Grenz­werte bei Lun­gen­ärzten umstritten

In diversen deut­schen Städten drohen Fahr­verbote. Jetzt melden sich immer mehr Ärzte zu Wort. Sie bezweifeln die gesund­heit­liche Relevanz der aktu­ellen Grenz­werte für Stick­oxide und Fein­staub. Vor allem die wis­sen­schaft­liche Methodik steht heftig in der Kritik. Lesen sie hier die offi­zielle Stel­lung­nahme der Lungenfachärzte.
“Stel­lung­nahme zur Gesundheitsgefährdung durch umwelt­be­dingte Luft­ver­schmutzung, ins­be­sondere Fein­staub und Stick­stoff­ver­bin­dungen (NOx).
Nach Daten der WHO und der EU redu­ziert sich die Lebens­er­wartung in Deutschland durch die Luft­ver­schmutzung um etwa zehn Monate. Nimmt man die aktuelle Studie im Auftrag des Umwelt­bun­des­amtes zum NOx dazu, so erhöht sich die Zahl nochmals. Daraus sollen, auch von Wis­sen­schaftlern und dem Umwelt­bun­desamt durch die Bevölkerungszahl und Lebens­alter hoch­ge­rechnet, beim NOx 6.000–13.000 und beim Fein­staub 60.000–80.000 zusätzliche Sterbefälle im Jahr entstehen.
Nun stirbt etwa die gleiche Anzahl an Men­schen in Deutschland im Jahr an Ziga­ret­ten­rauch bedingtem Lun­gen­krebs und COPD. Lungenärzte sehen in ihren Praxen und Kli­niken diese Todesfälle an COPD und Lun­gen­krebs täglich; jedoch Tote durch Fein­staub und NOx, auch bei sorgfältiger Ana­mnese, nie. Bei der hohen Mortalität müsste das Phänomen zumindest als asso­zia­tiver Faktor bei den Lun­gen­er­kran­kungen irgendwo auffallen.
Es ist sehr wahr­scheinlich, dass die wis­sen­schaft­lichen Daten, die zu diesen scheinbar hohen Todes­zahlen führen, einen sys­te­ma­ti­schen Fehler ent­halten. Eine genauere Analyse der Daten zeigt, dass diese extrem ein­seitig inter­pre­tiert wurden, immer mit der Ziel­vor­stellung, dass Fein­staub und NOx schädlich sein müssen. Andere Inter­pre­ta­tionen der Daten sind aber möglich, wenn nicht viel wahrscheinlicher.
1. Kor­re­lation und Kausalität: Viele Studien zur Gefährdung von Luft­ver­schmutzung begründen sich auf epi­de­mio­lo­gische Daten mit ähnlichem Muster (meist Kohor­ten­studien). Es werden Regionen ver­glichen mit unter­schied­licher Staub- bzw. NOx- Belastung. Man findet mehr oder weniger regelhaft eine sehr geringe Risikoerhöhung in staub­be­las­teten Gebieten, meistens nur um einige Prozent. Aus dieser Kor­re­lation wird fälschlicherweise eine Kausalität sug­ge­riert, obwohl es viel offen­sicht­li­chere Erklärungen für die Unter­schiede gibt. Kor­re­la­tionen dienen nur der Hypo­the­sen­bildung, sie sind nie konfirmatorisch.
2. Störfaktoren (Con­founder): Die Krankheitshäufigkeit und die Lebens­er­wartung werden durch zahl­reiche Fak­toren bestimmt, wie Rauchen, Alko­hol­konsum, körperliche Bewegung, medi­zi­nische Betreuung, Einnahmezuverlässigkeit von Medi­ka­menten usw. Alle diese Fak­toren wirken meist hun­dertfach stärker als der Risikoerhöhung durch die Luft­ver­schmutzung in den Kohor­ten­studien zuzu­ordnen ist. Zudem ist die Störgrößenverteilung zwi­schen den Gruppen oft sehr unter­schiedlich. Ein soge­nanntes Adjus­tieren der Einflüsse in den Studien durch Fragebögen ist des­wegen wis­sen­schafts­me­tho­do­lo­gisch nicht zulässig. Zudem können Lebensstil und Gesund­heits­be­wusstsein nicht erfasst werden, obwohl sie erheblich die Mortalität bestimmen. Es ist offen­sichtlich und auch durch Studien belegt, dass die Lebensart zwi­schen den unter­schiedlich belas­teten Regionen deutlich abweicht.
3. Schwel­lenwert und Toxizitätsmuster: Viele der epi­de­mio­lo­gi­schen Studien zur Luft­ver­schmutzung zeigen keinen Schwel­lenwert. Das wird in den Studien dahin­gehend inter­pre­tiert, dass es sich um eine besonders große Gefährdung handelt. Nun hat jedes Gift, auch das Stärkste, eine Schwel­len­dosis. Es ist daher viel plau­sibler, dass alle diese Studien eine kon­stante Störgröße (Bias) messen, denn eine solche Störgröße hat meist keinen Schwel­lenwert. Allein die unter­schied­liche Lebensart der Men­schen, die in staub­be­las­teten im Ver­gleich zu weniger staub­be­las­teten Gebieten wohnen, würde einen solchen feh­lenden Schwel­lenwert zwanglos erklären, denn die Änderungen der Lebens­weise ver­laufen kontinuierlich.
Die epi­de­mio­lo­gi­schen Studien zeigen auch, dass Fein­staub und NOx zu mehr als zwei Dutzend von­ein­ander sehr ver­schie­denen bunten Krank­heits­bildern führen soll, die prak­tisch alle Fach­ge­biete der Medizin betreffen. Wenn nun aber die Luft­ver­schmutzung so gefährlich wäre, so müsste sie ein typi­sches Ver­gif­tungs­muster ver­ur­sachen, wie es für jedes Gift mehr oder weniger typisch ist. Das völlige Fehlen dieses Musters spricht gegen eine Gefährdung und für Störfaktoren. Zudem gibt es überhaupt keine plau­siblen patho­phy­sio­lo­gi­schen Hypo­thesen, wie die Luft­ver­schmutzung diese vielen unter­schied­lichsten Erkran­kungen ver­ur­sachen soll.
Fal­si­fi­kation: Das stärkste Argument gegen die extrem ein­seitige Aus­wertung der Studien ist jedoch eine Beson­derheit, die nur beim Fein­staub und NOx vor­liegt. Nor­ma­ler­weise müsste man zur Absi­cherung eines Grenz­wert­be­reiches eine Expo­si­ti­ons­studie am Men­schen durchführen mit höheren und nied­ri­geren Dosen. Das ist ethisch jedoch nicht ver­tretbar. Beim Fein­staub und NOx ist die Situation anders, denn die Raucher Inha­lieren frei­willig außer­or­dentlich hohe Dosen, so dass diese quasi frei­willig an einer rie­sigen Expo­si­ti­ons­studie teilnehmen.
Die Kon­zen­tration an Fein­staub im Haupt­strom des Ziga­ret­ten­rauches erreicht tatsächlich 100–500 g/m3 und ist damit bis zur 1 Million Mal größer als der Grenzwert. Beim NOx werden bis zu 1g/m3 erreicht, wobei der NO-Anteil überwiegt. Aus Depo­si­ti­ons­studien kann man die inha­lierte Dosis der Raucher berechnen und mit der Dosis der Gesunden ver­gleichen, die per­manent Fein­staub oder NOx im Grenz­wert­be­reich ein­atmen würden. Dabei erreichen Raucher (eine Packung/Tag ange­nommen) in weniger als zwei Monaten die Fein­staub­dosis, die sonst ein 80-jähriger Nicht­raucher im Leben ein­atmen würde. Beim NOx sind die Unter­schiede ähnlich, wenn auch etwas geringer. Hinzu kommt noch, dass der Rauch einer Ziga­rette um mehrere Größenordnungen toxi­scher ist, als die Luftverschmutzung.
Rauchen verkürzt die Lebens­er­wartung etwa um zehn Jahre, wenn über 40–50 Jahre eine Packung/Tag geraucht wird. Würde die Luft­ver­schmutzung ein solches Risiko dar­stellen und ent­spre­chend hohe Todes­zahlen gene­rieren, so müssten die meisten Raucher nach wenigen Monaten alle ver­sterben, was offen­sichtlich nicht der Fall ist.
Die hier vor­ge­stellten Kri­tik­punkte mögen überraschend sein, ange­sichts der großen Infor­ma­ti­onsflut über die Gefährlichkeit von Fein­staub und NOx, in den Publi­ka­ti­ons­or­ganen, den Medien und in staat­lichen Ver­laut­ba­rungen. Alle diese Infor­ma­tionen stammen im Wesent­lichen aus der gleichen Quelle und beziehen sich damit auf die gleichen Inhalte, die oben kri­ti­siert werden.
Natürlich ist es auch das Ziel der Autoren, die Maß­nahmen zur Schad­stoff­ver­meidung zu fördern. Jedoch sehen sie derzeit keine wis­sen­schaft­liche Begründung für die aktu­ellen Grenz­werte für Fein­staub und NOx. Sie fordern daher eine Neu­be­wertung der wis­sen­schaft­lichen Studien durch unabhängige Forscher.
Die oben angeführten Kri­tik­punkte sind so gra­vierend, dass im Sinne der Güterabwägung sogar die Rechts­vor­schrift für die aktu­ellen Grenz­werte aus­ge­setzt werden sollte.
Dieser Beitrag soll der Ver­sach­li­chung der Dis­kussion dienen. Er ent­schuldigt natürlich nicht die unver­ant­wort­lichen Mani­pu­la­tionen von Teilen der Auto­in­dustrie bzgl. des Schadstoffausstoßes.
Gerne sind wir bereit, jede der ein­zelnen Aus­sagen näher mit Lite­ratur zu belegen.”


Quelle: Lun­gen­ärzte im Netz / The European