Das rus­sische Fern­sehen über die Ent­wick­lungen im Amts­ent­he­bungs­ver­fahren gegen Trump

Die USA sind poli­tisch zer­rissen, wie nie zuvor und auch in der Nato knackt es gewaltig im Gebälk. Da ist es inter­essant, sich das einmal aus einer anderen Per­spektive anzu­schauen, als sie in den deut­schen Medien gezeigt wird.
In der Sendung „Nach­richten der Woche“ hat das rus­sische Fern­sehen wieder über den großen Teich geschaut und über die poli­tische Woche in den USA berichtet. Da das rus­sische Fern­sehen natur­gemäß eine andere Sicht auf diese Dinge hat, als wir sie in den deut­schen Medien zu sehen bekommen, habe ich den Bericht des rus­si­schen Fern­sehens übersetzt.
Beginn der Übersetzung:
Die Arbeiten an Nord Stream‑2 in der Ostsee wurden wieder auf­ge­nommen. Jetzt wird die Pipeline plan­mäßig in däni­schen Gewässern verlegt.
„Im ver­gan­genen Jahr wurden 55,5 Mil­li­arden Kubik­metern rus­si­sches Gas nach Deutschland geliefert, ein neuer Rekord. Jetzt stehen wir kurz vor dem Abschluss des Baus der Nord Stream-2-Pipeline, deren Inbe­trieb­nahme das Volumen mög­licher rus­si­scher Gas­lie­fe­rungen über die Ostsee ver­doppeln wird“, sagte Wla­dimir Putin.
In den USA betrachten sie das mit unver­hoh­lenem Neid. Und der Kon­gress dis­ku­tiert Ideen, wie man noch vor dem Jah­res­wechsel etwas dagegen tun kann: Über den Mili­tär­haushalt sollen Sank­tionen gegen Unter­nehmen ein­ge­führt werden, die am Bau von „Nor­thern Stream‑2“ beteiligt sind. Es herrscht Panik in den USA.
Nord Stream 2 war übrigens nur eines der Themen, die die Atmo­sphäre auf dem Gipfel zum 70. Jah­restag der NATO in London ver­giftet haben. Zum Jah­restag hat der fran­zö­sische Prä­sident der Nato den „Hirntod“ dia­gnos­ti­ziert. Es gab also einiges zu besprechen. So fragte Trump Macron vor der Presse, ob er nicht ein paar der netten IS-Ter­ro­risten aus Syrien haben wolle, er könne sie ihm liefern. Macron aber hat es nicht eilig, in Syrien inhaf­tierte Ter­ro­risten mit fran­zö­si­schen Pässen zurück zu nehmen.
Der Gipfel war nicht his­to­risch. Das meist dis­ku­tierte Thema war viel­leicht der kräftige Hand­schlag zwi­schen Macron und Trump, weil der fran­zö­sische Prä­sident Trump so stark die Hand drückte, dass er sie beinahe zer­quetscht hat. Anscheinend erinnert sich Macron noch daran, wie Trump ihm in Washington Schuppen vom Anzug gewischt hat und wollte sich nun mit seinem Kol­legen einen Wett­bewerb im Arm­drücken liefern, um ihm zu zeigen, dass eine solche ame­ri­ka­nische Nähe unan­ge­messen ist. Trump hat wohl ver­standen. Jeden­falls verließ er den NATO-Gipfel in London früher als geplant und sagte sogar die geplante Pres­se­kon­ferenz ab.
Aus den USA berichtet unser Korrespondent
Wir waren die ein­zigen Russen, die bei den Anhö­rungen im Reprä­sen­tan­tenhaus über unser Land zuhören konnten. Diplo­maten und Sena­toren dis­ku­tierten Washingtons künftige Politik gegenüber Moskau.
Ein Senator flieht vor dem rus­si­schen Mikrofon in den Fahr­stuhl, dabei ich wollte ihn noch nach Nord Stream‑2 fragen. An die ver­hasste rus­sische Gas­pipeline wurde in den Staaten bei diesen Anhö­rungen oft und mit unver­hoh­lener Ver­är­gerung erinnert.
„Wir setzen diplo­ma­tische Instru­mente ein, um unsere Ziele zu erreichen und dieses Projekt zu stoppen. Bisher konnten wir den Bau nur ver­lang­samen, aber nicht stoppen“, sagte David Hale, Staats­se­kretär im US-Außenministerium.
„Wir haben etwa 60 Tage bis zur Fer­tig­stellung der Pipeline! Jetzt oder nie! Putin wird Mil­li­arden Dollar erhalten und Europa wird noch abhän­giger von Russland und die Position der USA in der Welt wird geschwächt“, sagte Senator Ted Cruz.
Unter­nehmen, die an Nord Stream 2 beteiligt sind, wollen die Ame­ri­kaner mit Sank­tionen belegen und ihren Mit­ar­beitern wird die Ein­reise in die Ver­ei­nigten Staaten untersagt. Mög­liche Sank­tionen sind in Ame­rikas Entwurf des Mili­tär­haus­halts für 2020 ent­halten. Und im nächsten Jahr wird Washington seine Bei­träge zur Nord­at­lan­ti­schen Allianz erhöhen. Die Ver­tei­di­gungs­aus­gaben der Mit­glieds­länder werden ins­gesamt um 130 Mil­li­arden Dollar steigen.
Die Nato-Ver­bündete sind von Wider­sprüchen zer­rissen, man sieht es auf ihren Gesichtern beim offi­zi­ellen Grup­penfoto hört es bei Gesprächen am Rande des Nato-Treffens. Der fran­zö­sische Prä­sident und die Pre­mier­mi­nister Groß­bri­tan­niens und Kanadas haben Trump im Gespräch ver­spottet und ein Mikrofon hat es ein­ge­fangen. (Anm. d. Übers.: Beim Enpfang im Buck­ingham Palace haben die drei zusam­men­ge­standen und sich über Trump lustig gemacht, siehe Video)

Boris Johnson wollte sich vor der Wahl nicht neben Trump zeigen. Beim Treffen in der Downing Street kam er nicht heraus, um Trump zu begrüßen, sondern ver­steckte sich hinter der Tür und ver­ab­schiedete ihn auch nicht öffentlich. Trump war von dem Benehmen seiner Partner offenbar beleidigt, sagte seine Pres­se­kon­ferenz ab und flog früher als geplant nach Hause. Diese Reise nach London war für ihn von Anfang kein Erfolg. Vor dem Abflug vergaß er fast, dass er mit seiner Frau fliegt und blieb erst spät stehen, um auf die First Lady zu warten.
Und vor kurzem wurde ein Buch eines ame­ri­ka­ni­schen Jour­na­listen ver­öf­fent­licht, der mit Freunden von Trump und Mit­ar­beitern des Weißen Hauses gesprochen hat. Der Autor behauptet, dass der Prä­sident und seine Frau nicht nur in ver­schie­denen Schlaf­zimmern schlafen, sondern auf ver­schie­denen Etagen. Der Prä­sident schläft in der dritten Etage und die First Lady wohnt eine Etage darüber, in dem Raum, in dem Obamas Schwie­ger­mutter früher lebte.
Dem Buch zufolge kümmert Trump sich nicht um seinen jüngsten Sohn, in seiner Freizeit spielt er lieber Golf. Melania kümmert sich die ganze Zeit um Barron. Es war seine Mutter, die ihn ver­teidigt hat, als Zeugen bei der Amts­ent­he­bungs­ver­handlung den Namen des 13-jäh­rigen Sohnes des Prä­si­denten miss­braucht haben.
„Früher konnten Könige per Defi­nition nichts falsch machen, denn das Wort des Königs war Gesetz. Die US-Ver­fassung besagt, dass man keine Titel tragen darf. Der Prä­sident kann seinen Sohn Barron nennen, aber er kann ihn nicht zum Baron machen“, sagte Pamela Karlan, Pro­fes­sorin für Stanford-Rechts­wis­sen­schaften an der Stanford University.
Um über­zei­gender zu wirken, ver­suchen die Demo­kraten nicht nur Trumps berüch­tigtes Gespräch mit Selensky anzu­führen, sondern dem US-Prä­si­denten auch Behin­derung der Justiz vor­zu­werfen: er soll in seinen Tweets Zeugen bedroht haben. Es war klar ersichtlich, welcher der Juristen bei der Anhörung nicht von den Demo­kraten aus­ge­wählt worden ist.
„Dies ist einer der am wenigsten über­zeu­gendsten Ver­suche in der Geschichte der Amts­ent­he­bungs­ver­fahren. Wenn Sie sich die Unter­lagen der Ver­fahren gegen Nixon oder Clinton ansehen, werden Sie fest­stellen, dass die heu­tigen Belege dünner sind, als Waffeln. Sie brauchen Beweise. Die können überall sein, aber sie sind defi­nitiv nicht in diesen Unter­lagen“, sagte Jonathan Terley, Pro­fessor an der George Washington University.
„Wissen Sie, was das alles vor­an­treibt? Die Uhr und der Kalender. Sie wollen die Anklage vor Ende dieses Jahres eröffnen. Wissen Sie warum? Sie haben Angst vor der Wahl, weil Sie wieder ver­lieren werden. Die Uhr und der Kalender sind es, die das Amts­ent­he­bungs­ver­fahren antreiben, nicht Fakten“, sagte Doug Collins, Mit­glied des Jus­tiz­aus­schusses des Repräsentantenhauses.
Nach den Fakten, aller­dings für Trumps Unschuld, sucht sein Anwalt Giu­liani in Europa. Er traf sich mit ehe­ma­ligen Staats­an­wälten der Ukraine, Abge­ord­neten des dor­tigen Par­la­ments und hat in den paar Tagen in Kiew eine Menge inter­es­santer Dinge erfahren. Angeblich ver­teilten die Ame­ri­kaner unter Poro­schenko mehr als 5 Mil­li­arden Dollar US-Hilfe an die rich­tigen Leute. Weder Obama noch Biden haben unter­sucht, wohin das Geld gegangen ist, obwohl sie dazu ver­pflichtet waren. US-Bot­schaf­terin Yova­no­vitch bestand auch darauf, dass ukrai­nische Staats­an­wälte keine Ermitt­lungen durch­führen. Giu­liani brachte die Unter­lagen in die Ver­ei­nigten Staaten.
„Er sagt, er habe viele gute Infor­ma­tionen. Ich habe noch nicht mit ihm darüber gesprochen. Er hat mir nicht gesagt, was genau er her­aus­finden konnte, aber ich denke, er will es dem Kon­gress, dem Gene­ral­staats­anwalt und dem Jus­tiz­mi­nis­terium mit­teilen“, sagte Trump.
Trump bittet sogar darum, das Amts­ent­he­bungs­ver­fahren zu beschleu­nigen, damit der Fall aus dem Reprä­sen­tan­tenhaus schnell an den von den Repu­bli­kanern kon­trol­lierten Senat wei­ter­ge­leitet wird. Und dort sie werden auf jeden Fall den mys­te­riösen Whist­le­b­lower anhören, der den Prozess aus­gelöst hat, und auch die Bidens. Der ältere Biden ist schon nervös. Bei einem Termin hat er einen Wähler als „ver­dammten Lügner“ beschimpft.

Der ehe­malige Vize­prä­sident sagte, er werde nicht im Kon­gress aus­sagen, selbst wenn er als Zeuge vor­ge­laden wird. Aber wer da sein wird, sind demo­kra­tische Sena­toren, ein­schließlich einiger von Trumps Rivalen im Rennen um die Prä­si­dent­schaft. Sie werden gezwungen sein, bei den Anhö­rungen zum Amts­ent­he­bungs­ver­fahren zu sitzen, während der Prä­sident in Ruhe durch das Land reisen und für sich selbst Wahl­kampf machen kann.
Ende der Übersetzung


Wenn Sie sich dafür inter­es­sieren, wie Russland auf die Fragen der inter­na­tio­nalen Politik blickt, dann sollten Sie sich die Beschreibung meines Buches ansehen, in dem ich Putin direkt und unge­kürzt in langen Zitaten zu Wort kommen lasse. 

Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“