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Wurde Libyens Situation und Zukunft in Berlin entschieden?

Warum wurde die Frage zum IS im Herzen Libyens von nie­mandem gestellt? Soll Erdogan sein Geschäft mit dem syri­schen IS in Libyen wie­der­holen dürfen?

(von Albrecht Künstle)

„Frie­dens­tauben“ aus Afrika, Asien und Europa wurden von Merkel und Maaß nach Berlin ein­ge­laden, um in Libyen für Ruhe zu sorgen. Schon das ist ein kühner Versuch, denn Libyen ist ein isla­mi­sches Land, und in welch solchem Land herrscht rich­tiger Frieden? Deutschland „maaßt“ sich eine Rolle an, an der das Nach­barland Algerien bisher gescheitert ist. Obwohl dieses die ideo­lo­gisch und kul­turell ver­wandten Libyer besser kennen dürfte als wir Deut­schen. Und es wurde sogar ver­gessen, das Nach­barland Tunesien zu Merkels Tafel­runde ein­zu­laden. Der Aus­lands­kor­re­spondent Karim El-Gawhary meint, allen­falls Ägypten, die Türkei und die Emirate könnten den Kon­flikt befrieden. Libyen den Frieden zu bringen, liege nicht in der Macht der Europäer. So ist es, schon wieder wird geschossen trotz Waf­fen­still­stand.

Über die Intention „deut­scher Diplo­matie“ kann man nur spe­ku­lieren. Zwar zählt Libyen 700.000 bis eine Million Immi­granten; diese Zahl kann aber Deutschland das Wasser nicht reichen. Davon seien nur 43.000 „Flücht­linge“, meinte der Evan­ge­lische Pres­se­dienst unter Verweis auf das UNHCR. Libyen sei mehr Zielland der Migration aus über­wiegend Ägypten, Niger, Sudan, Nigeria, Mali, Syrien und Ban­gla­desch, weniger Tran­sitland, so der epd. Aber wer soll das glauben ange­sichts der Berichte über die Zustände in diesem „wüsten Staat“? Wollen diese Migranten tat­sächlich nicht ins euro­päische Deutschland? Dann wäre das Mil­lionen-Euro-Schiff von Bedfort-Strohm, Rats­vor­sit­zender der Evan­ge­li­schen Kirche in Deutschland, eine Fehlinvestition.

Ver­logen ist auch die Behauptung, diese Möch­tegern-Regierung Fajis al-Sar­radsch sei „inter­na­tional aner­kannt“. Ist Europa die neue Inter­na­tionale? Frank­reich setzte bisher auf das andere Pferd, General Haftar. Und ist Fajis al-Sar­radsch denn über­haupt ein Macht­haber, obwohl er weniger als ein Zehntel des Landes kon­trol­liert? Dann dürften sich die Bayern auch als Regierung Deutsch­lands fühlen. Alleine der Umstand, dass Ägypten, die Ver­ei­nigten Ara­bi­schen Emirate und Russland Haftar unter­stützen, lässt an der „inter­na­tio­nalen“ Repu­tation von al-Sar­radsch zweifeln.

Oder spielt auch hier das leidige Erdöl eine Rolle? Ein kurzer Rück­blick in die Süd­deutsche Zeitung vom 25.08.2011: „Firmen auf der Jagd nach den Öl-Mil­li­arden. Despot Gaddafi ist noch nicht gefasst, da hat das Wett­rennen um Libyens wich­tigsten Roh­stoff bereits begonnen. Europas Kon­zerne wollen schnell wieder ins libysche Ölge­schäft ein­steigen. Auch Deutschland will wieder mit­mi­schen. Libyens Reichtum liegt unter dem Wüs­tensand.“

Nun sitzt nicht nur al-Sar­radsch auf Ölquellen, sondern auch sein Gegner, siehe

https://www.heise.de/tp/features/Libyen-am-Scheideweg-4365920.html?seite=all. Spielt der „Kli­ma­killer“ Öl immer noch eine Rolle – trotz der Plant-for-the-planet-Initiative “Eine Billion Bäume”? Die 6,8 Mio. Libyer müssten demnach nur 883 Mio. Bäume pflanzen, Platz genug hätten sie ?. Dann würden ihnen auch das Krieg  führen vergehen.

Was mich umtreibt: Inmitten des nörd­lichen Herr­schafts­ge­biets des isla­mi­schen Staates Libyen von al-Sar­radsch hat der streng­gläubige „Isla­mische Staat“ (IS) das Sagen, und auch Al Quaida treibt dort sein Unwesen. Dieses Ter­ri­torium liegt südlich von Misrata, westlich von Sirte und umfasst vier mittlere Städte. Ich kann mir nicht vor­stellen, dass die beiden Akteure sich feindlich gesinnt sind, sonst würde es diese Enklave/Exklave des IS nicht geben. Es handelt sich wohl um eine „Koexistenz unter Schurken“.

Warum spielte der IS Libyens in den Ver­hand­lungen keine Rolle? Ist viel­leicht daran gedacht, sich diese Option offen zu halten und Waffen über diese Isla­misten – z.T. Rück­kehrer aus Syrien – an die Kriegs­par­teien zu liefern? Soll Erdogan sein schmut­ziges Geschäft mit dem IS in Syrien in Libyen wie­der­holen dürfen? Bekanntlich finan­zierte sich der IS in Syrien auch durch Ölver­käufe über die tür­kische Grenze hinweg. Dass Sultan Erdoğan etwas im Schilde führt, zeigt sich daran, dass er mit al-Sar­radsch einen breiten Kor­ridor von der Türkei bis nach Libyen zog, in dem er sich die Bohr­rechte für Erdöl/-gas vor­be­hielt. Dass in diesem Kor­ridor grie­chische Inseln liegen, ist den skru­pel­losen isla­mi­schen Herr­schern egal. Der Verkehr auf diesem Seeweg wird jeden­falls zunehmen, und die Schiffe werden nicht nur Bohr­gerät an Bord haben.

Ist der Bun­des­re­gierung das alles egal; gibt es aus deren beschränkter Sicht keine Schur­ken­staaten mehr?