Chaos und Kla­ge­wellen bei der Durch­setzung der 16 Spielhallengesetze

Glücks­spiel ist Sache der Länder. Über einen ein­heit­lichen Glücks­spiel­staats­vertrag konnten sich die Län­der­re­gie­rungen seit nun mehr als zehn Jahren nicht einigen. Die Spiel­hal­len­ge­setze der ein­zelnen Länder weichen bei den Restrik­tionen für die Betreiber erheblich von­ein­ander ab. Viele dieser Restrik­tionen bieten Spielraum für Klagen, weil sie ver­fas­sungs­widrig sind. Zudem sind die Kon­trollen der Ord­nungs­ämter auf­grund von feh­lendem Per­sonal lax. Es herrscht Chaos bei der Umsetzung der Spielhallengesetze.
Berlin greift hart durch, Baden-Würt­temberg so gut wie gar nicht
Von den ehemals 584 Ber­liner Spiel­hallen mussten bis Ende 2017 schon mehr als 100 schließen. Bis auf 250 soll die Anzahl der Glücks­spiel­stätten zurück­gehen. Einer der Initia­toren des strengen Ber­liner Spiel­hal­len­ge­setzes ist der SPD-Poli­tiker Daniel Buchholz. Das strengste Spiel­hal­len­gesetz Deutsch­lands umfasst unter anderem fol­gende Punkte:

  • nur noch eine Spiel­halle pro Gebäude
  • Min­dest­ab­stand von 500 Metern zur nächsten Halle
  • Min­dest­ab­stand zu Schulen 200 Meter
  • Buß­gelder bei Ver­stößen von 50.000 auf 500.000 Euro erhöht
  • ver­pflich­tende Teil­nahme für alle Spiel­hallen am lan­des­weiten Sperrsystem
  • Verbot von Auto­maten zur Bar­geld­ab­hebung in Spielhallen

Den Spiel­hallen in Stuttgart und im übrigen Ländle geht es dagegen kaum an den Kragen. Nur ver­einzelt mussten seit 2017 in Baden-Würt­temberg Spiel­hallen schließen. Gründe sind die Klagen vieler Betreiber. Mehrere hundert Ver­fahren sind aktuell im Bun­desland anhängig. Deutsch­landweit sind es sogar etwa 3000. Laut Gesetz müssten allein in Stuttgart etwa 90 der 100 Spiel­hallen in Stuttgart die Betriebs­er­laubnis ent­zogen werden.
Die Kom­munen sind über­fordert und fürchten zudem um finan­zielle Ver­luste in ihren Haus­halten. Spiel­hal­len­be­treiber zahlen durch Ver­gnü­gungs­steuer, Gewer­be­steuer, Umsatz­steuer sowie die Lohn­steuer der Ange­stellten jährlich immerhin Mil­lionen Euro in die Haus­halts­kasse der Kommunen.
Hessen kippt Mindestabstandsregelung
In Hessen wie­derum sind Min­dest­ab­stands­for­de­rungen zwi­schen Spiel­hallen nun auch laut Rich­ter­spruch nicht mehr zulässig. Im Gegensatz zu Berlin beträgt der in Hessen gefor­derte Min­dest­ab­stand nur 300 Meter. Aber auch diese sind nach einem unan­fecht­baren Beschluss des Hes­si­schen Ver­wal­tungs­ge­richts­hofes (VGH) in Kassel nicht zulässig. Dies gilt aller­dings nur bei Betreibern unter­schied­licher Unternehmen.
Im dem Urteil zugrunde lie­genden Ver­fahren klagte ein Spiel­hal­len­be­treiber aus Wies­baden gegen die Schließung zweier von ihm betrie­benen Spiel­hallen. Als Begründung nannte die Stadt den Betrieb einer Spiel­stätte eines anderen Unter­nehmens, die nur 150 Meter ent­fernt läge, was dem Min­dest­ab­stand von 300 Metern wider­spräche. Aus­wahl­kri­terien wie die Qua­lität der Betriebs­führung, der Abstand zu Jugend­ein­rich­tungen und das Umfeld des Spiel­hal­len­ortes sprächen für den Konkurrenzanbieter.
Der VGH Hessen bewertete jedoch die Bestim­mungen als nicht ver­fas­sungs­rechtlich bezüglich der Anfor­de­rungen an ein Aus­wahl­ver­fahren. Deshalb dürfen diese Aus­wahl­kri­terien in Hessen nicht zur Anwendung kommen.
Schließung von Spiel­hallen per Los­ent­scheid in Niedersachsen
Die Lan­des­re­gierung in Nie­der­sachsen machte sich erst gar nicht die Arbeit, Aus­wahl­kri­terien zu erstellen, wenn zwei unter­schied­liche Unter­nehmen innerhalb des gefor­derten Min­dest­ab­stands von 100 Metern Spiel­stätten betreiben. Hier wollte man einfach per Los ent­scheiden, welche Spiel­halle geschlossen werden muss.
Das Nie­der­säch­sische Ober­ver­wal­tungs­ge­richt (OVG) hat die Schließung von Spiel­hallen per Los­ent­scheid untersagt und für die Auswahl zwi­schen kon­kur­rie­renden Betreibern sogar ein Gesetz gefordert.
Auto­ma­ten­wirt­schaft fordert Ver­ein­fa­chung auf 5 Regeln
Die Auto­ma­ten­wirt­schaft hat sich als Ver­treter des sta­tio­nären gewerb­lichen Geld­spiels auch zu Wort gemeldet. Sie fordert ein Ende des Chaos durch bun­desweit ein­heit­liche Rege­lungen sowie die gesetz­liche Ver­an­kerung ein­heit­licher Systeme zur Zugangs­kon­trolle. Demnach sollen lediglich die fol­genden fünf Regeln für Spiel­hal­len­be­treiber gelten:

  • Zutritt erst ab 18 Jahren
  • Verbot des Aus­schanks von Alkohol
  • Geschultes Per­sonal
  • Spie­ler­schutz muss gegeben sein
  • gesetz­liche Ver­an­kerung von Zer­ti­fi­zie­rungen zur Qua­lität der Spielgeräte

Aktuell läuft eine Kam­pagne der Auto­ma­ten­wirt­schaft, für die der Fuß­ball­spieler Bastian Schwein­steiger als Tes­ti­monial gewonnen werden konnte.
Fazit – Bereitet dem Chaos ein Ende
Glücks­spiel in Deutschland ist seit Jahren voll von Wider­sprüchen, Fehl­an­reizen und Geset­zes­lücken. Während Spiel­au­to­maten in Spiel­hallen ver­teufelt werden, werden staat­liche Glücks­spiele wie Lotto fleißig beworben. Es wird Zeit, zu bemerken, dass alle poli­ti­schen Maß­nahmen bisher in die falsche Richtung gesteuert haben. Gefragt ist eine neue Regu­lierung der gesamten Branche, die für alle Bun­des­länder Gül­tigkeit besitzt, Glücks­spiel­be­treiber zufrieden stellt und mit EU-Recht ver­einbar ist. Ob und wann es zu einer für beide Seiten ver­nünf­tigen Regel kommt, steht aber in den Sternen.