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WZB-Studie zum Zusam­menhang zwi­schen Zuwan­derung und Wachstum von Armuts­vierteln nicht poli­tisch korrekt genug

Die Faz berichtete am 17. Juli von einer sehr detail­lierten Studie des WZB (Wis­sen­schafts­zentrum Berlin für Sozi­al­for­schung), die sich mit der Frage beschäftigt, wie sich die Zuwan­derer nach Deutschland in den ver­schie­denen sozialen Räumen in den Städten ver­teilen. Der Unter­su­chungsraum bewegt sich zwi­schen 2014 und 2017. Die Studie selbst ist nicht im Netz zu sehen. In einer Pres­se­mit­teilung vom 5. Juni gibt das WZB eine Zusam­men­fassung in dürren Worten und ver­weist auf das „Dis­cussion Paper“.
In dessen Ein­leitung steht zu lesen:
„In diesem Beitrag unter­suchen wir, wie die sozi­al­räum­liche Ver­teilung von Zuwan­derern in den
Jahren 2014 bis 2017 in den deut­schen Städten aussah: Inwieweit hängt die räum­liche Verteilung
von Aus­ländern in diesem Zeitraum mit der sozialen Lage der Stadt­teile (gemessen über die SGB-IIQuoten 2014) zusammen? Für die Unter­su­chung greifen wir auf Daten aus 86 deut­schen Städten mit­in­s­gesamt 3.770 Stadt­teilen zurück. Die Mehrzahl stammt aus der Innerstädtischen
Raum­be­ob­achtung des Bun­des­in­stituts für Bau‑, Stadt- und Raumforschung.“
Inter­es­san­ter­weise berichtet die Faz zwar sachlich und folgt dem Tenor der Studie/des Dis­cussion Papers, offenbar aber haben die beiden Autoren der Studie keinen großen Hehl daraus gemacht, dass die Politik eine Studie in Auftrag gab, die von einem renom­mierten Institut stammen musste – der Glaub­wür­digkeit wegen —  aber gefäl­ligst zu poli­tisch kor­rekten und gewünschten Ergeb­nissen kommen sollte.
Die Ungeduld der Politik dränge auf Ergeb­nisse, mög­lichst schnell sollten sie vor­liegen. Und die Studie sollte, so schreibt die Faz, „den Nachweis erbringen, dass die Flücht­linge sich rasch inte­grieren würden, dass sie die deutsche Gesell­schaft nicht über­for­derten und sich in ihrer sozialen Schichtung dieser Gesell­schaft bald angleichen würden.“
In der gege­benen Zeit konnten die beiden Stu­di­en­au­toren, Marcel Helbig, Pro­fessor für Bildung und soziale Ungleichheit am WZB und an der Uni­ver­sität Erfurt sowie Ste­fanie Jähnen,  Pro­mo­ti­ons­sti­pen­diatin am WZB in der Pro­jekt­gruppe der Prä­si­dentin, natürlich noch keine gül­tigen Aus­sagen zu der Inte­gration der Flücht­linge machen. Aller­dings gibt es erste, schon weit­gehend valide Erkennt­nisse „und die zeichnen ein ernüch­terndes, teil­weise sogar ent­mu­ti­gendes Bild der deut­schen Integrationsgesellschaft“.
Es wurde bald deutlich, bemerkten die beiden Wis­sen­schaftler, dass nicht alle Ant­worten, die die Unter­su­chung ergab, von den Auf­trag­gebern erwünscht waren.
Welche Überraschung.
Was wir aus der Eile und dem Druck aus der Politik und der Reaktion auf „uner­wünschte Ergeb­nisse“ ent­nehmen können, sind mehrere Punkte.
Zum Ersten: Die Politik bekommt es mit der Angst zu tun. Man hat offen­sichtlich in den Elfen­bein­türmen der Macht ganz oben bis in die Nie­de­rungen der Par­tei­po­litik hin­unter allen Ernstes geglaubt, da kommen Unmengen bil­liger Arbeits­kräfte nach Europa, die sich alle auf unter­be­zahlte Stellen stürzen und ackern, wie die Mulis. Und dass eine beträcht­liche Anzahl gut Aus­ge­bil­deter kommt, die auch in mitt­leren Berufen durch Dum­ping­löhne das all­ge­meine Lohn­niveau drücken werden, den teuren, ver­wöhnten, deut­schen Arbeit­nehmern den Rang ablaufen und der Industrie billige Arbeits­kräfte bescheren.
Zum Zweiten denkt man wohl in Berlin, man könnte mit einer zurecht­ge­bo­genen Studie dem blöden popu­lis­ti­schen Pack allen Ernstes weis­machen, es liefe doch alles ganz prima und wir schaffen das. Die Zuwan­derer inte­grieren sich, noch zwei Jährchen und Mohammed und Laila sind von Hans und Grete nur noch durch einen dunk­leren Teint zu unter­scheiden. Soviel Rea­li­täts­ferne ist schon beein­dru­ckend. Viel­leicht sollte die Studie aber auch den Mas­sen­medien als Argu­men­ta­ti­ons­hilfe dienen, wie das schon oft der Fall war.
Zum Dritten scheinen auch die Sozi­al­wis­sen­schaftler und Sozio­logen langsam genug davon zu haben, dass sie schön­reden sollen, was nicht schön zu reden ist und geben ihrem Ärger darüber auch Luft.
Zum Vierten wird in den auf­ge­führten Fakten son­nenklar, dass die aller­meisten Zuwan­derer ziemlich umstandslos in den sozialen Netzen landen und die meisten dem­entspre­chend in solchen Vierteln leben, wo bil­liger Wohnraum zu bekommen ist und wo ihre Lands­leute und Groß­fa­milien schon wohnen. Wer im wahren Leben lebt, weiß auch ohne Studie, dass sich das zwangs­läufig ergibt und einfach menschlich ist. Wenn Ali oder Mohamad hier in Deutschland ankommt, dann hat er schon eine Adresse, wo ein paar Ver­wandte wohnen und ihn erst einmal auf­nehmen. Dass diese Ver­wandten sich natürlich in ihrem sozialen Umfeld nach einer Wohnung für Ali und Mohamad umsehen und diese Wohnung nicht im Upper-Class-Vil­len­viertel ist, sondern eine Straße weiter, liegt auch nahe.
Sehr hübsch auch dieses wis­sen­schaft­liche Ergebnis:
„Auch zeigt sich, dass dieser Effekt in Ost­deutschland stärker aus­ge­prägt ist als in west­deut­schen Städten. Hier wie dort lasse sich außerdem ein „posi­tiver linearer Zusam­menhang“ zwi­schen der SGB-II-Quote und Aus­län­der­an­teilen fest­stellen: Je mehr Hartz-IV-Emp­fänger, desto mehr Migranten.“
Oder auch: Je mehr Migranten hin­zu­ziehen, umso mehr HartzIV-Emp­fänger gibt es in dem Stadtteil. Was ist zuerst da, die Henne oder das Ei?
Und dass die Schutz­su­chenden von der staat­liche Stütze zwar gut leben können, aber eben kein schickes Haus mieten, dürfte auch nicht allzu schwer zu ver­stehen sein. Die Studie ist eigentlich von Anfang an für die Füße gewesen.
Die Frage der Faz ist daher wohl rein rhetorisch:
„Hat die Zuwan­derung also tat­sächlich zu einer „Armuts­ballung“ in den deut­schen Städten bei­getragen? Die Daten der WZB-For­scher lassen an diesem Befund keinen Zweifel zu.“

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Jeden­falls werden die beiden Wis­sen­schaftler recht deutlich:
„So kamen 2016 zwar rund 722.000 Asyl­be­werber nach Deutschland, aber eben­falls fast 800.000 EU-Bürger. Dabei han­delte es sich häufig um Arbeits­kräfte etwa aus Bul­garien und Rumänien, die in Deutschland nur ein­fache Hilfs­tä­tig­keiten über­nehmen können.
Die Zuwan­derung nach Deutschland ist auch deshalb im Wesent­lichen eine Armuts­zu­wan­derung, und das schlägt sich in den Zahlen der Studie nieder: Der Anstieg der Aus­län­der­an­teile in sozial sehr ungüns­tigen Vierteln der unter­suchten Städte war dreimal so hoch wie in den deutlich bes­ser­ge­stellten. Auch zeigt sich, dass dieser Effekt in Ost­deutschland stärker aus­ge­prägt ist als in west­deut­schen Städten. Hier wie dort lasse sich außerdem ein „posi­tiver linearer Zusam­menhang“ zwi­schen der SGB-II-Quote und Aus­län­der­an­teilen fest­stellen: Je mehr Hartz-IV-Emp­fänger, desto mehr Migranten. In der Gesamt­schau, so die beiden WZB-For­scher, ent­wi­ckelt sich die deutsche Gesell­schaft dadurch sozi­al­räumlich weiter auseinander.“
Hier erfahren wir, dass die Zuwan­derung nach 2015 eben nicht stark zurück­ge­gangen ist, sondern dass über 1,5 Mil­lionen Zuwan­derer ins­gesamt allein in 2016 kamen – und nicht nur fast zwei Mil­lionen in den ganzen Jahren. Und diese Zahl ist nur die offi­zielle. All die illegal Ein­ge­wan­derten sind in dieser Zahl nicht ent­halten. Man wird wahr­scheinlich nicht falsch liegen, wenn man von ins­gesamt mehr als drei Mil­lionen Migranten nach Deutschland hinein ausgeht.