Der neue Gesundheitsminister Jens Spahn hat kein leichtes Amt angetreten und musste sofort das Schiff in ungünstigem Wetter übernehmen. Schon am ersten Tag hatte er ein straffes Programm zu absolvieren und wurde überall mit hohen Erwartungen konfrontiert. Nach einem Fachkongress zur Krankenhausfinanzierung geht es direkt in die Höhle des Löwen.
Auf dem Deutschen Pflegetag erwartet ihn ein Berufsstand, der längst nicht nur an seine Grenzen gestoßen ist, sondern sie täglich überschreitet. 17.000 Stellen für Pflegekräfte sind in den deutschen Einrichtungen unbesetzt, 8000 neue Stellen sind von der Politik versprochen. Doch was nützen die achttausend neu versprochenen, wenn die Einrichtungen die 17.000 unbesetzten Stellen gar nicht bestücken können? Die Gründe sind vielfältig. Teils mangelt es den Einrichtungen an Geld, teils gibt es nicht genügend Bewerber. Der Berufszweig ist überdies unattraktiv. Die Bezahlung ist mager, der Stress hoch, die zeitliche Belastung wegen fehlender Kräfte enorm und es fehlt an Ausbildungsstellen.
Selbst, wenn die 17.000 Stellen besetzt werden könnten und die versprochenen 8000 dazu kämen, wäre man erst bei der Mindestbesetzung. Der deutsche Pflegerat erwartet erste eine echte Entspannung, wenn in Krankenhäusern und Pflegeheimen jeweils 50.000 neue Stellen geschaffen werden. Das würde allerdings die finanziellen Möglichkeiten des Gesundheitssystems sprengen.
Eigentlich, so meint Neu-Gesundheitsminister Spahn, gebe es genug Geld im Gesundheitssystem. Man müsse es nur an der richtigen Stelle einsetzen, da denke er vor allem an die Operationssäle, weil die die Geldmaschinen der Krankenhäuser sind. Eine großartige Idee, ganz famos. Zwanzig Operationen am Fließband, aber in der Pflege auf der Station und der Nachsorge ist dann keiner da? Operation gelungen, Patient tot?
Es gibt noch mehr großartige Ideen: „Wir haben zu viele Krankenhäuser“, sagt der Vorstandschef des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch. Sein Vorschlag: Man solle die Bettenzahl reduzieren, ohne gleichzeitig Pflegepersonal abzubauen – und schwupps! Wären die Probleme gelöst. Das würde aber nur funktionieren, wenn die Verminderung der Bettenzahl nur diejenigen Patienten ausschlösse, die das Krankenhaus unter’m Strich netto Geld kosten. Ansonsten führen weniger Betten zu weniger „Kunden“ und zu weniger Einkünften. Dann haben zwar die Pflegekräfte weniger zu tun, aber das Krankenhaus läuft in die Insolvenz und die Schließung.
Vielleicht meint Herr Litsch aber damit auch, ganze Krankenhäuser zu schließen, was ja durchaus zu der Planung passt, nur noch große „medizinische Kompetenzzentren“ mit modulartigen Behandlungsabläufen und ‑Methoden anzustreben. Die kleinen Krankenhäuser in Kleinstädten und auf dem Lande sind da unerwünscht. Beschäftigt man sich mit dem Gesundheitssystem und seinen Hintergründen etwas und beschaut sich die Entwicklung der Krankenhäuser und Pflegekräfte, gewinnt man den Eindruck, dass diese ungute Entwicklung durchaus nicht das Ergebnis von Inkompetenz sein könnte. Das Ganze zeigt Methode.
Schon die vom damaligen Gesundheitsminister Seehofer eingeleitete Reform 1997 wurde damit begründet, dass die deutsche Bevölkerung überaltere, die Gesundheitskosten explodierten und das Gesundheitssystem erodiere. Einsparungen wurden vorgenommen, Leistungen gekürzt. Die niedergelassenen Ärzte mussten Einbußen hinnehmen, und viele kleine, kommunale Krankenhäuser gerieten damals schon in finanzielle Engpässe. Die Kommunen verkaufen seitdem langsam ein Krankenhaus nach dem anderen an große Klinikkonzerne, und können so ihre Haushalte deutlich entlasten.
Es gibt dieser großen Klinikketten vier: Asklepios, Fresenius, Rhönkliniken und Sana. Um einmal einen Eindruck zu vermitteln, um welche Beträge es hier im Klinikbereich geht: Im Jahr 2007 erzielten diese vier Großkonzerne bereits einen GEWINN von 7 Milliarden Euro.
Im Jahr 2016 erwirtschaftete HELIOS allein einen Gewinn von 543 Millionen Euro.
Asklepios erwirtschaftete 2013 45 Millionen Euro.
Interessant auch zu wissen, wer die Eigner der großen Kliniken sind. Anteilseigner des FreseniusKlinikkonzerns sind Blackrock, die Royal Bank of Canada, Goldman Sachs Asset Management LP, Morgan Stanley & Co Inc.
Dabei haben sich die vier Konzerne erst den kleineren Teil der deutschen Krankenhäuser einverleibt. Die Medien berichten aber ständig, dass die Kommunen mehrheitlich vor desaströsen Haushalten stehen und gezwungen sein werden, alle Ausgaben zu streichen, die sich irgendwie kürzen oder abschaffen lassen. Krankenhäuser sind teuer, welch ein Segen, hier noch durch Verkauf vielleicht über das nächste Krisenjahr kommen zu können.
Natürlich wird die Rentabilität der Kliniken hauptsächlich über die Personalkostenreduzierung hergestellt. Haustarife ersetzen die Bundesangestelltentarife und für das übernommene Personal gilt „friß, Vogel, oder stirb!“
Wenn also Gesundheitsminister Spahn nun plötzlich davon spricht, den Pflegeberuf attraktiver zu machen, die Zahl der Ausbildungsplätze erhöhen zu wollen, eine angemessene Bezahlung für diesen Berufsstand anzustreben (natürlich, ohne die Kosten explodieren zu lassen), dann bleibt es entweder bei den Versprechungen, oder er würde die große Linie der bisherigen Gesundsheitspolitik durchbrechen müssen.
Zur Zeit sieht es eher so aus, dass er den Pflegekräften noch mehr Arbeit zumutet. Spahn regt an, dass die Pflegekräfte bestimmte Aufgaben übernehmen sollen, die bisher Ärzten vorbehalten waren.
Wer ein bisschen Einblick in die Abläufe eines Krankenhauses mit Pflegenotstand hat weiß, dass das sowieso schon seit Jahren so gehandhabt wird. Insbesondere an Wochenenden und Feiertagen sind die Stationen oft mehr als dünn besetzt. Nicht selten muss dann eine Schwester plus vielleicht einem Praktikanten zwei ganze Stationen beaufsichtigen und hat nur eine Rufnummer für einen der wenigen Ärzte, die dann überhaupt noch in der Klinik anwesend sind. Dann ist es ganz normaler Brauch, dass Schwestern Injektionen und Infusionen machen, auch mal Schmerzmittel und andere, vom Arzt gar nicht verschriebene Medikamente gibt oder eine Praktikantin, die ein geschicktes Händchen hat, einen Blasenkathether legt und die Infusionen wechselt. Das geschieht all die Jahre schon im juristischen Graubereich und ist eigentlich rechtlich gar nicht zulässig. Der einzige Vorteil, den der gloriose Einfall des Ministers Spahn hätte wäre der, dass diese Pflegekräfte nicht ständig in der Gefahr schwebten, ein Gerichtsverfahren angehängt zu bekommen, sobald etwas schiefgeht.
Der Umbau unseres Gesundheitssystems wird eher noch weiter in die schon eingeschlagene Richtung der „Medizinischen Versorgungszentren“ gehen. Gerade, wenn Minister Spahn davon spricht, die Kosten „nicht explodieren“ lassen zu können, wird an allen Ecken und Enden gespart werden müssen.
Um die Finanzreserven des Gesundheitswesens steht es mit sieben Milliarden Euro zur Zeit noch nicht schlecht, doch dieses Polster schwindet zusehends. Zum einen soll der Beitragssatz zu den gesetzlichen Krankenkassen bis 2022 nicht steigen, zum anderen fallen die, die noch nicht so lange hier leben, dem Gesundheitssystem erheblich zur Last. Allein eine Behandlung wegen Tuberkulose, einer Krankheit, die hier praktisch ausgerottet war und durch die Schutzsuchenden mit Vehemenz zurückkehrt, kosten pro Patient mehrere Zehntausend Euro.
Sollten die Pflegeberufe zukünftig angemessen nach Tarif bezahlt werden müssen, wie Minister Spahn meinte, würde das möglicherweise gerade die kleinen, kommunalen Krankenhäuser noch weiter in die Kostenfalle treiben. Die großen Klinikkonzerne haben damit weniger Probleme, weil sie rein privatwirtschaftlich organisiert sind und die Macht haben, sich den Tarifen zu verweigern.
Die Kommunalpolitiker greifen gern auf Angebote der Klinikketten zu, ein kommunales, die Kassen schwer belastendes Krankenhaus zu übernehmen. Und so erobern die Krankenhauskonzerne nach und nach eine Monopolstellung von Region zu Region, über die sie die Preise der Gesundheitsversorgung diktieren können, und der Patient ist in seiner Versorgung alternativlos auf das „Angebot“ des jeweiligen Konzerns angewiesen.
Restlos klar wird die Stoßrichtung der Gesundheitspolitik unter Spahn, indem er mit Nachdruck auf eine Gesundheitskarte hinarbeitet, die „auch wirklich funktioniert“. Spahn will jetzt endlich das Problem lösen, den Widerstand vieler Mediziner brechen und die technischen Schwierigkeiten beheben. „Ich möchte, dass wir in den nächsten dreieinhalb Jahren das Ding endlich so kriegen, dass Patienten, Ärzte, Pflegekräfte einen Mehrwert spüren, weil es Versorgung besser macht“, versprach Spahn in seiner ersten Rede als Gesundheitsminister. Und natürlich möchte Minister Spahn die „schleppende Digitalisierung im Gesundheitswesen vorantreiben, die Qualitätsüberprüfung der Krankenhäuser verbessern, schlechte Krankenhäuser „vom Netz nehmen“ und die gesundheitliche Versorgung auf dem Land verbessern.
Das sind genau die Ziele und Formulierungen der Agenda, die die Bertelsmann-Stiftung schon seit Jahren zusammen mit dem Bundesgesundheitsministerium und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung verfolgt.
Die Bertelsmann-Stiftung hat sich zur Aufgabe gemacht, die heutige Gesellschaft zu modernisieren, reformieren, zu perfektionieren, um Wohlstand, Toleranz, bessere Welt usw. usw. zu fördern. Wer so viele Mittel für so gute Zwecke einsetzen kann, ist natürlich der beste Berater unserer Bundesregierung. Man richtet Kongresse aus, gründet Organisationen und Diskussionsforen, macht breitangelegte Untersuchungen, kann aufgrund der Expertise in allen Gebieten der Kommunikation auch umfassende Statistiken, demographischen Erhebungen und Unmengen von Fakten bieten. So erhebt der „Gesundheitsmonitor“ ständig neue Befragungsdaten unter Patienten und Ärzten und dient so auch als „Frühwarnsystem“ für die Stimmungslage im Gesundheitssektor. Die werden dann von ausgewählten und namhaften Referenten, die den guten Zielen von Bertelsmann zustimmen und verpflichtet sind, ausgewertet und vermittelt.
Auf der Seite der Initiative „Lobby Control“ werden die Zusammenhänge zwischen Bertelsmann und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erläutert: „Gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsministerium und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) verleiht die Bertelsmann-Stiftung den Deutschen Präventionspreis. Dieser richtet sich an alle Akteure aus dem Sozial- und Gesundheitswesen, die Maßnahmen im Bereich Gesundheitsförderung und Prävention initiieren, finanzieren oder durchführen“. Schirmherrin ist Ex-Gesundheitsministerin Schmidt. Die Direktorin der BZgA, Elisabeth Pott, sitzt gleichzeitig im Kuratorium der Bertelsmann Stiftung.“
Wer aber steckt hinter diesem umfassenden strategischen Umbau unseres Gesundheitssystems in profitable Medizin-Großfabriken, in denen der Patient ein industrieller Wertschöpfungsfaktor ist? Wer plant denn die Übernahme des Kernbereiches einer staatlichen Solidargemeinschaft für Gesundheit und Leben?
Es sind hauptsächlich nur ein paar wenige Personen. Sie heißen Liz Mohn, Ehefrau des verstorbenen Bertelsmann-Bosses Reinhard Mohn und Friede Springer, und sind sehr sympathische und sozial engagierte Menschen. Die Familie Mohn besitzt die Bertelsmann AG und die Bertelsmann Stiftung. Letztere ist gemeinnützig, erstere macht bei einem Konzernumsatz von über 17 Milliarden Euro Gewinne von etwa 10 Milliarden Euro pro Jahr. Die Bertelsmann AG besitzt die RTL-Gruppe, den Gruner+Jahr-Verlag und die international agierende Arvato. Und alle die gehören letztendlich der Familie Mohn.
Und Frau Mohn sitzt beispielsweise im Aufsichtsrat der Rhön-Kliniken, ihre Tochter Brigitte Mohn ist z. B. Vorstandsvorsitzende der Stiftung „Deutsche Schlaganfall-Hilfe“ und innerhalb der Bertelsmann-Stiftung Leiterin „Gesundheit“. Sie selbst ist seit 2006 Eigentümerin eines Aktienpaketes der Rhön-Kliniken.
Ihre Freundin, Frieda Springer, ist Eigentümerin des größten Teils des Springerkonzerns.
Und Frau Merkel ist eine Freundin von allen Dreien.
Ein Bestandteil der ganzen Agenda ist die Gesundheitskarte, für die der neue Gesundheitsminister Jens Spahn so leidenschaftlich plädiert. Dazu muss man wissen, was diese Gesundheitskarte eigentlich ist.
Damit sie, wie Minister Spahn so schön sagte, „auch wirklich funktioniert“, bedarf es eines gläsernernen Patienten, der bis in alle Einzelheiten erfasst und verwaltet wird. Das soll die elektronische Gesundheitskarte leisten. Damit würde die ärztliche Schweigepflicht dann auch noch endgültig zu einem verschrobenen Relikt der Vergangenheit. Der Zugriff Dritter darauf ist möglich und praktisch vorprogrammiert. Wer an solchen Informationen Interesse hat, braucht nicht erläutert zu werden.
Die Bundesregierung hat mit der Entwicklung und Durchführung der elektronischen Gesundheitskarte die Firma Arvato für 1,9 Milliarden Euro betraut. Dieser Arvato/Bertelsmann gehört zusammen mit dem Springer-Konzern und Gruner+Jahr das modernste Druckzentrum Europa: Prinovis, das diese Gesundheitskarte produzieren soll.
Dass Minister Spahn ein Mann der Bilderberger und Globalisten ist, haben dieUnbestechlichen schon dargelegt. Seine jüngsten Äußerungen lassen daran auch keinerlei Zweifel aufkommen. Mit ihm wird das Gesundheitssystem richtig durchstarten in die schöne, neue Weltordnung.
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