„Durch unsere Familie zieht ein deut­licher Riss“

Von ELLI R. | Liebe PI-NEWS-Redaktion, auf die Frage nach dem Weih­nachtsfest kann ich nicht ant­worten, weil mein Mann und ich uns poli­tisch einig sind und alleine feiern. Ich schreibe Ihnen dennoch, denn durch unsere Familie zieht ein deut­licher Riss, der von den unter­schied­lichen poli­ti­schen Ansichten herrührt.
Sichtbar wurde dieser Riss vor ungefähr sechs oder acht Jahren, als ich einer meiner Schwestern ver­se­hentlich ein Video zu einem alter­na­tiven Gesund­heits­thema schickte, über das wir uns zuvor unter­halten hatten. Was ich damals nicht wusste war, dass nach dem Gesund­heits­vortrag auf dem Video noch eine poli­tisch absolut unkor­rekte Mei­nungs­äu­ßerung des Vor­tra­genden zu hören gewesen war. Seither, das ist jetzt kein Witz, spricht meine Schwester nicht mehr mit mir.
Natürlich fallen solche Zwiste nicht vom Baum. Ich weiß schon seit vielen Jahren, dass meine Schwester stramm linksgrün ori­en­tiert ist. Wie die Grünen häufig so sind, hat auch sie uns immer auf ihre über­legene mora­lische Haltung hin­ge­wiesen und mich, immerhin die Ältere, des öfteren abge­watscht, wenn ich ein paar boden­ständige Ansichten zu poli­tisch unkor­rekten Themen äußerte.
Das hatte zur Folge, dass ich aus purer Feigheit – früher nannte ich es Fried­fer­tigkeit – stets eine Art gedank­lichen Eiertanz auf­führte, um nur ja die Har­monie zu wahren und nicht weiter anzu­ecken. Meine jün­geren Brüder – ich bin die Älteste von sieben Kindern – wurden von eben dieser Schwester mehr oder weniger erzie­he­risch begleitet und blasen eini­ger­maßen in das­selbe Horn, aller­dings nicht so gnadenlos.
Ja, sie hatte es damals zu Zeiten der 68er, als die jün­geren Brüder gerade im begin­nenden Teen­ager­alter waren, sogar geschafft, unsere zuvor unpo­li­ti­schen Eltern auf die grüne Linie zu hieven. Der Wer­degang meines poli­tisch eher unin­ter­es­sierten Vaters als ein­facher Soldat in Afrika wurde so lange durch­gekaut, bis aus ihm eine Art geis­tiger Wider­stands­kämpfer wurde, das war gerade modern damals.
Besagter Vorfall mit dem Video rüt­telte mich endlich wach und for­derte meine Ent­scheidung ab. Ich schrieb ihr also einen Brief, dass ich mich als Patriotin betrachte, mein Vaterland liebe und jede weitere Ver­mei­dungs­haltung ab sofort sein lasse. Natürlich wollte ich ihr noch die Hand reichen, denn aus meiner Sicht gibt es eine Menge Ver­bin­dendes zwi­schen uns, da hätten wir die Politik einfach aus­klammern können. Nein, das wollte sie nicht, frei nach dem Motto „und willst du nicht mein Bruder sein, so schlag ich dir den Schädel ein.“
Meine sons­tigen Geschwister sind eher gut­mütige Gebrauchs­linke; wenn eine blöde Bemerkung kommt, sage ich lediglich, dass ich schon lange nicht mehr mis­sio­niere, Punkt. Damit können wir gut mit­ein­ander aus­kommen, aber der Kontakt zu besagter Schwester ist seither abge­brochen, noch nicht einmal auf der Beer­digung eines Bruders konnte sie mir die Hand reichen.
Sehr viele Leute sind so ängstlich, wie ich es jah­relang auch gewesen bin. Sie trauen sich nicht, ihre ehr­liche Meinung zu sagen, und das gibt genau den Leuten Auf­trieb, die sich mit ihrer Über­moral auf der Gewin­ner­seite sehen. Ich hoffe, dass noch mehr Leute ihr Rückgrat wie­der­finden und fürchte, das wird ent­scheidend für unser Über­leben sein.


Quelle: Pi-News