Da sich in Sachen Iran derzeit die Ereignisse überschlagen, fasse ich auch heute wieder die Neuigkeiten des Tages zur Iran-Krise zusammen.
Gestern habe ich aufgezeigt, dass der von den USA ermordete iranische General Soleimani offensichtlich auf einer Friedensmission nach Bagdad gereist, weil anscheinend hinter den Kulissen Gespräche zwischen Saudi-Arabien und dem Iran über eine Lösung des Dauerkonfliktes zwischen den beiden Ländern laufen. Die Details finden Sie hier.
Das wird in den Medien jedoch praktisch nicht erwähnt. Kommen wir zunächst zu den Entwicklungen des Tages und dann zu dem, was die deutschen Medien daraus machen.
Beginnen wir mit der deutschen Regierung. Bei der Bundespressekonferenz hat sich Sprecher Seibert wieder einmal blamiert. Seine Stellvertreterin hatte vor einigen Tagen Verständnis für den US-Angriff geäußert, der nicht nur ein klarer Bruch des Völkerrechts war, sondern auch völlig unnötig die Kriegsgefahr in der Region erhöht hat. Seibert hat dem mit gleich einer ganzen Reihe von Lügen noch einmal die Krone aufgesetzt.
Dass die Kriegsgefahr in der Region nun groß ist, zeigt sich unter anderem auch an einer Warnung der USA. Dort heißt es, dass der Persische Golf, die Straße von Hormus, der Golf von Oman, das Arabische Meer, das Rote Meer, der Golf von Aden und der Indische Ozean aufgrund der iranischen Aktionen und „seiner Marionetten“ eine Gefahr für die Handelsschifffahrt darstellen. Die Warnung bleibe bis zum 10. Januar in Kraft, hieß es in der Erklärung, aus der die russische TASS zitiert hat.
Widersprüchliche Meldungen gibt es aus den westlichen Staaten, die im Irak militärisch aktiv sind. Das irakische Parlament hatte am Sonntag den Abzug aller westlichen Truppen aus dem Irak gefordert, ohne allerdings dafür eine Frist zu setzen. Die USA haben erklärt, sie wollten im Land bleiben und ihre Truppen sogar aufstocken. Irakische Medien haben darüber hinaus am Dienstag berichtet, dass die USA einen Flughafen in der Nähe von Bagdad ausbauen wollen, damit dort auch strategische Bomber vom Typ B‑52 Stratofortress stationiert werden können. Auch das klingt nicht nach einem Abzug der US-Truppen.
Ganz anders handeln hingegen die Nato-Staaten. Die haben am Dienstag bekannt gegeben, fast alle ihre Soldaten aus dem Irak abzuziehen. Auch der größte Teil der deutschen Soldaten im Irak soll bereits nach Jordanien ausgeflogen worden sein.
Apropos Nato: Am Montag gab es eine außerplanmäßige Tagung der Nato-Botschafter und es gab Pressemeldungen, dass die USA von ihren Nato-Partnern eine Erklärung bekommen wollten, dass die Nato geschlossen hinter der Politik im Nahen Osten und speziell dem US-Angriff auf den iranischen General stehe. Manchmal sind Abschlusserklärungen deshalb interessant, weil etwas dort nicht drin steht. Nach dem Treffen hat die Nato lediglich erklärt, sie sich einig, dass der Iran keine Atomwaffen erlangen dürfe. Das ist nichts Neues, aber es zeigt, dass es hinter den Kulissen hoch her gegangen sein muss, denn offensichtlich haben die Nato-Länder den USA die gewünschte Erklärung verweigert.
Ebenfalls am Dienstag hat der Iran das Pentagon zu einer Terrororganisation erklärt. In dem angenommenen Gesetz werden „alle Mitglieder des Pentagon und verwandter Institutionen und Organisationen sowie die Kommandeure, die am Tod des Kommandeurs der Spezialeinheiten des Korps der Islamischen Revolutionsgarden Soleimani beteiligt waren“ zu Terroristen erklärt. Für das Gesetz haben 228 der 238 anwesenden Abgeordneten gestimmt.
Aus dem Iran kommen auch andere Meldungen, die sich auf den ersten Blick widersprechen. So hat der Iran angekündigt, selbst seinen Vergeltungsschlag gegen die USA ausführen zu wollen und dafür keine der mit ihm verbündeten Milizen im Nahen Osten einsetzen zu wollen. Die iranische Regierung sprach von 13 mögliche Zielen, wobei „selbst die schwächste Option ein historischer Albtraum für die USA wäre“.
Andererseits hat der Iran erneut wissen lassen, dass er sofort bereit sei, sich wieder an das Atomabkommen zu halten. Das tweetete das iranische Außenministerium.
Das ist nicht neu, diese Position vertritt der Iran schon lange und seine einzige Bedingung ist, dass zumindest die EU ihre Verpflichtungen aus dem Abkommen vollständig erfüllt, was sie nicht tut. Zuletzt hatten sich nur noch der Iran selbst, sowie China und Russland an das Abkommen gehalten. Die USA haben es im Mai 2018 gebrochen und in der Folge hat auch die EU nicht mehr alle eingegangenen Verpflichtungen erfüllt. Die Details zum Atomabkommen finden Sie hier.
Wenn es um das Atomabkommen geht, bekleckern sich die deutschen Medien regelmäßig überhaupt nicht mit Ruhm. So auch heute. Der Spiegel berichtete zwar über die Angebote des Iran, stellte sie aber in ein sehr fragwürdiges Licht, als er über die „Konzilianz“ des Iran bei dieser Frage schrieb:
„Doch sie dürfte einem klaren Kalkül folgen: den ohnehin schon vorhandenen Keil im transatlantischen Verhältnis noch tiefer zwischen Europa und Amerika zu treiben. Das ist bisher schon in Teilen gelungen:
Als die US-Regierung das Atomabkommen einseitig gekündigt und neue Sanktionen verhängt hat, wollte die EU nicht mitziehen.
Sie legte sogar ein Finanzierungsinstrument auf, mit dessen Hilfe EU-Unternehmen unter Umgehung der USA ihre Geschäfte mit Iran weiterführen sollten.
Das Institut namens Instex war zwar bisher wenig erfolgreich — es hat der iranischen Regierung aber gezeigt, dass die EU notfalls auch den Konflikt mit Washington riskiert, um das Atomabkommen zu retten.“
Der Spiegel schreibt wieder, die USA hätten das Atomabkommen „einseitig gekündigt“, dabei war es ein Vertragsbruch, denn es gibt in dem Abkommen keine einseitige Ausstiegsklausel. Aber man beachte, wie der Spiegel Ursache und Wirkung verdreht: Die USA brechen den Vertrag und die EU wollte da „nicht mitziehen“, aber Schuld an allem ist für den Spiegel der Iran, weil er einen Keil zwischen Europa und die USA treibt. Um diese Logik zu verstehen, muss man furchtbar transatlantisch Gehirn gewaschen sein.
Dann kommt der Spiegel zu Instex, dem „Finanzierungsinstrument“, „mit dessen Hilfe EU-Unternehmen unter Umgehung der USA ihre Geschäfte mit Iran weiterführen sollten“. Das klingt super, die EU hat sich also wirklich ganz doll ins Zeug gelegt und den USA so richtig Kontra gegeben! Blöd nur, dass Instex bis heute nicht funktioniert. Die EU hat in Wahrheit durch Nichtstun die Sanktionen der USA unterstützt, denn was ist ein „Finanzierungsinstrument“ wert, das nicht funktioniert?
Wenn der Spiegel behauptet, dass die EU dem Iran damit gezeigt hätte, dass sie „notfalls auch den Konflikt mit Washington riskiert“, dann lügt der Spiegel ganz offen, denn Teheran hat mehr als einmal mitgeteilt, dass ein nicht funktionierendes Instrument genauso gut ist, wie gar keins. Der Iran fordert von der EU die vollständige Einhaltung ihrer Verpflichtungen aus dem Abkommen, also normal funktionierenden Zahlungsverkehr und den Kauf von Öl. Das jedoch lehnen EU-Staaten, die das iranische Öl früher gekauft haben, nun mit Verweis auf die US-Sanktionen ab.
Und nicht vergessen, auch das führt der Spiegel als Beispiel dafür an, wie der Iran einen Keil zwischen Europa und Amerika treiben möchte.
Wie sehr der Spiegel unwahre Propaganda verbreitet, wurde noch in einem anderen Artikel deutlich. Wir haben gesehen, dass die USA das Atomabkommen gebrochen haben, dass die EU sich nicht gegen die USA gestellt hat, sondern danach ebenfalls vertragsbrüchig geworden ist. Wenn man nun noch daran denkt, dass der Iran trotzdem über ein Jahr lang still gehalten und die EU immer wieder aufgefordert hat, ihren Verpflichtungen nachzukommen, bevor er schließlich mit dem schrittweisen Rückzug aus dam Abkommen reagiert hat, dann zeigt sich, dass der Iran hier sehr viel Geduld gezeigt hat. Mehr noch: er Iran betont, wie auch heute wieder, dass er das Abkommen sofort wieder einhalten würde, wenn zumindest die EU sich auch endlich daran halten.
Der Spiegel suggeriert seinen Lesern aber stattdessen, der Iran wäre nicht gesprächsbereit:
„Moderate Kräfte in Iran, die für einen Dialog mit dem Westen plädieren, sind massiv in die Defensive geraten.“
„Qualitätsjournalismus“ in Reinkultur eben…
UNO im Würgegriff der USA — Iranischer Außenminister darf nicht zur UNO reisen
Die USA sind nutzen den UNO-Standort New York völkerrechtswidrig, um Diplomaten den Zugang zur UNO zu verwehren. Aktuelles Beispiel: Der iranische Außenminister darf nicht zur Tagung des UNO-Sicherheitsrates zur Iran-Krise reisen.
Der Hauptsitz der UNO ist New York. Damit haben die USA sich verpflichtet, Diplomaten anderer Länder einreisen zu lassen, die bei der UNO arbeiten oder zu Veranstaltungen der UNO kommen wollen. Jedoch verstoßen die USA immer dreister gegen diese übernommene Verpflichtung und nehmen die UNO als Geisel ihrer eigenen Politik. Ich habe schon im September berichtet, dass die USA einen großen Teil der russischen Delegation nicht zur UNO-Vollversammlung haben einreisen lassen.
Das war kein „Unfall“, das hat System. Heute haben die USA dem iranischen Außenminister die Einreise verweigert, er wollte an der für den 9. Januar angesetzten Sitzung des UNO-Sicherheitsrates zur Krise am Golf teilnehmen.
Das fügt sich aber nur in eine recht lange Liste ein. Allein seit September gab es mehrere Fälle, über die in Deutschland jedoch nicht berichtet wurde, obwohl sich längst die Gremien der UNO mit dem Thema beschäftigen, denn die USA stören und sabotieren mit ihren willkürlichen und völkerrechtswidrigen Einreiseverboten gegen Diplomaten die Arbeit der UNO. Hinzu kommt, dass die USA noch nicht einmal ihren Mitgliedsbeitrag an die UNO bezahlen.
Seit der UNO-Vollversammlung 2018 wurde jedes dritte Visum für russische Diplomaten von den USA abgelehnt. Das entsprechende UNO-Komitee hat bereits Beschwerde eingelegt und rät, die USA vor dem UN-Gericht zu verklagen.
Aber da nicht nur Russland von solchen Schikanen betroffen ist, sondern auch Länder wie der Iran, Kuba oder Venezuela, wurde sogar schon der Antrag gestellt, den Hauptsitz der UNO in ein anderes Land zu verlegen. Vorgeschlagen wurden die Schweiz oder Österreich. 18 Länder unterstützten den Vorschlag Russlands, 69 Staaten stimmten dagegen, weitere 72 Länder enthielten sich. Unter denjenigen, die den Vorschlag unterstützten, waren China, Kasachstan, Syrien und der Iran sowie mehrere lateinamerikanische und afrikanische Länder.
Darüberhinaus haben die USA auch noch hohe Schulden bei der UNO, denn sie sind ihre Mitgliedsbeiträge schuldig. Der UNO-Generalsekretär sprach bereits von einer finanziellen Krise der UNO, denn der Rückstand der USA betrug zwischenzeitlich über eine Milliarde Dollar. Zwar haben die USA in den letzten Monaten über 500 Millionen überwiesen, aber sie sind damit immer noch mit über einer halben Milliarde im Rückstand.
Dahinter scheint ein System zu stecken, denn die USA empfinden die UNO als störend und gemeinsam mit ihren westlichen Satelliten sind sie offensiv dabei, die UNO zu schwächen, wie ich hier analysiert habe.
Waren Geheimverhandlungen zwischen dem Iran und Saudi-Arabien der Grund für den US-Angriff?
Die Frage, warum die USA den iranischen General Solemani genau jetzt ermordet haben, treibt die Weltpresse um. Es gibt Meldungen, Solemani sei auf einer Friedensmission zwischen Iran und Saudi-Arabien gewesen, die die USA verhindern wollten. Kann das sein?
Natürlich habe auch ich mir Gedanken gemacht, wie Trump – der sich bisher mit aller Kraft den Kriegstreibern in Washington entgegengestellt hat – auf diese Aktion, auf einen Drohnenmord an dem wichtigsten iranischen General auf dem Flughafen in Bagdad, einlassen konnte. In den USA muss man gewusst haben, dass das nicht ohne Folgen bleibt. Die USA sind im Irak nicht beliebt und der Iran kann so etwas ohne Reaktion nicht durchgehen lassen. Trump kann aber im anstehenden Wahlkampf keinen neuen Krieg gebrauchen, wenn er die Wahl gewinnen will.
Der Mord an Solemani muss also aus irgendeinem Grund sehr wichtig gewesen sein, wenn man so ein Risiko eingeht.
Ich habe daher für mich allein spekuliert, dass Trump in eine Falle gelockt wurde, vielleicht auch mit dem Hintergrund seine Wiederwahl zu verhindern. Die Washington Post hat am 6. Januar gemeldet, dass Pompeo seit Monaten von Trump die Ermordung Soleimanis gefordert haben soll und die New York Times meldete ebenfalls am 6. Januar, dass dieser Druck von Pompeo Ende Dezember immer stärker wurde und dass Trump sich schließlich hat überreden lassen.
Aber warum kann es Kreisen in Washington – abgesehen von der Verhinderung von Trumps Wiederwahl – so wichtig sein, Soleimani zu ermorden? Die Nachdenkseiten berichten, Soleimani sei auf einer diplomatische Mission unterwegs gewesen, bei der der Irak eine Verständigung zwischen Saudi-Arabien und dem Iran vermitteln wollte. Es ging demnach um den Austausch von diplomatischen Noten zwischen dem Iran und Saudi-Arabien in Bagdad.
Kann das sein?
Iran und Saudi-Arabien sind Erzfeinde am Golf. Die „iranische Bedrohung“ ist einer der wichtigsten Vorwände, warum die USA große Militärbasen in Saudi-Arabien unterhalten. Wenn die beiden Länder sich anfreunden, hätte die saudische Regierung keinen Grund mehr, die unbeliebte Anwesenheit von so vielen „Ungläubigen“ im Land zu rechtfertigen. Außerdem würde ein Ende des Konflikts die Gefahr bergen, dass sich die Öl-Staaten am Golf einig werden, das würde den US-Einfluss auf die Ölpreise beenden, den sie nur ausüben können, weil vor allem die Saudis das Spiel mitspielen.
Es geht also um sehr viel für die USA. Aber ist eine Annäherung zwischen dem Iran und Saudi-Arabien realistisch?
Putin war Ende Oktober auf einem großen Staatsbesuch in Saudi-Arabien und ihm wurde dort der rote Teppich ausgerollt, wie sonst kaum jemandem. Das russische Fernsehen hatte darüber ausführlich berichtet. Aber interessanter als die Berichte über Putins Besuch war ein Interview, dass Putin im Vorfeld des Besuches drei arabischen TV-Sendern gegeben hat. In dem Interview wurde Putin auch zum Konflikt zwischen Saudi-Arabien und dem Iran befragt und Putin kündigte an, in dem Konflikt vermitteln zu wollen. Zu einem Annäherungsprozess zwischen den Ländern sagte Putin damals:
„Was Russland betrifft, so werden wir alles tun, um die notwendigen Voraussetzungen für eine solche positive Dynamik zu schaffen. Ich denke, dass Russland gute Beziehungen zum Iran und sehr gute Beziehungen zu unseren arabischen Freunden hat. (…) Wenn wir unsere guten Beziehungen, sowohl zum Iran, als auch zur arabischen Welt, zu Saudi-Arabien, zu den Vereinigten Arabischen Emiraten, nutzen, können wir meiner Meinung nach etwas finden, das von gemeinsamem Interesse sein kann.“
Danach kam Ende Oktober Putins Staatsbesuch in Saudi-Arabien.
Und nun kommen wir zu der Meldung, die ich mir seinerzeit ins „Archiv“ gelegt habe: Am 4. November, also keine zwei Wochen später, hat der Sprecher des iranischen Präsidenten mitgeteilt, dass der Iran Saudi-Arabien offiziell den Vorschlag unterbreitet hat, in Fragen der regionalen Sicherheit zusammenzuarbeiten. Die russische Nachrichtenagentur TASS zitierte den Sprecher des iranischen Präsidenten folgendermaßen:
„Der iranische Präsident hat dem König von Saudi-Arabien einen Brief über regionale Sicherheit, Frieden und Stabilität geschickt (…) Der Druck der USA sollte die Nachbarn in der Region nicht spalten. (…) Um Frieden zu erreichen, brauchen wir eine kollektive Zusammenarbeit“
Ich hatte, als es um den Auftritt des irakischen Premierministers am 5. Januar vor seinem Parlament ging, das auf seinen Vorschlag hin am Sonntag den Abzug aller westlichen Truppen aus dem Irak gefordert hat, in einem Nebensatz auch irgendwo gelesen, dass der Premierminister gesagt habe, Soleimani sei in einer diplomatischen Mission in Bagdad gewesen. Mustafa Salim ist Reporter für die Washington Post in Bagdad und der hat die Rede des irakischen Premierministers vor dem Parlament teilweise ins Englische übersetzt und auf Twitter veröffentlicht. Unter anderem sagte der irakische Premierminister demnach:
„Ich sollte Soleimani an dem Morgen treffen, an dem er getötet wurde, er kam, um eine iranische Nachricht als Antwort auf die Nachricht aus Saudi-Arabien, die wir übermittelt haben, zu überbringen.“
Kein Wort findet sich davon in den „Qualitätsmedien“. Es scheint aber tatsächlich so zu sein, dass Putin im Oktober einen Dialog zwischen Saudi-Arabien und dem Iran angestoßen hat, der über geheime diplomatische Noten geführt wurde, die – zumindest teilweise – über Bagdad gelaufen sind. Das ist übrigens auch verständlich, denn der Irak hat recht ordentliche Beziehungen zu beiden Nachbarn, also zum Iran und zu den Saudis. Der Irak ist als Vermittler wie geschaffen.
Die Anzeichen, dass es so ist, sind mehr als deutlich. Und es ist klar, dass eine Annäherung oder gar Zusammenarbeit zwischen den Saudis und dem Iran für die Vorherrschaft der USA am Golf der Super-GAU wäre. Die USA wären dort schlagartig überflüssig, sie begründen ihre massive Militärpräsenz ja mit den Spannungen und der instabilen Lage am Golf. Wenn die Spannungen sich morgen auflösen und sich die Lage stabilisiert, dann würden die Stimmen in den arabischen Ländern, die einen Abzug der USA fordern, sehr laut werden.
Ich hatte mich übrigens auch über die saudische Reaktion auf das Attentat und die folgenden Spannungen sehr gewundert. Saudi-Arabien war immer am lautesten, wenn es darum ging, iranische „Untaten“ zu verteufeln und harte Reaktionen gegen den Iran zu fordern. Um so überraschender war für mich, dass die Saudis in diesem Zusammenhang nicht – wie sonst üblich – laut im Chor der US-Falken mitgesungen haben. Stattdessen enthielt die offizielle Erklärung aus Saudi-Arabien ganz neue Töne:
„Wir sind äußerst interessiert daran, dass die Situation in der Region nicht weiter eskaliert. Natürlich ist jetzt ein sehr gefährlicher Moment, darum müssen wir alle Risiken und Gefahren, nicht nur für die Sicherheit der Region, sondern im globalen Maßstab, anerkennen. Wir hoffen, dass alle Player die nötigen Schritte unternehmen, um eine weitere Eskalation oder Provokationen nicht zuzulassen.“
Kein Wort gegen den Iran in der Erklärung, das ist ein Novum.
Die USA versuchen nun, ihre Verbündeten hinter sich zu versammeln. Am 6. Januar gab es ein außerplanmäßiges Treffen bei der Nato und die TASS berichtete unter Berufung auf einen nicht genannten Teilnehmer, dass die USA mit allen Mitteln versuchen, von den Nato-Partnern eine Erklärung zu bekommen, dass sie die US-Politik in der Region und auch den Drohnenangriff auf Soleimani unterstützen.
Möglicherweise hat auch Trump inzwischen verstanden, dass er auf´s Glatteis geführt worden ist. Nachdem er tagelang heftigste Tweets in Richtung Teheran abgefeuert hat, hat einer seiner Berater ebenfalls am 6. Januar mitgeteilt, Trump sei nach wie vor bereit, mit dem Iran direkt über das Atomabkommen zu verhandeln. Ich würde diese Meldung nicht überbewerten, aber sie fällt doch sehr aus dem Rahmen dessen, was Trump in den letzten Tagen von sich gegeben hat.
Die Version, dass Soleimani von Kräften umgebracht wurde, die eine Annäherung am zwischen dem Iran und Saudi-Arabien zu verhindern wollen, scheint mir in Anbetracht all dieser Meldungen mehr als wahrscheinlich. Die Frage ist, wie weit der Iran und Saudi-Arabien in den letzten zwei Monaten gekommen sind. Haben sie ein Grundvertrauen entwickelt, das groß genug ist, um den Bemühungen derer zu widerstehen, die die Annäherung verhindern wollen?
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet, bevor er sich entschloss, sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg niederzulassen. Er lebt insgesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite www.anti-spiegel.ru. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt?“
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.