Ein US-amerikanischer Kampfpanzer vom Typ M-1A1 Abrams nördlich von Frankfurt am Main (2005) Foto: Pentagon/ gemeinfrei

Defender 2020: Größtes US-Manöver seit 25 Jahren und Deutschland bezahlt die Rechnung

Dem­nächst beginnt das US-Manöver Defender 2020. In diesem größten Manöver in Europa seit 25 Jahren trai­nieren die USA den Krieg gegen Russland und Deutschland ist die wich­tigste Drehscheibe.

Das erste, was immer miss­ver­ständlich über Defender 2020 berichtet wird, ist, dass es sich nicht um ein Nato-Manöver handelt. Es ist ein reines US-Manöver, in dessen Verlauf es aller­dings mit einigen Nato-Manövern kom­bi­niert wird.

Das bedeutet, dass die USA — und nicht die Nato — in Europa Krieg spielen werden und zwar auch in Deutschland. In dem Manöver wollen die USA trai­nieren, eine ganze Division aus den USA über Deutschland an die Ost­grenze der Nato zu ver­legen. Wir reden von 20.000 bis 25.000 US-Sol­daten, die nach Europa gebracht werden sollen und auch 9.000 US-Sol­daten aus Deutschland werden teil­nehmen. Dafür will man ca. 20.000 Stück schweres Frachtgut schicken, das meiste davon gepan­zerte Fahr­zeuge und ähn­liches. Ins­gesamt werden im Laufe des Manövers 37.000 Sol­daten ein­ge­bunden.

Geübt werden soll dabei in bis zu 19 Nato-Staaten und sogar in Georgien wollen US-Truppen Fall­schirm­jäger absetzen.

Dieses Manöver direkt an Russ­lands Grenzen im Bal­tikum, in Polen und sogar in Georgien wird von Russland natürlich arg­wöh­nisch beob­achtet. Es ist schon besorg­nis­er­regend genug, dass die Nato laufend an der rus­si­schen Grenze Manöver ver­an­staltet, aber dass es nun auch die USA alleine tun, die dabei ihre Truppen und Waffen in den euro­päi­schen Ländern den Krieg gegen Russland üben lassen, muss man in Russland als Pro­vo­kation ansehen.

Auch Deutschland spielt mit und stellt nicht nur sein Ter­ri­torium für den Transport von US-Waffen im großen Stil nach Osten zur Ver­fügung, sondern wird mit der Bun­deswehr auch dabei assis­tieren. Die Bun­deswehr teilt dazu mit:

„Host Nation Support ist die Unter­stützung aus­län­di­scher Streit­kräfte in Deutschland. Das geht bei­spiels­weise von der Planung und Geneh­migung von Durch­fahrten über deutsche Straßen oder Gewässer bis hin zum Bereit­stellen von Unter­künften oder Betan­kungs­mög­lich­keiten an unseren Stand­orten. Wenn Unter­stützung gefragt ist, beauf­tragt das Bun­des­mi­nis­terium der Ver­tei­digung hiermit die Streit­kräf­te­basis. Dort über­nimmt das Kom­mando Ter­ri­to­riale Auf­gaben der Bun­deswehr die Aufgabe und koor­di­niert mit dem Sach­gebiet Host Nation Support die ange­fragten Leis­tungen über die Landeskommandos.“

Im Klartext heißt das, Deutschland bezahlt für das, was die USA in Deutschland veranstalten.

Man wird also in Deutschland spä­testens ab März und dann bis Mai viele US-Trup­pen­trans­porte in Deutschland sehen können, die durchaus auch zu Ver­kehrs­be­hin­de­rungen führen können, auch wenn man den Transport mög­lichst nachts durch­führen will. Wohl auch, damit es den Deut­schen nicht so ins Auge springt.

Wie gesagt ist es ein reines US-Manöver, an dessen Kosten sich aber natürlich zwangs­läufig die euro­päi­schen Vasallen betei­ligen, denn zum Bei­spiel Deutschland wird kaum für Schäden, die dabei mög­li­cher­weise an deut­scher Infra­struktur ent­stehen eine Rechnung schreiben und auch nicht für den Aufwand, den die Bun­deswehr wegen dem Manöver betreiben muss.

Trotzdem hat Defender 2020 aber auch eine Nato-Anbindung, denn par­allel finden einige Nato-Übungen statt, die mit Defender koor­di­niert werden: Astral Knight; Allied Spirit XI; Dynamic Front; Joint War­fighting Assessment; Saber Strike; Swift Response; Trojan Footprint.

Nicht bei allen dieser Nato-Manöver werden auch Sol­daten im Feld trai­nieren, einige, wie zum Bei­spiel das Joint War­fighting Assessment, sind auch reine Simu­la­tionen am grünen Tisch, die aber in Defender 2020 ein­ge­bunden sind.

Andere hin­gegen sind jedoch aktive „Kriegs­spiele“, wie zum Bei­spiel Astral Knight für die Luft­waffen. Trojan Foot­print ist ein jähr­liches Manöver für Spe­zi­al­ein­heiten, das in meh­reren ost­eu­ro­päi­schen Staaten statt­findet. Saber Strike ist ein jähr­liches Manöver, bei dem die Nato im Bal­tikum und in Polen auf Übungs­plätzen den Krieg gegen Russland trai­niert. Auch für Allied Spirit werden jedes Jahr US-Truppen nach Europa geholt, um mit anderen Nato-Staaten den Krieg zu üben.

Da all diese Manöver par­allel zu Defender 2020 ablaufen und zwar auch noch in den gleichen Ländern, kann man davon aus­gehen, dass diese Manöver so geplant sind, dass man das gesamte Zusam­men­spiel trai­nieren will.

Inter­essant finde ich, dass die Medien nie darauf hin­weisen, dass es ein rein ame­ri­ka­ni­sches Manöver in Europa ist. Sie lügen zwar nicht direkt, aber in allen Artikeln wird der Ein­druck erweckt, es wäre ein Nato-Manöver. Dass es ein rein ame­ri­ka­ni­sches Manöver ist, dessen Kosten zum großen Teil die Europäer als „Gast­geber“ zu bezahlen haben, sagte aus­ge­rechnet eine Spre­cherin der Bun­des­re­gierung sehr deutlich. Ein Jour­nalist hatte im Dezember gefragt, wie sich das Manöver in Sachen CO2 aus­wirkt und ob es Kom­pen­sa­ti­ons­maß­nahmen wegen des CO2 Aus­stoßes des Manövers geben werde. Die Antwort war:

„Ich bitte Sie, sich an die Ame­ri­kaner zu wenden, denn das ist ein Manöver der ame­ri­ka­ni­schen Streitkräfte.“

Die Medien werden das kaum so deutlich ver­künden, denn dann würden sicher viele Deutsche fragen, warum die USA in Europa Krieg gegen Russland üben, dabei Deutschland als logis­ti­sches Dreh­kreuz benutzen und die Bun­deswehr ihnen auch noch kos­tenlos assistiert.

Deutschland zahlt viele Mil­lionen, wahr­scheinlich sogar Mil­li­arden, jedes Jahr für die US-Truppen in Deutschland und auch für solche US-Manöver. Aber in Deutschland gibt es keine Mög­lichkeit, diese Zahlen zusam­men­zu­rechnen, da sie geschickt auf so viele Posten ver­teilt sind, dass die Bun­des­re­gierung auf eine kleine Anfrage im Bun­destag offi­ziell geant­wortet hat, nicht zu wissen, wie viel Deutschland den USA jedes Jahr für ihre Truppen in Deutschland bezahlt.

Als Prä­sident Trump im März letzten Jahres gefordert hat, Länder wie Deutschland, die US-Truppen bei sich „beher­bergen“, sollten die vollen Kosten dafür bezahlen, „plus 50 Prozent für die Ehre, sie bei sich beher­bergen zu dürfen„, wurde darüber in den deut­schen „Qua­li­täts­medien“ nicht berichtet. Dabei war das keine Spin­nerei von Trump, das meinen die USA ganz ernst.

Im Gegensatz zu Deutschland laufen diese Zah­lungen in Japan und Süd­korea trans­parent ab. Aktuell zahlt Japan den USA 1,8 Mil­li­arden jährlich und Süd­korea 900 Mil­lionen jährlich als Kos­ten­er­stattung für die Sta­tio­nierung von US-Truppen in ihren Ländern. Und diese Summen sollen massiv erhöht werden, die USA fordern eine bis zu fünf­fache Erhöhung, kein Scherz. Zwar werden die USA das kaum so durch­drücken können, aber schon diese For­de­rungen haben dazu geführt, dass Süd­korea sich eine Auf­sto­ckung der Zah­lungen an die USA um 30 Prozent ange­boten hat. Nicht als end­gül­tiges Angebot, sondern als Verhandlungsbasis.

Das sind keine Aus­nahmen, auch Saudi-Arabien bezahlt den USA eine Mil­liarde pro Jahr, auf­ge­teilt auf zwei Zah­lungen zu je 500 Mil­lionen, für die Ehre, US-Sol­daten bei sich zu haben.

In Deutschland ist die Situation jedoch schwie­riger. Die Deut­schen waren mit ihrem Status als besetztes Land sehr unglücklich und West­deutschland hat in den ersten Jahren nach dem Krieg auch die Kosten der US-Truppen als „Besat­zungs­kosten“ an die USA bezahlt. Da das unpo­pulär wurde, wurden die Ver­träge geändert, das böse Wort „Besatzung“ wurde gestrichen und die Kosten eben auf eine Vielzahl an Behörden ver­teilt, sodass selbst die Bun­des­re­gierung heute auf Nach­frage behauptet, die Gesamt­summe, die Deutschland den USA für die Trup­pen­sta­tio­nierung ins­gesamt bezahlt, gar nicht zu kennen.

Aber da die USA diese Kosten allen Ländern in Rechnung stellen, wäre es naiv zu glauben, Deutschland müsste dafür nichts bezahlen. Nur wird es in Deutschland eben sehr gut ver­schleiert und nur bei solchen Manövern wie Defender 2020 wird es sichtbar, wenn man auf­merksam hinschaut.



Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru

Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“