Der Auf­stieg des Jens Spahn: Phar­ma­lob­byist – Atlan­tiker — Gesund­heits­mi­nister – Kanzlernachfolger?

Die neue Minis­ter­riege der GroKo hat für viel Spott, Kopf­schütteln und Unver­ständnis gesorgt. Sigmar Gabriel, der sich erst einmal als vor­de­si­gnierter Außen­mi­nister in der „Vor­runde“ gegen Sankt Martin durch­setzen konnte, welcher nun voll­kommen im Unter­grund ver­schwunden ist, hat in der zweiten Runde ver­loren. „Drau­ßenmni­nister“ Gabriel muss seinen Platz für Heiko „Maas­männchen“ Maas räumen, was viele mit Fas­sungs­lo­sigkeit zur Kenntnis nehmen. Als Jus­tiz­mi­nister schon eine Kata­strophe, ist als Außen­mi­nister noch Raum nach oben und das Potential für glo­balen Flur­schaden in Reichweite.
Wer es aber im Dilet­tan­ten­stadel erstaunlich unauf­fällig auf einen tra­di­tionell unter­schätzten Minis­ter­sessel geschafft hat, ist Jens Spahn. Er wird Gesundheitsminister.
Irgendwie hat auch niemand so recht zur Kenntnis genommen, dass der angeblich als „bur­kaphob“ titu­lierte End­drei­ßiger mit dem kan­tigen Gesicht zum letzten Bil­derberg-Treffen ein­ge­laden war. Das Erscheinen eines bis­he­rigen No-Name auf der Ein­la­dungs­liste der Glo­ba­listen ist in der Regel ein Warn­signal dafür, den wei­teren Wer­degang eines Erwählten zu beob­achten. Wenn jemand Unbe­kanntes auf der Liste des Treffens von 130 inter­na­tio­nalen Wel­ten­lenkern und glo­balen Stra­tegen steht — einer Riege der füh­renden Jour­na­listen der Welt, Vor­stands­vor­sit­zender großer Verlage, Spit­zen­po­li­tikern des Globus, Geheim­dienst­leuten, der obersten Etage der Wirt­schafts­größen -, dann hat man dort Pläne mit so einem Newbee.
In der Ber­liner CDU munkelt man bereits, Spahn sei jetzt schon aus­ge­guckt, um auf der Reser­vebank als Kanz­ler­nach­folger auf den Moment zu warten, an dem die Kanz­lerin das Handtuch werfen muss.
Spahns Image als christ­kon­ser­va­tiver, hemds­är­me­ligern, islam­kri­ti­scher Macher wurde spürbar absichtlich auf­gebaut. Er tat sich zu der Zeit auch mehrmals als scharfer Kri­tiker der Kanz­lerin hervor, mit seiner Bemerkung des „Staats­ver­sagens“ der Kanz­lerin auf dem Höhe­punkt der Flücht­lings­krise, besetzte er den Part des Kan­tigen, CSU-Nahen, Kon­ser­va­tiven in der CDU. Er sprach sich gegen die dop­pelte Staats­bür­ger­schaft aus, for­derte öffentlich ein Burka-Verbot oder ein Islam-Gesetz und for­derte die „Inten­si­vierung der Flücht­lings­abwehr“, indem die aus Nord­afrika über das Mit­telmeer ein­drin­genden Flücht­lings­ströme zurück an die afri­ka­nische Küste gebracht werden sollten. Man dachte wohl in den Kreisen der Wel­ten­lenker, die CDU müsse doch wieder ein wenig mehr Schwarz tragen, um die Abwan­derung zur AfD etwas einzubremsen.
Dennoch setzt Frau Dr. Angela Merkel ihn auf einen Minis­ter­posten, und zwar den des Gesund­heits­mi­nisters. So wird er dem Volk schonmal bekannt gemacht, aber niemand richtet all­zuviel Augenmerk auf ihn. Und er ist nicht so sehr in der Feu­er­linie. Auf der Spiel­wiese des Gesund­heits­mi­nis­te­riums kann er nicht nur unge­stört per­sön­liches Profil auf­bauen, er ist überdies in der Phar­ma­branche bereits bestens vernetzt.
Jens Spahn, der Weih­nachten auf Schloss Borbeck in Essen seinen Lebens­partner Daniel Funke hei­ratete, ist seit 2002 mehrfach als direkt gewählter Abge­ord­neter in den Bun­destag gezogen. Zuletzt war er vier Jahre Par­la­men­ta­ri­scher Staats­se­kretär unter Schäuble im Finanz­mi­nis­terium. Er wirkte maß­geblich beim letzten Koali­ti­ons­vertrag mit und ist direkt mit­ver­ant­wortlich für den Reformstau bei der Pflege und der Digi­ta­li­sierung. Der Par­tei­vor­sit­zende der Linken, Bernd Riex­inger, for­mu­lierte bereits den Unmut der Linken: „Als Gesund­heits­mi­nister haben Phar­ma­lobby und der Verband der Pri­vaten Kran­ken­ver­si­che­rungen nun einen dienst­wil­ligen Für­sprecher im Kabinett der großen Koalition.“
In der Tat hatte sich Jens Spahn schon seit einiger Zeit für den Posten des Gesund­heits­mi­nisters ins Ram­pen­licht geschoben, dezent von Big Pharma gefördert. Kein Wunder, er ist ihr Mann: Im Jahr 2006 gründete Jens Spahn zusammen mit einem Freund und Pharma-Lob­by­isten Max Müller und seinem Jugend­freund und Leiter seines Abge­ord­ne­ten­büros, Markus Jasper, eine GbR, welcher wie­derum eine Firma namens „Politas“ gehörte. Der Vorteil einer GbR ist, dass weder Angaben über die Geschäfts­tä­tig­keiten noch über die Gesell­schafter gemacht werden müssen. Daher war lediglich Jasper als Eigen­tümer dieser GbR ein­ge­tragen. Jens Spahn tauchte nicht auf, da er nur eine Min­der­heits­be­tei­ligung von 25% inne­hatte. Die Neben­ver­dienste aus dieser Lob­by­arbeit machte Spahn auch nie öffentlich.
Diese Bera­tungs­agentur bot Kunden aus dem Pharma- und Gesund­heits­sektor Bera­tungs­leis­tungen an. Dabei warb Politas aus­drücklich mit einem guten Draht in den Bun­destag, der wahr­scheinlich Jens Spahn heißt: „Ganz gleich, ob es um eine Anhörung, ein Hin­ter­grund­ge­spräch oder um eine Ple­nar­de­batte geht: Wir sind für Sie dabei.“
Max Müller ist ein her­vor­ragend ver­netzter Lobby-Mann. Er war ab 2008 im Auftrag des Phar­ma­kon­zerns Celesio tätig, wech­selte aber dann bis 2012 zu einem der vier großen Klinik Kon­zerne, den Rhön-Kli­niken. Von 2002 bis 2008 war er Geschäfts­führer der „KPW-Gesell­schaft für Kom­mu­ni­kation in Politik und Wirt­schaft“. In dieser Eigen­schaft küm­merte er sich um die gesell­schaft­lichen Kon­takte der großen Online-Apo­theke „Doc­Morris“ zur Politik. Das war ein kurzer Weg, möchte man meinen. Ab 2008 war auch der zweite Com­pagnon Spahns, Markus Jasper, für die KPW tätig.
Jens Spahns gute Bezie­hungen in die Gesund­heits­branche reichen auch in die oberen Etagen der pri­vaten Kran­ken­kassen. Als im Spät­herbst 2012 die Grünen das Konzept der „Bür­ger­ver­si­cherung“ for­cierten, brachten Jens Spahn und ein CSU-Poli­tiker ein Posi­ti­ons­papier dazu in den Bun­destag ein, das sie 1:1 aus einer Ver­öf­fent­li­chung des Ver­bandes der Pri­vaten Kran­ken­ver­si­che­rungen (PKV) über­nommen hatten. Nicht nur wort­gleiche Texte, Auf­zäh­lungen und Spie­gel­striche, sondern auch die optische Gestaltung war dem Argu­men­ta­ti­ons­papier der PKV ent­nommen.
Das hätte ja noch Faulheit sein können — oder unbe­dacht. Aber Jens Spahn war bis März 2015 noch Vor­sit­zender im „Beirat Gesundheit“ der „Gesell­schaft zum Studium struk­tur­po­li­ti­scher Fragen“. Diese Gesell­schaft bereitet Geset­zes­in­itia­tiven vor, indem sie die ver­schie­denen Player an einen Tisch bringt. Das sind Ver­treter von diversen Ver­bänden, Unter­nehmern und Bera­tungs­ge­sell­schaften aus der Pri­vat­wirt­schaft einer­seits und Abge­ord­neten und Regie­rungs­ver­tretern ande­rer­seits sowie bera­tende Experten und Pro­fes­soren, die den Ver­bänden nahe­stehen. Die PKV ist Mit­glied dieser „Gesell­schaft zum Studium struk­tur­po­li­ti­scher Fragen“. Die Beiräte, wie der „Beirat Gesundheit“, in dem Jens Spahn agierte, regeln und mode­rieren den Infor­ma­tions- und Erfah­rungs­aus­tausch zwi­schen den Poli­tikern und den Ver­tretern der Wirt­schaft. Natürlich ist es für die Ver­bände aus der Pri­vat­wirt­schaft von höchstem Interesse, Ein­fluss auf die Ent­schei­dungen der Politik nehmen zu können, und in den Bei­räten wohl­ge­sonnene Ansprech­partner und Ver­treter der Politik sitzen zu haben.
Die internetz-Zeitung wird deut­licher: „Das Geschäfts­modell des Abge­ord­neten Spahn ist so klug wie anrüchig: Als Poli­tiker ent­wi­ckelte er die neu­esten Gesetze und Reformen im Gesund­heits­be­reich, während sein Kom­pagnon Müller die Kunden aus der Gesund­heits­branche in Echtzeit hätte infor­mieren und beraten können. Ein­fluss und Insi­der­kennt­nisse sind bares Geld für die Groß­kon­zerne. Partner Jasper, Chef zweier Bera­tungs­ge­sell­schaften (Politas und die KPW – Gesell­schaft für Kom­mu­ni­kation und Wirt­schaft), hatte eben­falls Zugang zu den Infor­ma­tionen: Er leitete bis 2006 das Bun­des­tagsbüro des Abge­ord­neten Spahn. Danach arbeitete er in Teilzeit weiter und gleich­zeitig als Lobbyist.“ 
Die Befür­worter einer soli­da­ri­schen Bür­ger­ver­si­cherung sind sich voll­kommen im Klaren darüber, dass dieses Projekt nun im Prinzip eine Beer­digung erster Klasse erfahren wird. Das Medium „The European“ schreibt: „Als gesund­heits­po­li­ti­scher Sprecher der Uni­ons­fraktion war Jens Spahn der Tür­öffner für die Phar­ma­in­dustrie. Als Gesund­heits­mi­nister haben Phar­ma­lobby und der Verband der Pri­vaten Kran­ken­ver­si­che­rungen nun einen dienst­wil­ligen Für­sprecher im Kabinett der Großen Koalition.“
Jens Spahn ist aber auch schon länger in der global-poli­ti­schen Szene ver­netzt, sonst wäre er auch nicht als viel­ver­spre­chender, junger „Global Leader“ bei den Bil­der­bergern auf­ge­taucht. Er ist Mit­glied der „Deut­schen Atlan­ti­schen Gesell­schaft“, eben­falls ein glo­ba­lis­ti­scher, eli­tärer Zirkel, in dem sich hohe Poli­tiker, Militärs, Ver­treter der Rüs­tungs­in­dustrie und ange­glie­derte Jour­na­listen treffen. Eine Art Bil­der­ber­ger­treffen unter NATO-Egide. Nach eigener Aussage sieht die Deutsche Atlan­tische Gesell­schaft ihre Aufgabe darin, „über die deutsche Sicher­heits­po­litik und die Ein­bindung Deutsch­lands in die NATO zu infor­mieren“. Sie ist eng ver­bandelt mit all den anderen Gesell­schaften, die die Ame­ri­kaner als Anker­punkte in Deutschland haben, und die sicher­stellen sollen, dass Deutschland an der ganz kurzen Leine der Ame­ri­kaner deren Inter­essen dient und kei­nes­falls auch nur zwei Zen­ti­meter Leine bekommt, um viel­leicht an der Wurst in der Hand Russ­lands zu schnüffeln. Hier ist unter anderem der deutsche Ableger des ame­ri­ka­ni­schen CFR, das Ame­rican Council on Germany, mit im Boot, zusammen mit seiner Schwes­ter­or­ga­ni­sation Atlantik-Brücke e.V..
Die Atlantik-Brücke sowie die Deutsche Atlan­tische Gesell­schaft geben sich den Anschein, als gehe es hier nur um deutsch-ame­ri­ka­nische Freund­schaft und Ver­stän­digung. Bei näherer Betrachtung sind aber knall­harte Inter­essen die Grundlage für diese ach-so-men­schen­freund­lichen Orga­ni­sa­tionen. Während die deutsche Seite in der Nach­kriegszeit an einem guten Zugang und lukra­tiven Geschäften mit ame­ri­ka­nische Olig­archen inter­es­siert war, waren die USA darauf aus, ihre Inter­essen in dem wirt­schaftlich schnell wieder erstar­kenden Deutschland zu ver­folgen und ins­be­sondere die Wirt­schafts­größen unter Kon­trolle zu halten. Es geht um nichts anderes, als mas­siven, poli­ti­schen Lob­by­ismus und Kon­trolle über das besetzte Deutschland. Die Deutsche Atlan­tische Gesell­schaft, in der Jens Spahn Mit­glied ist, „betreut“ dabei noch in ganz beson­derer Weise die Ein­bettung der deut­schen Politik und Wirt­schaft in die Ziele der NATO.
Nur ein Bei­spiel: Der ange­sehene Jour­nalist und Recher­cheur Ian Traynor ver­öf­fent­lichte im bri­ti­schen Guardian einen Artikel, der in Groß­bri­tannien wie Don­nerhall wirkte, aber in Deutschland voll­kommen uner­wähnt blieb. Traynor legt in seinem Beitrag dar, wie die USA in der Ukraine über Jahre „die Strippen gezogen“ haben, den Kan­di­daten der orangen Revo­lution, Viktor Juscht­schenko, auf­gebaut, seine Wahl­kam­pagne finan­ziert, die Wahl­be­ob­achter und Pro­test­gruppen aus­ge­bildet und am Ende auch noch die fri­sierten Hoch­rech­nungen erstellt haben sollen, die den Vorwurf der Wahl­fäl­schung gegen Juscht­schenko belegen sollten. Die Ein­mi­schungen der USA unter Mit­wirkung der NATO hätten, über weitere Jahre fort­ge­setzt, zu dem eben­falls vom „Westen“ bezahlten Mai­d­an­auf­ständen und dem Mai­dan­mas­saker geführt. Der Mai­d­an­putsch sei von den USA jah­relang mit viel Geld vor­be­reitet worden: „Amerika wollte den Macht­wechsel, denn es wollte Ein­fluss auf die Ukraine gewinnen“. Von fünf Mil­li­arden Dollar für den Auf­stand ist die Rede und von all den Orga­ni­sa­tionen, die darin ver­wi­ckelt waren — von den US-Par­teien über Freedom House und George Soros’ Open Society Stiftung. Orga­ni­siert und durch­ge­führt natürlich wieder von der erprobten Zusam­men­arbeit zwi­schen dem Atlantik-Brücke e.V. und der CIA. 
Das wahre Ziel der ganzen Sache war und ist, die Ukraine in die NATO ein­zu­gliedern, um eine massive, mili­tä­rische Präsenz der USA/NATO direkt vor der Haustür Russ­lands zu instal­lieren, sozu­sagen den bösen Putin direkt in den Gewehrlauf der Ame­ri­kaner gucken zu lassen. Die deut­schen Brü­cken­köpfe der Ame­ri­kaner mischten eifrig mit. So war die Konrad Ade­nauer-Stiftung aktiv in die Maidan-Gescheh­nisse ver­strickt.
Die medialen Kriegs­trommeln beglei­teten die blu­tigen Gescheh­nisse in Kiew. Hier finden wir wieder ein Bei­spiel für die PR-Schüt­zen­hilfe der deut­schen Seite der besagten „Deut­schen Atlan­ti­schen Gesell­schaft“ für die ame­ri­ka­ni­schen Pläne in der Ukraine. Die „Ukraine-Ana­lysen“ für die Medien in Deutschland wurden von der For­schungs­stelle Ost­europa der Uni Bremen und der Deut­schen Gesell­schaft für Ost­eu­ro­pa­kunde (DGO) her­aus­ge­geben. Prä­sident der DGO war der CDU-Abge­ordnete Ruprecht Polenz, der für diese Auf­gaben keine andere Qua­li­fi­kation vor­weisen konnte, als Prä­sident der „Deut­schen Atlan­ti­schen Gesell­schaft“ und im Beirat der „Atlan­ti­schen Initiative“ zu sein. Ent­spre­chend den Pro-NATO-Zielen der Deut­schen Atlan­ti­schen Gesell­schaft fielen denn auch die Ukraine Ana­lysen aus. (Aus: Florian Rötzer, Medien im Krieg: Krise zwi­schen Leit­medien und ihren Rezipienten)
Die Ambi­tionen und die poli­tische Aus­richtung des neuen Shooting Stars der CDU, Jens Spahn, sind auf diesem Hin­ter­grund zu sehen und ein­zu­schätzen. Wenn die trans­at­lan­ti­schen Herren samt Bil­der­berger der Meinung sind, dass Frau Bun­des­kanz­lerin Dr. Angela Merkel ihren Dienst getan und die Bühne für einen neuen Prot­ago­nisten zu räumen hat, wird es mög­li­cher­weise Herr Jens Spahn sein, der dann das Staats­schiff weiter steuert.
Wir wissen, wohin.