Orbán erwartet von Berlin Respekt und spricht von „Brüs­seler Blase“

Viktor Orbán erklärte auf einer gemein­samen Pres­se­kon­ferenz mit dem ita­lie­ni­schen Regie­rungschef: Beide glauben, dass es kein starkes Europa ohne starke und erfolg­reiche Natio­nal­staaten geben wird; die auf christ­lichen Werten basie­rende euro­päische Kultur sollte auf dem Kon­tinent Vorrang haben. Die Grenzen Europas müssen vor der Invasion von Migranten geschützt werden.
(Von Wolfgang Prabel)
Der Pre­mier­mi­nister lobte Matteo Salvin dafür, dass er auf See das­selbe ver­sucht habe, was er auf der Festland-Migra­ti­ons­route Ungarn tut. Er nannte das den Schlüssel zum Erfolg.
Den Bürgern Europas geht es gut, wenn sie nicht dem fran­zö­si­schen Prä­si­denten Emmanuel Macron zuhören, sondern Italien und Ungarn in Bezug auf den Grenz­schutz, sagte der Regie­rungschef, der Matteo Sal­vinis Besuch in Budapest als eine Ehre erklärt hatte.
Er habe am Don­ners­tag­morgen in Röszke dem ita­lie­ni­schen Vize­pre­mier­mi­nister den unga­ri­schen Grenzzaun gezeigt. In diesem Zusam­menhang sagte er Matteo Salvini, dass der Grenz­schutz Ungarn mehr als eine Mil­liarde Euro gekostet habe, aber Brüssel habe davon nichts erstattet.
Er skiz­zierte auch den unga­ri­schen Vor­schlag, ein neues Gremium von Innen­mi­nistern aus den Schengen-Ländern zu schaffen, das die Migra­ti­ons­be­fug­nisse der Euro­päi­schen Kom­mission über­nehmen sollte.
Viktor Orbán erhielt mehrere Fragen zur par­tei­über­grei­fenden Zusam­men­arbeit, zu denen er sagte: Europa wird ent­weder von Ein­wan­de­rungs- oder Anti-Immi­gra­ti­ons­kräften geführt werden. In der Euro­päi­schen Volks­partei (EVP) gibt es Ein­wan­de­rungs­par­teien und Ein­wan­de­rungs­kri­tiker, aber auf der Linken gebe es nur Zuwan­de­rungs­par­teien. In der Volks­partei gebe es rechts Ein­wan­de­rungs­kri­tiker, erklärte er, und es sei ange­zeigt, dass Fidesz möchte, dass die Partei mit Anti­im­mi­gra­ti­ons­kräften zusam­men­ar­beitet, aber dies sei die Vision einer Min­derheit in der Parteienfamilie.

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Ob Fidesz wei­terhin Mit­glied der Volks­partei bleibt, hänge davon ab, wohin sich die EVP wende. Wenn sich die EVP mit der Linken „ver­bündet“, die ständig die Unter­stützung der Men­schen ver­liert und deren Vision für Europa nicht gut ist, wird es schwierig sein, Fidesz in dieser Zusam­men­arbeit zu halten, sagte der Regie­rungschef, der die EVP auf­for­derte, offen zu sein für die Zusam­men­arbeit mit den Par­teien von rechts, wie der Lega. Europa brauche ein Bündnis anti-immi­gra­ti­ons­po­li­ti­scher Kräfte, sagte er.
Er fügte hinzu: „Es ist schlecht, dass (…) Par­teien zu wenig Ein­fluss haben, die in ihrem eigenen Land eine bedeu­tende Wäh­ler­un­ter­stützung haben“. Er stellte fest, dass dies bei der FIDESZ in der Volks­partei der Fall sei. Er fügte außerdem hinzu, dass bei­spiels­weise Frans Tim­mermans Sozia­listen in den Nie­der­landen prak­tisch keine ernst­hafte Partei mehr sei. Euro­päische Führung stehe nicht den Politkern zu, die zu Hause versagt haben, betonte er.
Auf die Frage, ob Fidesz dem Salvini-Bündnis bei­tritt, ant­wortete der Pre­mier­mi­nister, dass die Ungarn ihre eigene Form der Zusam­men­arbeit wählen würden. Er ant­wortete auf die deut­schen Pro­vo­ka­tionen, gemäß denen der Salvini-Besuch am Don­nerstag kri­ti­siert wurde mit der Bemerkung: „Der unga­rische Minis­ter­prä­sident traf mit dem ita­lie­ni­schen Vize­mi­nis­ter­prä­si­denten zusammen. Wir erwarten mehr Respekt“.
„Wir werden eine spek­ta­kuläre, zuver­sicht­liche und offene Zusam­men­arbeit mit Salvini anstreben“, sagte er und fügte hinzu, dass er die Fragen nach der genauen Form der Zusam­men­arbeit zwi­schen Fidesz und der Lega vor den Wahlen zum Euro­pa­par­lament nicht beant­worten könne.
Aber er sagte, er würde gerne mit dyna­mi­schen, wil­ligen und ehr­gei­zigen Men­schen in Europa zusam­men­ar­beiten, anstatt mit der aktu­ellen „Brüs­seler Blase“, die ihre Beziehung zum wirk­lichen Leben ver­loren hat.
Er sprach auch über vier Pro­bleme, die nur durch eine neue euro­päische Führung gelöst werden konnten. “Europa ver­teidigt sich nicht, respek­tiert die Mit­glied­staaten nicht, die der­zeitige euro­päische Führung hört nicht auf die Men­schen, und die Wirt­schafts­leistung in Europa schwächt sich ständig ab”, sagte er. Er stimme mit Matteo Salvini darin überein, dass in Europa ein neues Kapitel benötigt wird.
Er beant­wortete die Frage nach der illi­be­ralen Demo­kratie: “Laut Libe­ralen ist ein Nicht­li­be­raler kein Demokrat. In Ungarn waren wir jedoch ‘erfreut’ darüber, Gleichheit zwi­schen Demo­kratie und Libe­ra­lismus zu erreichen”, sagte er und wies darauf hin, dass die unga­rische Regierung den Namen „christ­de­mo­kra­tisch“ für ihre Politik verwendet.
Er for­derte die ita­lie­nische Regierung außerdem dazu auf, ein unter­neh­mens­freund­liches Steu­er­system zu ent­wi­ckeln, das gleich­zeitig mehr Geld für die Men­schen und den Haushalt generiert.
Ja, soweit die Pres­se­kon­ferenz. Meine Anmerkung: In der Volks­partei geht es mitten im Wahl­kampf drunter und drüber. Bei den anderen Frak­tionen im Euro­pa­par­lament übrigens auch, aber da spricht niemend drüber. Wenn man Brüssel und Straßburg im Blick hat, wird man immer an den Turmbau zu Babel erinnert, der an der Sprach­ver­wirrung schei­terte. Das Bei­tragsbild zeigt den Amtssitz des unga­ri­schen Minis­ter­prä­si­denten auf dem Burgberg in der End­phase der Bau­ar­beiten im ver­gan­genen Herbst.
 

Quelle: Wolfgang Prabel — www.prabelsblog.de