17. Juni: Patrio­tismus – ein Synonym aus der Schmuddelecke?

von Albrecht KĂĽnstle

  • Auf der Suche nach meinem eigenen Stand­punkt zu dieser tabui­sierten Frage zum 17. Juni 2019, dem Tag der Patrioten

FrĂĽher fĂĽhlte ich mich in meiner Haupt­ei­gen­schaft als Gewerk­schafter als ein wasch­echter Linker. Mein Selbst­be­stim­mungsort in unserer Gesell­schaft erfolgt deshalb vom „Klas­sen­stand­punkt“ aus. Fragen der Zuge­hö­rigkeit zu meinem „Volk“ oder Land spielten fĂĽr mich kaum eine Rolle, weil sie selbst­ver­ständlich war. Das änderte sich, als der LINKEn alle Men­schen, woher sie auch immer kamen und kommen, wich­tiger wurden als die der eigenen „Klasse“, also die arbei­tende Bevöl­kerung unseres eigenen Landes. Oder darf man „eigenes Land“ gar nicht mehr sagen, weil wir nur noch BĂĽrger einer EU oder gar Welt­bĂĽrger zu sein haben?

Wer hat eigentlich das Recht, über meinen Kopf hinweg zu bestimmen, als was ich mich zu fühlen habe? Ich war zuge­ge­be­ner­maßen stark ver­un­si­chert und weiß immer noch nicht recht, was ich bin. Deshalb ver­suchte ich mich schlau zu machen, wie „Patriot“ zu ver­stehen ist. Hier aus Wikipedia:

„Als Patrio­tismus wird eine emo­tionale Ver­bun­denheit mit der eigenen Nation bezeichnet. Im Deut­schen wird anstelle des Lehn­wortes auch der Begriff „Vater­lands­liebe“ synonym verwendet.

Diese Bindung wird auch als Natio­nal­gefühl oder Natio­nal­stolz bezeichnet und kann sich auf ganz ver­schiedene als Merkmale der eigenen Nation ange­sehene Aspekte beziehen, etwa eth­nische, kul­tu­relle, poli­tische oder his­to­rische.

Im Unter­schied zu einer his­to­risch-kul­tu­rellen Bindung steht der Ver­fas­sungs­pa­trio­tismus fĂĽr das positive Bekenntnis zu den in einer staat­lichen Ver­fassung ver­an­kerten ĂĽber­na­tio­nalen eth­ni­schen und poli­ti­schen Grund­rechten und Wert­vor­stel­lungen. Diese beziehen sich in der Tra­dition west­licher Rechts­staaten auf die unver­äu­ßer­liche Men­schen­wĂĽrde und davon abge­leitete Men­schen­rechte, fĂĽr die uni­versale Geltung bean­sprucht wird. â€¦

In Mit­tel­europa hat sich der Patrio­tismus aus dem revo­lu­tionär ver­stan­denen Libe­ra­lismus und Natio­na­lismus des Bür­gertums ent­wi­ckelt, das gegen den Feu­da­lismus einen demo­kra­tisch ver­fassten Natio­nal­staat anstrebte. Diese als Macht von unten auf­ge­fasste Volks­herr­schaft hat sich seit der Ame­ri­ka­ni­schen Revo­lution von 1776 und der Fran­zö­si­schen Revo­lution von 1789 lang­fristig in den meisten euro­päi­schen Staaten als Ver­fassung und Selbst­ver­ständnis durch­ge­setzt, nachdem sie zunächst nur ein Thema intel­lek­tu­eller Eliten gewesen und dann viel­fachen his­to­ri­schen Rück­schlägen unter­legen war.“ (Zitat Ende)

Bei dieser Defi­nition bräuchte sich wirklich niemand schämen, als patrio­ti­scher „Rechter“ abge­stempelt zu werden. Eigentlich dürften sich nicht nur Kon­ser­vative und auch Liberale als Patrioten ver­stehen, sondern auch die tra­di­tio­nelle LINKEn auf­grund ihrer pro­gres­siven Geschichte. Dass Letz­teres nicht der Fall ist, dürfte dafür sprechen, dass die Linke und mit ihr die Grünen inzwi­schen „ent­artet“ sind. Sie sind nicht mehr, was sie ursprünglich waren. Einst galt linker Fort­schritt und Patrio­tismus als zwei Seiten der gleichen Medaille. Heute wird man dies­be­züglich rhe­to­risch der Falsch­mün­zerei bezichtigt.

Weil das alles viel­leicht noch zu aka­de­misch klingt, hier ein Versuch, das Gegenteil von Patrio­tismus an Posi­tionen von ins­be­sondere Grünen fest­zu­machen. Die Unter­scheidung in Links und Grün fällt jedoch zunehmend schwer. Und dieses Spektrum links reicht bis tief in die SPD hinein, ins­be­sondere in die euro­päische Linke und die Sozia­lis­tische Inter­na­tionale. Sie lehnen gewachsene Iden­ti­täten zugunsten „grö­ßeren“, oder gar uni­ver­sellen Gebilden ab. So, wie Hin­denburg einst schwa­dro­nierte, „Ich kenne keine Par­teien mehr, nur noch Deutsche“, so heißt deren Devise heute, wir kennen keine Deut­schen mehr, nur noch durch­rasste EU- oder Wel­ten­bürger. Was der Spit­zen­kan­didat der Sozia­listen, das hei­matlose nie­der­län­dische Diplo­ma­ten­söhnchen Frans Tim­mermans, so vom Stapel ließ, ist die pure Ver­achtung jedes natür­lichen Gebor­gen­seins in einem regio­nalen Gemeinwesen.

Ich schäme mich nun nicht mehr, als „Patriot“ zu gelten. Im vor­letzten Jahr­hundert wurde unsereins als „vater­lands­loser Geselle“ abge­stempelt. Obwohl gerade die frühen Sozia­listen es wahren, die dem tat­sächlich vater­lands­losen, inter­na­tio­nalen Groß­ka­pital etwas ent­ge­gen­zu­setzen ver­suchten. Heute wurden die Grenzen zwi­schen den Vater­lands­losen der scheinbar ent­ge­gen­ge­setzten Lager fließend. Die Grünen und LINKEn wurden mit ihrem pro­pa­gierten Inter­na­tio­na­lismus zu realen Erfül­lungs­ge­hilfen der inter­na­tio­nalen Konzerne.

Ich würde den Ver­tretern des selbst ernannten Gut­men­schentums dringend emp­fehlen, einmal in den Spiegel zu schauen. Selbst­ver­ständlich nicht in den Relotius-SPIEGEL, sondern sich daran zu erinnern, was einmal euer Anspruch war, nämlich die Arbeits- und Lebens­be­din­gungen der (eigenen) Bevöl­kerung zu ver­bessern – gleicht einmal ab, was daraus geworden ist. Ist euer heu­tiger Kampf für alles Mög­liche und für Alle auf dieser Welt noch euer Spiegelbild?

Stellt auch ihr euch dieser Frage, wenigstens an diesem einen Tag im Jahr, dem „Tag der Patrioten“ am 17. Juni.