Katharina Fegebank, Second Mayor and Senator for Science, Research and Equal Rights, Free and Hanseatic City of Hamburg, Henning Angerer - Henning Angerer für Onlineverwendungen, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/

Ham­burger Grüne wollen die sin­gende, tan­zende, eier­le­gende Wunder-Woll­milchsau: Die gemein­wohl­ori­en­tierte, gewinn­ori­en­tierte, kli­ma­neu­trale, starke Wirtschaft

Geht ihnen ange­sichts der abstür­zenden Wirt­schaft, explo­die­renden Kün­di­gungen und dro­henden Blackouts durch ihre grüne Politik der Aller­wer­teste auf Grundeis? Haben sie das öko­no­mische Ei des Kolumbus erfunden? Oder rauchen die Grünen einfach zuviel Dope? Die Ham­burger Grünen wollen plötzlich ein grünes Super­wirt­schafts­macht-Vorbild für die Welt werden.

Katharina Fegebank, Ham­burger Sena­torin für Wis­sen­schaft, For­schung und Gleich­stellung, ist Poli­tik­wis­sen­schaft­lerin. Eine Stu­di­en­richtung, deren Augenmerk eher selten die drögen, phan­ta­sie­losen Zahlen der Betriebs- und Volks­wirt­schafts­lehre streift. Dafür aber ent­wi­ckelt man in diesem Stu­di­engang die Fähigkeit, virtuos gesell­schafts­po­li­tisch rele­vante Hypo­thesen – oft unge­trübt von jeg­licher wei­teren Sach­kenntnis außerhalb der eigenen Fakultät — mit Verve zu postulieren.

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Aber eins hat Frau Fegebank offenbar recht klar mit geschultem Blick als gra­vie­renden Trend in der Gesell­schaft erkannt: Der Wirt­schaft geht die Luft aus. Eine Welle an Kün­di­gungen, Arbeits­platz­abbau und Kurz­arbeit rollt über das Land. Die Arbeits­lo­sen­zahlen werden schon dieses Jahr signi­fikant steigen, wie auch die Fir­men­pleiten. Die böse Auto­in­dustrie, eine Schlüs­sel­in­dustrie Deutsch­lands, geht in die Knie und zieht einen breiten Rat­ten­schwanz an Zulie­fer­indus­trien mit aufs Ster­bebett. Die­je­nigen Arbeit­nehmer, die sich dadurch plötzlich „auf der Straße“ wie­der­finden, werden in abseh­barer Zeit auch in Massen auf die­selbe gehen. Sie wissen, wem sie ihre Arbeits­lo­sigkeit und den Absturz in die Armut zu ver­danken haben.

Der Baye­rische Rundfunk berichtet:

„Mit einem Brief haben sich die frän­ki­schen Auto­mo­bil­zu­lie­ferer an Bun­des­wirt­schafts­mi­nister Peter Alt­maier gewendet. Darin flehen sie geradezu um Hilfe. Die Unter­zeichner des Briefs: ein Bun­des­tags­mit­glied, der Ober­bür­ger­meister von Bamberg und die lokalen Betriebs­rats­vor­sit­zenden von Bosch, Michelin und Schaeffler. Es ist ein fast schon fle­hent­licher Brief, der bei­spielhaft für die Sorgen der Auto­mo­bil­zu­lie­ferer steht. (…) der Wandel vom Ver­brenner zum Elek­tro­motor machen dem Auto­markt zu schaffen. In Franken sind viele Auto­mo­bil­zu­lie­ferer behei­matet. Allein in der unter­frän­ki­schen Stadt Schweinfurt arbeiten nach Angaben von IG Metall mehr als 22.000 Mit­ar­beiter in der Branche, in der Region Bamberg laut Land­ratsamt rund 20.000. Große Namen wie Schaeffler, Bosch oder Michelin sind dort zuhause — noch zumindest.“

Frau Sena­torin Fegebank regis­triert offenbar mit scharfem Poli­tik­wis­sen­schaft­ler­blick, dass aus den Tau­senden, die jetzt schon auf der Straße gegen den Verlust ihres Arbeits­platzes und ihrer Existenz pro­tes­tieren, Zig- und Hun­dert­tau­sende werden könnten. Und was das bedeutet, wenn Mil­lionen Arbeitslose wütend und ver­zweifelt werden und in die Sozi­al­kassen wandern, kann man zwar als Poli­tik­wis­sen­schaftler nicht so gut aus­rechnen, wie ein Volks­wirt­schaftler, aber man kennt die gesell­schafts­po­li­ti­schen Folgen besser.

Mit anderen Worten, es dämmert den Grünen so langsam, dass der deutsche Arbeit­nehmer sehr genau ver­steht, dass sie die Wirt­schaft rui­nieren und ihn um seine Existenz bringen. Und an diesem Punkt geht ihm die Kli­ma­neu­tra­lität mit Verlaub am A*** vorbei. Was bedeutet, die Grünen können ein­packen und das Thema Kli­ma­schutz ist mausetot.

Schon lange zeigen Umfragen, dass den Grünen nur in einem Thema Kom­petenz zuge­traut wird: Umwelt- und Kli­ma­po­litik. Die Grünen bleiben eine Ein-Themen-Partei, schreibt der Spiegel. Bei Wirt­schaft sieht es nicht gut aus mit dem Wählervertrauen.

Die Grünen müssen also heraus aus dem Image der „Klima- und Ver­bots­partei“. Erst recht jetzt, wo die desas­trösen Folgen der Ener­gie­wende und der Anti-Ver­bren­nungs­motor-Politik langsam manifest werden.

Die neue Stra­tegie: Kuschelkurs mit der Wirt­schaft und lautes Pfeifen im Keller. Sena­torin Fegebank  macht bei den Unter­nehmen Ham­burgs eine „ganz hohe Bereit­schaft für die Trans­for­mation hin zu Kli­ma­neu­tra­lität“ aus: „von den großen Indus­trie­un­ter­nehmen über den Mit­tel­stand bis hin zu den Grün­de­rinnen und Gründern und Start-ups. Die Hand­werker habe ich noch gar nicht erwähnt.“ Kli­ma­schutz, ver­kündet sie, könne nur mit einer starken Wirt­schaft gelingen, die zugleich gemein­wohl­ori­en­tiert und kli­ma­neutral sein müsse. Das habe die Industrie auch längst erkannt, sekun­diert ihre Par­tei­kol­legin Annalena Baerbock auf der Neu­jahrs­klausur des grünen Bun­des­vor­standes in Hamburg. Man gibt sich ein­sichtig. Weg vom Image der „Ver­bots­partei“, scheint die Taktik zu heißen.

Denn plötzlich tönen ver­söhn­liche Sire­nen­ge­sänge aus dem Lager der grünen Kli­ma­schützer, die so gar nicht mehr nach Zopf­gretels wut­schnau­bendem „Wie könnt Ihr es wagen!“ und „wir werden Euch nicht davon­kommen lassen!“ klingen:
Kli­ma­neu­tra­lität könne nicht dadurch erreicht werden, „indem wir der Wirt­schaft was über­stülpen, unab­ge­sprochen und undis­ku­tiert Maß­nahmen und Regu­larien ver­breiten. Man muss erst einmal ver­stehen, wo tat­sächlich auch Stell­schrauben zu drehen sind, um dann gemeinsam mit der Wirt­schaft diesen Weg zu gehen.“

Daher gibt es auch einen Beschluss auf der Neu­jahrs­klausur, der sich schon im Titel grundlos opti­mis­tisch gibt: „Für eine Wirt­schaft, die sich neu erfindet – Hamburg zeigt den Weg“.

In der Tat, so eine Wirt­schaft muss wirklich voll­kommen neu erfunden werden, samt wirt­schaft­licher Grund­regeln und das für die ganze Welt. Nichts weniger als das haben sich die Grünen in ihrem Beschluss auf die Fahnen geschrieben:

„Zu Beginn des neuen Jahr­zehnts stehen wir an einer Weg­scheide. In den 2020ern muss Deutsch­lands Wirt­schaft den Weg zur Kli­ma­neu­tra­lität ein­schlagen. Das ist die Garantie für den Indus­trie­standort Deutschland. Werden die Weichen nicht gestellt, ist es zu spät – für das Welt­klima und für die Wett­be­werbs­fä­higkeit der deut­schen und euro­päi­schen Industrie. Die alte Industrie muss sich dafür neu erfinden, dem Neuen müssen wir den Weg ebnen: durch Wis­sen­schafts­transfer, Anreize und För­derung – auf allen Ebenen. Dafür müssen wir die Markt­wirt­schaft sozial-öko­lo­gisch neu begründen – mit starken ord­nungs­recht­lichen Leit­planken, die den pla­ne­taren Grenzen Rechnung tragen, die soziale Stan­dards und fairen Wett­bewerb sichern und neue Wert­schöpfung schaffen.“

Sonst noch Wünsche? Warum nicht gleich das ganze Uni­versum, dem man als deut­scher Grüner voll­kommen neue phy­si­ka­lische Gesetze ver­passen muss?

Soviel froh­gemute Hybris kommt bei Twitter nicht so wirklich gut an:

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User „beilfran“ schreibt zu „Hamburg zeigt den Weg“:

„Antwort an @Die_Gruenen

Der Weg heißt Allee des  SACH­VER­STANDS­FREIEN ÖKOFASCHISMUS!!!

… und beschreibt die sinn­freie Deindus­tria­li­sierung unserer Gesellschaft!

Die Grünen merken es erst dann, wenn eines Tages während des Par­tei­tages 250T Autos an die Steckdose gehen, und die Halle plötzlich dunkel wird!“

Fein beob­achtet. Dem kom­menden, großen Strom-Mangel wollen die Grünen aber ent­schlossen mit einer fast unli­mi­tierten Aus­weitung der Off­shore-Wind­parks begegnen. Begegnen werden sie dabei aber auch dem Protest und den Kampf­an­sagen der Natur­schutz-Orga­ni­sa­tionen. Die Wind­kraft­an­lagen im Meer sind nämlich alles andere als im Sinne des Natur­schutzes.

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„Der Bau, Betrieb und die Wartung von Off­shore-Wind­kraft­an­lagen sind mit schäd­lichen Aus­wir­kungen auf Mee­res­säuger, Vögel, Fische und die Lebens­ge­mein­schaften am Mee­res­boden (Benthos) ver­bunden. (…)Aber auch See- und Zug­vögel werden beein­trächtigt. Ihre Migra­ti­ons­routen werden durch die Wind­kraft­werke zer­schnitten, wichtige Rast- und Nah­rungs­ge­biete gehen ver­loren und es drohen Kol­li­sionen mit den Rotoren der Tur­binen. (…)Das kumu­lative Ausmaß mensch­licher Akti­vi­täten im Meer führt zu einem rasanten Verlust der marinen Arten­vielfalt, dessen Ausmaß kaum abzu­sehen ist.“

Ein inter­es­santer Inter­es­sens­kon­flikt: Grüne Partei contra Naturschutzorganisationen.

Überdies ver­lassen sich Fegebank und Co. auf Wär­me­ge­winnung durch die Abwässer der städ­ti­schen Klär­werke, Abwärme aus der Industrie für Kupfer, Stahl und Alu­minium und dazu noch Tie­fen­geo­thermie. Dadurch soll nach den Plänen der Grünen Hamburg zu einem „global füh­renden Standort für erneu­erbare Energien“ werden.

Und wenn das alles nicht reicht, wird man Was­ser­stoff als Ener­gie­quelle nutzen, hält sich der Ham­burger Beschluss ein Türchen offen — als Argument gegen die, die die Neu­erfindung der Grünen Super­wirt­schaft mit Zahlen und Fakten madig machen wollen und vor­rechnen, dass das bei weitem nicht funk­tio­nieren wird. Was­ser­stoff­tech­no­logie ist das weiße Dekar­bo­ni­sie­rungs­ka­ninchen, das man aus dem schwarzen CO2-Zylinder zieht.

Nur schade, dass es diese Tech­no­logie noch gar nicht gibt. Aber: Ha! Auch da weiß der Grünen-Beschluss eine Lösung: Das muss einfach auch neu erfunden werden, so simpel ist das.

„Dazu braucht es gezielt För­derung der ent­spre­chenden Tech­no­logien hin zur Marktreife.“ 

Nun komme aber bitte kein nör­gelnder Bes­ser­wisser mit dem Kil­ler­ar­gument, es könne viel­leicht doch von Vorteil sein, diese Tech­no­logie ERST zu haben und DANN die alten Tech­no­logien still­zu­legen, damit nicht alles zusam­men­bricht. Das ist nur was für Feiglinge.

Zumal es den Grünen doch selbst klar ist: „Für den Aufbau einer grünen Was­ser­stoff­wirt­schaft ist eine Ver­viel­fa­chung der instal­lierten Wind­kraft nötig“, was aber wie­derum Jahre dauern wird und von Bür­ger­initia­tiven wegen der bereits genannten Natur­schäden ent­schieden bekämpft und meist auch per Gerichts­be­schluss ver­hindert wird.

Die globale Vor­bild­funktion einer grün-wun­der­baren, kli­ma­neu­tralen, völlig neu erfun­denen Markt­wirt­schaft als zur Wirk­lichkeit gewordene Utopie für die ganze Welt ist anscheinend jetzt schon nur eine Illusion. Während im „Westen“ die Grünen Par­teien die Wirt­schaften rui­nieren und bisher erfolg­reiche Länder in die Armut de-indus­tria­li­sieren, beginnt in vielen Ländern mit Macht der Ein­stieg in die Koh­le­kraft­werke. Eines der Haupt­ar­gu­mente der Grünen für den deut­schen Kli­ma­schutz-Vorbild-Opfergang ist damit hinfällig.

Während in der EU und den USA der Koh­le­ver­brauch stark zurückgeht (in den USA um 5 Mega­tonnen, in der EU um 2,5), legt China um 2,6 Mega­tonnen zu, Indien um 5,4 Mega­tonnen, Süd­ost­asien um gigan­tische 7,8 und Russland um 0,1 Mega­tonnen. Die Welt ins­gesamt ver­brauchte im Jahr 2018 abzüglich der ein­ge­sparten 7,5 Mega­tonnen des Westens ins­gesamt 1,2 Mega­tonnen Kohle mehr zur Ener­gie­er­zeugung als im Vorjahr. (Quelle: IEA)

Auch Ägypten, Pakistan und die Mon­golei steigen mit umfang­reichen Pro­jekten in die Koh­le­ver­stromung ein. Zudem werde die Tech­no­logie für weitere Länder an Bedeutung gewinnen, ins­be­sondere Indien, Türkei, Vietnam und Indonesien.