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Die Zweite Invasion der Türkei auf Zypern: Illegale Boh­rungen im öst­lichen Mittelmeerraum

Die jüngste Pro­vo­kation der Türkei gegen die Republik Zypern — das Bohren nach Gas in der zyprio­ti­schen aus­schließ­lichen Wirt­schaftszone (AWZ) im öst­lichen Mit­tel­meerraum — hat bei der inter­na­tio­nalen Gemein­schaft heftige Reak­tionen ausgelöst.
Der zyprio­tische Prä­sident Nicos Ana­sta­siades, der den Über­griff der Türkei als “eine zweite Invasion” bezeichnete, sagte, dass die Aktion eine “Ver­letzung des Völ­ker­rechts” dar­stelle; sein Außen­mi­nis­terium legte den Ver­einten Nationen eine Karte vor, die die Grenzen der AWZ zur Türkei dar­stelle. Darüber hinaus sagte der zyprio­tische Außen­mi­nister Nicos Chris­to­doulides, dass seine Regierung einen inter­na­tio­nalen Haft­befehl für die Besatzung der “Fatih”, dem Bohr­schiff, das Ankara in zyprio­tische Gewässer ent­sandt hat, anstrebt.
Die Hohe Ver­tre­terin und Vize­prä­si­dentin der EU, Federica Mog­herini, gab umgehend eine Erklärung ab, in der sie die Türkei dringend auf­for­derte, Zurück­haltung zu üben, die sou­ve­ränen Rechte Zyperns in ihrer aus­schließ­lichen Wirt­schaftszone zu respek­tieren und von solchen ille­galen Hand­lungen Abstand zu nehmen, “auf die die Euro­päische Union ange­messen und in voller Soli­da­rität mit Zypern reagieren wird”.
Auch das US-Außen­mi­nis­terium for­derte die Türkei auf, die Boh­rungen einzustellen.
Das tür­kische Außen­mi­nis­terium hat mit einer eigenen Stel­lung­nahme ausgeteilt:
“Die Ver­suche Dritter, bei der Fest­legung der See­grenzen als inter­na­tio­naler Gerichtshof tätig zu werden, sind inak­zep­tabel. In diesem Zusam­menhang ist die Erklärung der USA, in der sie die Türkei anrufen, indem sie zum Aus­druck bringen, dass “es grie­chisch-zyprio­tische Ansprüche auf das Gebiet gibt”, weder kon­struktiv noch mit dem Völ­ker­recht ver­einbar, da es in der Region kein gül­tiges Abkommen zur Abgrenzung des See­ver­kehrs gibt”.
In einem kürzlich erfolgten Interview mit dem Gatestone Institute erklärte Harris Samaras, ein Experte für die zyprio­tische AWZ und Vor­sit­zender des inter­na­tio­nalen Invest­ment­ban­ken­un­ter­nehmens Pytheas:
“Obwohl die Türkei seit 1974 die Sou­ve­rä­nität Zyperns ver­letzt, hat die gegen­wärtige sehr volatile innen­po­li­tische und wirt­schaft­liche Situation in der Türkei die tür­kische Regierung im öst­lichen Mit­tel­meerraum noch aggres­siver werden lassen. Prä­sident Recep Tayyip Erdogan und die regie­rende AKP-Partei müssen ihr Gesicht wahren, indem sie das Dogma des Supra­na­tio­na­lismus bei­be­halten, das ihm und seiner Partei Macht gab.
Ein wei­terer Faktor, der die Türkei hier aus­gelöst hat, war die Bestä­tigung der kom­mer­zi­ellen Koh­len­was­ser­stoffe innerhalb der AWZ Zyperns und das ange­kün­digte Interesse von Öl- und Gas­kon­zernen wie Exxon­Mobil, ENI und Total, ihre Akti­vi­täten fort­zu­setzen. Im ver­gan­genen Jahr wurde ENI durch Kano­nen­boote der Türkei beim lau­fenden Betrieb behindert. Doch Exxon­Mobil nicht. Warum? Weil sie von der US Navy begleitet wurde, konnte die Türkei nichts tun.
Unter­dessen haben die Erd­gas­funde von Exxon­Mobil gezeigt, dass Zypern schließlich eine Ver­flüs­si­gungs­anlage zur Ver­sorgung zyprio­ti­scher und regio­naler Lager­stätten errichten könnte. Dies würde Zypern fast auto­ma­tisch in eine regionale Koh­len­was­ser­stoff­dreh­scheibe ver­wandeln und gleich­zeitig die Bedeutung, die Pläne und Inves­ti­tionen der Türkei im Ener­gie­be­reich reduzieren.
Poli­tisch gesehen ist Israel die größte regionale Bedrohung für das Ziel der Türkei auf Zypern. Die stärkste Ener­gie­ver­bindung für Israel ist Zypern, ein demo­kra­ti­scher EU-Mit­glied­staat. Damit die Pläne von Herrn Erdogan erfolg­reich sind, muss Zypern also eli­mi­niert werden. Darüber hinaus ist Ägypten eine bedeu­tende regionale Kraft mit den Zhor-Erd­gas­feldern in seinem Arsenal. Trotz der Unter­schiede in der Ver­gan­genheit haben sich die Bezie­hungen zwi­schen Israel und Ägypten verbessert.
Herr Erdogan ist sich bewusst, dass es für die Türkei unmöglich sein wird, ihre Ziele der regio­nalen Hege­monie zu erreichen, wenn ins­be­sondere US-ame­ri­ka­nische, aber auch fran­zö­sische Inter­essen in Zypern Fuß fassen. Das ist seine größte Angst.
Darüber hinaus haben sich die Bezie­hungen der Türkei zu Russland in den letzten Jahren ver­stärkt. Wenn die Türkei schließlich rus­sische S‑400er instal­liert, weiß Herr Erdogan, dass seine geo­po­li­tische Spanne und sein Ein­fluss in vie­lerlei Hin­sicht begrenzt sein werden, da sie in direkten Kon­flikt mit den Inter­essen der USA und Israels geraten werden. Die ‘Neu­tra­li­sierung’ Zyperns, des schwächsten Gliedes der Glei­chung, ent­waffnet in vie­lerlei Hin­sicht die regionale geo­po­li­tische Wirk­samkeit Israels.
Die East Med Pipeline, die mit dem Segen der USA begonnen wurde, ist also von größter Bedeutung. Beim letzten tri­la­te­ralen Treffen zwi­schen Israel, Zypern und Grie­chenland war US-Außen­mi­nister Mike Pompeo anwesend und unter­stützte das Projekt. Wenn es so wei­tergeht, wird es ein großer Schlag ins Gesicht für die Ener­gie­pläne der Türkei sein.”
Theo­doros Tsa­kiris, Assis­tenz­pro­fessor für Ener­gie­po­litik und Geo­po­litik an der Uni­ver­sität von Nikosia, sagte zu Gatestone:
“Die Türkei begann im Jahr 2011, die AWZ Zyperns ins Visier zu nehmen, als sie ein bedeu­tendes Demar­ka­ti­ons­ab­kommen ihres Fest­land­so­ckels mit dem von der Türkei besetzten Teil Zyperns unter­zeichnete, das nur die Türkei als unab­hän­gigen Staat aner­kennt — die so genannte “Tür­kische Republik Nord­zypern” (TRNC). Nicht nur die tür­ki­schen Akti­vi­täten in der AWZ Zyperns sind illegal, auch die tür­ki­schen Schiffe bereiten den zyprio­ti­schen und inter­na­tio­nalen Unter­nehmen, die in diesem Gebiet tätig sind, große Schwie­rig­keiten. So blo­ckierte die tür­kische Marine im Februar 2018 den Bohr­versuch der ita­lie­ni­schen Ölge­sell­schaft ENI in der abge­grenzten zyprio­ti­schen AWZ. In der Zwi­schenzeit könnten weitere tür­kische Bohr­schiffe auf dem Weg sein.
Es sollten kon­krete Maß­nahmen ergriffen werden, um die tür­ki­schen Ver­stöße gegen die AWZ Zyperns zu stoppen. Auf der Ebene des Euro­päi­schen Rates sollten Sank­tionen gegen die für die Boh­rungen ver­ant­wort­lichen Per­sonen und Unter­nehmen ver­hängt werden. Alle Her­an­füh­rungs­hilfen für die Türkei sollten blo­ckiert und der Zugang der Türkei zu Dar­lehen der Euro­päi­schen Inves­ti­ti­onsbank sollte abge­schafft werden. Zusätz­liche Optionen, wenn die Türkei die Situation weiter eska­liert, sind die Ver­hängung von Sank­tionen gegen den tür­ki­schen Ban­ken­sektor und die völlige Ein­stellung des Bei­tritts­pro­zesses. Die USA müssen auch das irra­tionale Waf­fen­em­bargo, das sie 1987 gegen die Republik Zypern ver­hängt haben, auf­heben und ihr helfen, ihre Ver­tei­di­gungs­fä­higkeit wie­der­her­zu­stellen und zu moder­ni­sieren, während sie die Frie­dens­mission der Ver­einten Nationen (UNFICYP) intakt halten.”


Quelle: www.gatestoneinstitute.org