In Venezuela rückt die Entscheidung im Machtkampf näher. Es wird im Westen nicht berichtet, aber der Stichtag ist der 23. Februar. Es wird sich also bald entscheiden, wie es in Venezuela weitergeht.
(Von Thomas Röper)
Der Putsch von Guaido findet nicht genug Anhänger im Land. Zwar haben die meisten westlichen Staaten ihn anerkannt, aber weder scheint er in Venezuela ausreichend Anhänger zu haben, um wirkliche Großkundgebungen oder gar einen Volksaufstand in Gang zu setzen, noch steht das Militär hinter ihm.
Was im Westen kaum jemand weiß, in Venezuela aber jeder, ist, dass der Stichtag der 23. Februar ist. Guaido beruft sich ja auf die Verfassung, wenn er sich als „Übergangspräsident“ bezeichnet. Laut der Verfassung muss es in einem solchen Fall nach 30 Tagen Neuwahlen geben, der Stichtag wäre also der 23. Februar. Dass Guaido dabei die Verfassung schon gebrochen hat, weil er als Parlamentspräsident gar nicht das Recht hat, sich in dieser Situation als Übergangspräsident ausrufen zu lassen, sei nur nebenbei erwähnt. Wenn der Westen, inklusive Deutschland, ihn trotzdem anerkennt und unterstützt, dann unterstützt man also jemanden, der sich gemäß Verfassung illegal an die Macht bringen will. Das nennt man übrigens Putsch. Im Klartext: Deutschland unterstützt einen Putschisten.
Ob die deutschen Medien über den 23. Februar als Stichtag nicht berichten, weil die „unerwartete Eskalation“ des Konfliktes dann die deutschen Leser besonders überraschen und schockieren soll, oder weil man dann Maduro für die Eskalation verantwortlich machen will, obwohl es sein Gegner Guaido ist, der hier unter Zeitdruck steht, weiß ich nicht. Sollte es jedoch in den nächsten Tagen zu der Eskalation kommen, werden wir es ja sehen.
Guaido kennt die Verfassung und daher hat er angekündigt, dass die „humanitäre Hilfe“ aus den USA am 23. Februar ins Land kommen soll. Und zwar „in jedem Fall“.
Nun ist es kein Geheimnis, dass in der kolumbianischen Stadt Cucuta neben der „humanitären Hilfe“ der USA auch US-Truppen bereitstehen. Da die Grenze dort geschlossen ist, müssten dann wohl US-Truppen die „Hilfe“ gewaltsam nach Venezuela bringen. Ein weiterer „humanitärer Krieg“ droht.
Übrigens wird in den Medien der Eindruck vermittelt, Maduro hätte die Grenze geschlossen. Das ist Unsinn, denn die Grenze dort war nie geöffnet. Die neue Grenzbrücke wurde 2016 fertiggestellt, aber Kolumbien (nicht Venezuela) hat sich geweigert, die Grenze dort zu öffnen, weil man illegale Einwanderer aus Venezuela fürchtete. Das nur am Rande. Trotzdem steht im Spiegel heute wieder: „Hunderte Tonnen Hilfsgüter liegen in der kolumbianischen Grenzstadt Cúcuta bereit. Doch Machthaber Maduro lässt die Brücke nach Venezuela blockieren und das Volk leiden.“
Ich habe vor einigen Tagen über das Standardwerk über Kriegspropaganda berichtet, dies ist wieder so ein Fall. In dem Buch sind die 10 Regeln der Kriegspropaganda definiert worden. Der Spiegel schafft es hier in nur zwei Sätzen, gleich die Punkte zwei bis fünf unterzubringen, als vier der zehn Regeln für Kriegspropaganda.
In dem Spiegel-Artikel ging es um eine Rede Trumps, in der er dem venezolanischen Militär offen drohte: „US-Präsident Donald Trump hat sich mit eindringlichen Worten an die Militärs in Venezuela gewandt. Er drohte mit drastischen Folgen, falls sie den umstrittenen Staatschef Nicolás Maduro weiter unterstützen. „Wenn ihr euch für diesen Weg entscheidet, werdet ihr keinen sicheren Hafen finden und keinen Ausweg. Ihr werdet alles verlieren“, sagte Trump bei einer Rede.„
Dass Präsident Maduro, der in meinen Augen völlig zu Recht, diese Rede als Rede „im Geiste der Nazis“ bezeichnete, steht hingegen nicht im Spiegel.
Natürlich geht es im Spiegel wieder nicht ohne einen Hinweis auf die humanitäre Lage in Venezuela: „In Venezuela herrscht seit Jahren eine gravierende Versorgungskrise, obwohl das Land über die weltgrößten Ölvorkommen verfügt. Mehr als 2,3 Millionen Einwohner flohen bereits aus dem Land. Dort fehlt es an Medikamenten, Lebensmitteln und anderen Artikeln des täglichen Bedarfs.”
Das mag stimmen, auch wenn es Meldungen gibt, dass das übertrieben ist, aber was der Spiegel nicht erwähnt, ist, dass diese Krise von den USA geschaffen wurde, die mit jahrelangen Sanktionen Venezuela von seinem Einkommen aus dem Öl abgeschnitten haben. In den letzten Jahren haben die US-Sanktionen das kleine Land 350 Milliarden gekostet, da ist es kein Wunder, dass es heute Probleme gibt.
Und was im Spiegel auch nicht erwähnt wird, ist, dass der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages die Unterstützung Guaidos als Bruch des Völkerrechts eingestuft hat. Die Bundesregierung bricht also gerade das Völkerrecht, aber niemand beim Spiegel oder den deutschen Medien generell nimmt daran Anstoß.
Zum Schluss noch eine Information von der russischen Nachrichtenagentur TASS. Dort wurde eine Karte veröffentlicht (siehe am Ende des Artikels), die zeigt, welche Länder welche Partei in Venezuela unterstützen. Da im Westen ja gerne von „russischer Propaganda“ gesprochen wird, will ich hieran mal aufzeigen, wie unfähig die „russischen Propagandisten“ offensichtlich sind.
Man muss wissen, dass der amtierende Präsident in Venezuela Maduro ist. Es gibt nun Länder, die den Putschisten Guaido anerkennen, die sind auf der Karte hellblau gefärbt. Dunkelblau sind Länder, die Guaido zwar nicht anerkennen, aber zumindest irgendwie mit ihm sympathisieren. Orange sind Länder, die sich offen hinter Maduro gestellt haben. Was aber ist mit den weißen Ländern? Die haben sich nicht geäußert. Das bedeutet aber, dass sie weiterhin stillschweigend mit dem bisherigen Präsidenten Maduro zusammenarbeiten, er war und ist der Präsident. Wer das anders sieht und Guaido mag, der muss sich ja erstmal gegen den bisherigen Präsidenten und für Guaido aussprechen.
Ich hätte dies auf der Karte mit dem Kommentar vermerkt, dass die weißen Länder sich zu dem Konflikt nicht geäußert haben und daher weiterhin mit Maduro zusammenarbeiten. Dort sind schließlich venezolanische Botschaften und Diplomaten, die in den Ländern aktiv sind, zu den jeweiligen Regierungen Kontakte haben und weiterhin dort akkreditiert und anerkannt sind, obwohl sie zu Maduro stehen.
Die „russischen Propagandisten“ haben das übersehen — schwache Leistung. Aber das beobachte ich immer wieder, die russischen Medien berichten über internationale Themen hochkorrekt, manchmal zu korrekt, wie dieses Beispiel in meinen Augen zeigt. Aber dazu kann wie immer jeder seine eigene Meinung haben.
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru