1933 bis 1937 – Die Geschwin­digkeit der Politik war atemberaubend

Wir haben uns daran gewöhnt, dass poli­tische Ent­wick­lungen mit quä­lender Lang­samkeit vor sich hin­siechen. Beschlossene Gesetze oder Ver­träge werden oft erst nach Jahren wirksam. Allein die Planung von Pro­jekten schleppt sich zumeist endlos dahin. Betrachtet man dazu die Jahre 1933 bis 1937 in Europa, kann man kaum glauben, mit welch atem­be­rau­bender Geschwin­digkeit Gesetze beschlossen und Ver­träge in Kraft gesetzt wurden.

Gerade in den letzten Jahre werden wir auf allen Kanälen zuge­schüttet mit Dokus über die NS-Zeit. Man könnte ihrer über­drüssig sein, denn keine von diesen ver­mittelt ein Gefühl darüber, wie sich die Men­schen in dieser Zeit wirklich gefühlt haben, wie das täg­liche Leben für “Otto Nor­mal­ver­braucher” tat­sächlich aus­ge­sehen hat. Reinhard Leube füllt diese Lücke jetzt mit seinem neuen Werk “Atem­be­raubend – London und Deutschland in den Jahren 1933 bis 1937”, für das ursprünglich ein anderer Titel vor­ge­sehen war. Nachdem ich aber das Manu­skript gelesen hatte, blieb in meinem Kopf nur “Atem­be­raubend” übrig. Ein Mensch des 21. Jahr­hun­derts kommt aus dem Staunen nicht heraus, mit welcher unglaub­lichen Geschwin­digkeit während dieser Zeit Politik vor­an­ge­schritten und umge­setzt worden ist.

Das Leben der Deut­schen in jener Zeit – und Hitlers Ansehen im Ausland

Was wissen wir wirklich über das Leben im “Dritten Reich”? Ja, es gab Juden­ver­folgung, ganz viele böse Men­schen und die Presse war gleich­ge­schaltet. Der Ein­druck ist ver­breitet, alle Deut­schen waren glü­hende Anhänger Hitlers und des Natio­nal­so­zia­lismus. Ganz so kann es aber nicht gewesen sein. Meine Mutter (*1915) zum Bei­spiel zählte ganz gewiss nicht dazu. Oft hat sie mir vom uner­träg­lichen Terror der “braunen Horden” erzählt, stets ver­bunden mit dem Hinweis, dass sich da der Abschaum zusam­men­getan hatte. Aber auch sie konnte mir keinen schlüs­sigen Ein­druck darüber ver­mitteln, wie sich das Leben in dieser Zeit für die Mehrheit der Deut­schen ange­fühlt hat. Umso dank­barer bin ich jetzt Reinhard Leube, denn er hat es mit seinem neuen Werk geschafft, genau diese Lücke zu füllen.

Wie bereits in seinem ersten Werk “Lon­doner Außen­po­litik und Adolf Hitler” nimmt der Autor die Position des neu­tralen Beob­achters ein. Chro­no­lo­gisch und vor­ur­teilsfrei berichtet er darüber, was in den Zei­tungen zu lesen war, wer sich in welcher Rei­hen­folge Hitler ange­schlossen hat – oder wieder aus der Partei aus­ge­stoßen worden ist. Richtig inter­essant wird es aber, wenn er dem Leser Fakten darüber prä­sen­tiert, wie sich das Ausland gegenüber Hitler posi­tio­niert hat. Wie auch in London Hitler und seine Agenda geradezu verehrt worden sind, finan­ziell und poli­tisch unter­stützt wurden. Wie Hitler geradezu ermuntert wurde, seine Politik zur Rück­ge­winnung deut­schen Bodens fort­zu­führen. Das ist der Teil, der in allen Dokus, die uns allent­halben auf­ge­drängt werden, unter den Tisch fällt.

In seiner unnach­ahm­lichen Art gibt Leube anhand von Geschichten Ein­blicke in das Leben der dama­ligen Zeit, macht deutlich, wie sich die Ver­än­de­rungen im poli­ti­schen Alltag auf ganz normale Bürger aus­ge­wirkt haben. Auf­lo­ckernd und trefflich plat­ziert mischt er poli­tische Witze ein, passend zur jewei­ligen Situation. Natürlich ver­säumt er nicht, auch über Aus­sagen von Poli­tikern aller Lager zu berichten, die er akkurat mit Quellen belegt. Ja, man fällt von einem Staunen ins nächste, wenn man liest, was auch im Ausland über Hitler gesagt und gedacht wurde.

Bemer­kens­werte Ein­blicke in das Emp­finden der “Volks­seele”

Aber zurück zu dem atem­be­rau­benden Tempo. Als ich das Manu­skript las, kam bei mir immer wieder die Frage auf, in welchem Jahr sind wir gerade. Natürlich wusste ich, dass Leube sein Werk streng chro­no­lo­gisch auf­gebaut hat, doch die Fülle der beschrie­benen Ereig­nisse war so ful­minant, dass es mir schwer viel zu glauben, das alles sollte innerhalb eines Jahres statt­ge­funden haben. Deshalb habe ich angeregt – und wir haben es auch so gemacht, dass über jeder Seite das Jahr steht, in dem wir uns befinden. Es ist nämlich nicht so, dass in den Fol­ge­jahren 1934 bis 1937 das Tempo nach­ge­lassen hätte – sowohl was die Innen- als auch Außen­po­litik betrifft.

Ich kann jeden ver­stehen, der von Geschichte über die NS-Zeit genug hat und geneigt ist, sich davon abzu­wenden. Tun Sie es nicht! Mit diesem Werk kann Leube ein tief­grei­fendes Ver­ständnis darüber ver­mitteln, wie sich das Leben in Deutschland zu dieser Zeit wirklich ange­fühlt hat. Damit hebt er sich wohl­tuend von den anderen Dokus ab, die nur Aus­schnitte beleuchten und die Befind­lichkeit der Men­schen außen vor lassen. Und nein, richtige Nazis, über­zeugte Anhänger Hitlers, waren bei­leibe nicht alle Deut­schen, wie uns die­je­nigen gern weis­machen wollen, deren Vor­fahren tat­sächlich aktiv dabei waren und die heute am lau­testen “Antifa” schreien. Ja, man darf sich wundern, welche Namen da bei Leube auf­tauchen, die nach dem Krieg zur Polit­pro­minenz der jungen BRD zählten. Auch die Namen mancher Poli­tiker im Ausland rufen Erstaunen hervor, wenn man – wie­derum gut belegt – erfährt, wer Hitler offen bewundert und unter­stützt hat.

Reinhard Leubes Werk “Atem­be­raubend – London und Deutschland in den Jahren 1933 bis 1937” ist der zweite Band einer Reihe, die das gesamte 20. Jahr­hundert umfassen wird. Es ist kein Geschichtsbuch im her­kömm­lichen Sinn. Es vereint die Kraft gekonnten Erzählens mit der Anein­an­der­reihung von Fakten, auf­ge­lo­ckert mit Anek­doten und zeit­ge­nös­si­schen Witzen, die uns heute bemer­kens­werte Ein­blicke darüber geben, was die “Volks­seele” damals so abge­lassen hat. Nein, Leubes Werk ist nicht auf­wühlend, aber es lässt den Leser nicht unbe­rührt zurück. Ver­mutlich wird es Ihnen bei der Lektüre ähnlich ergehen wie mir: Ach, so war das damals! Fazit: Eine ebenso lehr­reiche wie unter­haltsame Pflicht­lektüre für alle, die Licht in ihr unscharfes Gefühl zu dieser Zeit deut­scher Geschichte bringen wollen.

“Atem­be­raubend – London und Deutschland in den Jahren 1933 bis 1937” ist erhältlich im Buch­handel oder direkt zu bestellen beim Verlag hier. Das Werk kostet 25,- € und hat die ISBN 978–3‑940321–20‑6

Hier noch der Text auf der Umschlag­seite des Buches: 

Was haben die Men­schen in Deutschland wohl gefühlt und erlebt in den Jahren 1933 bis 1937? Waren fast alle glü­hende Natio­nal­so­zia­listen oder begann mit den Nazis eine Dik­tatur? Hätte es eine braune Mehrheit gegeben, dann wäre das eine Demo­kratie gewesen und man hätte Gestapo und Ähn­liches nicht gebraucht. Wie hat aber das Ausland auf den neuen Kanzler Adolf Hitler reagiert? Warum war die Chef­etage in London von ihm durchaus so begeistert? Das vor­lie­gende chro­no­lo­gisch auf­ge­baute Werk ver­mittelt dem Publikum einen Ein­druck von dieser Zeit, der eine Gän­sehaut erzeugt. Ganz anders als die unzäh­ligen Dokus, die nur blitz­licht­artig Aus­schnitte zeigen, fühlt man sich in die Hit­lerzeit in allen Zusam­men­hängen ver­setzt und erhält so einen ganz neuen Ein­druck. Wer wirklich nach­emp­finden will, mit welchem atem­be­rau­benden Tempo die Ent­wick­lungen damals vor­an­ge­schritten sind, welche unter­schied­lichen Reak­tionen sie her­vor­ge­rufen haben und welch giftige Witze die Runde machten, der kommt an diesem Werk nicht vorbei.


Quelle: www.anderweltonline.com