Ich habe gestern bereits geschrieben, dass die aktuellen Maßnahmen des Iran nicht gegen das Atomabkommen verstoßen. Um nicht alles zu wiederholen, verweise ich hier auf den gestrigen Artikel, in dem ich das mit Bezug auf den Text des Atomabkommens erklärt und den Text auch verlinkt habe. Der entscheidende Artikel im Abkommen ist Artikel 26, in dem unter anderem geregelt ist, was der Iran tun darf, wenn ein Vertragspartner Sanktionen gegen den Iran verhängt, was die USA getan haben.
Ich werde hier nun die heutige Erklärung des Iran übersetzen. Der Text stammt von russischen Medien und Nachrichtenagenturen, die über die Presseerklärung aus Teheran übereinstimmend berichtet haben. Ich kann keine deutschen Medien zitieren, weil die schlicht gar nicht darüber berichten.
Der iranische Regierungschef Rohani trat heute vor die Presse und sagte unter anderem folgendes:
„Die EU muss sich entscheiden, ob Sie das Atomabkommen unterstützt oder nicht. Wenn Sie es unterstützen, sollte jeder seine Verpflichtungen so gut einhalten, wie der Iran. (…) Teheran hat ein ganzes Jahr darauf gewartet, dass die übrigen Parteien des Abkommens ihre Verpflichtungen erfüllen. (…) Wir haben die Grenze von 300 kg Uran überschritten und werden weiterhin die Erfüllung unserer Verpflichtungen reduzieren, weil wir das Atomabkommen erhalten wollen. Deshalb sagen wir, dass wir, sobald die anderen Vertragsparteien ihre Verpflichtungen erfüllen, zur 300-kg-Grenze zurückkehren werden. Da andere Vertragsparteien ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, beschränken auch wir die Umsetzung der Bestimmungen des Atomabkommens, um das Gleichgewicht im Rahmen der Erfüllung des Abkommens zu erhalten. Wir raten der EU und der Vereinigten Staaten, einen vernünftigen Ansatz zu verfolgen und zu dem Abkommen zurückzukehren und die Resolutionen des UN-Sicherheitsrates zu respektieren und die Umsetzung des Atomabkommens gemeinsam fortzusetzen.“
Wie ich in dem oben verlinkten Artikel von gestern für jeden überprüfbar belegt habe, handelt Iran mit seiner Reaktion auf die Sanktionen der USA und auf die Nichtumsetzung ihrer Verpflichtungen durch die EU im Rahmen dessen, was dem Iran im Abkommen erlaubt ist. Daher hat Rohani mit seinen Aussagen in der Sache Recht, wenn er die EU dazu auffordert, endlich ihre übernommenen Verpflichtungen zu erfüllen.
Die deutschen Medien berichten über diese Fakten nicht und sprechen stattdessen empört von einem „Ultimatum“ des Iran an die EU. Das klingt so, als tue der Iran etwas unverschämtes. In Wahrheit fordert der Iran von der EU aber nur ultimativ, sich endlich an einen geschlossenen Vertrag zu halten. Welch eine Unverschämtheit vom Iran!
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet, bevor er sich entschloss, sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg niederzulassen. Er lebt insgesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite www.anti-spiegel.ru. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt?“