Ver­mögen schaffen statt besteuern

Allein seit 2010 ist das Immo­bi­li­en­ver­mögen der Deut­schen um rund 3000 Mil­li­arden Euro gestiegen. Die Ver­mö­gens­ver­teilung ist dadurch noch unge­rechter geworden, weil natur­gemäß nur jene von dem Anstieg der Ver­mö­gens­preise pro­fi­tieren, die über Ver­mögen ver­fügen. Also, so die Logik nicht nur der SPD, ist es doch nur gerecht, diese Ver­mögen stärker zu besteuern.

Die Ver­mö­gens­steuer besteuert Papiergewinne

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Doch diese Logik ist falsch. Es wäre kei­neswegs „gerecht“, mit einer Ver­mö­gens­steuer die Ver­mögen höher zu belasten. Warum, das soll fol­gendes Bei­spiel erläutern:
Ein 65-jäh­riger Selbst­stän­diger geht in Rente. Zur Absi­cherung für das Alter hat er sich vor Jahren ein Mietshaus gekauft. Dieses Haus wirft 75.000 Euro Miete ab, 15.000 Euro kosten Ver­waltung und Instand­haltung pro Jahr. Nach Steuern bleiben demnach rund 42.000 Euro übrig. Genug für einen ange­nehmen Ruhe­stand, aber kein Leben in Luxus.

Vor Jahren hat das Mietshaus in mitt­lerer Lage einer deut­schen Groß­stadt 1,5 Mil­lionen Euro gekostet. Dank der Politik des bil­ligen Geldes der EZB ist der Wert auf drei Mil­lionen Euro gestiegen. Da unser Sparer noch eine eigene Wohnung und etwas Hausrat hat, liegt sein Ver­mögen bei vier Millionen.

Nach dem Vor­schlag der SPD müsste der ange­hende Rentner nach Frei­betrag zwei Prozent Ver­mö­gens­steuer auf zwei Mil­lionen bezahlen, macht 40.000 Euro im Jahr. 2000 Euro bleiben ihm also übrig.

Nun könnte man sagen, es gibt ja keinen Grund, die Immo­bilie schul­denfrei zu lassen, gar noch zu ver­erben. Soll sich unser Rentner doch das Geld von der Bank leihen, was er zum Zahlen der Ver­mö­gens­steuer braucht. Schon nach zehn Jahren hätte er dann 400.000 Euro Schulden. Da die Bank ihm das Geld nicht umsonst leiht, muss er dann bereits 45.000 Euro pro Jahr Kredit auf­nehmen, 40.000 für die Steuer und 5.000 für die Zinsen.

Natürlich dauert es noch eine Weile, bis die Sub­stanz auf­ge­braucht ist. Aller­dings darf nichts Unvor­her­ge­se­henes pas­sieren. Ent­steht ein grö­ßerer Repa­ra­tur­bedarf müssen noch mehr Schulden gemacht werden. Miet­erhö­hungen sind ange­sichts von Miet­preis­bremse und Miet­preis­deckel – im Pro­gramm aller linken Par­teien – eben­falls nicht möglich. Die Rendite nach Steuern sinkt immer weiter.

Richtige Pro­bleme bekommt unser Selbst­stän­diger, wenn die Zinsen wieder steigen. Denn die Geschichte spricht nicht dafür, dass die Zinsen ewig auf diesem tiefen Niveau bleiben. Beginnt die EZB bei­spiels­weise, die Staaten direkt zu finan­zieren, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Zinsen steigen. Der Zins­an­stieg trifft unseren Sparer doppelt: Zum einen muss er mehr Zinsen auf seine auf­ge­lau­fenen Schulden bezahlen. Nehmen wir fünf Prozent an, immerhin 20.000 Euro pro Jahr. Viel schlimmer wirken die stei­genden Zinsen auf den Wert der Immo­bilie. Nicht mehr drei Mil­lionen wie heute, sondern nur noch die Hälfte ist die Immo­bilie wert.

Zieht man die Schulden ab, hat der Sparer nach zehn Jahren nur noch ein Ver­mögen von 2,1 Mil­lionen Euro. 1,9 Mil­lionen Euro hat er durch die Nor­ma­li­sierung des Zins­ni­veaus und die Ver­mö­gens­steuer ver­loren. Von den ursprüng­lichen Erträgen von 42.000 Euro kann der Rentner dann nur noch träumen. Von den 60.000 Euro Ertrag nach Instand­haltung und Ver­wal­tungs­kosten gehen 20.000 für Zinsen ab. Nach Ein­kom­mens­steuer bleiben ihm 30.000, von denen dann wie­derum 2.000 Euro Ver­mö­gens­steuer auf dem geschrumpften Ver­mögen abgehen. Es ist abzu­sehen, dass die Bank bald höhere Zinsen fordert, schrumpft das Eigen­ka­pital doch zusehends.

Das Bei­spiel ver­deut­licht: Die 3.000 Mil­li­arden Euro Wert­zu­wachs bei Immo­bilien in den letzten Jahren sind eine von der EZB geschaffene Wohl­stands­il­lusion. Die gestie­genen Preise bedeuten kei­neswegs, dass die Reichen „reicher“ geworden sind, denn wie für den ein­fachen Sparer sind auch für die Reichen die nach­hal­tigen lau­fenden Erträge ent­scheidend. Da ist es egal, ob das Haus nun 1,5 oder drei Mil­lionen Euro wert ist.

Nur Konsum wird begünstigt. Der Wert­zu­wachs ist nur für jene relevant, die ihn rea­li­sieren und direkt in Konsum stecken, ihr Ver­mögen also ver­brauchen. Aller­dings würden die Reichen dann fest­stellen, dass auch die Luxus­güter (Jachten, Sport­wagen, Kunst usw.) in den letzten Jahren deutlich teurer geworden und sie letztlich nicht reicher geworden sind.

Wer aber auf die Erträge aus dem Ver­mögen ange­wiesen ist, wird fest­stellen, dass, egal mit welcher Geld­anlage, nur noch geringe Ren­diten von zwei bis drei Prozent zu erwirt­schaften sind. Da geht es den Reichen nicht viel besser als dem nor­malen Sparer. Wer hier eine Ver­mö­gens­steuer ein­führt, besteuert eine Sub­stanz, die es eigentlich nicht gibt. Bla­sen­werte, geschaffen vom bil­ligen Geld der EZB.

Sub­stanz­be­steuerung zur Reduktion der Ungleichheit?

Nun könnte man meinen, eine Besteuerung der Sub­stanz wäre gerecht, weil sie die Ungleichheit redu­ziert. Im US-Wahl­kampf wird genau das von den Demo­kraten gefordert, aller­dings für Ver­mögen oberhalb von 50 Mil­lionen US-Dollar.

Bei uns ist das jedoch was anderes. In Deutschland haben wir nämlich zwei Pro­bleme: eine relativ hohe Ungleichheit der Ver­mö­gens­ver­teilung und geringe absolute Ver­mögen. Wir sind, ver­glichen mit unseren Nachbarn und zu unserem Ein­kommen (BIP), relativ arm. Wir müssen also beides tun: reicher werden und diesen Reichtum gerecht ver­teilen. Wie ginge dies?

  • Zunächst ist fest­zu­halten, dass die Ver­mö­gens­ver­teilung in Deutschland ungleicher wirkt, als sie ist. Dies liegt daran, dass Pen­sions- und Ren­ten­an­sprüche in die Berechnung ein­fließen müssten. Berück­sichtigt man diese, sieht es schon anders aus.
  • Aber natürlich sollte man nicht nur anders rechnen, sondern auch echtes Ver­mögen bilden. Würden die Deut­schen so viel Wohn­ei­gentum haben wie die Nachbarn, wäre die Ver­mö­gens­ver­teilung deutlich gleicher. Dies sollte die Politik fördern.
  • Zugleich sollte die Abga­benlast im unteren und mitt­leren Ein­kom­mens­be­reich deutlich gesenkt werden, um mehr Mittel für die private Vor­sorge zu haben.
  • Die Bürger sollten das Geld intel­li­genter anlegen: Immo­bilien und Aktien statt Sparbuch und Lebensversicherung.
  • Als Volks­wirt­schaft sollten wir unsere Erspar­nisse inter­na­tional besser anlegen. Studien zeigen, dass wir das besonders schlecht machen. Zum Bei­spiel wäre es lohnend, ähnlich wie Nor­wegen, unsere Erspar­nisse zu bündeln und global diver­si­fi­ziert anzu­legen. Die Vor­schläge dazu liegen auf dem Tisch.

Das sind alles weitaus intel­li­gentere Ansätze als die Best­steuerung von Sub­stanz. Denn, was wird unser Rentner denn tun ange­sichts des Sze­narios der Besteuerung? Sein Haus ver­kaufen und in ein Land aus­wandern, wo es eine Ver­mö­gens­steuer nicht gibt. Übrigens auch keine Erbschaftsteuer.

An Tagen wie diesen wünsche ich mir Poli­tiker, die endlich an der Zukunft des Landes arbeiten, statt sich mit popu­lis­ti­schen Vor­schlägen zu überbieten.


Dr. Daniel Stelter – www. think-beyondtheobvious.com