Die USA haben in den vergangenen Jahren sämtliche bestehenden Abrüstungsverträge gekündigt (hier finden Sie Details zu allen Verträgen). Der letzte Vertrag war der INF-Vertrag über das Verbot von atomaren Kurz- und Mittelstreckenraketen. Als die USA vor ca. einem Jahr dessen einseitige Kündigung ins Gespräch brachten, war die Bundesregierung offiziell ganz besorgt deswegen. Aber heimlich und von den deutschen „Qualitätsmedien“ unbeachtet hat Deutschland bei der UNO gegen einen Antrag gestimmt, dieses Thema auch nur zu debattieren. Dagegen stimmte Deutschland zusammen mit den USA, die den Vertrag kündigen wollten, und allen anderen – offiziell wegen der drohenden Kündigung ach so besorgten – europäischen Nato- und EU-Staaten.
Erst vor kurzem hat Präsident Putin allen europäischen Staats- und Regierungschefs von Nato-Staaten einen Brief geschrieben und vorgeschlagen, gemeinsam freiwillig auf die Stationierung von solchen atomaren Kurz- und Mittelstreckenraketen in Europa zu verzichten. Eine offizielle Antwort bekam er nicht, aber die stellvertretende Nato-Generalsekretärin hat in einem Interview den Vorschlag abgelehnt. Das dürfte die einzige Antwort sein, die Putin auf seinen Vorschlag bekommt.
Nun konnten wir wieder das gleiche erleben. Dieses Mal ging es um einen russischen Resolutionsvorschlag für die UNO-Vollversammlung, der ein drohendes Wettrüsten im Weltraum verhindern sollte. Die Resolution bestand aus drei Dokumenten, über die einzeln abgestimmt werden musste. Das erste trug den Titel „Maßnahmen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum“ und forderte die internationale Gemeinschaft auf, „Anstrengungen zur Verhinderung eines Wettrüstens, einschließlich des Einsatzes von Waffen, im Weltraum fortzusetzen, um den Weltfrieden und die Stärkung der globalen Sicherheit zu gewährleisten.“ Für das Dokument haben 124 Staaten gestimmt. Allerdings waren 40 Länder, darunter die Vereinigten Staaten, Israel, Deutschland, Frankreich und eine Reihe anderer europäischer Länder, dagegen.
Das wäre doch mal eine Frage für die Bundespressekonferenz: Warum hat Deutschland bei der UNO gegen Anstrengungen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum gestimmt?
Das zweite Dokument trug den Titel „Waffen nicht als erster im Weltraum stationieren“ und forderte „alle Staaten, insbesondere diejenigen, die Weltraumtechnik besitzen, entschieden auf, (…) darauf zu verzichten, als erster Waffen im Weltraum zu stationieren.“ 123 Länder stimmten für das Dokument, 14 dagegen.
Im am Dienstag angenommenen dritten Dokument mit dem Titel „Maßnahmen für Transparenz und Vertrauen bei Raumfahrtaktivitäten“ wird empfohlen, dass die Mitgliedstaaten „weiterhin auf freiwilliger Basis (…) für Transparenz und Vertrauensbildung zu sorgen.“ Das Dokument wurde fast einstimmig angenommen: 166 Länder waren dafür, die Vereinigten Staaten und Israel waren dagegen, weitere 5 Staaten enthielten sich der Stimme.
Im Klartext: Die USA und Israel haben sogar gegen freiwillige Transparenz und Vertrauensbildung gestimmt. Nicht einmal freiwillig und ohne Verpflichtungen sind Israel und die USA bereit, sich für Vertrauensbildung im Weltraum einzusetzen.
Präsident Putin spricht sich bei jeder denkbaren Gelegenheit für Abrüstungsverträge und eine Begrenzung der Rüstung aus. Alleine in meinem Buch über Putin sind dazu unzählige Zitate der letzten Jahre zu lesen.
Und auch in den USA ist es ein offenes Geheimnis, dass Russland keine Gefahr darstellt und auch keine darstellen will. Ein einflussreicher US-Thinktank hat darauf vor kurzem ausführlich hingewiesen und aufgezeigt, dass Russland sich trotz des aggressiven und provokanten Verhaltens des Westens nicht provozieren lässt. Anstatt das aber gut zu finden und nun den Weg der Verständigung zu empfehlen, hat der Thinktank, es war die RAND-Corperation, einen langen Maßnahmenkatalog vorgeschlagen, wie man Russland so sehr provozieren könnte, dass es endlich mal in gleicher Weise reagiert.
Verkehrte Welt.
Aber die deutschen Medien berichten nicht darüber, dass sich die deutsche Regierung bei der UNO offen gegen Rüstungsbegrenzung ausspricht.
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet, bevor er sich entschloss, sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg niederzulassen. Er lebt insgesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite www.anti-spiegel.ru. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt?“
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