Erdogan besucht Putin: Frie­dens­ge­spräche für Syrien in Moskau

von Thomas Röper
Diese Woche findet ein Treffen zwi­schen Putin und Erdogan in Moskau statt. Es geht um die Zukunft Syriens nach der Ankün­digung Trumps, sich aus Syrien zurück­ziehen zu wollen. Aber anstatt sich über die Aus­sicht auf Frieden für Syrien zu freuen, heult die deutsche Presse auf, weil die USA bei der Zukunfts­planung keine Rolle mehr spielen.
Schon die Über­schrift im Spiegel sagt alles: „Putin und Erdogan schachern um Syrien“. Würden die USA die Ver­hand­lungen führen, wäre die Über­schrift wohl „Frie­dens­ge­spräche zu Syrien“. Aber worum geht es eigentlich?
Die Inter­essen der Türkei und Russ­lands sind gar nicht so weit aus­ein­ander. Ursprünglich wollte Erdogan zwar, dass Assad gestürzt wird und die Türkei wollte Teile Nord­sy­riens besetzen, aber inzwi­schen hat die Rea­lität Erdogan ein­geholt. Heute geht es Erdogan darum, den Zufluss von Waffen und Kämpfern der Kurden in die Türkei zu stoppen, wo Erdogan einen blu­tigen Krieg gegen die kur­dische PKK führt. Und die YPG der syri­schen Kurden steht der PKK zumindest sehr nahe.
Russland will Syrien als Staat erhalten. Auch Assad soll nach Russ­lands Willen an der Macht bleiben, denn er ist ein treuer Ver­bün­deter der Russen. Russland geht es dabei wohl weniger um die Person Assads, als darum, Syrien als Ver­bün­deten zu erhalten.
Die Türkei hat bereits Teile Nord­sy­riens besetzt und im Nord­osten, in der Region Idlib, ist der Kon­flikt derzeit ein­ge­froren, nachdem sich die Türkei und Russland im Sep­tember über eine Dees­ka­la­ti­onszone geeinigt haben. Der Waf­fen­still­stand ist dort zwar brüchig, aber eine große Offensive ist bis auf wei­teres ausgeblieben.
Nun geht es um den Osten Syriens, wo die Kurden derzeit die Macht haben und bisher von US-Truppen unter­stützt wurden, die Trump nun abziehen will. Nach der Ankün­digung des Abzuges der USA haben sich Kurden bereits an Assad und Putin gewandt, mit der Bitte um Schutz vor der Türkei. Und die syrische Armee ist auf Ein­ladung der Kurden bereits in eine nord­sy­rische Stadt ein­ge­rückt. Das lässt auf eine Einigung im syri­schen Kon­flikt hoffen, wenn die Kurden sich den Frie­dens­ge­sprächen anschließen.
Es ist nun also an Putin, Erdogan die Sicher­heits­ga­rantien zu geben, die er braucht, um von einer eigenen Invasion in Syrien abzu­sehen. Da die Kurden eine Offensive der über­le­genen tür­ki­schen Armee fürchten, dürften sie zu weit­rei­chenden Zuge­ständ­nissen bereit sein.
Die Gespräche in Moskau heute dürften daher nicht allzu schwierig werden, zumal Putin Erdogan an sein Ent­ge­gen­kommen in Idlib erinnern kann. Nun wird es wohl an Erdogan sein, Putin ein wenig entgegenzukommen.
Möglich ist auch, dass bei dieser Gele­genheit das Thema Idlib noch einmal auf den Tisch kommt, denn selbst die west­lichen Medien räumen ein, dass dort Al-Kaida-Ableger immer mäch­tiger werden. Es geht um die Al-Nusra-Front, eine Al-Kaida-Tochter, die sich inzwi­schen Hayat Tahrir al-Sham (HTS) nennt. Russland hat immer klar gemacht, dass der Status Quo in Idlib nur vor­rü­ber­ge­hender Natur ist, da Russland will, dass auch dieser Teil Syriens irgendwann wieder unter die Kon­trolle der syri­schen Zen­tral­re­gierung kommt. Außerdem spricht sich Russland immer wieder dagegen aus, dass sich Idlib zu einem sicheren Hafen für Ter­ro­risten ent­wi­ckelt und genau das kann man dort derzeit beobachten.
Bleibt abzu­warten, worauf sich Putin und Erdogan am Ende einigen und ob sie heute schon eine Einigung finden. Außerdem ist es noch kei­nes­falls sicher, dass sich die USA tat­sächlich aus Syrien zurück­ziehen. Moskau jeden­falls ist da sehr skep­tisch und betont immer wieder, dass man das erst glaubt, wenn es tat­sächlich pas­siert. Die Ter­ror­an­schläge der letzten Tage auf US-Truppen in Syrien sind jeden­falls Wasser auf die Mühlen derer, die in Washington gegen einen US-Abzug sind. Und es wäre nicht das erste Mal, dass Trump eine Ankün­digung auch wieder zurücknimmt.
Nachtrag: Bei dem Treffen von Putin und Erdogan scheint es keine Ent­scheidung über die kur­di­schen Gebiete in Syrien gegeben zu haben, zumindest wurde nichts Kon­kretes berichtet. In den State­ments der beiden vor der Presse wurde nur in all­ge­meinen Worten die Koope­ration zwi­schen den Ländern beim Thema Syrien gelobt.


Quelle: Anti­spiegel