Macht­kampf in den USA — Die Falken wollen Krieg mit dem Iran, Trump kämpft für Frieden

Der Macht­kampf zwi­schen den Falken in Washington und Prä­sident Trump wird schärfer. Die Aus­sagen von Außen­mi­nister Pompeo und von Trump zum Iran könnten gegen­sätz­licher kaum sein.
Ich habe immer wieder darüber berichtet, dass die Falken um Außen­mi­nister Pompeo und Sicher­heits­be­rater Bolton Trump mit allen Mitteln in einen neuen Krieg treiben wollen. Zuletzt konnte man das sehen, als es um den schon ange­ord­neten „Ver­gel­tungs­schlag“ der USA gegen den Iran ging, den Trump in letzter Minute abge­blasen hat.
Man könnte das für eine Ver­schwö­rungs­theorie halten, aber Trump selbst hat es in einem Interview mit Meet the Press offen zugegeben:
Hier bestellen!

„Ich habe Tauben und ich habe Falken. Ja, ich habe einige Falken. John Bolton ist ein abso­luter Falke. Wenn es nach ihm ginge, würde er die ganze Welt auf einmal nehmen, okay? Aber das ist egal, weil ich beide Seiten will. Einige Leute fragen, warum ich dagegen war, in den Irak zu gehen. Ich war immer dagegen, schon Jahre, bevor es pas­sierte. Aber ich war eine Pri­vat­person, ich hatte damit nichts zu tun. Ich war dagegen, in den Mitt­leren Osten zu gehen. Wir haben bisher 7 Bil­lionen Dollar im Mitt­leren Osten ausgegeben.“

#MTP EXCLUSIVE: Pre­sident Trump tells Chuck Todd that he has doves and hawks in his cabinet. #IfIts­Sunday

Trump: “I have some hawks. John Bolton is abso­lutely a hawk. If it was up to him, he’d take on the whole world at one time.“ pic.twitter.com/R2LbpgzBlp
— Meet the Press (@MeetThePress) June 23, 2019

Gleich­zeitig ver­sucht Trump, was viele kaum glauben können, auch verbal zu dees­ka­lieren. Er macht dem Iran Ver­hand­lungs­an­gebote und vor allem spielt er die Vor­fälle im Golf her­unter. Er weiß genau, dass es die Ame­ri­kaner nicht ver­stehen würden, wenn ein Prä­sident die Inter­essen der USA nicht auch mit Waf­fen­gewalt ver­tei­digen würde. Daran hat man sich dort gewöhnt, man erwartet es regel­recht, und ein Prä­sident, der dazu nicht bereit ist, wird als schwach ange­sehen. Das kann sich Trump, der nächstes Jahr die Wie­derwahl gewinnen will, nicht erlauben.
Daher defi­niert er derzeit einfach die US-Inter­essen neu. So hat er ver­kündet, dass der Abschuss einer Drohne kein Kriegs­grund ist, es seien ja keine US-Sol­daten zu Schaden gekommen. Und auch der Öltransport durch die Straße von Hormus sei für die USA völlig unwichtig. In einem Tweet schrieb Trump:
„China bekommt 91% seines Öl aus dem Golf, Japan 62% & und mit vielen Ländern ist es ähnlich. Also schützen wir Schiff­fahrtswege für andere Länder (viele Jahre lang) für Null Kom­pen­sation. Alle diese Länder sollten ihre eigenen Schiffe schützen, was …(zweiter Tweet beginnt)… immer eine gefähr­liche Reise war. Wir müssten nicht mal mehr dort sein, denn die USA sind (jetzt) der größte Pro­duzent von Energie auf der Welt! Was die USA vom Iran ver­langen, ist sehr einfach: Keine Nukle­ar­waffen und keine weitere Finan­zierung von Terror!“

China gets 91% of its Oil from the Straight, Japan 62%, & many other countries likewise. So why are we pro­tecting the shipping lanes for other countries (many years) for zero com­pen­sation. All of these countries should be pro­tecting their own ships on what has always been….

— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) June 24, 2019

Trump dees­ka­liert also und nimmt den Falken immer mehr Mög­lich­keiten, ihn wegen angeb­licher US-Inter­essen in einen Krieg zwingen zu können. Selbst wenn in der Straße von Hormus nun ein Tanker ver­senkt wird, kann Trump sagen „Inter­es­siert uns nicht, sollen sich die Chi­nesen, Japaner und Europäer drum kümmern!“
Die werden das vor allem kurz­fristig kaum leisten können und wollen, zumal dort ein Schutz der Schiff­fahrt ja auch gar nicht nötig wäre, wenn die USA nicht die Lage laufend ver­schärfen würden. Und die USA werden ihre Truppen nicht morgen aus der Region abziehen, aber Trump hat damit den Falken geschickt einen Vorwand genommen, ihn in einen Krieg zu zwingen, den er nicht will.
Und der Iran scheint den Ball auf­zu­nehmen, denn auch von dort kommen recht moderate Töne. Der Iran macht deutlich, dass er seine Grenzen schützen wird, hat aber mit der Tat­sache, dass er ein US-Spio­na­ge­flugzeug, das im ira­ni­schen Luftraum war, nicht abge­schossen hat, ein Signal an Trump gesandt. Der Iran will auch keine Eska­lation und keinen Krieg.
Nun bleibt die Frage, wie man aus der Situation her­aus­kommt, zumal während die US-Falken weiter zündeln.
Der Iran will erst mit den USA ver­handeln, wenn diese sich wieder an das ein­seitig gebro­chene Atom­ab­kommen halten. Das wird Trump kaum tun können, ohne das Gesicht zu ver­lieren. Er macht dem Iran aber immer neue Gesprächs­an­gebote. Der US-Son­der­ge­sandte für den Iran teilte mit, dass man mit dem Iran ein umfas­sendes Abkommen ver­handeln möchte, das sowohl die Frage der Atom­technik, der Rake­ten­tests und der Men­schen­rechte mit ein­schießt. Danach würde man die Sank­tionen sofort aufheben.
Für den Iran ist das so sicherlich nicht annehmbar, aber wie auch immer geartete Gespräche könnten den Falken den Wind weiter aus den Segeln nehmen und einen Weg auf­zeigen, wie man die Situation zumindest ein wenig dees­ka­lieren könnte. Und das scheinen sowohl der Iran, als auch Trump zu wollen.
US-Außen­mi­nister Pompeo geht hin­gegen heute wieder den ent­ge­gen­ge­setzten Weg. Er ist in Saudi-Arabien und hat ver­kündet, er wolle nun eine inter­na­tionale Koalition gegen den Iran unter Ein­be­ziehung von euro­päi­schen und asia­ti­schen Ländern schmieden. Erin­ne­rungen an die „Koalition der Wil­ligen“ gegen den Irak werden wach. Der Spiegel schrieb dazu:
„US-Außen­mi­nister Mike Pompeo sprach von „einer Koalition, die sich nicht nur über die Golf­staaten erstreckt, sondern auch über Asien und Europa“. Diese solle bereit sein, den „größten Sponsor des Terrors auf der Welt“ zurück­zu­drängen, sagte Pompeo vor einer Reise nach Saudi-Arabien und in die Ver­ei­nigten Ara­bi­schen Emirate. Mit beiden Ländern will er über eine gemeinsame Linie in der Iran-Frage reden.“
Bleibt die Frage, ob Trump seine Linie durch­halten kann, oder ob die Falken eine Situation her­bei­führen können, in der sie Trump in einen Krieg zwingen können. Das mag merk­würdig klingen, aber ich hoffe, dass Trump in seinen Taten so besonnen bleibt und es mit Tiraden auf Twitter bewenden lässt. Wobei: In den letzten Tagen ist Trump zum Thema Iran auf Twitter auch sehr zurück­haltend gewesen. 


Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“