmer als Raub!

Überall wo es einen Staat gibt, nimmt sich dieser auch das Recht, Steuern zu erheben; denn Herr­scher können nicht herr­schen ohne Steuereinnahmen. 
(Von Prof. Michael S. Rozeff)
 
So schrieb Ludwig von Mises:
„Alle Aus­gaben des Staates, für welche Zwecke auch immer, werden durch Steu­er­ein­nahmen finanziert.“
Murray Rothbard drückte sich so aus:
„Die Grundlage aller staat­lichen Hand­lungen ist der grund­sätz­liche binäre Ein­griff namens Besteuerung.“
Und überall, wo es Staaten gibt, wachsen diese auch. Warum ist das so? Eine Theorie besagt, dass Inter­es­sen­gruppen stets ver­suchen, die Besteue­rungs­macht des Staates für ihre eigenen Anliegen zu nutzen. Dem würde ich gerne eine beglei­tende Theorie hin­zu­fügen. Wenn Herr­scher über die Macht der Besteuerung ver­fügen, ent­stehen für sie zwangs­läufig auch zahl­reiche schäd­liche Anreize, welche dafür sorgen, dass die Herr­scher ihre zer­stö­re­rische Tätigkeit noch ausweiten.
Anreize
Eine Bedingung für ziel­ge­richtete Tätig­keiten besteht darin, dass eine Auswahl zwi­schen Alter­na­tiven besteht. Ent­schei­dungen werden nach Abwägung von posi­tiven Anreizen (Beloh­nungen) und nega­tiven Anreizen (Kosten) getroffen, welche beide sowohl monetär als auch nicht­mo­netär sein können. Nehmen wir als Bei­spiel das Anbieten von Jus­tiz­dienst­leis­tungen durch die eng­lische Krone im Mit­tel­alter. Ver­ur­teilte Straf­täter wurden übli­cher­weise gehängt und ihre Besitz­tümer gingen an die Krone über – aller­dings konnte der König Straf­täter begna­digen, wenn diese sich bereit erklärten, in der Armee des Königs zu dienen. Diese Anreiz­struktur ermu­tigte die Krone, Straf­täter zu ver­ur­teilen, da sie als Belohnung ent­weder den Besitz des Straf­täters oder seine Dienste als Soldat erhielt. Der Krone ent­standen aller­dings auch Kosten, nicht nur in Form von Aus­gaben für die Gerichte, sondern auch in Form von Illoya­lität, Unzu­frie­denheit, Anse­hens­verlust und Abneigung, wenn sie unschuldige Men­schen für Ver­brechen verurteilte.
Bei dieser Anreiz­struktur hat die Krone sehr wahr­scheinlich eine hohe Bereit­schaft zur Ver­haftung und Ver­ur­teilung von Straf­tätern (und viel­leicht auch Unschul­digen). Die Anreiz­struktur ver­an­lasst die Krone auch, die Gesetze so zu ändern, dass mehr Geset­zes­über­tre­tungen zu Straf­taten erklärt werden. Falls man hier Par­al­lelen zu Polizei und Behörden in den Ver­ei­nigten Staaten erkennt, die beschlag­nahmte Güter behalten dürfen, was dazu führt, dass immer mehr Geset­zes­über­tre­tungen zu Beschlag­nah­me­gründen erklärt werden, so ent­spricht diese Beob­achtung klar den Tatsachen.
Schäd­liche Anreize als Folge der Besteuerungsmacht
Da Herr­scher auch nur Men­schen sind, haben sie Bedürf­nisse, die sie sich gerne erfüllen möchten – sie möchten zum Bei­spiel Gutes tun (zumindest, was sie selbst als gut betrachten), oder sie streben nach Macht, Ruhm, Geld, Befrie­digung ihres Stolzes oder ihres Egos, Ansehen, Bewun­derung, Sicherheit im Amt, Hilfe für die Armen oder die Reichen, dem Ende des Kapi­ta­lismus, der Ver­breitung von Demo­kratie und so weiter. Die Bedürf­nisse der Herr­scher sind jedoch nicht deckungs­gleich mit denen der Beherrschten. Die Vor­stel­lungen davon, was Men­schen als erstre­benswert erachten, gehen weit aus­ein­ander, wie die starken Unter­schiede in der per­sön­lichen Lebens­führung klar zeigen. Selbst­ver­ständlich ist es keinem Herr­scher möglich, so zu handeln, dass die per­sön­lichen Vor­stel­lungen jedes ein­zelnen Men­schen ver­wirk­licht werden, selbst wenn sie diese kennen würden; das tut aller­dings kein Herr­scher. Da Herr­scher über die Res­sourcen der Beherrschten ver­fügen und sie für Pro­jekte aus­geben, die deren Bedürf­nisse nicht erfüllen können, zer­stören sie zwangs­läufig das Glück der­je­nigen, die sie besteuern.
Wenn sie sich auf ihre eigenen Mittel beschränken müssen, gibt es negative Anreize für Herr­scher, Geld aus­zu­geben. Die Besteue­rungs­macht hebt diesen nega­tiven Anreiz auf und setzt einen posi­tiven Anreiz, die eigenen Ziele zu erfüllen. Folglich werden Herr­scher ermutigt, Unter­neh­mungen zu tätigen wie den Krieg zur Been­digung aller Kriege, Kriege zur Ver­breitung der Demo­kratie, den großen Sprung nach vorne, Kriege gegen die Armut und gegen Drogen, Völ­ker­morde, staat­liche Pro­gramme, die tief in das Leben der Men­schen ein­greifen, Erobe­rungen neuer Gebiete, Sub­ven­tionen und Kre­dit­ga­rantien, rau­schende Feste, Unter­haltung, Flug­zeuge und Limou­sinen, aus­ufernde Regu­lierung, die die Märkte stört, und so weiter.
Manche Beherrschten pro­fi­tieren von diesen Plün­de­rungen, betreiben für sie Lob­by­arbeit und werden so selbst zu Herr­schern – für die meisten gilt dies jedoch nicht. Sie können nur ihr Wahl­ver­halten ändern, sich beschweren oder Briefe an die ent­spre­chenden Stellen schreiben; all dies hat aller­dings kaum Ein­fluss auf das Ver­halten der Herr­scher. Abge­stimmt wird über Reprä­sen­tanten, nicht über ein­zelne Pro­jekte, und das auch nur alle paar Jahre. In der Zwi­schenzeit schaffen die Herr­scher Fakten. Kein Wähler kann ein­seitig dem Krieg gegen Drogen oder dem Krieg gegen den Terror oder der Sozi­al­ver­si­cherung oder irgend­einem anderen staat­lichen Pro­gramm sein Ein­ver­ständnis entziehen.
Dass die Herr­scher ihren Willen durch­setzen können, ist nur der erste der nega­tiven Anreize, der mit der Besteue­rungs­macht ein­hergeht. Der zweite besteht darin, die Steuern immer weiter zu erhöhen, was abzu­lehnen ist, da so immer weitere unsinnige Vor­haben der Herr­scher finan­ziert werden. Steu­er­erhö­hungen sind vor­her­sehbar, da die Herr­scher von ihnen pro­fi­tieren, solange es des­wegen keine über­mä­ßigen Stim­men­ver­luste gibt. Die Anreiz­struktur, die mit der Besteue­rungs­macht ein­hergeht, ist unglaublich zer­stö­re­risch, da die Herr­scher die Menge an Anreizen kon­trol­lieren! Sie können nach Lust und Laune die Steuern erhöhen. Grenzen werden ihnen alleine durch Stim­men­ver­luste gesetzt, und sie ver­fügen über diverse Stra­tegien, um diesen entgegenzuwirken.
Drittens setzt Besteuerung mächtige Anreize dafür, sich Mittel durch Kre­dit­auf­nahme zu ver­schaffen. Ohne Steuern, aus denen Rück­zahlung und Zins­zah­lungen bestritten werden, kann kein Staat größere Kredite auf­nehmen. Mit der Besteue­rungs­macht aller­dings kann der Staat sich ver­schulden und expan­dieren, und so zukünftige Steu­er­erträge ver­pfänden. Zukünftige Gene­ra­tionen müssen die Rück­zah­lungen aus ihren Erspar­nissen bestreiten, was ihnen schadet. Außerdem hat ein Staat, der sich ver­schuldet hat, ein Interesse daran, die Rück­zah­lungen mit wert­lo­serer Währung zu leisten. Die Besteue­rungs­macht führt dazu, dass der Staat ein Interesse daran hat, pri­vates Geld durch staat­liches Geld zu ersetzen und so all die Übel her­auf­zu­be­schwören, die mit der Infla­tio­nierung dieses Geldes einhergehen.
Viertens sorgt die Besteue­rungs­macht für Anreize für die Herr­scher, staat­liche Umver­tei­lungs­pro­gramme ein­zu­führen und Abhän­gig­keiten zu schaffen. In den USA wuchsen die staat­lichen Umver­tei­lungs­pro­gramme erst zu dem heu­tigen gewal­tigen Ausmaß, nachdem der Staat die Macht erhalten hatte, Ein­kommen zu besteuern. Diese schäd­lichen Pro­gramme nutzen den Herr­schern. Sie schaffen Staats­be­für­worter unter den Men­schen, die von ihnen abhängig werden und Angst haben, die Unter­stützung wieder zu ver­lieren. Diese abhän­gigen Befür­worter erschweren die Redu­zierung der Macht des Staates ganz enorm.
Fünftens, bedeutet die Besteue­rungs­macht auch immer die Macht, Steu­er­re­duk­tionen im Aus­tausch für Gefallen oder Spenden zu ver­kaufen, sowie Geld dafür zu erpressen, dass dro­hende Besteue­rungen oder Steu­er­erhö­hungen doch noch in letzter Minute zurück­ge­zogen werden. Kor­ruption von Amts­trägern wird so gefördert. Zusätzlich sorgen all diese Akti­vi­täten für eine sehr ungleiche Besteuerung und für kost­spielige Inef­fi­zienz in der Wirtschaft.
Sechstens, besteht für Herr­scher der Anreiz, all ihre Abgaben mög­lichst ver­deckt zu erheben, damit die Unter­tanen nicht einmal mit­be­kommen, wie viel Steuern sie wirklich ins­gesamt bezahlen. Sie ver­schleiern die tat­säch­liche Steu­erlast so gut sie können, damit sie erträg­licher erscheint. Darum führen Herr­scher Dinge wie indi­rekte Besteuerung, Sozi­al­ver­si­cherung, Mine­ral­öl­steuer, Lohn­steuer, Umsatz­steuer, Mehr­wert­steuer und so weiter ein. Außerdem sorgen sie dafür, dass das Steu­er­recht so unmöglich kom­pli­ziert ist, dass selbst die Finanz­be­hörden es nicht mehr verstehen.
Nach einer Zeit dreht sich die öffent­liche Debatte nur noch um die Kom­ple­xität des Steu­er­rechts, und nicht mehr um die Besteuerung an sich. Die­je­nigen, die sich für eine Ver­ein­fa­chung des Steu­er­rechts ein­setzen, beteuern oft, dass ihre Vor­schläge gleich­zeitig auch zu Steu­er­sen­kungen führen würden. Das mag durchaus zutreffen, und viel­leicht kolo­ni­sieren Schweine auch eines Tages den Mars; die Herr­scher haben aller­dings kei­nerlei Interesse an einer Ver­ein­fa­chung des Steu­er­rechts, es sei denn, sie würden mehr davon haben – mehr Steu­er­ein­nahmen, mehr Macht oder irgendeine andere Art von Vorteil.
Siebtens, besteht für Herr­scher ein starker Anreiz, die tat­säch­lichen Kosten ihrer Pro­jekte zu unter- und den Nutzen zu über­treiben, und über sie nur in ver­zerrter Art zu berichten oder direkt zu lügen, um die Steu­er­zahler zu über­zeugen, dass sie Steu­er­mittel stets umsichtig und nur für gute Zwecke aus­geben. Falls Kriege geführt werden, ist niemand in der Lage, zu sagen, wie hoch die tat­säch­lichen Kriegs­kosten sind, ohne gleich eine Dok­tor­arbeit über das Thema zu ver­fassen. Die NASA behauptet, die Seg­nungen der Raum­fahrt­pro­gramme „finden sich prak­tisch überall!“, oder sie würden „dem ame­ri­ka­ni­schen Volk wei­terhin einen enormen Nutzen für die inves­tierten Steu­er­mittel liefern“, während stets ver­mieden wird, die geschätzten Kosten von ins­gesamt 173 Mil­li­arden US-Dollar zu erwähnen. Die Wahrheit ist immer ein Opfer der Besteuerungsmacht.
Achtens, ermutigt die Besteue­rungs­macht Herr­scher dazu, Maß­nahmen in Angriff zu nehmen, die schlecht funk­tio­nieren. Oder anders aus­ge­drückt, besteht für sie ein ver­min­derter Anreiz, Steu­er­mittel sinnvoll ein­zu­setzen, weil sie selbst per­sönlich nie die tat­säch­lichen Kosten von Fehl­ent­schei­dungen tragen müssen. Der Quell, aus dem die Mittel dafür gesprudelt sind, ver­siegt schließlich nie. Deshalb sind alle steu­er­fi­nan­zierten Pro­gramme inef­fi­zi­enter als ver­gleichbare, privat finan­zierte Programme.
Als letztes besteht für Herr­scher ein neunter Anreiz – nämlich der, die Besteue­rungs­macht nie auf­zu­geben. Daraus ent­stehen min­destens drei schäd­liche Folgen. Zum einen wird unun­ter­brochen Pro­pa­ganda ver­breitet, um die Besteuerung zu recht­fer­tigen. Herr­scher schreien stets Zeter und Mordio über die nächste dro­hende Gefahr oder das nächste zu lösende Problem. Sie ver­öf­fent­lichen Infor­ma­tionen über drin­gende „Bedürf­nisse“, die natürlich lebens­not­wendig sind: Pro­gramme zur Armuts­be­kämpfung, um den gesell­schaft­lichen Zusam­menhalt nicht zu gefährden und Kri­mi­na­lität und Auf­ständen vor­zu­beugen, Dro­gen­verbote, um Gefahren für die Volks­ge­sundheit abzu­wenden, Sub­ven­tionen, um den Zusam­men­bruch der Lebens­mit­tel­ver­sorgung auf­zu­halten oder kleine Bau­ernhöfe am Leben zu erhalten (die natürlich das Rückgrat der natio­nalen Wirt­schaft bilden), und die Insti­tution der Zen­tral­banken, um kata­stro­phalen Zusam­men­brüchen des Ban­ken­sektors vor­zu­beugen. Im wesent­lichen appel­lieren Herr­scher an die Ängste und Unsi­cher­heiten der Beherrschten, und an ihre tiefen natio­nalen, patrio­ti­schen, reli­giösen oder anderen Gefühle, um ihre Hand­lungen zu rechtfertigen.
Zweitens beschäf­tigen Herr­scher ein Heer an Pro­pa­gan­disten, sowohl innerhalb ihrer Behörden als auch außerhalb, die ihre Bot­schaften ver­breiten und dafür Geld, Gefallen, Zugang oder Ver­gü­tungen anderer Art erhalten, wie zum Bei­spiel Macht und das Gefühl der eigenen Wich­tigkeit. Die per­verse Folge ist eine Kor­rum­pierung der Infor­ma­ti­ons­quellen der Gesellschaft.
Eine dritte Methode, die Besteue­rungs­macht zu erhalten, besteht darin, Kritik an den Herr­schern zu bekämpfen. Sollten Steu­er­re­bellen sich effektiv Gehör ver­schaffen, wäre das von Nachteil für die Herr­scher. Deshalb sorgen sie dafür, dass die Stimmen solcher Rebellen mög­lichst zum Schweigen gebracht werden oder zumindest keine Reich­weite oder Glaub­wür­digkeit erlangen. Tra­gi­scher­weise sind Rede­freiheit und Besteue­rungs­macht unver­einbar, und die Herr­scher werden die Rede­freiheit beschneiden, so gut sie können, egal welche Aus­reden dafür her­halten müssen.
Zusam­men­fassung und Schlussfolgerung
Ziel­ge­richtete Ent­schei­dungen im Rahmen des frei­wil­ligen Ver­haltens nor­maler Men­schen zu treffen, führt nor­ma­ler­weise zu Ver­bes­se­rungen im Leben der Men­schen. Ziel­ge­richtete Ent­schei­dungen der Herr­scher dagegen führen ten­den­ziell zur Zer­störung von Leben, da Herr­scher im eigenen Interesse, und nicht in dem der Steu­er­zahler handeln.
John Mar­shall schrieb 1819: „Die Macht, zu besteuern, beinhaltet die Macht, zu zer­stören.“ Selbst wenn wir das mora­lische Argument, dass Steuern Raub sind, igno­rieren, und die daraus fol­genden Argu­mente, dass Steuern die Men­schen daran hindern, ein glück­liches Leben zu führen und ihre wirt­schaft­lichen Ziele zu erreichen, eben­falls igno­rieren, so müssen wir dennoch fest­stellen, dass die Besteue­rungs­macht zahl­reiche negative Anreize mit sich bringt, die in der Tat zu viel­fäl­tiger Zer­störung führen.
Wir kommen zu fol­gendem Fazit: Hoffen Sie nicht auf Ver­bes­se­rungen durch Aus­tausch der Partei oder der Person an der Macht, denn so lange Herr­scher die Besteue­rungs­macht besitzen, werden sie auch den Staats­ap­parat zum Schaden der Beherrschten ein­setzen. Die Besteue­rungs­macht liefert dem Staats­kraken sein Opfer, nämlich uns. Steuern nähren das Monster, dessen Wachstum alles erwürgt. Steuern, egal ob mit oder ohne Reprä­sen­tation der Steu­er­zahler, sind ein Übel, das für endlose Zer­störung und end­loses Leid sorgt. Wenn wir weise sind, machen wir das Monster unschädlich, in dem wir der Besteue­rungs­macht end­gültig ein Ende setzen.
 


Dieser Artikel erschien auf Deutsch zuerst auf der Web­seite des Ludwig von Mises Institut Deutschland.
Aus dem Eng­li­schen über­setzt von Florian Senne. Der Ori­gi­nal­beitrag mit dem Titel Taxation Isn’t Only Theft, It’s Des­truction ist am 8.12.2016 auf der website des Mises-Institute, Auburn, US Alabama erschienen.
Michael S. Rozeff ist eme­ri­tierter Pro­fessor für Finanz­wirt­schaft an der Uni­ver­sität Buffalo, New York.