Es bahnt sich der nächste Medienskandal an. Wie Meedia mitteilte, steht ein weiterer preisgekrönter Journalist vor seiner Enttarnung als Lügenbaron. Aus Rücksicht darauf, dass sich der mehrfach ausgezeichnete Journalist (u.a. Henri Nannen Preis und Medienpreis) bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert hat, verzichtet Meedia noch auf die Nennung seines Namens. Ein Beitrag von Max Erdinger.
Der freischaffende Journalist ist dem Vernehmen nach aber sehr gut im Geschäft gewesen. Aufgeflogen ist der Mann mit einer Geschichte für das SZ-Magazin der Süddeutschen Zeitung. Der Sachverhalt ist derselbe wie bei Claas Relotius, dem Lügenbaron des Monats Dezember, oder, wenn man so will, dem weihnachtlichen Sargnagel des SPIEGEL.
Die Protagonistin einer seiner Geschichten, die im Januar hätte in Druck gehen sollen, war frei erfunden. Als er darauf angesprochen wurde, habe er zugegeben, dass Zweifel an seiner Geschichte berechtigt seien. Er hatte den Auftrag erhalten, zum Thema Beziehungen zu schreiben – und prompt geliefert.
„SPIEGEL“ ERNEUT HEREINGEFALLEN?
Das zieht nun wieder Kreise. Der Mann war gut im Geschäft – und deshalb klingeln jetzt auch beim SPIEGEL wieder die Alarmglocken. Und bei der Süddeutschen Zeitung. Und bei der ZEIT. Meedia spricht lustigerweise immer noch von „Qualitätsmedien“, die dem Luftikus aufgesessen sein sollen. Kein Mensch weiß, wie Meedia auf das schmale Qualitätsbrett kommt. Jedenfalls wurden sämtliche anderen Redaktionen, für die der Mann gearbeitet hat, schnellstens informiert.
Beim SPIEGEL und bei der ZEIT würden seine Texte derzeit noch geprüft, heißt es. Beim SPIEGEL befasst sich erneut die sogenannte DOK damit, jenes Aushängeschild des SPIEGEL, das er seit Dezember nicht mehr so gern raushängen lässt. Vorsichtshalber werden die DOK-Ergebnisse erst einmal an den Blattmacher Clemens Höges und den Nachrichtenchef Stefan Weigel weitergereicht. Die Beiden sind allerweil noch mit der Aufarbeitung der Relotius-Recherchen beschäftigt.
Aus SPIEGEL-Kreisen wurde bekannt, dass circa 20 Veröffentlichungen des Autors einer neuerlichen Überprüfung unterzogen werden. Bislang habe man aber keine verdächtigen Unregelmäßigkeiten entdeckt. Der größte Teil seiner SPON-Veröffentlichungen habe zudem aus Übernahmen eines anderen Mediums bestanden. Welches dieses andere Medium gewesen ist, schreibt Meedia nicht.
SACHLICHE FEHLER UND UNGENAUIGKEITEN IN DER SCHILDERUNG
Der Autor war zudem recht erfolgreich mit Geschichten aus der Ich-Perspektive, die naturgemäß schwer auf ihren faktischen Gehalt hin zu überprüfen sind. Eine Sprecherin der ZEIT-Verlagsgruppe räumt ein, dass bisher in einem der Texte sachliche Fehler und Ungenauigkeiten in der Schilderung aufgefallen seien. Eine abschließende Bewertung samt möglicher Konsequenzen stehe daher noch aus. Das SZ-Magazin hat aber die Zusammenarbeit mit dem Mann bereits beendet.
Wie das alles zusammenpasst! Im Dezember die Relotius-Nummer, dieser Tage die ARD-Framing-story – und jetzt das. Man wird wohl nicht umhin kommen, zukünftig das Wort „Qualitätsmedium“ mit Schweinescheiße zu bewerfen, und das Wort „Lügenpresse“ mit Blattgold zu überziehen.
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