Katze und Kuh schützen Bau­ern­kinder vor Asthma

Mikroben auf dem Bau­ernhof schützen Kinder vor Asthma und All­ergien, das ist bekannt. Aber auch nicht-mikro­bielle Moleküle scheinen einen schüt­zenden Effekt zu haben: Immu­no­logen der Uni­ver­sität Zürich zeigen, dass eine Sia­l­in­säure, die in Bau­ern­hof­tieren vor­kommt, gegen Ent­zün­dungen des Lun­gen­ge­webes wirkt. Das öffnet viel­ver­spre­chende Per­spek­tiven für die Allergieprävention. 
Immer mehr Men­schen leiden an All­ergien und Asthma, in den letzten Jahr­zehnten haben diese Krank­heiten in den indus­tria­li­sierten Ländern massiv zuge­nommen. Heute sind rund 30 Prozent der Kinder von min­destens einer All­ergie betroffen – mit Aus­nahme von Bau­ern­kindern. Bei ihnen ver­läuft die Zunahme der Erkran­kungen weniger dra­ma­tisch als bei ihren Kame­raden, die zwar im gleichen Dorf, aber nicht auf einem Bau­ernhof leben. Man weiss, dass Mikroben, die auf Bau­ern­höfen in grös­serer Menge und höherer Diver­sität vor­kommen, die Bau­ern­kinder vor All­ergien und Asthma schützen. Eine nicht hoch hygie­nische Umgebung wirkt positiv auf die Ent­wicklung des Immun­systems, da dieses lernt, auf an sich harmlose Stoffe nicht zu reagieren, wie dies bei einer All­ergie der Fall ist.
Eine Sia­l­in­säure wirkt als Schutz
Offenbar haben aber nicht nur Mikroben einen schüt­zenden Effekt vor Asthma, sondern auch die Tiere auf dem Bau­ernhof: Das Strei­cheln von Katz und Kuh sowie der Schluck Milch direkt ab Hof können eben­falls Asthma vor­beugen, wie das For­schungsteam rund um Remo Frei vom Schwei­ze­ri­schen Institut für All­ergie- und Asth­ma­for­schung der Uni­ver­sität Zürich in Zusam­men­arbeit mit dem Center for Allergy Research and Edu­cation (CK-CARE) in Davos und des Kin­der­spitals St. Gallen zeigt: «Der früh­kind­liche Kontakt zu Tieren und auch der Verzehr von tie­ri­schen Nah­rungs­mitteln scheint die Ent­zün­dungs­re­ak­tionen des Immun­systems zu regu­lieren», so Immu­nologe Frei. Seine Studie zeigt, dass dafür ein nicht-mikro­bieller Stoff, eine Sia­l­in­säure, ver­ant­wortlich ist, die in Wir­bel­tieren – also in vielen Bau­ern­hof­tieren – ver­breitet vor­kommt, im mensch­lichen Orga­nismus jedoch fehlt: die N‑Glykolylneuraminsäure (Neu5Gc).
Anti­körper als Mass für Kontakt mit Bauernhoftieren
Men­schen pro­du­zieren auf­grund einer gene­ti­schen Mutation kein Neu5Gc. Sie können die Sia­l­in­säure aber über Tier­kontakt oder auch über das Essen von tie­ri­schen Lebens­mitteln auf­nehmen und in ihre Gly­ko­pro­teine ein­bauen. Der Kontakt mit Neu5Gc löst im Men­schen eine Anti­kör­per­re­aktion aus, die als Mass für den Kontakt mit Neu5Gc, also für den Kontakt Bau­ern­hof­tieren dienen kann. Die For­schenden um Remo Frei haben die Kon­zen­tra­tionen von Neu5Gc-Anti­körpern in Serum-Proben von Kindern gemessen, die im Rahmen zweier von der EU finan­zierten epi­de­mio­lo­gi­schen Studien (PAR­SIFAL- und PASTURE-Studie) gesammelt worden waren.
Daten von über tausend Kindern verglichen
Der Ver­gleich der Neu5Gc-Anti­körper-Kon­zen­tra­tionen von über tausend Kindern und dem Vor­kommen von Asthma zeigte ein­deutig: «Bau­ern­kinder wiesen viel mehr Anti­körper gegen Neu5Gc im Blut auf – und Kinder mit mehr Anti­körper litten wesentlich sel­tener an Asthma», so Frei. Die positive Wirkung der Sia­l­in­säure Neu5Gc auf die Atemwege wurde am Maus­modell bestätigt: Über die Nahrung auf­ge­nommene Neu5Gc-Moleküle ver­bes­serten die Lun­gen­funktion der Mäuse und redu­zierten somit die Sym­ptome von Asthma.
 


Quelle: Uni Zürich / Schweizer Mor­genpost