Die Ver­brechen des Westens gegen ver­folgte Min­der­heiten im Nahen Osten

von Judith Bergman

  • Der einzige Kom­mentar, der immer wieder wie­derholt wird, ist das Recht der ISIS-Ter­ro­risten, in den Westen zurück­zu­kehren, weil sie zufällig im Besitz einer west­lichen Staats­bür­ger­schaft sind. Die wahren Opfer waren die vielen Men­schen, die von ISIS-Ter­ro­risten gerne frei­willig ver­ge­waltigt, gefoltert, ent­hauptet, ertränkt, bei leben­digem Leib ver­brannt, gekreuzigt und aus sport­lichen Gründen erschossen worden waren. Doch der Horror dieser Opfer — Jes­siden, Christen, Drusen und die “falsche Art” von Mus­limen — wird in öffent­lichen Debatten über die Rückkehr von ISIS-Kämpfern kaum erwähnt.
  • Das Problem besteht darin, dass die­selben Ver­treter der poli­ti­schen Insti­tu­tionen nicht im Ent­fern­testen ähn­liche Sorgen — wenn über­haupt — um die wirk­lichen Opfer der ISIS-Ter­ro­risten gezeigt haben; diese scheinen völlig ver­gessen worden zu sein.
  • In der gesamten west­lichen Welt zeigen die poli­ti­schen und medialen Klassen täglich, dass sie so tun, als ob ihnen Men­schen­rechte wichtig wären, während sie ver­folgte Min­der­heiten — dar­unter viele mus­li­mische Frauen — im Stich lassen. Es ist längst über­fällig, dass alle damit beginnen, dieses Posieren als den mora­li­schen Nar­zissmus zu benennen, der es ist, und von ihren Poli­tikern und den eta­blierten Medien, die scheinbar nicht müde werden, ihr Enga­gement für die Men­schen­rechte zu ver­künden, zu ver­langen, dass sie anfangen, den unzäh­ligen tat­säch­lichen Opfern, die darauf warten, dass ihnen geholfen wird, etwas zu liefern.

Die Debatte in West­europa über die Rechte der zurück­keh­renden Ter­ro­risten des isla­mi­schen Staates (ISIS) spiegelt eine beun­ru­hi­gende Stimmung wider: Es scheint eine große Sorge um das Wohl­ergehen der Men­schen zu bestehen, die beschlossen haben, ihre Heimat- oder Adop­tiv­länder zu ver­lassen, um ISIS die Treue zu schwören, deren Anhänger einige der grau­samsten Ver­brechen dieses oder jedes Jahr­hun­derts begangen haben.
Nachdem die von den USA unter­stützten Streit­kräfte in Syrien die letzte ISIS-Hochburg, Baghouz, ein­ge­nommen haben und ISIS im Irak und in Syrien besiegt worden ist, sehnen sich seine Ter­ro­risten und ihre Bräute offen­sichtlich wieder nach dem Westen.
Nur wenige Men­schen im Westen scheinen sich Sorgen zu machen darüber, dass der Grund für diese Sehn­sucht nicht nur west­licher Komfort, sondern auch ein ISIS-Befehl sein könnte. Ein ISIS-Sprecher, Abu al-Hassan al-Muhajer, gab kürzlich eine Video­auf­zeichnung heraus, in der er die Mit­ar­beiter von Orga­ni­sa­tionen in allen ISIS-Pro­vinzen auf­for­derte, den Weg des Dschihad fort­zu­setzen und ihre Akti­vi­täten gegen die “ungläu­bigen Nationen”, ins­be­sondere die Ver­ei­nigten Staaten, auszuweiten…”
Schwe­dische Beamte äußerten ihre Besorgnis über die Rückkehr von ISIS-Tätern in selt­samen Erklä­rungen. So beschrieb Klas Friberg, der Leiter des schwe­di­schen Sicher­heits­dienstes (Säpo), im Januar die zurück­keh­renden ISIS-Kämpfer als “gebro­chene Men­schen, die durch ihre Erfah­rungen trau­ma­ti­siert wurden” und sagte, dass die schwe­dische Gesell­schaft “eine große Rolle bei der Wie­der­ein­glie­derung spielen muss”[1]
Es gab auch frag­würdige Aus­sagen über eine ISIS-Braut, Shamima Begum, die ver­suchte, nach Groß­bri­tannien zurück­zu­kehren. In einem kürzlich in Syrien geführten Interview gab Begum bereit­willig zu, dass sie kein Problem mit Ent­haup­tungen und anderen Gräu­el­taten von ISIS habe, denn “das ist isla­misch alles erlaubt”. Trotzdem sagte Richard Barret, ein ehe­ma­liger Direktor der glo­balen Ter­ro­ris­mus­be­kämpfung bei der bri­ti­schen Geheim­agentur MI6, Begum sollte “eine Chance erhalten” und nach Hause kommen dürfen, trotz ihrer feh­lenden Reue. Er beklagte dann, dass die bri­tische Regierung auf Initiative von Innen­mi­nister Sajid Javid, Begum ihre Staats­bür­ger­schaft ent­zogen und ihr nicht erlaubt habe, nach Groß­bri­tannien zurück­zu­kehren, “völlig ohne Rück­sicht auf ihre Notlage”. Die bri­tische Abge­ordnete Diane Abbott sagte, dass es “gefühllos und unmenschlich” sei, Begum “staa­tenlos” zu machen.
Das Problem besteht darin, dass die­selben Ver­treter des poli­ti­schen Estab­lish­ments nicht im Ent­fern­testen eine ähn­liche Besorgnis — wenn über­haupt — um die wahren Opfer der ISIS-Ter­ro­risten gezeigt haben; diese scheinen völlig ver­gessen worden zu sein.
Die wahren Opfer waren die vielen Men­schen, die von ISIS-Ter­ro­risten gerne frei­willig ver­ge­waltigt, gefoltert, ent­hauptet, ertränkt, bei leben­digem Leib ver­brannt, gekreuzigt und aus sport­lichen Gründen erschossen worden waren. Doch der Horror dieser Opfer — Jes­siden, Christen, Drusen und die “falsche Art” von Mus­limen — wird in öffent­lichen Debatten über die Rückkehr von ISIS-Kämpfern kaum erwähnt. Es ist, als hätten diese Opfer nie exis­tiert. Der einzige Kom­mentar, der immer wieder wie­derholt wird, ist das Recht der Täter auf Rückkehr, weil sie zufällig im Besitz einer west­lichen Staats­bür­ger­schaft sind. Man fragt sich, ob dieses Mit­gefühl heute auch auf z.B. Nazis aus­ge­dehnt worden wäre, wenn sie weg­ge­laufen wären, um Opfer im Ausland zu töten, und dann, nachdem sie besiegt worden waren, darum gebeten hätten, zurückzukommen.
Der Westen begeht durch diese Miss­achtung der Opfer von ISIS ein dop­peltes Ver­brechen an ihnen: Erstens, indem er es ver­säumt hat, für die Opfer zu sprechen und ihnen zu helfen, als sie am Boden zer­stört wurden; zweitens, durch ihre sen­ti­mentale Sorge um die Ter­ro­risten nach ihrer hart erkämpften Niederlage.
Vor kurzem wurden fünfzig Jes­siden-Frauen in der Stadt Baghouz ent­hauptet. Diese Ent­de­ckung schien jedoch die west­lichen Führer nicht dazu zu bringen, sich auf die Suche zu machen nach den Tau­senden von Jes­siden, die immer noch ver­misst werden, dar­unter viele Kinder. Einem Bericht zufolge werden nach wie vor 3000 Frauen von ISIS als Sklaven fest­ge­halten, und ihr wahr­schein­liches Schicksal ist, dass sie für den Rest ihres Lebens in sexu­eller Skla­verei fest­ge­halten werden sollen, es sei denn, jemand rettet sie. Nadia Murad, die Men­schen­rechts­ak­ti­vistin und Frie­dens­no­bel­preis­trä­gerin der Jes­siden, die eine von Tau­senden von jes­si­di­schen Frauen war, die von ISIS gefangen genommen und als Sklavin fest­ge­halten wurden, bis sie es schaffte zu ent­kommen, schriebkürzlich: “Meine größte Angst ist, dass, wenn die Welt immer noch nicht handelt, meine Gemein­schaft — die Jes­siden-Gemein­schaft — zu exis­tieren auf­hören wird”.
Leider hat die Welt seit fast fünf Jahren passiv daneben gestanden, seit dem August 2014, als der Völ­kermord an Jes­siden durch ISIS in vollem Gange war. Einige dieser Ter­ro­risten sind bereits wieder im Westen oder auf dem Weg dorthin. Ein jes­si­di­sches Teen­ager­mädchen, das von ISIS in die Skla­verei ver­kauft worden war, gelangte nach Deutschland, wo es ent­setzt fest­stellte, dass ihr ehe­ma­liger Ent­führer, der sie geschlagen und ver­ge­waltigt hatte, eben­falls in Deutschland lebte:

“Ich kenne dich, sagte er. Und weiß, wo du wohnst und mit wem du zusam­men­lebst. Er wusste alles über mein Leben in Deutschland… Das Letzte, was ich erwartete, war, auf meinen IS-Ent­führer zu treffen und dass er alles über mich wissen würde.”

Einigen der Main­stream-Medien scheint es, zumindest in Groß­bri­tannien, zu dämmern, dass die Untä­tigkeit Groß­bri­tan­niens zugunsten der ver­folgten Min­der­heiten im Nahen Osten ihre Regierung ent­setzlich aus­sehen lässt. Die Sunday Times hat kürzlich über die bri­tische Regierung geschrieben:

“Das Innen­mi­nis­terium hat es wie­derholt ver­säumt, einem ange­mes­senen Teil der Christen, Jes­siden und Drusen ein Zuflucht in Groß­bri­tannien zu geben, nach Angaben der Bar­nabas-Stiftung, der ver­folgten Christen im Ausland hilft.”
“Die Fest­stellung, dass es eine Dis­kri­mi­nierung zugunsten von Mus­limen [sic] zu geben scheint, birgt die Gefahr in sich, dass die Regierung, die eine vom Außen­mi­nister Jeremy Hunt ange­ordnete Über­prüfung der welt­weiten Ver­folgung von Christen ein­ge­leitet hat, in Ver­le­genheit gerät”.
“Als er die Über­prüfung am zweiten Weih­nachtstag ankün­digte, zitierte Hunt Schät­zungen von etwa 215 Mil­lionen Christen, die weltweit ver­folgt wurden, und meinte, Groß­bri­tannien sei nicht groß­zügig genug gewesen.”

Das ist noch milde aus­ge­drückt. Nach Angaben der Sunday Times waren von den 4.850 Syrern, die 2017 vom Innen­mi­nis­terium akzep­tiert wurden, 4.572 sun­ni­tische Muslime; nur 11 waren Christen. Nach den Zahlen für das zweite Quartal 2018 waren von den 1.197 in Groß­bri­tannien auf­ge­nom­menen Syrern 1.047 Sun­niten und 10 Christen. Es gab über­haupt keine Erwähnung von Jes­siden, trotz des Völ­ker­mords, der 2014 an ihnen verübt wurde, als ISIS-Ter­ro­risten die über­wiegend jes­si­dische Stadt Sinjar im Nordirak stürmten und die Jes­siden-Schreine zer­störten und die Jes­siden ermor­deten, ent­führten und ver­ge­wal­tigten. 200.000 Men­schen flohen aus Sinjar und rund 50.000 flüch­teten auf den Berg Sinjar. Bis heute leben dort die Flücht­linge der Jes­siden in Zelten und in unvor­stell­barer Armut und warten auf Hilfe von einer Welt, die sie völlig ver­gessen hat.
Leider scheint die Fäulnis im Kern des bri­ti­schen Innen­mi­nis­te­riums so tief zu sein, dass es zwei­felhaft ist, dass man es für irgend etwas zur Beschämung bringen kann. Laut The Times hat das Innen­mi­nis­terium kürzlich einem Iraner, der vom Islam zum Chris­tentum kon­ver­tiert ist, das Asyl mit der Begründung ver­weigert, dass das Chris­tentum angeblich keine fried­liche Religion sei:

“Ein­wan­de­rungs­beamte schrieben dem Mann und zitierten gewalt­tätige Pas­sagen aus der Bibel, um ihren Stand­punkt zu beweisen. Sie sagten, dass das Buch der Offen­barung ‘mit Bildern von Rache, Zer­störung, Tod und Gewalt gefüllt’ sei. Die Kirche von England ver­ur­teilte den ‘Mangel an reli­giöser Bildung’, der von den Ein­wan­de­rungs­be­amten gezeigt wurde, nachdem der Mann gewarnt hatte, dass er nun im Iran wegen seines Glaubens ver­folgt werden könnte”.

In der gesamten west­lichen Welt zeigen die poli­ti­schen und medialen Klassen täglich, dass sie nur so tun, als wären ihnen Men­schen­rechte wichtig, während sie ver­folgte Min­der­heiten — dar­unter viele mus­li­mische Frauen — im Stich lassen. Wie Asra Nomani schrieb:

“Eine unserer größten Her­aus­for­de­rungen hier in Amerika ist, dass Pro­gressive nicht immer hinter den fort­schritt­lichen Mus­limen stehen, denn im Interesse der Reli­gi­ons­freiheit und der bür­ger­lichen Frei­heiten und der poli­ti­schen Kor­rektheit wollen sie die kul­tu­rellen Ent­schei­dungen der Muslime nicht ver­letzen. Ich weiß, dass die Leute zu diesen inter­re­li­giösen Sit­zungen in ver­schie­denen Moscheen gegangen sind, und sie sehen, dass die Frauen im Keller landen, aber sie wollen nie­manden her­aus­fordern, weil sie denken: “Oh, nun, das ist dein Weg”.

Es ist längst über­fällig, dass alle damit beginnen, dieses Posieren als den mora­li­schen Nar­zissmus zu benennen, der es ist, und von ihren Poli­tikern und den eta­blierten Medien, die scheinbar nicht müde werden, ihr Enga­gement für die Men­schen­rechte zu ver­künden, zu ver­langen, dass sie anfangen, den unzäh­ligen tat­säch­lichen Opfern, die darauf warten, dass ihnen geholfen wird, etwas zu liefern.

Judith Bergman, eine Kolum­nistin, Juristin und Poli­to­login, ist eine ange­sehene Senior Fellow am Gatestone Institute.


[1] Die Inte­gration ehe­ma­liger ISIS-Kämpfer ver­läuft in Schweden nicht sehr gut. In einer aktu­ellen Studie mit 29 männ­lichen zurück­ge­kehrten ISIS-Kämpfern wurden 13 ver­dächtigt, oder waren nach ihrer Rückkehr wegen Ver­brechen in Schweden ver­ur­teilt worden. Zu den Ver­brechen gehörten schwerer kör­per­licher Miss­brauch, Geld­wäsche, Handel mit gestoh­lenen Waren, Erpressung, Dieb­stahl und Drogendelikte.
Quelle: Gatestone Institute