Von Roger Letsch — Ein halbes Jahr noch, dann braucht man für eine Reise nach London wieder ein Visum – schade, ist aber nun mal so! Die Berichte, die Häme, das süffisante Grinsen, die in deutschen Medien über die stockende Austrittsverhandlungen Großbritanniens und die verhärteten Positionen der EU zu lesen sind, nehmen deshalb aber gerade erst richtig Fahrt auf. Man hofft auf ein Wunder, das Wunder vom Exit vom Brexit und eine britische Regierung, die reumütig zurück in den etatistischen Schoß der EU kriecht. Das wird zwar nicht passieren, aber die Konfliktfelder, die der Spiegel gerade entdeckt, sind schon sehr abenteuerlich – und vor allem sehr weit weg! Anguilla, ein kleines karibisches Überseegebiet der Briten in der Karibik macht den Sturmgeschütz-Kanonieren Sorgen! Trouble in Paradiese! Anguilla könnte abgeschnitten werden von der europäischen Zivilisation, wenn es nicht mehr über den kurzen Seeweg verbunden wäre mit den französischen und holländischen Überseegebieten St. Martin und Sint Maarten, den unmittelbaren europäischen Insel-Nachbarn in der Karibik. Was wäre, wenn der Flughafen auf der Nachbarinsel den Touristen von Anguilla versperrt bliebe? Anders herum könnte man fragen, was aus dem Flughafen würde, wenn er nicht auch Touristen nach Anguilla schaufeln könnte? Haben solche Medaillen nicht immer zwei Seiten und steht tatsächlich in Stein gemeißelt, dass eine EU-Außengrenze für ihre Anrainer prinzipiell ein unüberwindliches bürokratisches Hindernis darstellen muss?
Auch stellt sich die Frage, wer eine solche Isolation will und warum es so kommen sollte, wo doch offensichtlich niemand etwas davon hätte? Kommt hier etwa von Seiten der EU weiteres Erpressungspotenzial ins Spiel? Muss es wirklich so sein, dass es zwischen der EU und ihren Nachbarn in der Welt eine alternativlos „harte Tür“ gibt, von wegen „keine Rosinenpickerei“ und so? Die gern verwendete Metapher vom „Brücken bauen” scheint gerade in den Brexit-Verhandlungen aus den Hirnen der Brüsseler Bürokraten und deutscher Journalisten wie weggeblasen zu sein. Und wer um alles in der Welt mag eigentlich Rosinen?
Von Suriname lernen, wie man Grenzen ignoriert
Schauen wir doch mal knapp tausend Seemeilen südsüdöstlich von Anguilla an einer anderen EU-Außengrenze nach, nämlich einer französischen! Ja, die EU hat in der Tat Außengrenzen in Südamerika: Die von Französisch-Guyana zu Brasilien und zu Suriname, letztere verläuft über etwa 300 km entlang des Flusses Maroni. Eine recht lange EU-Außengrenze, die noch dazu eine sehr sehr lockere ist, also im Grunde nicht wirklich existiert. Jedenfalls nicht für die Menschen, die dort auf beiden Seiten des Flusses leben. Es findet problemlos Handel und Austausch statt, man lebt teils innerhalb der EU, teils außerhalb der EU, aber immer ohne die EU. Nun ist Suriname sicher ein Land, dass jede Reise wert ist, aber man muss sich schon fragen, warum zwischen EU-Franzosen in Guyana und Nicht-EU-Surinamern solch ein unkompliziertes Verhältnis möglich sein kann, aber künftig zwischen den Bewohnern des britischen Anguilla und den EU-Holländern und EU-Franzosen der Insel des heiligen Martin zukünftig eine „harte Tür“ errichtet werden muss, wo diese Länder doch auch in Europa direkte Nachbarn auf dem kurzem Seeweg sind? Will da etwa jemand Mauern in den Köpfen errichten, wo bislang kunterbunte Völkerverständigung regiert?
Liebe Unterhändler in Brüssel und liebe Spiegel-Schreiberlinge, findet ihr diese Eskalation und das Herbeiwünschen neuer Brexit-Probleme nicht selbst ein wenig scheinheilig?
PS: Wer mir nicht glaubt, der schaue sich diese Folge der Weltumsegler der „SV Delos“ auf YouTube an, die waren nämlich genau wie die Einwohner vor Ort ganz ohne Schwierigkeiten oder Zollformalitäten an der EU-Außengrenze zwischen Französisch-Guyana und Suriname unterwegs. Informeller Freihandel ohne Handelsabkommen gewissermaßen und beste empirisch-liberale Tradition. Ich hoffe nur, die EU bekommt nicht Wind von den Zuständen dort… es wäre sicher zum Schaden für das Leben der Menschen. Den Briten jedoch könnte ein Hinweis auf die praktische Ausgestaltung europäischer Gesetzestafeln etwas Zucker in den Tee geben.
Auch stellt sich die Frage, wer eine solche Isolation will und warum es so kommen sollte, wo doch offensichtlich niemand etwas davon hätte? Kommt hier etwa von Seiten der EU weiteres Erpressungspotenzial ins Spiel? Muss es wirklich so sein, dass es zwischen der EU und ihren Nachbarn in der Welt eine alternativlos „harte Tür“ gibt, von wegen „keine Rosinenpickerei“ und so? Die gern verwendete Metapher vom „Brücken bauen” scheint gerade in den Brexit-Verhandlungen aus den Hirnen der Brüsseler Bürokraten und deutscher Journalisten wie weggeblasen zu sein. Und wer um alles in der Welt mag eigentlich Rosinen?
Von Suriname lernen, wie man Grenzen ignoriert
Schauen wir doch mal knapp tausend Seemeilen südsüdöstlich von Anguilla an einer anderen EU-Außengrenze nach, nämlich einer französischen! Ja, die EU hat in der Tat Außengrenzen in Südamerika: Die von Französisch-Guyana zu Brasilien und zu Suriname, letztere verläuft über etwa 300 km entlang des Flusses Maroni. Eine recht lange EU-Außengrenze, die noch dazu eine sehr sehr lockere ist, also im Grunde nicht wirklich existiert. Jedenfalls nicht für die Menschen, die dort auf beiden Seiten des Flusses leben. Es findet problemlos Handel und Austausch statt, man lebt teils innerhalb der EU, teils außerhalb der EU, aber immer ohne die EU. Nun ist Suriname sicher ein Land, dass jede Reise wert ist, aber man muss sich schon fragen, warum zwischen EU-Franzosen in Guyana und Nicht-EU-Surinamern solch ein unkompliziertes Verhältnis möglich sein kann, aber künftig zwischen den Bewohnern des britischen Anguilla und den EU-Holländern und EU-Franzosen der Insel des heiligen Martin zukünftig eine „harte Tür“ errichtet werden muss, wo diese Länder doch auch in Europa direkte Nachbarn auf dem kurzem Seeweg sind? Will da etwa jemand Mauern in den Köpfen errichten, wo bislang kunterbunte Völkerverständigung regiert?
Liebe Unterhändler in Brüssel und liebe Spiegel-Schreiberlinge, findet ihr diese Eskalation und das Herbeiwünschen neuer Brexit-Probleme nicht selbst ein wenig scheinheilig?
PS: Wer mir nicht glaubt, der schaue sich diese Folge der Weltumsegler der „SV Delos“ auf YouTube an, die waren nämlich genau wie die Einwohner vor Ort ganz ohne Schwierigkeiten oder Zollformalitäten an der EU-Außengrenze zwischen Französisch-Guyana und Suriname unterwegs. Informeller Freihandel ohne Handelsabkommen gewissermaßen und beste empirisch-liberale Tradition. Ich hoffe nur, die EU bekommt nicht Wind von den Zuständen dort… es wäre sicher zum Schaden für das Leben der Menschen. Den Briten jedoch könnte ein Hinweis auf die praktische Ausgestaltung europäischer Gesetzestafeln etwas Zucker in den Tee geben.
Roger Letsch — unbesorgt.de