Sach­senwahl – Das Urteil zu den Lis­ten­plätzen der AfD zerlegt den Rechts­staat endgültig

Gegen die AfD ist jedes Mittel erlaubt. Geht es im Bun­destag „nur“ um alte Tra­di­tionen, die über den Haufen geworfen werden – Ver­wei­gerung des Amtes als Alters­prä­sident bzw. Bun­des­tags­vi­ze­prä­sident – spricht das Urteil des säch­si­schen Ver­fas­sungs­ge­richtshofs dem Recht nur noch Hohn.

Sogar Rechts­experten der Grünen haben fest­ge­stellt, dass die Aberkennung von Lis­ten­plätzen der AfD nicht mit gül­tigem Recht ver­einbar ist. Dennoch hat das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt einen Eil­antrag der AfD abge­lehnt – wegen Form­fehlern. Der säch­sische Ver­fas­sungs­ge­richtshof hat nun ein vor­läu­figes Urteil gefällt, das mit Recht nichts mehr zu tun hat. Von 43 abge­lehnten Lis­ten­plätzen sollen nun 12 doch in Ordnung sein. Die AfD darf jetzt nicht nur mit 18, sondern mit 30 Lis­ten­kan­di­daten antreten, bis Mitte August ein end­gül­tiges Urteil gesprochen wird. Warum 30? Warum nicht 31 oder alle 61? Was unter­scheidet die zuge­las­senen 12 vom Rest?

Nach deut­schem Recht sind alle vor dem Gesetz gleich – eigentlich!

Die Wahl­pro­gnosen lassen erwarten, dass die AfD mit 30 Kan­di­daten in den Landtag ein­ziehen wird. Dass diese Pro­gnosen so weit wie möglich nach unten gehalten werden, ent­spricht der Erfahrung, und das dürfte auch den Ent­scheidern über die Kan­di­da­ten­liste bewusst sein. Sollte also dieses Urteil bestätigt werden, wird der Wahl­erfolg der AfD von vorn herein auf den vor­her­ge­sagten Erfolg begrenzt, wenn die AfD nicht uner­wartet viele Direkt­mandate bekommt. Das hat mit Demo­kratie nichts mehr zu tun und mit Recht sowieso nicht. Es ist doch eine klare Sache: Ent­weder die Auf­stellung der Lis­ten­plätze ist in Ordnung oder nicht. Das säch­sische Gericht hat nun beschlossen, dass sie ein bisschen in Ordnung ist, eben für die ersten 12 Kan­di­daten. Was aber soll diese vom Rest unterscheiden?

Offen­sichtlich zielt dieses Urteil darauf ab, die AfD-Sachsen ruhig zu stellen. Ihr dürft ja 30 Abge­ordnete in den Landtag ent­senden. Was wollt ihr mehr? Viel­leicht gar Demo­kratie? Geht gar nicht. Eine „rechts­ra­dikale“ Partei hat keinen Anspruch auf faire demo­kra­tische Behandlung! Wie sonst soll man dieses Urteil ver­stehen, das von vorn herein den Erfolg einer Partei ein­hegen soll? Das Zeit erkauft für die­je­nigen, die jetzt noch im Landtag sitzen, weil die Wahl mit diesem Urteil ange­fochten werden kann und wahr­scheinlich Neu­wahlen ange­setzt werden müssen, wann immer die zustande kommen werden. Dass man dabei keine Eile haben wird, muss nicht erklärt werden.

Das Urteil des säch­si­schen Ver­fas­sungs­ge­richtshofs ist ein Will­kür­urteil, das keinen Ver­gleich mit der NS-Gerichts­barkeit scheuen muss. Es wurde kei­nes­falls Recht gesprochen, denn nach deut­schem Recht sind alle vor dem Gesetz gleich. Wie also will dieses Gericht begründen, warum nur die ersten 30 von der AfD Liste recht­mäßig sind, und der Rest nicht? Ganz gleich, was man für die AfD emp­finden mag, ist sie eine demo­kra­tisch legi­ti­mierte Partei und so steht ihr das­selbe Recht zu wie allen anderen Par­teien. Im Bun­destag hat sich aber schon gezeigt, dass eine über­große Mehrheit der Abge­ord­neten nicht dieser Meinung ist. So wurde die unsäg­liche Claudia Roth pro­blemlos zur Bun­des­tags­vi­ze­prä­si­dentin gewählt, aber der AfD wird dieser wichtige Posten ver­wehrt. Ja, diese Frau Roth darf sogar unbe­an­standet den Bun­destag für beschluss­fähig erklären mit der Begründung, 109 Abge­ordnete wären mehr als die Hälfte von 709.

Miss­achtung der Demo­kratie auf der linken Seite hat Tradition

Es steht zu erwarten, dass die AfD die stärkste Partei in Sachsen wird. Da kann ich es kaum erwarten zu sehen, welche absurden Koali­tionen gebildet werden, um zu ver­hindern, dass die stärkste Partei auch den Minis­ter­prä­si­denten stellt. Dass diese Miss­achtung der Demo­kratie auf der linken Seite Tra­dition hat, hat schon die Bun­des­tagswahl 1976 gezeigt. Obwohl Helmut Kohl mit einem Ergebnis von 48,6 Prozent nur knapp die absolute Mehrheit ver­fehlt hatte, hat sich die SPD mit der FDP zusam­men­getan und dem Wahl­sieger den Weg ins Kanz­leramt ver­wehrt. In Sachsen wird nun ver­sucht, schon im Vorfeld den klaren Wahlsieg der AfD zu ver­hindern, eben mit allen noch so unlau­teren Mitteln. Unlauter des­wegen, weil die Rechtslage zur Auf­stellung der Kan­di­daten gar nicht ein­deutig for­mu­liert ist. So haben sich Rechts­experten, die nicht AfD-nah sind, geäußert, dass es kein nie­der­ge­schrie­benes Recht gibt, das das Vor­gehen des säch­si­schen Wahl­aus­schusses begründen kann.

Es sind mehrere Fälle bekannt, dass der Ver­fas­sungs­schutz Mit­glieder der AfD unter Beob­achtung gestellt hat und Gerichte anschließend ent­schieden haben, dass das nicht recht­mäßig war. Das­selbe geschah mit der öffent­lichen Ver­kündung, die AfD wäre jetzt ein „Beob­ach­tungsfall“. Auch das wurde vom Gericht als unrecht­mäßig beschieden. Das Urteil des säch­si­schen Ver­fas­sungs­ge­richtshofs aber setzt dem allen die Krone auf. Dieses Urteil selbst hat mit Recht nichts mehr gemein, denn es ver­letzt zumindest den Gleich­be­hand­lungs­grundsatz, auch wenn es nur die Mit­glieder der AfD betrifft, die sich ihre Lis­ten­plätze erar­beitet haben. Es zerlegt den Rechts­staat end­gültig, denn es ist keine Begründung vor­stellbar, warum ein Teil der Lis­ten­plätze rechts­gültig ver­geben worden sein soll, und der Rest nicht, obwohl sie unter gleichen Bedin­gungen auf­ge­stellt worden sind. Ja, gegen die AfD ist jedes Mittel erlaubt und so hält die Herr­schaft des Unrechts nicht nur bezüglich der Migranten Einzug, sondern jetzt auch direkt in die Mani­pu­lation von Wahlen. Und ja, ange­sichts dessen muss nicht nur die Demo­kratie wirklich ver­teidigt werden, sondern auch der Rechts­staat. Es ist zu spät zu sagen: Wehret den Anfängen.

Auf der Seite des Bun­destags ist zum Artikel 20 des Grund­ge­setzes fol­gendes zu lesen:

Das Grund­gesetz ist für den “Alltag” gemacht. Seine Artikel – und die Gesetze, die auf ihnen fußen, finden jeden Tag Anwendung. Anders ist es jedoch mit Artikel 20 Absatz 4, dem Wider­stands­recht. Es ist für den Aus­nahme- und Notfall gemacht und wird auch nur dann wirksam. Doch was heißt Notfall? Worum geht es eigentlich genau bei diesem Wider­stands­recht im Grund­gesetz? Wer hat das Recht zum Wider­stand? Und: Wann ist dieser legitim, wann nicht?

Adressat sind die Bürger

In Artikel 20 Absatz 4 der Ver­fassung heißt es: “Gegen jeden, der es unter­nimmt, diese Ordnung zu besei­tigen, haben alle Deut­schen das Recht zum Wider­stand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.” Gemeint ist die Ordnung der par­la­men­ta­ri­schen Demo­kratie, des sozialen und föde­ralen Rechts­staates, die in Artikel 20 Absatz 1 bis 3 genannt werden.

Der Wider­stands­ar­tikel richtet sich an die Bürger – ganz anders als die Rege­lungen, die gleich­zeitig als Not­stands­ver­fassung ins Grund­gesetz ein­gefügt wurden. Während diese die Hand­lungs­fä­higkeit des Staates in Kri­sen­si­tua­tionen stärken sollen, ermächtigt Artikel 20 Absatz 4 aus­drücklich die Bürger.

Geschützt wird der Verfassungsstaat

“Sie sind das letzte Auf­gebot zum Schutz der Ver­fassung. Wenn nichts anderes mehr hilft, drückt diese ihnen die Waffe des Wider­stands­rechts in die Hand, um ihr eigenes Über­leben zu sichern”, schreibt der Staats­rechtler Josef Isensee in seinem Aufsatz “Wider­stands­recht im Grund­gesetz” im 2013 erschienen “Handbuch Poli­tische Gewalt”.

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So setze das Wider­stand­recht private Gewalt frei und durch­breche die Bür­ger­pflicht zum Rechts­ge­horsam. Das Ziel: Es geht in Artikel 20 Absatz 4 um eine Not­hilfe der Bürger zu dem Zweck, Angriffe auf die Ver­fassung und die grund­ge­setz­liche Ordnung abzu­wehren. Das Schutzgut ist damit eng umrissen: der Verfassungsstaat.

“Der Wider­standsfall ist ein Staatsstreich”

Doch in welchen Situa­tionen ist der Wider­stand durch Artikel 20 Absatz 4 legi­ti­miert? Laut Isensee geht es um Angriffe, die sich gegen die Ver­fassung als Ganzes richten und die grund­ge­setz­liche Ordnung als solche von Grund auf bedrohen. “Der Wider­standsfall ist ein Staats­streich”, schreibt er.

Dazu stelle ich fol­gende Frage:

Ist das Ver­fahren des säch­si­schen Wahl­aus­schusses und des Ver­fas­sungs­ge­richtshofs ein Angriff auf die demo­kra­tische Grund­ordnung, weil Wahl­recht min­destens ver­bogen wird, um einer Partei zu schaden? Ich meine ja, und so wäre es durchaus ver­fas­sungs­gemäß, genau den erwähnten Staats­streich durch­zu­führen. Dass das nach allen Regeln des Grund­ge­setzes möglich ist, haben Robert B. Thiele und Peter Orz­echowski in ihrem Werk „Der Staats­streich“ beschrieben. Auch wenn nicht anzu­nehmen ist, dass das so statt­finden wird, ist es ver­gnüglich und lehr­reich zu lesen, wie ein Staats­streich gegen die ewige Kanz­lerin ablaufen könnte, die Zit­ter­an­fälle bekommt, wenn sie die Natio­nal­hymne anhören muss. „Der Staats­streich“ ist erhältlich im Buch­handel oder direkt zu bestellen beim Verlag hier.


Quelle: www.anderweltonline.com