Ich habe immer wieder darüber berichtet, dass die Falken um Außenminister Pompeo und Sicherheitsberater Bolton Trump mit allen Mitteln in einen neuen Krieg treiben wollen. Zuletzt konnte man das sehen, als es um den schon angeordneten „Vergeltungsschlag“ der USA gegen den Iran ging, den Trump in letzter Minute abgeblasen hat.
Man könnte das für eine Verschwörungstheorie halten, aber Trump selbst hat es in einem Interview mit Meet the Press offen zugegeben:
„Ich habe Tauben und ich habe Falken. Ja, ich habe einige Falken. John Bolton ist ein absoluter Falke. Wenn es nach ihm ginge, würde er die ganze Welt auf einmal nehmen, okay? Aber das ist egal, weil ich beide Seiten will. Einige Leute fragen, warum ich dagegen war, in den Irak zu gehen. Ich war immer dagegen, schon Jahre, bevor es passierte. Aber ich war eine Privatperson, ich hatte damit nichts zu tun. Ich war dagegen, in den Mittleren Osten zu gehen. Wir haben bisher 7 Billionen Dollar im Mittleren Osten ausgegeben.“
Gleichzeitig versucht Trump, was viele kaum glauben können, auch verbal zu deeskalieren. Er macht dem Iran Verhandlungsangebote und vor allem spielt er die Vorfälle im Golf herunter. Er weiß genau, dass es die Amerikaner nicht verstehen würden, wenn ein Präsident die Interessen der USA nicht auch mit Waffengewalt verteidigen würde. Daran hat man sich dort gewöhnt, man erwartet es regelrecht, und ein Präsident, der dazu nicht bereit ist, wird als schwach angesehen. Das kann sich Trump, der nächstes Jahr die Wiederwahl gewinnen will, nicht erlauben.
Daher definiert er derzeit einfach die US-Interessen neu. So hat er verkündet, dass der Abschuss einer Drohne kein Kriegsgrund ist, es seien ja keine US-Soldaten zu Schaden gekommen. Und auch der Öltransport durch die Straße von Hormus sei für die USA völlig unwichtig. In einem Tweet schrieb Trump:
„China bekommt 91% seines Öl aus dem Golf, Japan 62% & und mit vielen Ländern ist es ähnlich. Also schützen wir Schifffahrtswege für andere Länder (viele Jahre lang) für Null Kompensation. Alle diese Länder sollten ihre eigenen Schiffe schützen, was …(zweiter Tweet beginnt)… immer eine gefährliche Reise war. Wir müssten nicht mal mehr dort sein, denn die USA sind (jetzt) der größte Produzent von Energie auf der Welt! Was die USA vom Iran verlangen, ist sehr einfach: Keine Nuklearwaffen und keine weitere Finanzierung von Terror!“
Trump deeskaliert also und nimmt den Falken immer mehr Möglichkeiten, ihn wegen angeblicher US-Interessen in einen Krieg zwingen zu können. Selbst wenn in der Straße von Hormus nun ein Tanker versenkt wird, kann Trump sagen „Interessiert uns nicht, sollen sich die Chinesen, Japaner und Europäer drum kümmern!“
Die werden das vor allem kurzfristig kaum leisten können und wollen, zumal dort ein Schutz der Schifffahrt ja auch gar nicht nötig wäre, wenn die USA nicht die Lage laufend verschärfen würden. Und die USA werden ihre Truppen nicht morgen aus der Region abziehen, aber Trump hat damit den Falken geschickt einen Vorwand genommen, ihn in einen Krieg zu zwingen, den er nicht will.
Und der Iran scheint den Ball aufzunehmen, denn auch von dort kommen recht moderate Töne. Der Iran macht deutlich, dass er seine Grenzen schützen wird, hat aber mit der Tatsache, dass er ein US-Spionageflugzeug, das im iranischen Luftraum war, nicht abgeschossen hat, ein Signal an Trump gesandt. Der Iran will auch keine Eskalation und keinen Krieg.
Nun bleibt die Frage, wie man aus der Situation herauskommt, zumal während die US-Falken weiter zündeln.
Der Iran will erst mit den USA verhandeln, wenn diese sich wieder an das einseitig gebrochene Atomabkommen halten. Das wird Trump kaum tun können, ohne das Gesicht zu verlieren. Er macht dem Iran aber immer neue Gesprächsangebote. Der US-Sondergesandte für den Iran teilte mit, dass man mit dem Iran ein umfassendes Abkommen verhandeln möchte, das sowohl die Frage der Atomtechnik, der Raketentests und der Menschenrechte mit einschießt. Danach würde man die Sanktionen sofort aufheben.
Für den Iran ist das so sicherlich nicht annehmbar, aber wie auch immer geartete Gespräche könnten den Falken den Wind weiter aus den Segeln nehmen und einen Weg aufzeigen, wie man die Situation zumindest ein wenig deeskalieren könnte. Und das scheinen sowohl der Iran, als auch Trump zu wollen.
US-Außenminister Pompeo geht hingegen heute wieder den entgegengesetzten Weg. Er ist in Saudi-Arabien und hat verkündet, er wolle nun eine internationale Koalition gegen den Iran unter Einbeziehung von europäischen und asiatischen Ländern schmieden. Erinnerungen an die „Koalition der Willigen“ gegen den Irak werden wach. Der Spiegel schrieb dazu:
„US-Außenminister Mike Pompeo sprach von „einer Koalition, die sich nicht nur über die Golfstaaten erstreckt, sondern auch über Asien und Europa“. Diese solle bereit sein, den „größten Sponsor des Terrors auf der Welt“ zurückzudrängen, sagte Pompeo vor einer Reise nach Saudi-Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate. Mit beiden Ländern will er über eine gemeinsame Linie in der Iran-Frage reden.“
Bleibt die Frage, ob Trump seine Linie durchhalten kann, oder ob die Falken eine Situation herbeiführen können, in der sie Trump in einen Krieg zwingen können. Das mag merkwürdig klingen, aber ich hoffe, dass Trump in seinen Taten so besonnen bleibt und es mit Tiraden auf Twitter bewenden lässt. Wobei: In den letzten Tagen ist Trump zum Thema Iran auf Twitter auch sehr zurückhaltend gewesen.
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet, bevor er sich entschloss, sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg niederzulassen. Er lebt insgesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite www.anti-spiegel.ru. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt?“