Iran-Krise: Kriegs­gefahr, Trup­pen­abzug, Trup­pen­auf­sto­ckung — Die neusten Ent­wick­lungen — Waren Geheim­ver­hand­lungen zwi­schen Iran & Saudi-Arabien der Grund?

Da sich in Sachen Iran derzeit die Ereig­nisse über­schlagen, fasse ich auch heute wieder die Neu­ig­keiten des Tages zur Iran-Krise zusammen.

Gestern habe ich auf­ge­zeigt, dass der von den USA ermordete ira­nische General Sol­eimani offen­sichtlich auf einer Frie­dens­mission nach Bagdad gereist, weil anscheinend hinter den Kulissen Gespräche zwi­schen Saudi-Arabien und dem Iran über eine Lösung des Dau­er­kon­fliktes zwi­schen den beiden Ländern laufen. Die Details finden Sie hier.

Das wird in den Medien jedoch prak­tisch nicht erwähnt. Kommen wir zunächst zu den Ent­wick­lungen des Tages und dann zu dem, was die deut­schen Medien daraus machen.

Beginnen wir mit der deut­schen Regierung. Bei der Bun­des­pres­se­kon­ferenz hat sich Sprecher Seibert wieder einmal bla­miert. Seine Stell­ver­tre­terin hatte vor einigen Tagen Ver­ständnis für den US-Angriff geäußert, der nicht nur ein klarer Bruch des Völ­ker­rechts war, sondern auch völlig unnötig die Kriegs­gefahr in der Region erhöht hat. Seibert hat dem mit gleich einer ganzen Reihe von Lügen noch einmal die Krone aufgesetzt.

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Dass die Kriegs­gefahr in der Region nun groß ist, zeigt sich unter anderem auch an einer Warnung der USA. Dort heißt es, dass der Per­sische Golf, die Straße von Hormus, der Golf von Oman, das Ara­bische Meer, das Rote Meer, der Golf von Aden und der Indische Ozean auf­grund der ira­ni­schen Aktionen und „seiner Mario­netten“ eine Gefahr für die Han­dels­schiff­fahrt dar­stellen. Die Warnung bleibe bis zum 10. Januar in Kraft, hieß es in der Erklärung, aus der die rus­sische TASS zitiert hat.

Wider­sprüch­liche Mel­dungen gibt es aus den west­lichen Staaten, die im Irak mili­tä­risch aktiv sind. Das ira­kische Par­lament hatte am Sonntag den Abzug aller west­lichen Truppen aus dem Irak gefordert, ohne aller­dings dafür eine Frist zu setzen. Die USA haben erklärt, sie wollten im Land bleiben und ihre Truppen sogar auf­stocken. Ira­kische Medien haben darüber hinaus am Dienstag berichtet, dass die USA einen Flug­hafen in der Nähe von Bagdad aus­bauen wollen, damit dort auch stra­te­gische Bomber vom Typ B‑52 Strat­ofortress sta­tio­niert werden können. Auch das klingt nicht nach einem Abzug der US-Truppen.

Ganz anders handeln hin­gegen die Nato-Staaten. Die haben am Dienstag bekannt gegeben, fast alle ihre Sol­daten aus dem Irak abzu­ziehen. Auch der größte Teil der deut­schen Sol­daten im Irak soll bereits nach Jor­danien aus­ge­flogen worden sein.

Apropos Nato: Am Montag gab es eine außer­plan­mäßige Tagung der Nato-Bot­schafter und es gab Pres­se­mel­dungen, dass die USA von ihren Nato-Partnern eine Erklärung bekommen wollten, dass die Nato geschlossen hinter der Politik im Nahen Osten und spe­ziell dem US-Angriff auf den ira­ni­schen General stehe. Manchmal sind Abschluss­erklä­rungen deshalb inter­essant, weil etwas dort nicht drin steht. Nach dem Treffen hat die Nato lediglich erklärt, sie sich einig, dass der Iran keine Atom­waffen erlangen dürfe. Das ist nichts Neues, aber es zeigt, dass es hinter den Kulissen hoch her gegangen sein muss, denn offen­sichtlich haben die Nato-Länder den USA die gewünschte Erklärung verweigert.

Eben­falls am Dienstag hat der Iran das Pen­tagon zu einer Ter­ror­or­ga­ni­sation erklärt. In dem ange­nom­menen Gesetz werden „alle Mit­glieder des Pen­tagon und ver­wandter Insti­tu­tionen und Orga­ni­sa­tionen sowie die Kom­man­deure, die am Tod des Kom­man­deurs der Spe­zi­al­ein­heiten des Korps der Isla­mi­schen Revo­lu­ti­ons­garden Sol­eimani beteiligt waren“ zu Ter­ro­risten erklärt. Für das Gesetz haben 228 der 238 anwe­senden Abge­ord­neten gestimmt.

Aus dem Iran kommen auch andere Mel­dungen, die sich auf den ersten Blick wider­sprechen. So hat der Iran ange­kündigt, selbst seinen Ver­gel­tungs­schlag gegen die USA aus­führen zu wollen und dafür keine der mit ihm ver­bün­deten Milizen im Nahen Osten ein­setzen zu wollen. Die ira­nische Regierung sprach von 13 mög­liche Zielen, wobei „selbst die schwächste Option ein his­to­ri­scher Alb­traum für die USA wäre“.

Ande­rer­seits hat der Iran erneut wissen lassen, dass er sofort bereit sei, sich wieder an das Atom­ab­kommen zu halten. Das tweetete das ira­nische Außenministerium.

Das ist nicht neu, diese Position ver­tritt der Iran schon lange und seine einzige Bedingung ist, dass zumindest die EU ihre Ver­pflich­tungen aus dem Abkommen voll­ständig erfüllt, was sie nicht tut. Zuletzt hatten sich nur noch der Iran selbst, sowie China und Russland an das Abkommen gehalten. Die USA haben es im Mai 2018 gebrochen und in der Folge hat auch die EU nicht mehr alle ein­ge­gan­genen Ver­pflich­tungen erfüllt. Die Details zum Atom­ab­kommen finden Sie hier.

Wenn es um das Atom­ab­kommen geht, bekle­ckern sich die deut­schen Medien regel­mäßig über­haupt nicht mit Ruhm. So auch heute. Der Spiegel berichtete zwar über die Angebote des Iran, stellte sie aber in ein sehr frag­wür­diges Licht, als er über die „Kon­zi­lianz“ des Iran bei dieser Frage schrieb:

„Doch sie dürfte einem klaren Kalkül folgen: den ohnehin schon vor­han­denen Keil im trans­at­lan­ti­schen Ver­hältnis noch tiefer zwi­schen Europa und Amerika zu treiben. Das ist bisher schon in Teilen gelungen:

Als die US-Regierung das Atom­ab­kommen ein­seitig gekündigt und neue Sank­tionen ver­hängt hat, wollte die EU nicht mitziehen.

Sie legte sogar ein Finan­zie­rungs­in­strument auf, mit dessen Hilfe EU-Unter­nehmen unter Umgehung der USA ihre Geschäfte mit Iran wei­ter­führen sollten.

Das Institut namens Instex war zwar bisher wenig erfolg­reich — es hat der ira­ni­schen Regierung aber gezeigt, dass die EU not­falls auch den Kon­flikt mit Washington ris­kiert, um das Atom­ab­kommen zu retten.“

Der Spiegel schreibt wieder, die USA hätten das Atom­ab­kommen „ein­seitig gekündigt“, dabei war es ein Ver­trags­bruch, denn es gibt in dem Abkommen keine ein­seitige Aus­stiegs­klausel. Aber man beachte, wie der Spiegel Ursache und Wirkung ver­dreht: Die USA brechen den Vertrag und die EU wollte da „nicht mit­ziehen“, aber Schuld an allem ist für den Spiegel der Iran, weil er einen Keil zwi­schen Europa und die USA treibt. Um diese Logik zu ver­stehen, muss man furchtbar trans­at­lan­tisch Gehirn gewa­schen sein.

Dann kommt der Spiegel zu Instex, dem „Finan­zie­rungs­in­strument“, „mit dessen Hilfe EU-Unter­nehmen unter Umgehung der USA ihre Geschäfte mit Iran wei­ter­führen sollten“. Das klingt super, die EU hat sich also wirklich ganz doll ins Zeug gelegt und den USA so richtig Kontra gegeben! Blöd nur, dass Instex bis heute nicht funk­tio­niert. Die EU hat in Wahrheit durch Nichtstun die Sank­tionen der USA unter­stützt, denn was ist ein „Finan­zie­rungs­in­strument“ wert, das nicht funktioniert?

Wenn der Spiegel behauptet, dass die EU dem Iran damit gezeigt hätte, dass sie „not­falls auch den Kon­flikt mit Washington ris­kiert“, dann lügt der Spiegel ganz offen, denn Teheran hat mehr als einmal mit­ge­teilt, dass ein nicht funk­tio­nie­rendes Instrument genauso gut ist, wie gar keins. Der Iran fordert von der EU die voll­ständige Ein­haltung ihrer Ver­pflich­tungen aus dem Abkommen, also normal funk­tio­nie­renden Zah­lungs­verkehr und den Kauf von Öl. Das jedoch lehnen EU-Staaten, die das ira­nische Öl früher gekauft haben, nun mit Verweis auf die US-Sank­tionen ab.

Und nicht ver­gessen, auch das führt der Spiegel als Bei­spiel dafür an, wie der Iran einen Keil zwi­schen Europa und Amerika treiben möchte.

Wie sehr der Spiegel unwahre Pro­pa­ganda ver­breitet, wurde noch in einem anderen Artikel deutlich. Wir haben gesehen, dass die USA das Atom­ab­kommen gebrochen haben, dass die EU sich nicht gegen die USA gestellt hat, sondern danach eben­falls ver­trags­brüchig geworden ist. Wenn man nun noch daran denkt, dass der Iran trotzdem über ein Jahr lang still gehalten und die EU immer wieder auf­ge­fordert hat, ihren Ver­pflich­tungen nach­zu­kommen, bevor er schließlich mit dem schritt­weisen Rückzug aus dam Abkommen reagiert hat, dann zeigt sich, dass der Iran hier sehr viel Geduld gezeigt hat. Mehr noch: er Iran betont, wie auch heute wieder, dass er das Abkommen sofort wieder ein­halten würde, wenn zumindest die EU sich auch endlich daran halten.

Der Spiegel sug­ge­riert seinen Lesern aber statt­dessen, der Iran wäre nicht gesprächsbereit:

„Moderate Kräfte in Iran, die für einen Dialog mit dem Westen plä­dieren, sind massiv in die Defensive geraten.“

„Qua­li­täts­jour­na­lismus“ in Rein­kultur eben…

UNO im Wür­ge­griff der USA — Ira­ni­scher Außen­mi­nister darf nicht zur UNO reisen

Die USA sind nutzen den UNO-Standort New York völ­ker­rechts­widrig, um Diplo­maten den Zugang zur UNO zu ver­wehren. Aktu­elles Bei­spiel: Der ira­nische Außen­mi­nister darf nicht zur Tagung des UNO-Sicher­heits­rates zur Iran-Krise reisen.

Der Hauptsitz der UNO ist New York. Damit haben die USA sich ver­pflichtet, Diplo­maten anderer Länder ein­reisen zu lassen, die bei der UNO arbeiten oder zu Ver­an­stal­tungen der UNO kommen wollen. Jedoch ver­stoßen die USA immer dreister gegen diese über­nommene Ver­pflichtung und nehmen die UNO als Geisel ihrer eigenen Politik. Ich habe schon im Sep­tember berichtet, dass die USA einen großen Teil der rus­si­schen Dele­gation nicht zur UNO-Voll­ver­sammlung haben ein­reisen lassen.

Das war kein „Unfall“, das hat System. Heute haben die USA dem ira­ni­schen Außen­mi­nister die Ein­reise ver­weigert, er wollte an der für den 9. Januar ange­setzten Sitzung des UNO-Sicher­heits­rates zur Krise am Golf teilnehmen.

Das fügt sich aber nur in eine recht lange Liste ein. Allein seit Sep­tember gab es mehrere Fälle, über die in Deutschland jedoch nicht berichtet wurde, obwohl sich längst die Gremien der UNO mit dem Thema beschäf­tigen, denn die USA stören und sabo­tieren mit ihren will­kür­lichen und völ­ker­rechts­wid­rigen Ein­rei­se­ver­boten gegen Diplo­maten die Arbeit der UNO. Hinzu kommt, dass die USA noch nicht einmal ihren Mit­glieds­beitrag an die UNO bezahlen.

Seit der UNO-Voll­ver­sammlung 2018 wurde jedes dritte Visum für rus­sische Diplo­maten von den USA abge­lehnt. Das ent­spre­chende UNO-Komitee hat bereits Beschwerde ein­gelegt und rät, die USA vor dem UN-Gericht zu ver­klagen.

Aber da nicht nur Russland von solchen Schi­kanen betroffen ist, sondern auch Länder wie der Iran, Kuba oder Vene­zuela, wurde sogar schon der Antrag gestellt, den Hauptsitz der UNO in ein anderes Land zu ver­legen. Vor­ge­schlagen wurden die Schweiz oder Öster­reich. 18 Länder unter­stützten den Vor­schlag Russ­lands, 69 Staaten stimmten dagegen, weitere 72 Länder ent­hielten sich. Unter den­je­nigen, die den Vor­schlag unter­stützten, waren China, Kasachstan, Syrien und der Iran sowie mehrere latein­ame­ri­ka­nische und afri­ka­nische Länder.

Dar­über­hinaus haben die USA auch noch hohe Schulden bei der UNO, denn sie sind ihre Mit­glieds­bei­träge schuldig. Der UNO-Gene­ral­se­kretär sprach bereits von einer finan­zi­ellen Krise der UNO, denn der Rück­stand der USA betrug zwi­schen­zeitlich über eine Mil­liarde Dollar. Zwar haben die USA in den letzten Monaten über 500 Mil­lionen über­wiesen, aber sie sind damit immer noch mit über einer halben Mil­liarde im Rückstand.

Dahinter scheint ein System zu stecken, denn die USA emp­finden die UNO als störend und gemeinsam mit ihren west­lichen Satel­liten sind sie offensiv dabei, die UNO zu schwächen, wie ich hier ana­ly­siert habe.

Waren Geheim­ver­hand­lungen zwi­schen dem Iran und Saudi-Arabien der Grund für den US-Angriff?

Die Frage, warum die USA den ira­ni­schen General Solemani genau jetzt ermordet haben, treibt die Welt­presse um. Es gibt Mel­dungen, Solemani sei auf einer Frie­dens­mission zwi­schen Iran und Saudi-Arabien gewesen, die die USA ver­hindern wollten. Kann das sein?

Natürlich habe auch ich mir Gedanken gemacht, wie Trump – der sich bisher mit aller Kraft den Kriegs­treibern in Washington ent­ge­gen­ge­stellt hat – auf diese Aktion, auf einen Droh­nenmord an dem wich­tigsten ira­ni­schen General auf dem Flug­hafen in Bagdad, ein­lassen konnte. In den USA muss man gewusst haben, dass das nicht ohne Folgen bleibt. Die USA sind im Irak nicht beliebt und der Iran kann so etwas ohne Reaktion nicht durch­gehen lassen. Trump kann aber im anste­henden Wahl­kampf keinen neuen Krieg gebrauchen, wenn er die Wahl gewinnen will.

Der Mord an Solemani muss also aus irgend­einem Grund sehr wichtig gewesen sein, wenn man so ein Risiko eingeht.

Ich habe daher für mich allein spe­ku­liert, dass Trump in eine Falle gelockt wurde, viel­leicht auch mit dem Hin­ter­grund seine Wie­derwahl zu ver­hindern. Die Washington Post hat am 6. Januar gemeldet, dass Pompeo seit Monaten von Trump die Ermordung Sol­ei­manis gefordert haben soll und die New York Times meldete eben­falls am 6. Januar, dass dieser Druck von Pompeo Ende Dezember immer stärker wurde und dass Trump sich schließlich hat über­reden lassen.

Aber warum kann es Kreisen in Washington – abge­sehen von der Ver­hin­derung von Trumps Wie­derwahl – so wichtig sein, Sol­eimani zu ermorden? Die Nach­denk­seiten berichten, Sol­eimani sei auf einer diplo­ma­tische Mission unterwegs gewesen, bei der der Irak eine Ver­stän­digung zwi­schen Saudi-Arabien und dem Iran ver­mitteln wollte. Es ging demnach um den Aus­tausch von diplo­ma­ti­schen Noten zwi­schen dem Iran und Saudi-Arabien in Bagdad.

Kann das sein? 

Iran und Saudi-Arabien sind Erz­feinde am Golf. Die „ira­nische Bedrohung“ ist einer der wich­tigsten Vor­wände, warum die USA große Mili­tär­basen in Saudi-Arabien unter­halten. Wenn die beiden Länder sich anfreunden, hätte die sau­dische Regierung keinen Grund mehr, die unbe­liebte Anwe­senheit von so vielen „Ungläu­bigen“ im Land zu recht­fer­tigen. Außerdem würde ein Ende des Kon­flikts die Gefahr bergen, dass sich die Öl-Staaten am Golf einig werden, das würde den US-Ein­fluss auf die Ölpreise beenden, den sie nur ausüben können, weil vor allem die Saudis das Spiel mitspielen.

Es geht also um sehr viel für die USA. Aber ist eine Annä­herung zwi­schen dem Iran und Saudi-Arabien realistisch?

Putin war Ende Oktober auf einem großen Staats­besuch in Saudi-Arabien und ihm wurde dort der rote Teppich aus­ge­rollt, wie sonst kaum jemandem. Das rus­sische Fern­sehen hatte darüber aus­führlich berichtet. Aber inter­es­santer als die Berichte über Putins Besuch war ein Interview, dass Putin im Vorfeld des Besuches drei ara­bi­schen TV-Sendern gegeben hat. In dem Interview wurde Putin auch zum Kon­flikt zwi­schen Saudi-Arabien und dem Iran befragt und Putin kün­digte an, in dem Kon­flikt ver­mitteln zu wollen. Zu einem Annä­he­rungs­prozess zwi­schen den Ländern sagte Putin damals:

„Was Russland betrifft, so werden wir alles tun, um die not­wen­digen Vor­aus­set­zungen für eine solche positive Dynamik zu schaffen. Ich denke, dass Russland gute Bezie­hungen zum Iran und sehr gute Bezie­hungen zu unseren ara­bi­schen Freunden hat. (…) Wenn wir unsere guten Bezie­hungen, sowohl zum Iran, als auch zur ara­bi­schen Welt, zu Saudi-Arabien, zu den Ver­ei­nigten Ara­bi­schen Emi­raten, nutzen, können wir meiner Meinung nach etwas finden, das von gemein­samem Interesse sein kann.“

Danach kam Ende Oktober Putins Staats­besuch in Saudi-Arabien.

Und nun kommen wir zu der Meldung, die ich mir sei­nerzeit ins „Archiv“ gelegt habe: Am 4. November, also keine zwei Wochen später, hat der Sprecher des ira­ni­schen Prä­si­denten mit­ge­teilt, dass der Iran Saudi-Arabien offi­ziell den Vor­schlag unter­breitet hat, in Fragen der regio­nalen Sicherheit zusam­men­zu­ar­beiten. Die rus­sische Nach­rich­ten­agentur TASS zitierte den Sprecher des ira­ni­schen Prä­si­denten fol­gen­der­maßen:

„Der ira­nische Prä­sident hat dem König von Saudi-Arabien einen Brief über regionale Sicherheit, Frieden und Sta­bi­lität geschickt (…) Der Druck der USA sollte die Nachbarn in der Region nicht spalten. (…) Um Frieden zu erreichen, brauchen wir eine kol­lektive Zusammenarbeit“

Ich hatte, als es um den Auf­tritt des ira­ki­schen Pre­mier­mi­nisters am 5. Januar vor seinem Par­lament ging, das auf seinen Vor­schlag hin am Sonntag den Abzug aller west­lichen Truppen aus dem Irak gefordert hat, in einem Nebensatz auch irgendwo gelesen, dass der Pre­mier­mi­nister gesagt habe, Sol­eimani sei in einer diplo­ma­ti­schen Mission in Bagdad gewesen. Mustafa Salim ist Reporter für die Washington Post in Bagdad und der hat die Rede des ira­ki­schen Pre­mier­mi­nisters vor dem Par­lament teil­weise ins Eng­lische über­setzt und auf Twitter ver­öf­fent­licht. Unter anderem sagte der ira­kische Pre­mier­mi­nister demnach:

„Ich sollte Sol­eimani an dem Morgen treffen, an dem er getötet wurde, er kam, um eine ira­nische Nach­richt als Antwort auf die Nach­richt aus Saudi-Arabien, die wir über­mittelt haben, zu überbringen.“

“I was sup­posed to meet Sol­eimani at the morning the day he was killed, he came to deliver me a message from Iran responding to the message we deli­vered from Saudi to Iran” Iraqi PM said.

— Mustafa Salim (@Mustafa_salimb) January 5, 2020

Kein Wort findet sich davon in den „Qua­li­täts­medien“. Es scheint aber tat­sächlich so zu sein, dass Putin im Oktober einen Dialog zwi­schen Saudi-Arabien und dem Iran ange­stoßen hat, der über geheime diplo­ma­tische Noten geführt wurde, die – zumindest teil­weise – über Bagdad gelaufen sind. Das ist übrigens auch ver­ständlich, denn der Irak hat recht ordent­liche Bezie­hungen zu beiden Nachbarn, also zum Iran und zu den Saudis. Der Irak ist als Ver­mittler wie geschaffen.

Die Anzeichen, dass es so ist, sind mehr als deutlich. Und es ist klar, dass eine Annä­herung oder gar Zusam­men­arbeit zwi­schen den Saudis und dem Iran für die Vor­herr­schaft der USA am Golf der Super-GAU wäre. Die USA wären dort schlag­artig über­flüssig, sie begründen ihre massive Mili­tär­präsenz ja mit den Span­nungen und der insta­bilen Lage am Golf. Wenn die Span­nungen sich morgen auf­lösen und sich die Lage sta­bi­li­siert, dann würden die Stimmen in den ara­bi­schen Ländern, die einen Abzug der USA fordern, sehr laut werden.

Ich hatte mich übrigens auch über die sau­dische Reaktion auf das Attentat und die fol­genden Span­nungen sehr gewundert. Saudi-Arabien war immer am lau­testen, wenn es darum ging, ira­nische „Untaten“ zu ver­teufeln und harte Reak­tionen gegen den Iran zu fordern. Um so über­ra­schender war für mich, dass die Saudis in diesem Zusam­menhang nicht – wie sonst üblich – laut im Chor der US-Falken mit­ge­sungen haben. Statt­dessen ent­hielt die offi­zielle Erklärung aus Saudi-Arabien ganz neue Töne:

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„Wir sind äußerst inter­es­siert daran, dass die Situation in der Region nicht weiter eska­liert. Natürlich ist jetzt ein sehr gefähr­licher Moment, darum müssen wir alle Risiken und Gefahren, nicht nur für die Sicherheit der Region, sondern im glo­balen Maßstab, aner­kennen. Wir hoffen, dass alle Player die nötigen Schritte unter­nehmen, um eine weitere Eska­lation oder Pro­vo­ka­tionen nicht zuzulassen.“

Kein Wort gegen den Iran in der Erklärung, das ist ein Novum.

Die USA ver­suchen nun, ihre Ver­bün­deten hinter sich zu ver­sammeln. Am 6. Januar gab es ein außer­plan­mä­ßiges Treffen bei der Nato und die TASS berichtete unter Berufung auf einen nicht genannten Teil­nehmer, dass die USA mit allen Mitteln ver­suchen, von den Nato-Partnern eine Erklärung zu bekommen, dass sie die US-Politik in der Region und auch den Droh­nen­an­griff auf Sol­eimani unterstützen.

Mög­li­cher­weise hat auch Trump inzwi­schen ver­standen, dass er auf´s Glatteis geführt worden ist. Nachdem er tagelang hef­tigste Tweets in Richtung Teheran abge­feuert hat, hat einer seiner Berater eben­falls am 6. Januar mit­ge­teilt, Trump sei nach wie vor bereit, mit dem Iran direkt über das Atom­ab­kommen zu ver­handeln. Ich würde diese Meldung nicht über­be­werten, aber sie fällt doch sehr aus dem Rahmen dessen, was Trump in den letzten Tagen von sich gegeben hat.

Die Version, dass Sol­eimani von Kräften umge­bracht wurde, die eine Annä­herung am zwi­schen dem Iran und Saudi-Arabien zu ver­hindern wollen, scheint mir in Anbe­tracht all dieser Mel­dungen mehr als wahr­scheinlich. Die Frage ist, wie weit der Iran und Saudi-Arabien in den letzten zwei Monaten gekommen sind. Haben sie ein Grund­ver­trauen ent­wi­ckelt, das groß genug ist, um den Bemü­hungen derer zu wider­stehen, die die Annä­herung ver­hindern wollen?


Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru

Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“