Frank­reich: Auf­stieg und Fall von Emmanuel Macron

  • Das fran­zö­sische Jus­tiz­mi­nis­terium ist nicht unab­hängig von der Regierung; kein Richter wird ver­suchen, mehr über den Macron-Skandal zu erfahren. Es wird keine gründ­liche und tief­grei­fende Unter­su­chung statt­finden. Die fran­zö­si­schen Medien werden weit­gehend von der Regierung sub­ven­tio­niert und sind nicht unab­hän­giger von der Regierung als das Justizministerium.
  • Selbst die­je­nigen fran­zö­si­schen Medien, die nicht vom Staat finan­ziert werden, zen­su­rieren, was sie berichten, weil sie von Unter­nehmen unter­stützt werden, die von Regie­rungs­auf­trägen abhängig sind. Kein fran­zö­si­scher Jour­nalist wird ver­suchen, irgend etwas herauszufinden.
  • Der Ökonom Charles Gave nutzte kürzlich sta­tis­tische Daten, um zu zeigen, dass die nicht-mus­li­mische Bevöl­kerung Frank­reichs in 40 Jahren eine Min­derheit sein könnte, wenn sich nichts ändert. Er fügte hinzu: “Was im 10. und 11. Jahr­hundert mit Spanien oder Klein­asien geschah, wird im 21. Jahr­hundert mit Sicherheit auch mit Europa geschehen”.
Als Emmanuel Macron im Mai 2017 zum Prä­si­denten Frank­reichs gewählt wurde, wurde er als ein Reformer prä­sen­tiert, der alles in Frank­reich und darüber hinaus ver­ändern würde.
Vierzehn Monate später sind die Illu­sionen weg. Die durch­ge­führten Reformen waren im Wesent­lichen kos­me­ti­scher Natur und haben den skl­ero­ti­schen Nie­dergang Frank­reichs nicht gebremst. Das Wirt­schafts­wachstum ist nahe Null: 0,2 Prozent im zweiten Quartal 2018. Die Arbeits­lo­sigkeit ist mit rund 8,9% wei­terhin hoch. Die fran­zö­si­schen Staats­aus­gaben in Prozent des BIP sind mit 56,4% immer noch die höchsten in Europa. Das Land ist immer noch häufig durch Streiks im öffent­lichen Verkehr gelähmt. No-go-Zonen breiten sich weiter aus, und Macron selbst gab kürzlich seine Hilf­lo­sigkeit zu, indem er eine “all­ge­meine Mobi­li­sierung” der Bevöl­kerung for­derte. Unruhen sind häufig; öffent­liche Groß­ver­an­stal­tungen führen zu Plün­de­rungen und Brand­stiftung. In der Nacht nach dem Sieg der fran­zö­si­schen Mann­schaft bei der Fuß­ball­welt­meis­ter­schaft schlugen Hun­derte von Schlägern, die sich unter die Fei­ernden mischten, Fenster ein, zer­störten Banken und Geld­au­to­maten, zer­störten Stra­ßen­schilder und ver­brannten Autos.
Da die meisten wirt­schaft­lichen Akti­vi­täten in Frank­reich im Juli und August unter­brochen werden, könnte Macron gedacht haben, dass er eine Som­mer­pause genießen könnte. Konnte er nicht.
Am 19. Juli ver­öf­fent­lichte die Tages­zeitung Le Monde ein Video vom 1. Mai, das einen Mann in einem Poli­zeihelm zeigt, der zwei Men­schen im Zentrum von Paris brutal atta­ckiert. Eine Beschreibung, die das Video begleitet, erklärt, dass der gewalt­tätige Mann “Alex­andre Benalla, ver­ant­wortlich für die Sicherheit des Staats­ober­hauptes” war.
Benalla war in der Tat Macrons per­sön­licher Leib­wächter. Er schützte Macron zu jeder Zeit, auch bei pri­vaten Aus­flügen in ein Ski­gebiet oder am Strand. Es wurden Doku­mente ver­öf­fent­licht, aus denen her­vorgeht, dass Benalla sich als “stell­ver­tre­tender Stabschef des Prä­si­denten” ausgab; sein Name erschien jedoch nie auf einer offi­zi­ellen Mit­ar­bei­ter­liste. Benalla erhielt auch eine geheime Sicher­heits­freigabe ohne ersicht­lichen Grund, und obwohl er die Prüfung zum Gen­darme nicht bestand, erhielt er auf magische Weise den Titel des Oberst­leut­nants der Gen­dar­merie — den gleichen Titel wie Arnaud Bel­trame, ein Held mit mehr als zwei Jahr­zehnten bei­spiel­haftem Dienst, gekrönt durch den Aus­tausch gegen eine Frau, die von einem isla­mi­schen Ter­ro­risten als Geisel gehalten wurde, der Bel­trame dann die Kehle aufschlitzte.
Benalla genoss alle mög­lichen Ver­güns­ti­gungen, von einem Auto mit Chauffeur bis zu einer 2.000 Qua­drat­meter großen Wohnung in einem präch­tigen Staats­ge­bäude. Er wurde auch für einen kürz­lichen Unfall mit Fah­rer­flucht nicht straf­rechtlich verfolgt.
Macrons poli­tische Gegner, links und rechts, for­derten eine par­la­men­ta­rische Unter­su­chungs­kom­mission. Der Innen­mi­nister sagte, er sei sich des Angriffs vom 1. Mai bewusst, fügte aber hinzu, dass er den Namen Benalla nur durch die Zei­tungen erfahren habe. Der Pariser Poli­zeichef sprach von “unge­sunden Freund­schaften”, wei­gerte sich aber, Ein­zel­heiten zu nennen. Der Gene­ral­se­kretär der Haupt­ge­werk­schaft der Poli­zei­be­amten (SGP Police FO) redete laut von der Anwe­senheit von zwie­lich­tigen Sicher­heits­kräften im Umfeld des Prä­si­denten, die “außerhalb jeder recht­lichen Kon­trolle” agieren und mit Mit­gliedern der offi­zi­ellen Schutz­dienste zusammenprallen.
Macron blieb sechs Tage lang still. Dann sagte er bei einem pri­vaten Treffen mit Par­la­men­ta­riern und Ministern seiner Partei, dass er die Ver­ant­wortung für die Benalla-Affäre “über­nimmt”. Gleich­zeitig beschul­digte er die Medien und sagte: “Wir haben eine Presse, die nicht mehr die Wahrheit sucht… Was ich sehe, ist Medi­en­macht, die Justiz werden will.”
Es schien, als wollte er die Kri­tiker ein­schüchtern und zum Schweigen bringen. Das ist ihm nicht gelungen.
Die Wut seiner Gegner ver­stärkte sich nur noch. Sie nannten Macrons Reaktion auf den Skandal belei­digend und unan­ge­bracht. Sie bestanden darauf, dass viele Details seltsam aus­sahen und dass eine gründ­liche Unter­su­chung uner­lässlich sei. Ein riva­li­sie­render Poli­tiker sprach von einem Anstieg des Skandals auf “die Stufe von Watergate”.
Doch das Jus­tiz­mi­nis­terium in Frank­reich ist nicht unab­hängig von der Regierung; kein Richter wird ver­suchen, mehr zu erfahren. Es wird keine gründ­liche und tief­grei­fende Unter­su­chung statt­finden. Die fran­zö­si­schen Medien werden weit­gehend von der Regierung sub­ven­tio­niert und sind nicht unab­hän­giger als das Jus­tiz­mi­nis­terium. Selbst die­je­nigen Medien, die nicht vom Staat finan­ziert werden, zen­sieren, was sie berichten, weil sie von Unter­nehmengestützt werden, die von Regie­rungs­auf­trägen abhängig sind. Kein fran­zö­si­scher Jour­nalist wird ver­suchen, irgend etwas herauszufinden.
Da die fran­zö­sische Ver­fassung keine Amts­ent­hebung vor­sieht, genießen die fran­zö­si­schen Prä­si­denten nahezu voll­ständige Immu­nität.
Macron weiß, dass seine Vor­gänger trotz vieler Skandale an der Macht bleiben konnten. Charles de Gaulle schuf eine höchst frag­würdige Miliz, die dreißig Jahre lang exis­tierte: den SAC (Service Action Civic). François Mit­terrand löste den SAC auf, nachdem mehrere seiner Mit­glieder an einem blu­tigen Mord in der Nähe von Mar­seille beteiligt waren. Mit­terand schuf dann eine “Counter-Intelligence”-Einheit, die im Élysée [Prä­si­dent­schafts­palast] ange­siedelt war, um die­je­nigen ein­zu­schüchtern, die die Existenz seiner ver­steckten zweiten Familie offen­baren könnten. Im Jahr 2005, neun Jahre nach Mit­ter­rands Tod, wurden Mit­glieder der Einheit vor Gericht ange­klagt wegen ille­galen Abhörens während der Prä­si­dent­schaft von Mit­terrand. Erst 2011, vier Jahre nach Abschluss seiner zweiten Amtszeit, wurde Jacques Chirac wegen Fehl­leitens öffent­licher Gelder und Miss­brauchs des öffent­lichen Ver­trauens während seiner Prä­si­dent­schaft zu einer milden zwei­jäh­rigen Bewäh­rungs­strafe verurteilt.
Der Kolumnist Ivan Rifoul beschrieb Macrons Sieg in einem kürzlich erschie­nenen Buch als “Mas­kerade”, die von “Sozia­listen im Nie­dergang”, “EU-Appa­rat­schiks”, Anhängern der Isla­mi­sierung Europas und Kapi­ta­listen-Kum­panen orga­ni­siert wurde.
Macron bleibt Prä­sident. Er wird dennoch ein redu­zierter Prä­sident sein. Macron gab vor, eine “vor­bild­liche Republik” zu ver­körpern; das wird er nicht mehr können.
Während Macron zuvor seine poli­ti­schen Gegner mar­gi­na­li­sieren konnte, scheinen diese Zeiten vorbei zu sein. Seine Gegner haben bereits das Fehlen von Ergeb­nissen seiner Wirt­schafts­po­litik kri­ti­siert — leichte Steu­er­sen­kungen, aber viele neue Rege­lungen und kleine Ände­rungen in einem sehr starren Arbeits­gesetz — sowie seine schwache Reaktion auf den Anstieg bei Ein­brüchenAuto­dieb­stählenVer­ge­wal­ti­gungen und sozialen Unruhen.
Jetzt werden alle Ent­schei­dungen von Macron mit Argwohn behandelt und gna­denlos kon­trol­liert. Er hat bereits eine Ver­fas­sungs­reform ver­schoben, die die Macht des Prä­si­denten (also seine eigene) stärken sollte. Andere Pro­jekte, die er begonnen hat — wie Mas­sen­ent­las­sungen bei Staats­an­ge­stellten und Vor­ru­he­stands­re­ge­lungen und die Reform der Arbeits­lo­sen­ver­si­cherung — werden wahr­scheinlich auf­ge­geben werden. Seine Zustim­mungs­raten sinken.
Der Nie­dergang Frank­reichs geht weiter.
Vor kurzem brach ein gewalt­tä­tiger Kampf aus zwi­schen Bewohnern von Calais und ille­galen Migranten, die in einem rie­sigen Slum-Camp leben — Heimat von etwa 6.000 Migranten -, den die Reporter “Dschungel von Calais” nennen. Die Regierung hat viele Male ver­sprochen, sich um die Situation zu kümmern, doch sie hat das Problem nicht gelöst. Inzwi­schen ist Calais mit seinen 75.000 Ein­wohnern eine desolate Stadt: Die Haus­preise sind zusam­men­ge­brochen, Geschäfte und Restau­rants haben ihre Türen geschlossen, und die Men­schen ziehen weg.
Im Mai ver­öf­fent­lichten einige Abge­ordnete einen Bericht über die Lage im Pariser Vorort Seine Saint Denis. Dem Bericht zufolge bestehen 20% der Bevöl­kerung des Gebiets aus Men­schen, die denen des “Dschungels von Calais” ähnlich sind; Hun­derte von Unter­nehmen stehen kurz vor dem Bankrott und die Polizei ist zu ver­ängstigt, um effektive Arbeit zu leisten.
Die gleiche Situation besteht in anderen Teilen des Landes. In Nizza, an der fran­zö­si­schen Riviera, sowie in der Nähe der Porte de La Cha­pelle, innerhalb von Paris, kam es kürzlich zu Unruhen zwi­schen mus­li­mi­schen Banden.
Der demo­gra­fische Wandel in der fran­zö­si­schen Bevöl­kerung, der vor einigen Jahr­zehnten begonnen hat, lässt nicht nach. Vor einigen Monaten hat der Ökonom Charles Gave anhand sta­tis­ti­scher Daten gezeigt, dass die nicht-mus­li­mische Bevöl­kerung Frank­reichs in 40 Jahren eine Min­derheit sein könnte, wenn sich nichts ändert. Er fügte hinzu: “Was im 10. und 11. Jahr­hundert mit Spanien oder Klein­asien geschah, wird im 21. Jahr­hundert mit Sicherheit auch mit Europa geschehen”.
Umfragen zeigen, dass, wenn jetzt eine Prä­si­dent­schaftswahl statt­finden würde, kein anderer fran­zö­si­scher Poli­tiker Macron ersetzen könnte, obwohl Macron in der ersten Runde der Wahl von 2017 nur 23,8% der Stimmen gewann. Die Mehrheit der­je­nigen, die in der zweiten Runde für ihn stimmten, schien mehr gegen seine Gegner als für Macron zu stimmen. Er hatte nie populäre Unterstützung.
Was den Rest des Kon­ti­nents betrifft, so ist Macron einer der Haupt­ver­tei­digereines mul­ti­kul­tu­rellen, post­na­tio­nalen, post­de­mo­kra­ti­schen und post­christ­lichen Europas. Eine wach­sende Zahl von Euro­päern sieht in diesem Trend die Zer­störung ihrer eigenen Zivi­li­sation und hat für Führer gestimmt, die sich dagegen wehren.
Poli­tiker, die die gleiche Vision von Europa wie Macron unter­stützen, wurden in den letzten Monaten von der poli­ti­schen Bühne ver­drängt oder auf schwan­kende Posi­tionen redu­ziert. Der Ita­liener Matteo Renzi wurde bei den Wahlen 2018 schwer geschlagen. Bun­des­kanz­lerin Angela Merkel, die einst als “die mäch­tigste Füh­rerin Europas” bezeichnet wurde, überlebt jetzt nur noch, weil sie Maß­nahmen zur Begrenzung der wei­teren Zuwan­derung nach Deutschland zuge­stimmt hat.
Macron fällt viel­leicht nicht so abrupt wie Renzi, aber seine Position sieht im Moment so prekär aus wie die von Merkel.
Füh­rungs­kräfte, die Wider­stand gegen den post­na­tio­nalen Mul­ti­kul­tu­ra­lismus ver­körpern, sind dagegen auf dem Vor­marsch. Der unga­rische Prä­sident Viktor Orbán hat im April die Wahl gewonnen und ist derzeit zum dritten Mal in Folge im Amt. Er hatte sich für die Ver­tei­digung der jüdisch-christ­lichen Wurzeln Europas, für die nationale Sou­ve­rä­nität und gegen die mus­li­mische Ein­wan­derung ein­ge­setzt. Öster­reichs neuer Bun­des­kanzler Sebastian Kurz hat ein ähn­liches Pro­gramm wie Orbán. Auch die pol­nische und die tsche­chische Regierung haben ähn­liche Posi­tionen wie Kurz und Orbán. Matteo Salvini, Vor­sit­zender der Liga (eine Anti-Mas­sen­mi­gra­ti­ons­partei), ist jetzt Innen­mi­nister und stell­ver­tre­tender Minis­ter­prä­sident Italiens.
Macron liess kürzlich ver­lauten, was er von “Popu­listen” wie Orbán, Kurz und Salvini hält: “eine Lepra in ganz Europa” und for­derte die Europäer auf, sie zu “bekämpfen”.

Quelle: Gatestone Institute — Dr. Guy Mil­lière, ein Pro­fessor an der Uni­ver­sität von Paris, ist der Autor von 27 Büchern über Frank­reich und Europa.