Unfassbar: Bun­des­re­gierung will Kinder von IS-Anhängern nach Deutschland holen

Die Bun­des­re­gierung hat sich erstmals bereit erklärt, Kinder von IS-Ange­hö­rigen aus Syrien nach Deutschland zu holen. Nach Infor­ma­tionen von NDR, WDR und Süd­deut­scher Zeitung erklärte das Aus­wärtige Amt dies im Rahmen eines derzeit lau­fenden Ver­fahrens vor dem Ver­wal­tungs­ge­richt in Berlin. Danach sei man bereits seit einiger Zeit darum bemüht, “besonders schutz­würdige Kinder” aus den Flücht­lings­lagern in Syrien her­aus­zu­holen. Dies gestalte sich aber schwierig.
Das Aus­wärtige Amt reagierte mit der Erklärung auf die Klage der Groß­eltern zweier min­der­jäh­riger Wai­sen­kinder, die sich derzeit im Flücht­lings­lager al-Haul nahe der syri­schen-ira­ki­schen Grenze auf­halten. Ihre Mutter soll bei den Kämpfen um die letzte IS-Bastion Baghouz ums Leben gekommen sein. Unter Verweis auf die deutsche Staats­an­ge­hö­rigkeit der Mädchen und die laut Rotem Kreuz kata­stro­phalen medi­zi­ni­schen und huma­ni­tären Ver­hält­nisse, hatte der Han­no­ve­raner Rechts­anwalt Dirk Schoenian im Mai beim Ver­wal­tungs­ge­richt in Berlin einen Antrag auf Einst­weilige Anordnung ein­ge­reicht. Die Bun­des­re­gierung sollte gezwungen werden, die Kinder — eines ist vier, das andere knapp zwei Jahre alt — nach Deutschland zu holen.
Bisher hatte das Aus­wärtige Amt stets erklärt, man habe keine Mög­lich­keiten zur kon­su­la­ri­schen Betreuung auf syri­schem Boden. In dem Ver­fahren erklärte es nun, man könne auch wei­terhin nicht “unmit­telbar tätig werden”, bemühe sich aber bereits seit Monaten um eine Lösung mit Hilfe von NGOs, die in Syrien tätig seien. Bereits im April habe die “Haus­leitung” die Zustimmung gegeben mehrere Wai­sen­kinder — dar­unter die beiden Mädchen — nach Deutschland zu holen. Zuvor sei es aller­dings not­wendig, mit Hilfe eines DNA-Tests zwei­felsfrei ihre Iden­tität — und damit auch ihre Staats­bür­ger­schaft — zu klären. Auch müsse der sichere Transport zu einem Grenz­übergang gewähr­leistet sein.
Das Aus­wärtige Amt erklärte auf Anfrage, sich zu einem lau­fenden Ver­fahren nicht äußern zu wollen. Rechts­anwalt Dirk Schoenian sagte NDR, WDR und Süd­deut­scher Zeitung es sei “gut, dass sich das Aus­wärtige Amt nun zu seiner Ver­ant­wortung bekennt”. Aller­dings sei immer noch nicht absehbar, wann nun etwas pas­siere. Die Zustände in al-Haul seien “erschre­ckend. In zwei oder drei Monaten leben die Kinder mög­li­cher­weise nicht mehr”. Nach Angaben des Anwalts wurde das jüngere der Mädchen wegen akuter Gesund­heits­pro­bleme in den ver­gan­genen Tagen in ein Kran­kenhaus verlegt.
Im Umgang mit gefan­genen IS-Kämpfern und ihren Familien ver­fahren Staaten höchst unter­schiedlich. Schweden und Frank­reich ließen bereits Wai­sen­kinder aus den Lagern her­aus­holen, Usbe­kistan nahm gerade erst 148 Kinder und Frauen auf. Viele andere Staaten lehnen bisher jede Auf­nahme ab. In der Bun­des­re­gierung wird erwartet, dass es zu wei­teren Klagen — auch von IS-Kämpfern und ihren Frauen — kommen wird. Zudem ist unbe­kannt, wie groß die Anzahl von Wai­sen­kindern mit deut­scher Staats­bür­ger­schaft in den ver­schie­denen kur­di­schen Flücht­lings­lagern ist.