Von Peter Helmes
Rot-grün-rote Wünsch-Dir-was-Regierung in Bremen – SPD verantwortungslos
Machen wir es kurz: In Bremen „steht“ die neue rot-grün-rote Koalition zwar, aber auf sehr dünnen und wackeligen Beinchen. Über Geld hat man gar nicht erst gesprochen, aber kräftig „Wohltaten“ beschlossen – die wer wohl zahlt?! Bremen hat schon in der Vergangenheit kräftig mehr Geld ausgegeben als eingenommen, aber das Instrument des Länderfinanzausgleichs (LFA) hält für das Land, das eher ein großes Dorf ist, wieder mal die Wundertüte bereit.
Wieviel Blindheit ist da nötig? Bremen ist fast immer Schlußlicht bei allen Vergleichen, ob Arbeitslosigkeit, Kriminalität oder Bildungsniveau etc. Es erscheint aussichtslos, in Bremen auf eine grundlegende Besserung zu hoffen, zumal die (wieder mitregierende) SPD keinerlei Selbsterkenntnis zeigt. Seit Jahrzehnten treiben die Sozis die Hansestadt haarscharf am finanziellen Ruin vorbei, denken aber gar nicht daran, nach der krachend verlorenen Wahl die Konsequenzen zu ziehen. Der Klebstoff „Macht“ überdeckt jeden Anstand. Und das bequeme Überleben sichert schließlich die wie selbstverständlich einkalkulierte Solidarität des Bundes und der „reichen“ Bundesländer.
Man hat sich dort ganz gemütlich in der Hängematte des Länderfinanzausgleichs eingerichtet und hält wie weiland bei den Sterntalern das Röckchen hoch, damit die Subventionstaler der „reichen“ Länder in reichem Maße hineinpurzeln. Es scheint niemand darüber nachzudenken, wie man Bremen auf eigene Beine stellen kann. Warum auch? Die Taler prasseln auch so hernieder.
Droge Länderfinanzausgleich
Es ist eine alte Klage, die die deutsche Föderation seit Anfang begleitet – nämlich das Gestrüpp des Bund/Länder-Finanzausgleichs. Der ist trotz aller „Reformansätze“ weiterhin so undurchsichtig wie undurchdringlich und wirkt wie eine Droge, da er süchtig macht nach anderer Länder Geld. Er wird zwar abgeschafft, aber der falsche Mechanismus bleibt: Wer nicht spart, wird belohnt.
Eigentlich sollte das Finanzgeflecht zwischen Bund, Ländern und Gemeinden dafür sorgen, daß die Lebensverhältnisse in Deutschland gleichwertig sind. Das wäre ein echter Länderfinanzausgleich (im weiteren Text „LFA“ abgekürzt). Ein solcher ist im Grundgesetz festgelegt und historisch gewachsen, er war aber auch stets ein ständiger Stein des Anstoßes und des Bund/Länderstreits.
Selbst das BVG hat schon darauf hingewiesen, daß der LFA eigentlich keine Causa für das Gericht sei, sondern politisch entschieden werden müsse. Schließlich kann selbst das höchste deutsche Gericht das Spannungsfeld des Fö®deralismus kaum auflösen. Die Länder, als Teil des Bundes, sind nun ´mal gegenseitig abhängig, auch finanziell.
Der derzeitige Länderfinanzausgleich war und ist ungerecht, leistungsfeindlich und wohl auch verfassungswidrig. Viele Nehmerländer haben sich wohlig in der föderalen Solidar-Hängematte als Empfänger eingerichtet.
Solidarität ist aber keine Einbahnstraße, sondern beruht auf Gegenseitigkeit:
Die „reichen“ Länder (Geberländer) unterstützen die schwächeren (Nehmerländer); die sind im Gegenzug verpflichtet, zu sparen und ihre Schulden zurückzufahren.
Das System ist für die Nehmerländer ausgesprochen kommod. Sie kriegen das Geld, das sie benötigen, und können trotzdem voll mitbestimmen, was der Bund und die Geberländer hinzublättern haben. Diese starke Stellung verdanken die Bundesländer in Deutschland dem Bundesrat. Dort sitzen im Streitfall zwölf Nehmerländer gegen vier Geberländer. Die Mehrheit ist also von vorneherein klar.
Aus der föderalen Solidargemeinschaft durch Finanzausgleich wird letztlich eine lupenreine Transfer-Gesellschaft, und die immer wieder gelobte „Solidarität“ wird ständig ad absurdum geführt. Dies gefährdet letztlich den Föderalismus in einem unerträglichen Maß. (Daß dieser Wahnsinn Methode hat, zeigt sich besonders bei der europäischen Transfer-Union, aber auch bei der rein innerdeutschen Betrachtung des LFA.)
Ein besonders abschreckendes Beispiel sieht man in Berlin: Dort wurden unter Wowereit (und Nachfolger) munter Sonderausgaben im Sozial- und (Flug-)Verkehrsbereich beschlossen – „liebkind“ gemacht – für die das Geld vorne und hinten fehlt. Über den LFA holt man sich das dann ungeniert rein. Bei einer solchen „Gesetzmäßigkeit“ darf man sich über die hessische oder bayerische Wut nicht wundern; denn diese Länder, nebst Baden-Württemberg, müssen diese Frechheit per LFA finanzieren. Hier wird die in einem Föderalstaat geforderte und notwendige Solidarität mit Füßen getreten – aber nicht geahndet.
LFA – ein realpolitischer Wahnsinn
Der Bund wird weiterhin in noch größerem Maße die Melkkuh spielen – wobei nicht einmal klar ist, was er dafür bekommt. Das Spiel ist nämlich schon alt und für die Bundesländer bewährt: Sie ließen sich schon früher Lösungen nur teuer abkaufen, nachdem sie in den Verhandlungen ihr ganzes Erpressungsarsenal auffuhren.
Sagen wir es deutlich: Den Ländern geht es nur ums liebe Geld, aber ganz gewiß nicht darum, mehr zu sparen.
Zugespitzt ausgedrückt, bedeutet das Prinzip des LFA:
► Strengt sich ein Nehmerland nicht an und macht höhere Schulden, als es seine Lage eigentlich zuläßt, wird es aus dem Topf des Finanzausgleichs „belohnt“.
► Strengt sich ein Geberland an zu sparen und weniger Schulden zu machen, wird es „bestraft“ und muß als „Belohnung“ mehr an den Ausgleichstopf abgeben.
Dieser Mechanismus ist realpolitischer Wahnsinn. Die eigentlich gewollte Solidarität der Bundesländer untereinander verkommt zu einem Akt der puren Umverteilung. Wer mehr hat als der Durchschnitt, muß abgeben, auch wenn das nehmende Land seine Misere selbst verschuldet hat. Ob sich das bei der Neuregelung 2020 ändert, bleibt abzuwarten, dürfte aber als „Prinzip“ weiterbestehen.
Dieses Prinzip bietet selbstredend den über ihre Verhältnisse lebenden Bundesländern nicht nur keinerlei Anreiz zu soliderer Haushaltsführung, sondern ist eher ein System organisierter Verantwortungslosigkeit.
Abschreckende Beispiele liefern etliche Bundesländer, ganz besonders Berlin, Bremen und Rheinland-Pfalz – alle seit Jahren sozialistisch regiert – , die zwar ohne den LFA nicht lebensfähig wären, aber munter Geld versenken. So kann sich Berlins Regierender Bürgermeister beruhigt zurücklegen. Die Milliarden – „wieviele, weeß ick nich“, sagte einst Wowi) – versenkter Flughafen-Kosten werden selbstredend über den LFA „ausgeglichen“.
Der (damalige) Pfälzer Kollege Beck, der sowieso ein dickes Fell hat, grämte sich ebenfalls nicht sonderlich über die am Nürburgring unwiederbringlich versenkten rd. 350 Mio. Euro Steuergelder oder ein paar Milliönchen für ein Schloßhotel vor seiner Haustür in der Pfalz – dank LFA.
Ein Wahnsinn, gegen den bisher die drei großen Geberländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen, die sich so manchen Luxus der Nehmerländer selbst nicht leisten wollen, Sturm liefen. Sie stellen den Länderfinanzausgleich als Prinzip nicht infrage, sondern fordern ein Instrumentarium, das sparsames Haushalten in einem Bundesland belohnt, unsolides Haushalten aber bestraft. Die gegenseitige Hilfe als Prinzip ist im Grundgesetz festgelegt. Dieses Prinzip wird auch nicht infrage gestellt. Aber die Länder, die zu wenig sparen oder zu hohe Schulden eingehen, sollten dann weniger aus dem Ausgleichstopf erhalten.
Kommunen zunehmend belastet
Nur der Vollständigkeit halber sei noch auf ein weiteres, alarmierendes Ergebnis der allgemeinen Haushaltsnot bei Bund und Ländern hingewiesen, für dessen tiefere Betrachtung hier nicht der Platz ist: Bund und Länder beschließen zunehmend neue Gesetze, deren Lasten überwiegend auf die Kommunen abgewälzt werden. Denen steht, bis auf wenige Vorzeigeausnahmen, das Wasser aber schon bis weit über den Kragen. Leidtragende sind letztlich die Bürger, die auf immer mehr kommunale Leistungen verzichten müssen. Es ist eben wie im richtigen Leben: Den Letzten beißen die Hunde. Wobei man zynisch ergänzen mag, den Kommunen bliebe ja immer noch die Möglichkeit, die Hundesteuer zu erhöhen. Gelebte Solidarität sieht nun wirklich anders aus (siehe auch: https://www.deutschlandfunk.de )
Der Teufel steckt im Detail, was man an zwei unterschiedlichen Beispielen erkennt: Rund ein Viertel der Kommunen in Deutschland stehen laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung am Rand der Zahlungsfähigkeit. Und wie in vielen Bereichen nimmt dabei die Ungleichheit zu. Das heißt: Reiche Regionen bleiben reich oder werden noch reicher, ärmere Regionen rutschen weiter ab. Erschwerend kommt hinzu, daß immer noch nicht geklärt ist, wie die Kosten für die Versorgung der Flüchtlinge verteilt werden sollen. Hier versagt der Länderfinanzausgleich ganz offensichtlich.
Das zweite Beispiel ist ebenso deutlich: Ob der LFA tatsächlich ein adäquates Mittel ist, damit sich Lebensverhältnisse angleichen, ist umstritten. René Geißler von der Bertelsmann-Stiftung:
„Was wir beobachten – und das ist die desillusionierende Erkenntnis aus 25 Jahren Aufbau Ost -, dass es nur sehr schwer möglich ist von staatlicher Seite, die Entwicklung wirtschaftlicher Strukturen zu lenken. Wir haben in den letzten 25 Jahren mit hunderten Milliarden Euro versucht, Wirtschaftsförderung in Ostdeutschland zu betreiben, durchaus mit Erfolgen. Aber nichtsdestotrotz ist die Steuerkraft heute in Ostdeutschland nur bei 50 bis 60 Prozent des westdeutschen Durchschnitts. Und das führt dann am Ende auch wieder zu den hohen Zahlungen im Länderfinanzausgleich.“ (Quelle: DLF 8.9.15 sowie https://www.deutschlandfunk.de)
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Einschub: Anmerkung zum LFA
Das System des LFA ist kompliziert und orientiert sich an verschiedenen Faktoren wie Steuereinnahmen, Finanzkraft und landesspezifischen Gegebenheiten. Im LFA öffnet sich seit vielen Jahren eine Schere zwischen finanzstarken und finanzschwachen Ländern. Das wurde durch den Einbezug der neuen Länder mit ihrer anfangs besonders schwachen Wirtschafts- und Finanzkraft extrem verschärft.
Für 2014 ergaben die Zahlen einen Finanzfluß von neun Milliarden Euro, der im Ausgleichssystem rotiert. Bayern hat mit 4,8 Milliarden Euro die größte Summe eingezahlt. Dahinter folgen Baden-Württemberg, Hessen und Hamburg. Am stärksten profitiert Berlin mit 3,5 Milliarden Euro aus dem Länderfinanzausgleich, den zweiten Rang der Nehmerländer belegt das Bundesland Sachsen.
2015 zahlten nur vier Länder in den Ausgleich ein, der Freistaat Bayern 5,5 Milliarden Euro, Baden-Württemberg 2,3, Hessen 1,7 Milliarden und Hamburg 112 Millionen Euro. Größtes Empfängerland war Berlin mit 3,6 Milliarden. Die ostdeutschen Flächenländer erhielten 2015 zusammen 3,2 Milliarden Euro, darunter allein Sachsen 1 Milliarde Euro.
2017 wurden 11,2 Milliarden Euro umverteilt, 5,3 Prozent mehr als 2016. Berlin erhielt davon 4,2 Milliarden Euro, 37,8 Prozent der Gesamtsumme. Am meisten zahlten Bayern (5,89 Mrd.) – das allerdings noch bis zur Deutschen Einheit selbst Empfängerland war – sowie Baden-Württemberg (2,8 Mrd.) und Hessen (2,5 Mrd.)
*) Quelle: http://www.deutschlandfunk.de
LFA wird abgeschafft
Der derzeitige LFA basiert auf dem Maßstäbegesetz und dem Finanzausgleichsgesetz in der Fassung von 2005. Da beide Gesetze mit Ablauf des 31. Dezember 2019 außer Kraft treten, läuft das geltende System 2019 aus.
Dann ist auch Schluß mit dem Solidarpakt II für den Aufbau Ost. Hinzu kommt die schärfere Schuldenbremse im Grundgesetz: Spätestens von 2020 an dürfen Länder in Normal-Zeiten keine neuen Kredite mehr aufnehmen. Im Kern setzten sich die Länder mit ihren Vorstellungen durch. Der Bund sicherte sich im Gegenzug aber neue Kompetenzen.
Bund und Länder haben sich nach jahrelangen Verhandlungen auf einen neuen Finanzpakt geeinigt. Vom Jahr 2020 an sollen neue Regeln bei der Umverteilung der Milliarden-Hilfen unter „reichen“ und „armen“ Ländern sowie zwischen Bund und Ländern gelten. Das zwischen Kanzlerin Angela Merkel und den 16 Ministerpräsidenten ausgehandelte Paket sieht jährlich leicht steigende Hilfen des Bundes vor, aber auch mehr Kompetenzen für den Bund.
Bei dem erzielten Kompromiß setzten sich vor allem die Länder mit ihren Vorstellungen durch: Ihrem Wunsch entsprechend wird der Länderfinanzausgleich, wie er heute besteht, abgeschafft. Heißt: Die Länder gleichen ihren Reichtum und ihre Armut künftig nicht mehr untereinander aus – diese Aufgabe übernimmt der Bund. Dafür erhalten die Länder bei der ihnen zustehenden Umsatzsteuer entsprechende Zu- und Abschläge, die sich an der Finanzkraft der Länder orientieren.
Durch die Neuregelungen wird der Bund ab 2020 den Ländern jährlich gut 9,5 Milliarden Euro mehr überweisen als bisher. Diese setzen sich zusammen aus den Umsatzsteueranteilen in Höhe von vier Milliarden Euro und diversen anderen Zuweisungen. Die Länder hatten knapp 9,7 Milliarden Euro gefordert. Der Bund wollte ursprünglich nur 8,5 Milliarden Euro zahlen.
(Einschub Ende)
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Bremer rot-grüne Träume verbrennen unser Geld
Inzwischen weiß auch der Letzte in unserer Republik, daß Bremen ohne die Hilfe des Bundes und anderer Bundesländer pleite wäre. Trotzdem werden dort weiterhin neue Schulden gemacht. Und die in der neuen Koalition beschlossenen Ausgaben werden auch nicht mit Phantasie-Groschen zu bezahlen sein, sondern nur mit dem hart erwirtschafteten Geld in anderen Ländern.
Die (frühere) Bremer Finanzsenatorin Karoline Linnert gab einmal einen tiefen Einblick in die grüne Spar-Seele:
In ihren ersten 5 Jahren Amtszeit waren die hansestädtischen Schulden um etwa 5 Milliarden Euro gestiegen. „Die vom Senat vorgegebene Einsparquote für die Zahl der Beschäftigten wurde im Jahre 2010 verfehlt“, stellte damals der Rechnungshof des Landes lapidar fest. Für 2011 sah es nicht besser aus. Und was sagte die grüne Senatorin dazu?
„…Ich lasse mir von niemandem sagen, daß ich unsere Sparzusagen nicht erfülle und dadurch die jährlichen Hilfen von 300 Millionen Euro im Jahr gefährde. Aber ich spare hier nicht alles kaputt…“ (FAZ 15.10.12).
Die Dame zeigte Chuzpe – oder wie soll man das nennen? Fiel ihr auch nicht schwer; denn Bremen hing schon damals und hängt auch heute sowieso am Tropf des Länderfinanzausgleichs, den Frau Linnert mit den Worten feierte:
„…Der Länderfinanzausgleich ist ein Rechtsanspruch, der sich aus dem Grundgesetz ableitet…“ Und dann wurde Linnert deutlich schärfer (FAZ):
„…Außerdem habe ich einfach ein anderes Gesellschaftsbild als Sie. Wer es geschafft hat, in diesem Land reich zu werden, für den sollte es Ehrensache sein, etwas zurückzugeben. Oder anders gesagt: Wenn manche Leute so reich werden können, sind die Steuern offensichtlich zu niedrig…“
So einfach geht also grüne Finanzpolitik. Und es sieht absolut nicht danach aus, daß sich diese Mitnehm-Mentalität im neuen Bremer Senat ändern wird. Denn der neue Koalitionsvertrag liest sich wie eine links-grüne Utopie: „Wir machen die Welt bunt, so wie sie uns gefällt…“
Und das heißt z. B. etwas konkreter:
- autofreie Innenstadt
- Ausstieg aus der Kohleverstromung
- Prüfung der Vorhaben der Regierung auf ihre Klimafreundlichkeit hin
- Energetische Sanierung der alten und Neubau von Schulen
- Der ÖPNV soll billiger werden, angestrebt ist „kostenlos“
- Eintritt für Kinder für einen Euro ins Freibad
- Die Quote der Betreuungsplätze für unter Dreijährige soll auf 60 Prozent steigen
- Ein eigenes Programm für Alleinerziehende
und, und, und…
Motto: Tischlein, deck Dich, Goldesel (Steuerzahler), streck Dich. Das ist also die alte und neue Bremer Sorglos-Mentalität, ganz wie in Berlin.
Ich bin ein überzeugter Föderalist und Gegner eines Zentralstaates. Aber deshalb bin ich nicht blind und blöd: Wenn diese Mentalität weiter um sich greift, hat der Föderalismus bald ausgedient.